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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?



Wolfgang
07.01.2013, 15:35
Schönen guten Nachmittag,

der "Bund der Danziger" sucht eine Bestätigung dafür, dass DANZIG das dritte Land der Erde war das reguläre Fernsehsendungen ausstrahlte.

Das Deutsche Reich war das erste Land 1935, gefolgt von Großbritannien 1936. Und dann kam DANZIG 1937! USA und Sowjetunion kamen 1938, Frankreich u.a. 1939.

Wer hat konkrete Beweise oder kann Hinweise auf konkrete Beweise (z.B. einsehbare Dokumente, Zeitungsartikel) geben, dass Danzig 1937 den Fernseh-Sendebetrieb aufnahm)? Internetseiten auf denen Danzig als drittes Land bezeichnet wird sind bekannt - aber wo gibt es ganz konkrete Hinweise?

Ich weiß, eine Frage/Aufgabenstellung die es in sich hat... - aber haben wir nicht Forum-Mitglieder die so etwas nicht ruhen lässt? :)

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

MeinEichwalde
07.01.2013, 16:19
Lieber Wolfgang, lieber Bund der Danziger,
sehr geniale Frage, die man aber unbedingt mit der aktuellen lokalen Fernsehberichterstattung des Senders Malbork verknüpfen sollte.
Bis die GEschichtathleten fündig geworden sind, spekulier ich schon mal zu den Inhalten der regulären Fernsehsendungen. :
Bauer aufgemerkt Tipps für die Landwirtschaft .
sowie
Was essen wir heute
Oder doch Die Rede des Landesbauernführers Rettelsky
wer von Euch Danzigern hatte den einen Fernseher ?
Heimatliche Grüße
Delia, deren Familie keinen Apparat hatte

Wolfgang
07.01.2013, 16:37
Schönen guten Abend,
hallo Delia,

meine Absicht war nicht, hier eine Spaß-Anfrage zu stellen die wirre Antworten hervorrufen soll.

Die Anfrage ist ernst gemeint und ich bitte auch um konkrete sachbezogene Antworten.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Antennenschreck
07.01.2013, 21:29
Hallöle,

was ich auf die Schnelle finden konnte. Erste TV Testsendungen liefen ab. 1929 über Radiosender in den Sendepausen. Bis 1934 hatte man sich dann auf eine Norm geeinigt und zuerst über das Voxhaus gesendet. Ende 1934 wurde das ganze Equipment zuerst auf das Reichspostgebäude geschraubt und ging in einen stundenweisen Regelbetrieb. Dann wurden am 23.12.1935 am Senderstandort Witzleben 2 UKW TV (30-60MHz) in Betrieb genommen. Der vollkommene Regelbetrieb dieser Sender folgte dann am 15.01.1936. Inzwischen waren im Großraum Berlin verteilt öffentliche Empfangsstationen installiert worden, da ein TV Empfänger immerhin noch knapp 700,- RM kostete und somit fast unerschwinglich für die Mehrzahl der Menschen. Am 12.02.1936 wurde die erste Kabelverbindung (395 km) für Bildübertragung zwischen Berlin und Leipzig in Betrieb genommen, welche ein hochwertiges Bildsignal (Bildtelefonie) nach Leipzig lieferte. Die Anzahl der TV Zuschauer zu den Olympischen Spielen 1936 wird mit 130000 angegeben. Da die Geräte damals Senderbezogen (immer nur ein Empfangskanal) ausgeliefert wurden, müsste eine Firma direkt eine Danziger Variante angeboten haben. Bei den damals bekannten 4 deutschen Herstellern habe ich ein solches Gerät nicht gefunden. Sollte es ein Danziger TV gegeben haben, so müsste ev. eine Danziger Firma dafür verantwortlich zeichnen. Ich habe allerdings eine Menge Dokumente zu diesem Thema aus der damaligen Zeit und bei weitem nicht alle durchforstet.

Gruß Arndt

Ulrich 31
07.01.2013, 21:48
Hallo Wolfgang,

ich habe zu Deiner Frage mal gegoogelt und bin auf diesem Weg schließlich auf eine Quelle gestoßen, die vielleicht die von Dir gesuchte sein könnte, die ich aber leider nicht öffnen kann.

Hier der Weg:
> Wikipedia: "Liste der Länder nach Jahr der Einführung des Fernsehens" - Freie Stadt Danzig 1937 mit Index 44
> Einzelbeleg 44: "WHKMLA - History of Danzig (Gdansk, 1919-1939) - "On July 24th 1937, the first tv program was broadcast in Danzig."
> Reference - "Article: Danzig, in: Americana Annual 1937 pp. 191-192 [G]"

Vielleicht ist es Dir möglich, ins Americana Annual 1937 zu gucken. Mich würde in diesem Fall auch interessieren, ob und was da auf den genannten Seiten ggf. zu Deiner Frage steht.

Viel Erfolg beim Recherchieren wünscht Dir mit besten Grüßen aus Berlin
Ulrich

Antennenschreck
07.01.2013, 21:50
Hallo nochmal,

wenn dann könnte der Betreiber in Danzig, bis September 1939, die ORAG - Ostmarken Rundfunk AG - gewesen sein. Danach gab es nur noch einen Betreiber, auch im Reich wurden die einzelnen Sender zusammengefasst.

Tschü...

RRose
07.01.2013, 22:23
Hallo

Hier das von Ulrich gefundene Dokument:

http://www.zum.de/whkmla/region/eceurope/danzig19191939.html

Hier ein Auschnitt:

"On July 24th 1937, the first tv program was broadcast in Danzig."

Ulrich 31
07.01.2013, 23:02
Vielleicht interessiert hier dieser lesenswerte Artikel "Eine kleine Geschichte des Fernsehens" von 2006: http://www.heise.de/tp/artikel/23/23477/1.html. Dort finden sich auch Angaben zu den ersten Fernsehgeräten in Privathaushalten.

Antennenschreck
08.01.2013, 20:26
hallo,

habe immer noch nix direkt zu TV Danzig (1937) gefunden. Aber in Berlin wurde damals auf 47,8 MHz mit (wahrscheinlich) 2*10 kW gesendet, was in etwa dem heutigen Kanal E2 im Band 1 entspricht (48,25 MHz), welches unser tiefster benutzter analoger TV Kanal war. Wenn, dann wird auch in Danzig ähnlich weit unten gesendet worden sein. In dem Danziger Gebiet taucht allerdings immer nur etwas vom Sender Königsberg auf.

Gruß Arndt

Ulrich 31
08.01.2013, 20:47
Hallo Arndt,

ich greife Deinen letzten Satz zum Sender Königsberg auf. Nachdem auch ich mit Googles Hilfe gefunden habe, dass die ORAG (siehe #6) die Freie Stadt Danzig mit Rundfunksendungen versorgte, nehme ich an, dass das auch mit dem Fernsehen so war. Demnach scheint es so zu sein, dass es wohl in der Freien Stadt Danzig erstmals Fernsehen schon 1937 gab, aber nicht selbst produziertes, sondern von Königsberg übertragenes. Mithin war Danzig 1937 sozusagen ein Fernseh-Ableger vom Deutschen Reich.

Gruß Ulrich

Antennenschreck
09.01.2013, 12:43
Hallo Ulrich,

das ist eben der zweite Haken an der Sache , mit dem Ableger vom deutschen Reich. Laut Versailler Vertrag wäre so eine mediale Verbindung von Danzig zum Reich einfach nicht denkbar gewesen und die Entfernung nach Königsberg hin für TV Übertragung einfach zu groß für ein vernünftiges Ergebniss. Also hätte Danzig 1937 das schon in Eigenregie (und auf eigenem Gelände) betreiben müssen. Und dafür ist meine Quellenlaage äußerst dürftig. Andererseits war ab Kriegsbeginn sicher alles Andere wichtiger als Fernsehen in Danzig.

Gruß Arndt

Antennenschreck
10.01.2013, 17:08
Halo in die Runde, hallo Gero,

das mit dem Rundfunkprogramm ist sicher unstrittig. Nur die Frage nach einem eigenem TV Programm in Danzig und das noch als 2. Land auf der Welt, lässt sich nicht so einfach beantworten. Inzwischen habe ich zumindest eine der originalen Quellen für diese Angabe gefunden:

http://www.zum.de/whkmla/region/eceurope/danzig19191939.html

Hier steht nur ein Satz dazu:

On July 24th 1937, the first tv program was broadcast in Danzig.

Mehrere Leute, welche ich zu diesem Thema befragt habe und die deutsche Fachpresse von damals wissen nichts darüber. Und das, obwohl gerade zum Thema TV Versuche weltweit sehr viel berichtet wird. Es könnte sich so betrachtet, auch um Testsendungen gehandelt haben, welche im Deutschen Reich mindestens ab 1929 offiziell durchgeführt worden sind. Verschiedene Firmen weltweit hatten sich diesen Themas schon ab Mitte des 19. Jh. angenommen und hier theorethische und teils auch praktische Untersuchungen durchgeführt. Allerdings waren erst ab ca. 1910 erste Verstärkerröhren für die benötigten Frequenzen serienmäßig verfügbar. Und auch geeignete Fotozellen und Widergaberöhren wurden erst zu dieser Zeit entwickelt. Also ist tatsächlich die entscheidende Frage ab wann man von einem Regelbetrieb sprechen kann und bis wann es sich um eine Testsendung handelt. TV Testsendungen gab es in den Sendepausen über Rundfunksender im Deutschen Reich schon ab 1929. Die Teilnehmer konnten damals in der Presse lesen, dass das Radio nicht kaputt ist wenn es Nachts immer so kanttert, sondern das hier immer TV Testsendungen durch die Reichspost stattfinden. Nur das ist lange noch kein Regelbetrieb, auch wenn das regelmäßig jede Nacht stattfand. Auch hat auf dem Brocken monatelang ein mobiler TV Sender gestanden und gesendet, rein für Messzwecke der Reichspost. Der hat anfangs ein Standbild übertragen und später dann sogar bewegte Bilder. Für Danzig stellen sich die Fragen:

-wo stand der TV Sender?
-wer war der Betreiber?
-welche technischen Daten hatte er?
-wieviel Zuschauer hatte er ca. (verkaufte TV Geräte)?
-welches Programm wurde übertragen?
-von wann bis wann wurde er betrieben?
-........

Für all die Fragen findet man eigentlich keinerlei stichhaltige Belege, wenn man von dem einen Satz (siehe oben) einmal absieht. Dagegen ist die Quellenlage zum Thema TV in der restlichen Welt damals schier unerschöpflich. Sollte irgend wer noch weitere detailierte Angaben zum Thema TV speziell in Danzig 1937 haben, so wäre auch ich dankbar für entsprechende Hinweise.

Gruß Arndt

Poguttke
10.01.2013, 18:11
http://www.zum.de/whkmla/region/eceu...g19191939.html

Da gibt es nirgends eine Kontaktmail auf der Seite, sonst hätte ich mal nachgefragt, Gero

Antennenschreck
10.01.2013, 18:15
Hallo Gero,

im Impressum steht als Mail Adresse: info@zum.de

viel mehr habe da auch nicht gefunden.



Gruß Arndt

Wolfgang
10.01.2013, 18:25
Schönen guten Abend,

das Ganze ist schon ein bisschen mysteriös. Ich kann mich nicht erinnern, je irgendwelche Artikel zu Fernsehsendungen in Danzig gelesen zu haben. Es scheint jedoch sicher zu sein, dass der Landessender Danzig mit den Fernsehausstrahlungen nichts zu tun hatte.

Hans-Georg Siegler schreibt in seinem Buch "DANZIG - Chronik eines Jahrtausends":

"1937 24. Juli: Zum ersten Mal wird eine Fernsehsendung in Danzig vorgeführt. Ein auf der Klawitterwerft gebautes Dock wurde von drei Schleppern aus dem Hafen bugsiert und von einem reichsdeutschen Schlepper nach Memel überführt. Erste Fernsehaufnahmen vom deutschen Flottenbesuch in Danzig"

Es gibt aber auch zu dieser Aussage keine Quellenangaben bzw. nähere Erläuterungen. Ich denke aber schon, dass dies ein Ereignis war, über das die Zeitungen berichteten. Insofern müsste Näheres über die Aufnahme von Fernsehsendungen in ihnen zu finden sein.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Ulrich 31
10.01.2013, 22:08
Hallo in die Danziger Fernseh-Runde,

bisher habe auch ich im Internet nichts Authentisches zu Wolfgangs Fragestellung gefunden. Die von mir zuerst genannte Quelle zur Datumsangabe 24. Juli 1937 für die Erstausstrahlung in Danzig (#5) ist hier inzwischen mehrfach wiederholt worden, bleibt aber weiter ohne eigentlichen Beweis.

Zu den hier gestellten Fragen nach den in Privathaushalten überhaupt vorhandenen Fernsehgeräten kann ich nach bisheriger Recherche nur so antworten: Die Anzahl solcher Geräte war bis Kriegsausbruch, der ohnehin ein Ende solcher Information bedeutete, nur marginal. Im Deutschen Reich waren solche Einzelgeräte nur einer gewissen Prominenz vorbehalten. Dem "Volk" war es zu jener Zeit allenfalls möglich, Fernsehübertragungen in sog. "Fernsehstuben" zu erleben. Siehe hierzu > http://de.wikipedia.org/wiki/Fernsehsender_Paul_Nipkow.

Da 1937 die Freie Stadt Danzig schon erheblich "gebräunt" war, ist denkbar, dass jene "Herrschaften" auch in dieser Einflusssphäre aus Propagandagründen stark interessiert waren, auch das neue Fernseh-Medium hier möglichst schnell der Bevölkerung zugänglich zu machen. Deshalb meine u.a. Vermutung (#11), dass "man" bemüht war - erlaubt oder nicht erlaubt - Fernsehproduktionen aus dem Reich (evtl. Königsberg) nach Danzig zu holen.

Viele Grüße aus dem noch immer nassen, aber kälter werdenden Berlin
Ulrich

Antennenschreck
11.01.2013, 12:36
Hallo nochmal,

möglicherweise hat mir heute jemand den entscheidenden Link geschickt, welcher zu der Geschichte mit dem TV Sender in Danzig führte. Da ich allerdings des polnischen nicht mächtig bin, stelle ich diese Info mal hier rein , da es hier sicher eine Menge Mitglieder hat, deren polnisch sogar besser ist als mein deutsch. Soweit mir mitgeteilt wurde soll sich wohl ein Spielfilminhalt aus einem polnischen Film etwas verselbständigt haben. Darum soll es sich wohl in dem Link handeln.



https://service.gmx.net/de/cgi/derefer?TYPE=3&DEST=http%3A%2F%2Fwww.tvp.pl%2Frozrywka%2Fwydarzen ia%2F60-urodziny%2Faktualnosci%2Frezyserii-nauczylo-mnie-wideo%2F8189679

Also bitte ich euch alle mal um Begutachtung und übersetzung der Infos im Link, sofern ihr polnisch beherrscht.



Gruß Arndt

Antennenschreck
11.01.2013, 12:37
Ups der link geht nicht aber dieser schon.

http://www.tvp.pl/rozrywka/wydarzenia/60-urodziny/aktualnosci/rezyserii-nauczylo-mnie-wideo/8189679

Antennenschreck
12.01.2013, 09:38
Nun ja,

es scheint, das Thema "War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?" interessiert inzwischen niemand mehr oder die polnische Sprache ist im Forum eben doch nicht so sehr verbreitet wie ich dachte.
Eine holprige Übersetzung von Google Translater reicht mir aber auch aus um den Verlauf der Falschmeldung in die Welt zu verstehen. Also Danzi hatte damals noch nicht mal einen TV Testsender betrieben , geschweige denn reguläre TV Sendungen abgestrahlt. Alles nur ein großes Missverständniss infolge eines polnischen Filmes aus den 80er Jahren, in dem so eine Behauptung vorkam. So entstehen eben Gerüchte in der heutigen Zeit und man kann oft nicht mehr feststellen was daran wahr ist und was nicht. Nur wenn sich so eine Sache erst mal verselbstständigt hat ist es kaum noch möglich sie aufzuklären und richtig zu stellen. Hier war es nur deshalb möglich, da es sich um eine technische Begebenheit handelte, welche normal Spuren in der der damaligen Literatur hinterlassen hätte müssen. Und solche Spuren waren nirgendwo zu finden. Es wäre trotzallem nicht schlecht eine genaue Übersetzung vom angegebenen Link zu haben um sicher sein zu können.

Gruß Arndt

Heibuder
12.01.2013, 10:05
In UNSER DANZIG 2-2006/ Seite17 erschien dieser Bericht:

"Der Landes-/ Reichssender Danzig
Sensationeller Fund alter Tondokumente Zwei Vorträge
Dem Landesvorsitzenden des Landesverbandes Hamburg im Bund der Danziger e. V, Karl-Heinz Kluck, ist ein sensationeller Fund gelungen.
Im Berliner Rundfunkarchiv konnte er alte Tonbänder und Schriftdokumente aufspüren, die nicht nur an das alte Kulturinstitut erinnern,
sondern die den Landes- bzw. Reichssender Danzig noch einmal erstehen lassen. ...."

Vielleicht kann Herr Kluck aufklärendes oder klarstellendes zum Thema sagen?

Poguttke
12.01.2013, 10:18
"1937 24. Juli: Zum ersten Mal wird eine Fernsehsendung in Danzig vorgeführt. Ein auf der Klawitterwerft gebautes Dock wurde von drei Schleppern aus dem Hafen bugsiert und von einem reichsdeutschen Schlepper nach Memel überführt. Erste Fernsehaufnahmen vom deutschen Flottenbesuch in Danzig"

Grundsätzlich waren dies ja alles Feldversuche die durch den Krieg keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr hatten. Aber sicher gibt es irgendwo Aufzeichnungen darüber, denn solche sensationellen Infos zieht man sich ja nicht einfach aus der Nase. Na und der Reichsverweser Forster hatte dann doch sicher ein Gerät? Eine andere Möglichkeit ist vielleicht das Filmmuseum in Paris, das ich auch gerne mal besuchen möchte. Was mich persönlich interessiert, ist der Besuch von Heinrich Sahm in Moskau (1928?), dazu, sowie grundsätzlich zu seiner Person, habe ich noch kein Filmmaterial finden können, Gero

Antennenschreck
13.01.2013, 09:54
Hallo,

ich habe da mal die holprige Übersetzung des betreffenden Stückes.



Ich hatte eine lustige Situation mit der Frau Redakteurin, weil man in der einen Szene einen Fernseher auf dem Markt sieht, mich erstaunt fragt: "Fernsehen in Danzig im Jahr 1937? Stimmt das! ". Ich teilte ihr mit, es wäre ein TV-Prototyp, welchen es schon vor dem Krieg gegeben habe. Und natürlich, gab keine Fernseher zum allgemeinen Gebrauch. Aber eigentlich war es von meiner Seite nur ein technologischer Witz. Letztendlich ist dies ja keine historisch realistische Serie.

Gruß Arndt

Antennenschreck
14.01.2013, 17:17
Hallo Hans Jörg,

schön, dass sich noch wer des Themas annimmt. Ich bin soweit erst mal an einen logisch klingenden Erklärungspunkt gekommen. Meine Recherchemöglichkeiten sind soweit erst mal ausgeschöpft, besonders auch aus sprachlichen Gründen. Die Übersetzungen von irgendwelchen Programmen sind oft von recht zweifelhafter Qualität und führen kaum zu mehr Klarheit in der Sache. Im allgemeinen aber hat mir diese Recherche doch noch so einiges an technischen Errungenschaften der damaligen gezeigt. Es gab da viele Dinge, welche heute schon längst vergessen sind oder oft sogar als Erfindungen von heute angesehen werden. Nur da das kein speziell Danziger Thema ist, gehört es eben nicht hier her.



Gruß Arndt

buddhaah
17.01.2013, 18:21
Hiernach:

http://en.wikipedia.org/wiki/Timeline_of_the_introduction_of_television_in_coun tries

ist Danzig tatsaechlich das dritte Land der Erde, das "electronic television" (im Gegensatz zu mechanischem Fernsehen) im (Versuchs-)Betrieb hatte. Allerdings gibt es keine Referenz zu der auf der Webseite befindlichen Liste.

Beste Grüsse,

Michael

Antennenschreck
17.01.2013, 18:40
Hallo,
ist es denn niemand hier im Forum möglich den von mir angegebenen Link zu übersetzen. Darin scheint ja erklärt zu werden wie es zu der Ente kam. Und wenn nicht dann wissen wir zumindest das wir weitersuchen können. Es hat doch keinen Wert nach etwas zu suchen was eine reine Fiktion (im Film) als Grundlage hat.

Gruß Arndt

buddhaah
17.01.2013, 19:08
Arndt,

deine Übersetzung stimmte schon. Der zitierte Regisseur, Pawel Pitera, spricht von seiner 1986er TV-Serie "Na Klopoty Bednarski" ("Bei Schwierigkeiten: Bednarski"), einer Krimiserie, die im Vorkriegsdanzig spielt.

Laut Pitera beinhaltet eine Folge der Serie eine Einstellung, wo man ein Bild eines Fernsehers von 1937, der auf einem Danziger Markt steht, sieht. Es ist nicht klar, ob der Fernseher von 1937 ist - oder die Einstellung im Jahre 1937 spielt.
Pitera sagt, wie du schon richtig übersetzt hast, dass er dafür angegangen wurde, dass er im Jahre 1937 (ich nehme mal einfach jetzt an, in diesem Jahre spielt besagte Folge) einen Fernseher auf einem Marktplatz stehen hatte. Das sei nicht realistisch (wohl zu früh - aber auch das ist im Text nicht explizit erklärt).

Piteras Aussage aber, gibt aber auch nicht her, ob er jenen Fernseher im Jahre 1937 filmisch platziert hat, weil er (aus anderer Quelle) wusste, dass es zu diesem Zeitpunkt Fernsehbetrieb gegeben hat - oder ob da nur seine kreativen Pferde mit ihm durchgegangen sind.

Sollten sich die Gerüchte tatsächlich nur auf diese Fernsehserie stützen, muss ich aber sagen, dass sich hier etwas ganz schön verselbstständigt hat (siehe meinen früheren Wikipedia-Link)...


Eine Sache noch ist allerdings hervorzuheben. Pitera sagt nämlich weiter:

"Das Danzig in 'Bednarski' ist ein mythisches Land und nicht eine wahrheitsgetreue Rekonstruktion des wahren Stadt, über die ich (damals) keine Ahnung hatte. Alle anderen hatten aber auch keine. Somit konnte keiner zu mir kommen um neunmalklug zu tun, dass es so oder anders haette sein sollen. Mit Ausnahme [der einen Redakteurin]."

Dies wiederum könnte tatsächlich darauf hinweisen, dass sich dort eine Fantasiegeschichte verselbstständigt hat.


Beste Grüsse,

Michael

Bartels
17.01.2013, 19:21
Hallo Arndt,

nach dieser Übersetzung bleibt aber noch Siegler unwiedersprochen:

"1937 24. Juli: Zum ersten Mal wird eine Fernsehsendung in Danzig vorgeführt. Ein auf der Klawitterwerft gebautes Dock wurde von drei Schleppern aus dem Hafen bugsiert und von einem reichsdeutschen Schlepper nach Memel überführt. Erste Fernsehaufnahmen vom deutschen Flottenbesuch in Danzig"

Hier ist ein Termin (den man über die Tageszeitung von damals bestätigen könnte) und ein Thema genannt.

Ich könnte mir vorstellen, dass man damals diesen Fernsehfilm für das Reich aufgenommen hat und ihn damals auch zu Propagandazwecken in Danzig gezeigt hat. Aber eine Einmalsendung ist eine Eintagsfliege und kein regulärer TV-Betrieb ...

Mal abwarten was die Quelle von Hans-Jörg sagt ...

Wolfgang
17.01.2013, 20:42
Schönen guten Abend,

das Thema ist hochinteressant - auch, weil Informationen darüber offensichtlich sehr dünn gesäht sind. Gewisse Rückschlüsse auf die Entwicklung in Danzig lässt der Wikipedia-Artikel Geschichte des Fernsehens in Deutschland (http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Fernsehens_in_Deutschland) zu.

Sicher scheint zu sein, dass es keinen Regelsendebetrieb gab. Sicher scheint ebenso zu sein, dass Fernsehen in Danzig zu Freistaatzeiten und zu Kriegsbeginn keine Rolle im Propagandakonzept des Nazi-Regimes spielte.

Mir stellt sich auch eine Frage, deren Beantwortung möglicherweise ein Schlüssel sein könnte um weiterzukommen: WEM unterstanden die Fernsehsendungen, unter wessen Regie fanden sie statt, wer zeichnete dafür verantwortlich? Ich fand bisher KEINE Informationen darüber, dass sie vom Großdeutschen Rundfunk bzw. von Reichs- oder Landessendern durchgeführt wurden.

Bisher fand ich in Sachbüchern und Fachartikeln lediglich die Aussage, dass in Danzig 1937 mit dem Sendebetrieb begonnen wurde. Auch Dieter Schenk meint in seinem Buch "Hitlers Mann in Danzig" (Seite 80) -ohne Quellenangabe wie sonst bei ihm üblich- recht salopp "Im Sommer [...] der erste Fersehempfang eines deutschen Flottenbesuchs ging über den Bildschirm".

All diese Hinweise ohne Quellenangabe zeigen erneut wieder sehr deutlich auf, dass Autoren von Fachartikeln bzw. -büchern immer darauf hinweisen sollten woher sie ihre Informationen haben. Ich vermute, dass fast alle bekannten Artikel auf Hörensagen oder unsicheren Sekundärquellen beruhen. Na ja, ich sehe das fast als sportliche Herausforderung mehr darüber herauszubekommen :)

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Hans-Joerg +, Ehrenmitglied
17.01.2013, 21:59
Hallo
Ich vermute da hat sich “ etwas “ verselbstständigt “……
Jemand hat eine Vermutung ins Netz gestellt und die ganze Sache hat sich ausgebreitet mit verschiedenen Anmerkungen……
Vermute bei der ganzen Geschichte ist real nix dran … oder nur im ganz kleinen Kreis.
Meine angeschriebenen “ Experten” müssten es eigentlich wissen- warte auf eine Antwort.
Viele Grüße
Hans-Jörg

Wolfgang
17.01.2013, 22:30
Schönen guten Abend,

da hat sich sicherlich nichts verselbstständigt und an der Geschichte wird auch real etwas dran sein. Es wird eine initiale Ausstrahlung anlässlich eines Flottenbesuches 1937 gegeben haben.

Aber alle Vermutungen und alle mehrfach geäußerten Hinweise hinsichtlich noch bevorstehender oder zu erhoffender Auskünfte bringen nichts solange wir diese Auskünfte nicht haben.

Wir können nun auch dieses Thema natürlich totreden, aber ich halte es mit dem Magazin Focus das früher einmal betonte was zählt: "Fakten, Fakten, Fakten"!

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Peter von Groddeck
18.01.2013, 08:40
Hallo,
das ganze erinnert mich an die Aussage, die vor ein paar Jahren durch die Welt ging: "Die Stadt Bielefeld gibt esin Wirklichkeit nicht"
Gruß Peter

Antennenschreck
18.01.2013, 16:18
Hallo,

es ist sicher ein geringer Unterschied zwischen der Behauptung das Bielefeld nicht existiere und unserer Suche für Belege das Danzig das 3. Land war welches Fernsehen einführte. Denn, Versuche für TV Sendungen gab es ab den späten zwanziger Jahren mehr oder weniger Weltweit. Nur da klafft doch noch eine gewaltige Lücke bis zu einem Regelbetrieb, als da wären:

wo stand der Sender (sicher nicht im Hafen, da der dümmste Platz)

wer betrieb das Programm (sicher nicht das deutsche Reich)

wer lieferte wieviel TV Geräte an wen (sicher nicht das deutsche Reich)

über welchem Zeitraum wurde der Sender betrieben ( definitiv nicht mehr 1939)

wer hatte die technische Leitung und die Versuche durchgeführt (sicher nicht die Reichspost)

wer hat das ganze finanziert (sicher nicht das Reich)

gibt es irgendwo ein TV Gerät von damals aus Danzig ( im Reich gab es über 80 verschiedene Typen treils bis heute)

gibt es eine Zeitung von damals die das Ereigniss erwähnt (bis jetzt gibt es keine)

und da sind noch so einige Sachen mehr, welche eher gegen einen TV Regelbetrieb sprechen als dafür. Ich habe ein relativ großes Archiv (auch viele technische Beschreibungen und internationale Patentschriften) zum Thema Technik im kompletten neunzehnten Jahrhundert, und da gibt es wirklich heftige Sachen, welche wir oft der heutigen Zeit zurechnen. Nur leider steht da absolut gar nichts zum Thema TV Sendungen 1937 in Danzig, obwohl noch die Hellschreiberverbindung (unserem heutigen Faxgerät ähnlich) nach Bueno Aires erwähnt wird. Man findet sogar Details zu den allergeheimsten Führerkabeln (einige tausend km Breitbandkabel durch Deutschland) nur eben so gar nichts zum oben erwähnten Thema. Also lasst uns einfach weitersuchen und fragen, vielleicht findet sich ja doch noch wer der belastbare Fakten liefert.

Gruß Arndt

Poguttke
18.01.2013, 18:32
Also wenn der Flottenbesuch durch eine Fernsehübertragung begleitet wurde, werden wir sicher einen Artikel darüber in den Danziger Neuesten Nachrichten finden, Gero

Wolfgang
18.01.2013, 22:51
Schönen guten Abend,

ich bin ein wenig fündig geworden: In der neuen "Encyklopedia Gdańska", einem fast 1.200 Seiten dicken und kiloschweren Wälzer ist ein Artikel zu finden "Telewizja w Gdańsku do 1945" (Fernsehen in Danzig bis 1945). Leider reichen meine Polnischkenntnisse noch nicht aus, um alle Details zu verstehen. Aber auch meine Frau schüttelte nur den Kopf und sagte, der Artikel sei recht chaotisch geschrieben und für sie kaum verständlich. Das mag vielleicht auch an diesem fachspezifischen Thema liegen.

Es scheint aber so zu sein, dass aus Berlin vier Sendewagen nach Danzig geschickt wurden von denen einer in der Postgasse und drei auf der Speicherinsel standen. So wie ich das verstand, gab es einen Sendebetrieb vom 28.07.-10.08.1937 mit u.a. Aufnahmen der Olympischen Spiele 1936. Daneben sind natürlich noch viele weitere Informationen vorhanden.

Ich werde den Artikel morgen einscannen und ich hoffe, ich finde jemanden der ihn übersetzen kann.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

buddhaah
18.01.2013, 23:28
Wolfgang,

der gesamte Inhalt der Encyklopedia Gdanska ist auch online unter http://www.encyklopediagdanska.pl.

Der von dir besagte Artikel ist auch online als Volltext:

http://www.encyklopediagdanska.pl/index.php?title=TELEWIZJA_W_GDA%C5%83SKU._DO_1945

... und... was soll ich sagen... du bist fündig geworden! :) Es war tatsaechlich 1937!!

Ich mache mal die Uebersetzung.

buddhaah
18.01.2013, 23:50
Hans-Jörg. Wenn du etwas wartest, stelle ich meine *nicht-maschinelle* Uebersetzung hier rein. Ich bin sicher, sie ist besser, als die Google-Übersetzung.

Rechtlich sehe ich keine Bedenken - aber lasse mich gerne vom Admin belehren.

Bartels
19.01.2013, 00:00
Verantwortlich für die Ausstrahlung: Arbeitsfront der NSDAP

Sendetermine: 28. Juli bis 10 August 1937

Ausstrahlung durch: Rundfunk Berlin-Mitte

Ü-Wagen: 3 x auf der Speicherinsel, 1 x Postgasse
mit Standleitung-Verbindung nach Berlin

Empfänger: Telefunken FE Typ 4, mit einer Bildschirmdiagonale von 18 × 24 cm

Veranstaltungslokale:
- UT Lichtspiele Kinosaal GmbH ( Kino), Elisabeth-Kirchengasse 9 - dort Uraufführung
- Hotel Monopol, Hundegasse 16/17
- Tischlergasse 41/42
- Weidengasse 1a
- Vorstädticher Graben 61
- Goldenes Tor

Vorführungen: 11-12, 16,30-17,30, 20-21 Uhr

Eintrittspreis 7 Pfennig pro Stunde

Themen:
- Flottenbesuch deutscher Minensuchboote
- Ausschnitte aus der Berliner Olympiade 1936
- Komödie
- Kurzfilme, Danziger Straßenszenen

buddhaah
19.01.2013, 00:20
Hier nun das Verbatim, meine ungeduldigen Mitforisten...


FERNSEHEN IN DANZIG. VOR 1945

Einen großen Beitrag zur Theorie, sowie zu den praktischen Aspekten der Fernübermittlung von Bild und mit ihm einhergehendem Ton hatten Erfinder aus Pommern. Paul Nipkow aus Lauenburg i. Pom. (22 VIII 1860 – 24 VIII 1940 Berlin), Schöpfer der sog. Nipkow-Scheibe, sowie der Konstrukteur von Fernsehsende- und -empfangsanlagen, der Danziger Otto Bronk (29 II 1872 – 5 VIII 1951 Berlin), der viele Jahre für die deutsche Firma Telefunken arbeitete.

Bis 1939 waren die Amerikaner Pioniere des massenhaften Fernsehempfangs (5 tausend Zuschauer; der Amerikaner John Logie Baird, 1888–1946, wird allgemein als Vater des modernen Fernsehens angesehen), sowie die Engländer (2 tausend), die Deutschen (einige Tausend in der Region Berlins alleine). Die Bedeutung des Fernsehens für Propagandazwecke, sowie für die Verbreitung der Errungenschaften Deutschlands auf dem Gebiet der neuen Technologien verstanden die Nazis, darunter auch das Propagandaministerium des dritten Reiches unter der Führung Joseph Goebbels'. Auf seine Anregung hin, stellte die deutsche Post, die die Schirmherrschaft über das im Entstehen begriffene Fernsehen übernommen hatte, das neue Medium - aus Anlass erst der Olympischen Spiele 1936 in Berlin, und dann 1937 in vielen deutschen Städten - breiten Gesellschaftsschichten vor.

In Danzig war die örtliche Arbeitsfront der NSDAP Organisator der Ausstrahlungen, jedoch wurden diese von einem Team des deutschen Fernsehens vom 28 VII - 10 VIII 1937 vorbereitet, mit Hilfe von telefonischen und Funkverbindungen zum Berliner Rundfunkzentrum
Nach Danzig kamen vier riesige Ü-Wagen: 3 wurden auf der Speicherinsel aufgestellt, einer in der Postgasse, nahe des Telegrafenamtes bei der Hundegasse 114/116, wo eine direkte Verbindung nach Berlin bestand. Diese wurden mit Orten (in der Stadt) verbunden, an denen aus Berlin gelieferte Fernsehgeräte der Firma Telefunken des Typs FE 4, mit einer Bildschirmgröße von 18 x 24 cm und einem Bild in schwarz-grünem Farbton, aufgestellt wurden.

Die Fernsehgeräte befanden sich im Kino UT Lichtspiele GmbH an der Elisabeth-Kirchengasse 9, wo die feierliche Eröffnung der Danziger Vorführungen stattfand, im Hotel Monopol bei der Hundegasse 16/17, einem Saal in der Tischlergasse 41/42, in der Weidengasse 1a, am Vorstädtichen Graben 61, sowie in einem Saal im ersten Stock des Grünen Tores.

Die Vorführungen fanden statt um 11–12, 16.30–17.30, 20–21 Uhr. Der Eintritt in den Vorführungssaal kostete 7 Pfennige pro Stunde Programm. Die Zuschauer konnten folgende Filme sehen: in den Danziger Hafen einlaufende deutsche Trawler, Fragmente der Olympischen Spiele von Berlin 1936, sowie eine banale Komödie.

Eine Abwechslung stellten auf Zelluloid gedrehte Kurzfilme dar, die auf den Strassen Danzigs aufgenommen wurden und nach ihrer Entwicklung und elektronischer Bearbeitung per Leitung aus den Ü-Wagen an die Vorführsäle übertragen wurden.
Es fehlen weitere Informationen, ob vor 1945 in Danzig eine solche Vorführung wiederholt wurde, oder ob das Fernsehen in Danzig weitere Abonnenten hatte. Die Entwicklung des Fernsehens wurde durch den Verlauf des 2. Weltkrieges gehemmt.

Bartels
19.01.2013, 00:34
Zu den Veranstaltungslokalen:

- UT Lichtspiele (KINO), St.-Elisabeth-Kirchengasse 9 - dort Uraufführung
- Hotel Monopol, Hundegasse 16/17
- Tabakwaren Deckert, Tischlergasse 41/42
- Tabakwaren Pennig, Weidengasse 1a - (Nr. 1 war (1942) Residenz Forster)
- Druckerei Kafemann, Vorstädtischer Graben 61
- Goldenes Tor

Bartels
19.01.2013, 00:43
Lieber Hans-Jörg,

bevor Du müde in Dein Bett sinkst: Ausser uns letzten Mohikanern ist in Deutschland niemand an dem Thema Danzig interessiert! Das zeigt schon Wikipedia, zu vielen, wenn auch nur kleinen englischen Ortsartikeln gibt es bis heute keine deutsche Entsprechung.

Bartels
19.01.2013, 00:58
Lokale (Korrektur):

- Grünes Tor, Saal der Stadt Danzig

Bartels
19.01.2013, 01:48
Hallo Arndt,

unterschätze in dieser Zeit nicht das Deutsche Reich bzw. das NS-System, die haben 1937 schon kräftig in den Freistaat "hineingefunkt" und die Kommissare des Völkerbundes haben machtlos zugesehen ...

Das ist zum Beispiel auch für den Flugverkehr und den Flughafen Danzig belegt.

Antennenschreck
19.01.2013, 11:43
Hallöle,

also erst einmal zum Thema Video Standleitungen für TV übertragung. Es wurden damals im ganzen Reich koaxiale Breitbandkabel verlegt, primär zum Zweck der Bildtelefonie und sekundär für TV Signalübertragung. Diese Kabel hatten aller 17,5 km einen Verstärker und erreichten so beachtliche Streckenlängen. Erstmalig wurde auf der Leipziger Messe eine solche Verbindung nach Berlin vorgestellt. Das war glaube ich 1935 (könnte nachschauen). Die längsten Strecken dieser Art liefen von Berlin über Nürnber und München bis nach Wien. Eine ebenfalls lange Strecke ging von Berlin nach Paris und versorgte die deutschen Soldaten in Frankreich mit TV. Ab Kriegsbeginn wurden solche Kabel dann immer öfter zur Übertragung von Luftlagebildern genutzt und die Bildtelefonie darüber komplett eingestellt. Richtung Danzig gab es aber keine solchen Kabel, Polen hätte einer solchen Verlegung sicher auch nicht zugestimmt. Schon die ersten Versuche mit TV Signalen zeigten aber auch, dass der Empfang von einem TV Signal und die Wiederausstrahlung nicht gut geht und führte dazu, dass in Berlin alle Fernsehstuben und Krankenhäuser über Breitbandkabel versorgt wurden. Auch wurden alle TV Aufnahmen (ausser Olympiade) umgefilmt. Sie wurden immer erst auf Film gemacht und dann von einer el. Kamera aufgezeichnet und gingen zum Sender. Die meissten el. Kameras von damals waren einfach noch nicht empfindlich genug um ein verwertbares Signal bei wechselnden Lichtstärken zu liefern. Und die wenigen die das mit Tageslicht konnten waren wahre Monster von Größe und Gestalt. Die selbe Szene auf der Kinoleinwand wiederum leuchtete so zu sagen von selbst und die wuchtige TV Kamera konnte immer am selben Ort stehen bleiben.
Warum nun sollte jemand Material was er eh schon auf Film hat und im Kino vorführen kann jetzt erst wieder sendefähig machen um es in Danzig senden zu können? Im Reich hat man nach der Olympiade auch kaum noch Live Sendungen über TV gebracht sondern das öffentliche Fernsehen ab Kriegsbeginn immer weiter zurückgefahren und am Ende nur noch Lazarette stundenweise damit versorgt, da die Verletzten oft nicht ins Kino konnten. Es konnten die im Reich schon verlegten Breitbandkabel auch erst nach und nach in Betrieb gehen, da Telefunken die nötigen Verstärker nicht schnell genug lieferte und ab Kriegsbeginn dann fast gar nicht mehr. Deshalb liefen die Kabel oft nur im Trägerfrequenzbetrieb für Telefonie und Telegraphie bis 600 kHz (wie z.B. Berlin - Hamburg) und der Bereich bis 1 - 6 MHz wurde nicht benutzt.
Es muß doch irgend eine Zeitung von damals davon Kenntniss bekommen haben? In der betriebsinternen Telefunkenzeitschrift wird zumindest an keiner Stelle etwas über Danzig geschrieben. Und eigentlich kann man hier viel lesen was wie wo Telefunken gebaut hat.
Die erwähnten mobilen Sendestationen standen zum Beispiel auch mal auf dem Brocken, sind aber wie der Name schon sagt gerade kein typisches Merkmal für einen Fernsehregelbetrieb und kein Mensch hätten wegen solcher Versuche viel Geld für einen privaten TV Empfänger ausgegeben. Ich könnte mir denken das man gesagt hat. du kannst dir die Filme hier im Kino ansehen und zum Vergleich auf einem Fernseher der hier steht. Dafür musste man das Signal aber nicht erst groß aussenden um es auf einem TV Empfänger sichtbar zu machen, was in Deutschland in den Fernsehstuben normalerweise auch nicht geschah sondern über Breitbandkabelanschluß gemacht wurde. Ein privater TV Empfänger zu Hause war auch im Reich eher die Ausnahme und nicht die Regel, zumal der problemlose TV Empfang nur in einem engen Bereich um den Sender (Berlin Witzleben, zeitweise Brocken) möglich war. Da gingen die Leute schon öfter ins Kino, da waren die Bild- und Tonqualität allemal besser.

Gruß Arndt

Poguttke
19.01.2013, 14:14
In Danzig war die örtliche Arbeitsfront der NSDAP Organisator der Ausstrahlungen, jedoch wurden diese von einem Team des deutschen Fernsehens vom 28 VII - 10 VIII 1937 vorbereitet, mit Hilfe von telefonischen und Funkverbindungen zum Berliner Rundfunkzentrum
Nach Danzig kamen vier riesige Ü-Wagen: 3 wurden auf der Speicherinsel aufgestellt, einer in der Postgasse, nahe des Telegrafenamtes bei der Hundegasse 114/116, wo eine direkte Verbindung nach Berlin bestand. Diese wurden mit Orten (in der Stadt) verbunden, an denen aus Berlin gelieferte Fernsehgeräte der Firma Telefunken des Typs FE 4, mit einer Bildschirmgröße von 18 x 24 cm und einem Bild in schwarz-grünem Farbton, aufgestellt wurden.

Die Standleitung nach Berlin diente meines Erachtens nur zur Behandlung technischer Probleme, es war doch viel einfacher und auch logisch, Kameras und Empfänger direkt mit Kabel zu verbinden, das waren ja keine großen Entfernungen, und der propagandistische Vorführeffekt wurde dadurch nicht geschmählert, Gero

Wolfgang
19.01.2013, 15:55
Schönen guten Nachmittag,
hallo Gero,

möglicherweise habe ich etwas überlesen, aber ich fand nirgendwo eine Aussage, dass es eine Standleitung -welcher Art auch immer- zwischen Danzig und Berlin gab. Das wäre, wie bereits auch schon gesagt, über den Korridor schwierig zu machen gewesen.

Fakt ist, dass es August/September Fernsehübertragungen innerhalb Danzigs gab. Unklar ist noch das WARUM. Ebenso interessant wäre es zu wissen, warum die Arbeitsfront Organisator war. Sah man Danzig bereits als "reichsdeutsche Stadt" die man bei den Ausstrahlungen nicht übergehen wollte? War das eine Demonstration der Zugehörigkeit zum Reich?

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Poguttke
19.01.2013, 22:55
Hallo Wolfgang,
ja das stimmt, von Standleitung war nicht die Rede, da hatte ich mich versehentlich auf die Ausführungen von Antennenschreck verlassen. :) So schnell kann Geschichte umgeschrieben werden, unser Deutschlehrer hatte uns schon immer eingebleut, "achtet auf das Komma denn durch das Versetzen kann man leicht den Sinn verändern".

"Fakt ist, dass es August/September Fernsehübertragungen innerhalb Danzigs gab. Unklar ist noch das WARUM. Ebenso interessant wäre es zu wissen, warum die Arbeitsfront Organisator war. Sah man Danzig bereits als "reichsdeutsche Stadt" die man bei den Ausstrahlungen nicht übergehen wollte? War das eine Demonstration der Zugehörigkeit zum Reich?"

Also das WARUM dürfte eigentlich klar sein. Zum einen war Hitler ja der Versailler Vertrag ein Dorn im Auge, und seine Pläne bezüglich Lebensraum im Osten hat er ja in Mein Kampf ausführlich erläutert. Danzig wurde als Mittel zum Zweck mißbraucht. Das hat ja auch der Nürnberger Prozess festgestellt. Als noch sein Scheitern in Deutschland möglich war hatte er ja in Erwägung gezogen, dann nach Danzig überzusiedeln. Nun war es aber andererseits so, daß es im deutschsprachigen Raum keinen Landstrich gab der so multikulturell geprägt war wie Danzig. Allein schon die Vielzahl an Glaubensbekenntnissen belegen das. Die Statistiken aus jener Zeit belegen höchstens, welche Sprache bevorzugt wurde. In Danzig mußte also besonders energisch Propaganda betrieben werden, um das kulturelle Deutschverständnis der Danziger in ein nationales umzumünzen. Die Botschaft der Nazis war klar und eindeutig. Wir sind nicht nur als Rasse, sondern auch technisch allen andern Menschen überlegen. Warum nun die Arbeitsfront den Auftrag zur Durchführung erhielt könnte mit der Kabelverlegung zusammenhängen, das ist meine Vermutung, Gero

Antennenschreck
20.01.2013, 14:54
Hallo,

nun ich kann mich gar nicht entsinnen, von einer Standleitung nach Danzig geschrieben zu haben. Ganz im Gegenteil ist so eine Behauptung absolut nicht haltbar. Was nun den Empfänger Telefunken F.E. IV betrifft, wäre sein Einsatz zu diesem Zweck schon etwas seltsam. Es handelte sich hier nämlich um den ersten Zweifarbenempfänger der Welt. Nur war seine Zweckbestimmung nicht gerade öffentliches Fernsehen. Er war vielmehr gedacht zur optischen Luftraumüberwachung. Deshalb auch die zwei Strahlsysteme in verschiedenen Farben. In grün wurde das Gelände eingeblendet und in weiß Flugzeuge. Er hatte übrigens nur 180 Zeilen, wohingegen damals schon mit 375 oder 441 Zeilen gesendet wurde. Aus genau dem Grund wurden einige Exemplare davon für den technischen Studiobetrieb bei der Olympiade angepasst. Auch war sein Aussehen so gar nicht auf den Einsatz in Wohnzimmern zugeschnitten. Es war ein einfacher Blechkasten im Gegensatz zu seinen, immerhin damals schon über 70 , Mitbewerbern aus Holz. Also das nun gerade dieser Ferseher den Stand der Technik in Danzig zeigen sollte, dürfte wohl ein Witz gewesen sein. Ich schau mal nach dem Schaltplan, aber meines Wissens hatte der nicht mal eine Tonempfangsmöglichkeit.

Gruß Arndt

Antennenschreck
20.01.2013, 17:20
Hallo,

Nach weiterer Recherche kann ich sagen, dass die umgebaute Version für die Olympischen Spiele einen Paralleltonteil bekommen hat. In welchem Bereich der arbeitete ist nocht ganz klar. Der Bildtempfänger war original von 40 - 55 MHz durchstimmbar, was für den Empfang in Deutschland (Berlin) etwas zu hoch war. Nun das könnte man aber sicher um 5 MHz nach unten gezogen haben. Witzigerweise fehlt genau der Schaltplan des FE IV beim Radiomuseum und es werden 2 recht unterschiedliche Bilder zu diesem Teil gezeigt. Das gezeigte Typenschild ist aber das von dem Stahlkasten. Der FE IV im schicken Holzdesign hat hingegen kein sichtbares Typenschild. Nun kenne ich glücklicherweise jemand, der genau so ein Teil als Dauerleihgabe in einem Museum stehen hat und auch so noch eine Menge darüber erzählen kann. Den werde ich nun mal zu Rate ziehen. Just von diesem Teil gibt es nämlich nur noch ganz wenige Stücke auf der Welt, da das Gerät niemals als käufliches Exemplar zu haben war und deshalb auch nicht in größeren Stückzahlen in private Hände gelangte. Nach dem Krieg hatte es kurzzeitig den Versuch gegeben eine Art Farbfernseher mit den wenigen erhaltenen grün/weiß Röhren / Geräten zu bauen. Nur war das Unterfangen wohl einigen zweifelhaften Versuchen erst mal beendet worden. Das nette Holzteil könnte ebenso auch ein Nachkriegsfarbversuch des FE IV sein. Angesichts einer Palette von ca. 80 unterschiedlichen, im Handel erhältlichen, S/W TV Geräten mit geeigneter Zeilenzahl, ist es schon verwunderlich auf ein Grün/Schwarz/Weiss-Gerät mit 180 Zeilen zurückzugreifen welches erst angepasst werden muß. So ein Vorgehen deutet doch eher auf einen reinen Versuchsbetrieb als auf eine regelmäßige Sendeabsicht. Der einzige Vorteil des FE IV lag in seiner Durchstimmbarkeit. Alle anderen Mitbewerber waren fest auf einen Kanal verdrahtet, weil einen anderen gab es ja nicht. Und wäre doch ein Kanalwechsel nötig geworden, so hätte das Empfangsteil umgebaut werden müssen. Also wusste man in Danzig vorher noch nicht genau ob und auf welche Frequenz man eigentlich senden würde. Ein Typisches Merkmal von einem Testbetrieb, welche damals weltweit zu gange waren.

Gruß Arndt

Wolfgang
20.01.2013, 17:43
Hallo Arndt,

phantastisch was Du an Informationen beisteuern kannst!!! Da der Beitrag in der Danziger Enzyklopädie mit dem Autorennamen (bzw. dessen Kürzel) gekennzeichnet war, besteht, so denke ich, die Möglichkeit, mit ihm (Mirosław Gliński) in Kontakt zu treten. Und da wird man evtl. seine Quellen erfahren können oder vielleicht weiß er sogar noch mehr...

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Bartels
20.01.2013, 20:54
Einen schönen guten Abend,

schön wäre es zu wissen, wie diese TV-Vorführungen in der Presse angekündigt wurden und auch wie anschliessend darüber berichtet wurde. Zwar sind dutzende von Exemplaren der Elbinger Westpreussischen (Jg. 1937) im Netz abzurufen, aber leider keine für Juli und August.

Es zeigt sich, dass in Danzig ein öffentlicher TV-Testbetrieb in 6 Lokalen stattfand, der aber in keiner Weise mit der tönenden Wochenschau im Kino vergleichbar war.


Im übrigen war der Freistaat 1937 vollständig gleichgeschaltet, wurde in vielem nachweislich aus dem Reich subventioniert, Institutionen wie der Flughafen waren Mitglied von Reichsorganisationen, ... , bis auf zwei Polen trugen alle Volksvertreter die braune Uniform der NSDAP und nicht die einer NSDzAP. - Dinge die im Saarland nicht möglich gewesen wären. - Einen früheren Anschluss, etwa 1938 mit den Sudeten, verhinderte nur der Korridor.

Alflan
21.01.2013, 01:20
Oft gehört:
"Hier ist der Reichssender Königsberg, angeschlossen der
Landessender Danzig."

Antennenschreck
21.01.2013, 10:07
Hallöle,
ich meine ja auch, dass es angesichts so eines Ereignisses damals ein gewaltiges Presseecho gegeben haben sollte. Hier fehlt bis jetzt jeder auch noch so kleine Hinweis. Auch im Reich selbst ist nichts darüber zu finden. Das allein ist schon merkwürdig, wenn man das allgemeine Echo auf technische Ereignisse damals sieht. Zumindest in meinem ca. 1 GByte pdf Files von damals herrscht einhellig Schweigen zum Thema TV in Danzig. In rundfunktechnischer Hinsicht taucht Danzig dagegen hin und wieder mal auf. Da gibt es einen Betreiber des Senders und auch Angaben über das Programm. Ab September 1939 werden solche Artikel noch häufiger, aber immer noch kein Sterbenswörtchen zum Thema TV in Danzig. Ganz im Gegenteil bekommen Lazarette dort auch keinen TV Breitbandanschluss, wie im Reich in größeren Städten üblich. Irgend wie gibt es einfach keine belastbaren Quellen von damals, welche einen TV Regelbetrieb belegen könnten.

Gruß Arndt

Wolfgang
21.01.2013, 14:29
Einen schönen guten Nachmittag aus dem Danziger Werder,

hier funkt nicht, hier fernsehsendet nicht, aber hier internettet Jemand den das Thema brennend interessiert :)

Ich fasse die neuesten Erkenntnisse noch einmal zusammen:

- Unstrittig scheint zu sein, dass es Fernsehsendungen Ende August/Anfang September 1937 gab
- ebenso unstrittig scheint zu sein, dass dies ein ZEITWEISER (also kein dauerhafter) Sendebetrieb war

Es stellen sich u.a. folgende Fragen:

- Nach welchem Kriterium wird/wurde beurteilt, welches Land den Fernseh-Sendebetrieb aufnahm?
- War es wirklich die Mini-Empfangs-Gurke "FE IV" mit 18x24cm (mein Handy ist fast größer) vor der sich die Zuschauermassen drängten? (Hmmm, hmmm, gewisse Zweifel seien bitte erlaubt)

Mir drängt sich der Eindruck auf, dass dies ein reiner Probebetrieb war. Einfach mal probieren, die Leute staunen lassen, Duftmarken setzen.

Sobald sich mir die Möglichkeit bietet, werde ich in der Stadtbibliothek die Zeitungen durchforsten.

Viele Grüße aus dem sonnigen Werder
Wolfgang

Antennenschreck
21.01.2013, 15:34
Hallo,

mit dir, Wolfgang, vor Ort haben wir die besten Chancen das Thema aufzuklären. Und wir hätten dann tatsächlich einen (wenn auch sehr) kleinen Teil der Danziger Geschichte klären können, der sich bis heute im Dunkel der Vergangenheit versteckt.
Nun aber zu meiner Sicht, ab wann man von einem Regelbetrieb sprechen könnte:

- bei dem Sender(n) muß es sich um eine dauerhafte Installation handeln mit festgelegten Parametern und Sendezeiten
- jeder der will, sollte ein geeignetes TV Gerät kaufen können und dann auch betreiben.
- der / die Sender müssen einen eindeutigen Eigentümer / Betreiber haben, seine dauerhafte Finanzierung muß klar sein.
- es sollte ein Programmschema geben, welche vorab bekannt gemacht wird.
- es sollte Ansprechpartner und einen klaren Weg bei Störungen für deren Behebung geben.
- es sollte ein der Zeit entspechender Standard verwendet werden (State of the Art).

Mir fallen da zwar noch einige Punkte mehr ein, allerdings scheinen mir diese erst mal sehr wichtig, um von einem regulären Betrieb sprechen zu können.

Gruß Arndt

Ulrich 31
21.01.2013, 17:08
Kleiner Einschub ohne neuen Themenstart und ohne Danzig-Bezug:

Wie hoch sind die Rundfunk- und Fernsehgebühren in europäischen Ländern? Hier die Antwort darauf > http://www.tagesspiegel.de/medien/gebuehren-kroesus-von-europa/7660358.html.

Hier aber doch noch etwas über die aktuellen Fernsehgebühren in Polen > http://www.digitalfernsehen.de/Zwei-Drittel-der-Polen-zahlen-keine-Rundfunkgebuehren.76096.0.html.

Antennenschreck
21.01.2013, 17:29
Hallöle,

ob und wieviel das Fernsehen in Danzig damals gekostet hat, war bis jetzt hier noch gar nicht groß diskutiert worden. Ich denke eine Art GEZ hatte man damals noch nicht geschaffen. Allerdings war fernsehen auch noch nicht zur Massenseuche mutiert sondern eher einzelnen vorbehalten. Die Finanzierung der Medien lief damals irgendwie noch anders.

Gruß Arndt

Wolfgang
21.01.2013, 18:07
Schönen guten Abend,
hallo Arndt,

Fernsehen war damals Phaszination. Wie Zirkus, wie Zeppelin. Es scheint, es kam und ging.

Wie Du, Arndt, grabe ich weiter, und aufgrund Deiner Profession, Deines Wissens, Deiner Unterlagen kannst Du uns so manchen Anknüpfungspunkt mitteilen der es uns ermöglicht, weiterzuforschen.

Es mag Zeit dauern -wie so Vieles mit Substanz- aber dieses Thema wird nicht aus unserem Fokus verschwinden bevor wir nicht ein paar mehr Antworten auf offene Fragen gefunden haben.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

dersachse
22.01.2013, 13:39
Hallo in die Runde, ich bin durch einen E-Mail-Austausch mit Arndt hier gelandet und habe mich entschlossen einen kleinen Beitrag zu leisten:

In dem oben angegebenen Zeitraum für ein (mir bisher unbekanntes) Fernsehen in Danzig fanden gleichzeitig mehrere weitere Fernsehversuche statt. Da wären:

1. Danzig, 28. Juli bis 10. August 1937 (s.o.)
2. Berlin, Sender Witzleben mit regulärem täglichen Programm
3. Essen, mobiler Fernsehsender "I", Test-Programmausstrahlung von 24. Mai bis Mitte August 1937
4. Düsseldorf, Ausstellungsfernsehen "Schaffendes Volk" von Mai bis Oktober 1937
5. Frankfurt/Oder, Ausstellungsfernsehen "Arbeiter, Bauern und Soldaten" bis Ende 1937
6. München, ab Mai 1937 Dauerausstellung "Fernsehen" im Deutschen Museum mit Sendungen über Lorenz-Sender
7. Paris, deutscher Pavillon der Weltausstellung von 25. Mai bis 25. November 1937

Die Standorte der mobilen Fernsehsendezüge "II" und "III" sind mir für den genannten Zeitraum nicht bekannt und könnten auch für Danzig in Frage kommen.

Danzig spielte auch in den Planungen für ein Fernsehsendernetz eine gewisse Rolle. 1935 führte W. Scholz Überlegungen zu einer flächendeckenden Fernsehversorgung unter Berücksichtigung der topographischen Verhältnisse aus. Als Sendestandort wurde der Turmberg südwestlich von Danzig für eine Versorgung des Weichseldeltas in die engere Auswahl genommen.

Quelle: G. Goebel, Das Fernsehen in Deutschland bis zum Jahre 1945

Gruß GP

dersachse
22.01.2013, 13:44
Hallo nochmal, zum Thema Fernsehgebühren habe ich auch was gefunden.

1943 hörte sich das so an: "Rundfunkteilnehmer können ohne Zahlung einer zusätzlichen Gebühr auch Fernsehteilnehmer werden. Es ist dazu lediglich der Erwerb des Fernsehempfangsgerätes erforderlich. Hierzu ist von der Deutschen Reichspost die "Genehmigung zum Ankauf eines Fernsehempfängers" einzuholen. Ein Nicht-Rundfunkteilnehmer, der am Fernsehrundfunk teilnehmen will, muß zuvor die Rundfunkgenehmigung beschaffen".

(Anmerkung: Die Produktion von Fernsehapparaten ist nie über Versuchs- und Kleinserien hinausgekommen.)

Gruß GP

Antennenschreck
22.01.2013, 15:21
Hallo in die Runde,

hallo an den Sachsen (dersachse), na das war ja mehr als nur ein Beitrag. Hier waren einige Infos dabei, welche bisher noch nicht so kamen. Aus meiner Sicht wird es im Falle Danzigs wahrscheinlich so eine Art Testbetrieb. Und durch den Krieg haben sich dann die Prioritäten etwas verschoben und TV in Danzig kam nicht mehr bis zum Regelbetrieb.

Gruß Arndt

Hans-Joerg +, Ehrenmitglied
22.01.2013, 15:28
Hallo
Und wieder neue Infomationen..............
Aber für mich entscheidend und wichtig :
Warte auf eine 1. Meldung in Zeitungen usw.
Eine " kleine" Meldung muss es doch in Danzig gegeben haben.....?!


Viele Grüße
Hans-Jörg

Antennenschreck
22.01.2013, 15:54
Hallöle,

Hans-Jörg, wir tasten uns doch langsam vor und ich bin mir fast sicher, das Danzig TV Rätsel wird gelöst von uns. Ich habe zum Beispiel einen Artikel zum Thema Sendenormumstellung von damals und einen von heute welche sich um ein ganzes Jahr unterscheiden. Das Original nennt Anfang 1938 als Datum für die Änderung von 180 Zeilen auf 441 Zeilen. Die jetzige Veröffentlichung behauptet Anfang 1937 sei das der Fall gewesen. Hieran sieht man wie sich solche Ereignisse mit der Zeit verschieben / verändern können und deshalb müssen wir noch weiter suchen und fragen, bis dann der absolute Beweis auftaucht. Und wenn es so ein Ereigniss gegeben hat in Danzig, dann gibt es sehr wahrscheinlich auch irgend wo den Beweis dafür und wir müssen ihn nur finden.

Gruß Arndt

Antennenschreck
22.01.2013, 16:12
Hallöle,

die Wahl des Turmberges (ca. 40 km Entfernung) als zukünftigen Senderstandort, zeigt das die ganze Gegend nicht gerade mit potentiellen Standorten gesegnet ist und auch in dieser Hinsicht eine Herausforderung darstellt. Ein Sendebetrieb in Danzig selber war schon deshalb sicher nur ein Provisorium um den Leuten mal was zu zeigen und als dauerhafte Variante nicht sinnvoll.

Gruß Arndt

Hans-Joerg +, Ehrenmitglied
22.01.2013, 16:27
Hallo
Frage wäre auch auf welcher Frequenz die Sendungen waren.....
vermutlich wohl im VHF - Bereich ( ?) wie unser 1. Fernseher ...... 12 Kanäle...
Leider entsorgt !
Viele Grüße
Hans-Jörg

Antennenschreck
22.01.2013, 17:27
Hallo,

diese Frage lässt sich mit einiger Sicherheit noch am einfachsten beantworten. In Berlin waren es 47,8 MHz und irgend wo in der Ecke würde es wohl auch in Danzig gewesen sein, denn bis ca. 50 MHz hatte man schon Erfahrung beim Bau vom Amplitudenmodulierten TV Sendern. Man hätte sicher lieber noch etwas höher gesendet, nur war an den dafür nötigen Röhren der kommerzielle Bedarf erst einmal vorrangig. Bis Ende des Krieges hatte man für militärische Zwecke Frequenzen bis an 12 GHz erreicht. In den zwanziger Jahren waren aber 40 MHz schon fast das höchste der Gefühle. Deshalb dürften so um die 50 MHz Mitte der 30 er Jahre das Machbare für TV gewesen sein. Und heute meinen wir mit unserem WLAN auf 2,4 GHz oder 5 GHz es wäre der absolute Fortschritt.

Gruß Arndt

Wolfgang
23.01.2013, 16:17
Schönen guten Nachmittag,

ich erhielt gerade ein Email von Carl Narloch das ich Euch nicht vorenthalten möchte, da er auch unsere Forum-Teilnehmer ansprach:

".. hallo lb. Wolfgang und lb. Forumgemeinde,
hier die ANtwort von Herrn Glinkski zum TV-Thema ;-) Er hat in den DNN
recherchiert und mir sogar auf deutsch geantwortet obgleich ich auf
Polnisch schrieb...
Gruß, Carl"

Herr Glinski war der Autor des Artikels in der Danziger Enzyklopädie. Er schrieb Carl, seine Quelle seien die in der Stadtbibliothek liegenden Danziger Neuesten Nachrichten von Juli und August 1937 gewesen.

Ich hoffe, dass ich vielleicht nächste Woche nach Danzig komme und die Zeit aufbringen kann, in der Bibliothek vorbeizuschauen.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Hans-Joerg +, Ehrenmitglied
23.01.2013, 17:58
Hallo Wolfgang
Na wenn das so ist ... in " Danziger Neusten Nachrichten " eine Meldung oder auch mehr..
dann hätten wir ja einen " Beweis" !
Schön wäre es wenn wir davon einen " Scan" hier gekommen.
Danke und Viele Grüße
Hans-Jörg

Wolfgang
23.01.2013, 18:10
Hans-Jörg, bitte wart's ab!!! Ich tu was ich kann, Andere auch, und natürlich auch Du! Aber jetzt sind hier in diesem Thema FAKTEN gefragt und nicht ob und wann und ob vielleicht irgendwann von irgendjemandem ein Quentchen Information zu erwarten ist. Wenn Infos da sind, DANN bitte darüber schreiben, und nicht davor!

Sorry, in diesem Sinne ist nicht nur dieser Beitrag sondern auch (teils) mein vorangegangener Beitrag so überflüssig wie ein Kropf.

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Hans-Joerg +, Ehrenmitglied
23.01.2013, 18:15
Hallo Wolfgang
Meine Güte - warum so übergenau !
Habe auch Interesse an der Entwicklung
Viele Grüße
Hans-Jörg
P.S . kannst diesen Beitrag auch löschen...

Hans-Joerg +, Ehrenmitglied
28.01.2013, 14:48
Hallo an alle Interessierten
Habe heute eine Antwort von der Stelle bekommen die mir von der ARD genannt wurde.....
Das " Deutsche Rundfunkarchiv " in Frankfurt.
Dort war darüber nicht bekannt ..... hatten aber Interesse an der weiteren Entwicklung bei uns.
Naja -- warten wir auf die Meldung wenn Wolfgang die " Danziger Neuesten Nachrichten " von diesem Tag im Archiv findet - Hoffe es klappt - dann hätten wir den Beweis !

Viele Grüße
Hans-Jörg

Antennenschreck
28.01.2013, 16:00
Hallo,

das zeigt uns, dass wir das Thema abklären sollten wenn es irgendwie geht. Viele haben nämlich schon irgend etwas gehört nur eben nichts genaues und jeder weiss etwas nur eben auch nicht genau.

Gruß Arndt

Hans-Joerg +, Ehrenmitglied
28.01.2013, 16:05
Hallo Arndt
Genau so ist es ...
Versuche alles was ich kann - hätte noch andere Ansprechpartner.
Aber nun ist erst einmal Wolfgang wieder dran.
Viele Grüße
Hans-Jörg

Bartels
03.02.2013, 22:04
Hallo,

zwei Anmerkungen zur Übersetzung #38:

1. Es muss heissen: Goldenes Tor - wir kennen alle nur das Grüne,
die Polen kennen Grünes und Goldenes Tor = Langgasser Tor.

2. "niem. trałowce" sind m.E. deutsche Minensucher und keinenfalls Trawler,
der eine fischt Minen, der andere Fische, beide mit Schleppgeschirr / Trawl.
Für die sprachlichen Feinheiten muss da ein Muttersprachler ran.
(in einem der frühen Posts war auch von einem Flottenbesuch die Rede)

Im allgemeinen brauchen wir keinen "Beweis" mehr abzuwarten, ich denke die polnischen Forscher haben ihre Enzyklopädie gewissenhaft erarbeitet
(und nicht bei Herrn Guttenberg abgekupfert).

Interessant ist aber für uns:
1. Wie wurde das Ereignis in der Tagespresse angekündigt?
2. Wie wurde es anschliessend für die Propaganda ausgeschlachtet?

Ulrich 31
03.02.2013, 23:22
Hallo Rudolf,

ich verstehe Zeile 1 Deiner Anmerkung 1 (#73) zur Übersetzung #38 nicht. In #38, Abs.4 werden bestimmte damalige Vorführungsorte genannt, u.a. ". . . in einem Saal im ersten Stock des Grünen Tores." "Goldenes Tor" wird in dieser Übersetzung nirgends angegeben, ginge ja auch gar nicht, weil letzteres, das Langgasser Tor, m.W. keinen zum Vorführen geeigneten Raum besitzt, einen solchen aber reichlich das Grüne Tor.

Gruß Ulrich

Bartels
04.02.2013, 01:11
zu 2: Michael hat inzwischen bestätigt, dass "deutsche Minensucher" die korrekte Übersetzung ist, also tatsächlich ein "Flottenbesuch"

zu 1: Polnisch: "oraz w sali na piętrze q Złotej Bramy"


Hallo Ulrich,

deswegen habe ich bin ja auch sofort auf das Grüne übergeschwenkt, obwohl ich Goldenes in der Übersetzung hatte. - Der Fernseher hatte einen winzigen Bildschirm, da hat man in der dritten Reihe nichts mehr gesehen.

Das war ein kleines Ereignis, Olympia 1936 sowieso Konserve, aber keine Konkurrenz zur grossen, tönenden Wochenschau auf der Kino-Leinwand. Mehr als 7 Pfennig konnte man dafür nicht nehmen. (Milch, Zigaretten und Kino waren einiges teurer)

Antennenschreck
05.02.2013, 07:31
Hallöle,

Es scheint halt nur eine Art Vorführung oder Versuch gewesen zu sein. Zumindest sind Minensuchboote im Hafenbecken nicht gerade geeignet für einen Regelbetrieb zur TV Abstrahlung. Das erklärt eben auch das geringe Echo in der damaligen Tagespresse. Mal sehen was Wolfgang da noch so findet in den Archiven vor Ort.

Gruß Arndt

Hans-Joerg +, Ehrenmitglied
23.02.2013, 20:00
Hallo
Wollen wir den wirklich dies schöne Thema ohne endgültiges Ergebnis beenden....
Wolfgang hat vermutlich noch keine Zeit gehabt im Archiv nach Zeitungen zu suchen.
Also ich möchte gerne eine Abschlussklärung !
Viele Grüße
Hans-Jörg

Bartels
24.02.2013, 08:47
Hallo Hans-Jörg,

ausser der NS-Propaganda (vorher - während - nachher) sind eigentlich alle Fragen bereits geklärt:

Ein zweiwöchiger Event:
FERNSEHEN IN DANZIG 1937.

Einen großen Beitrag zu Theorie und Praxis der Fernübermittlung von Bild und Ton hatten die Erfinder Paul Nipkow (http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Nipkow) aus Lauenburg in Pommern (22. Aug. 1860 – 24 Aug. 1940 Berlin), als Schöpfer der Nipkow-Scheibe, sowie der Konstrukteur von Fernsehsende- und -empfangsanlagen, der Danziger Otto von Bronk (http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_von_Bronk) (["von" ergänzt], 29 Feb. 1872 – 5 Aug. 1951 Berlin), der viele Jahre für die deutsche Firma Telefunken arbeitete.

Bis 1939 zählten neben den Amerikanern (5.000 Zuschauer; der Amerikaner John Logie Baird, 1888–1946, wird allgemein als Vater des modernen Fernsehens angesehen), die Engländer (2.000 Zuschauer) und die Deutschen (einige Tausend alleine in der Region Berlin) als Pioniere des öffentlichen Fernsehempfangs.

Die Bedeutung des Fernsehens für Propagandazwecke, sowie für die Verbreitung der Errungenschaften Deutschlands auf dem Gebiet der neuen Technologien nutzten die Nazis, darunter auch das Propagandaministerium des dritten Reiches unter der Führung Joseph Goebbels'. Auf seine Anregung hin, stellte die deutsche Post, die die Schirmherrschaft über das im Entstehen begriffene Fernsehen übernommen hatte, das neue Medium, aus Anlass der Olympischen Spiele 1936 in Berlin, und dann 1937 in vielen deutschen Städten, breiten Gesellschaftsschichten vor.

In Danzig war die örtliche Arbeitsfront der NSDAP Organisator der Ausstrahlungen. Jedoch wurden diese von einem Team des deutschen Fernsehens vom 28 Juli bis 10 August 1937 vorbereitet - mit Hilfe von Telefon- und Funkverbindungen zum Berliner Rundfunkzentrum.

In Danzig wurden vier grosse Übertragungswagen eingesetzt: Drei wurden auf der Speicherinsel aufgestellt, einer in der Postgasse, nahe des Telegrafenamtes in der Hundegasse 114/116, von wo eine direkte Verbindung nach Berlin bestand. Diese wurden mit Empfangsgeräten (Standorte siehe unten) verbunden, an denen aus Berlin gelieferte Fernsehgeräte der Firma Telefunken des Typs FE 4, mit einer Bildschirmgröße von 18 x 24 cm und einem Bild in schwarz-grünem Farbton, aufgestellt wurden. [zur Technik wertvolle Anmerkungen von Antennenschreck]

Die Fernsehgeräte befanden sich im Kino UT Lichtspiele GmbH an der Elisabeth-Kirchengasse 9, wo auch die feierliche Eröffnung der Danziger Vorführungen stattfand; im Hotel Monopol in der Hundegasse 16/17; sowie kleinerem Veranstaltungslokalen in der Tischlergasse 41/42, in der Weidengasse 1a, am Vorstädtischen Graben 61 und schließlich in einem Saal im ersten Stock des Langgasser Tores.

Die einstündigen Vorführungen fanden von 11–12, 16.30–17.30, 20–21 Uhr statt. Der Eintritt zu den Vorführungen kostete 7 Pfennige [und war damit um vieles günstiger als eine Kinokarte]. Die Zuschauer konnten folgende Filme sehen: in den Danziger Hafen einlaufende deutsche Minensucher, eine Zusammenfassung der Olympischen Spiele von Berlin 1936, sowie eine banale Komödie. - Eine Abwechslung stellten auf Zelluloid gedrehte Kurzfilme dar, die auf den Strassen Danzigs aufgenommen wurden und nach ihrer Entwicklung und elektronischer Bearbeitung per Leitung aus den Ü-Wagen an die Vorführräume übertragen wurden.

Es fehlen weitere Informationen, ob vor 1945 in Danzig eine solche Vorführung wiederholt wurde, oder ob das Fernsehen in Danzig weitere Abonnenten hatte [technisch zu bezweifeln]. Die Entwicklung des Fernsehens wurde durch den Verlauf des 2. Weltkrieges gehemmt.

-- Soweit die Ergebnisse jüngster polnischer Geschichtsforschung, die sich auch vollkommen mit weniger umfangreicher deutscher Überlieferung deckt.

-- Als Desiderat bleibt: Wurde die Veranstaltung in der, damals bereits gleichgeschalteten, NS-Presse propagandistisch angekündigt und auch im Abschluss als Ereignis gewertet? - Wie hat die polnische Presse das Ereignis wahrgenommen?

Meine Wertung ist folgende: Die Fernsehausstrahlung in der Danziger Innenstadt war ein einmaliges Ereignis (Event) zu Zwecken der NS-Propaganda. Einziges Live-Thema waren Minutenszenen von einem kleinen deutschen Flottenbesuch und von Strassenszenen, die wenige Stunden alt waren.

Von einer Einführung eines regelmässigen Fernsehempfangs kann nicht gesprochen werden. - Als Propagandamittel war die Wochenschau in den Kinos weit wirkungsvoller.

Danzig war zudem seit 1933 auch keine "Freie Stadt" mehr, sondern wurde in den Jahren 1933 bis 1937 vollständig gleichgeschaltet, beispielsweise durch Verbot der sozialdemokratischen Presse.
(vgl. dazu die Bücher von Loew)

Hans-Joerg +, Ehrenmitglied
24.02.2013, 10:09
Hallo Rudolf
Stimmt - soweit war ja wohl alles klar.
Mich interessiert nur noch die " Presse" dazu !!!!
Da muss es doch Artikel geben ?!!!

Viele Grüße
Hans-Jörg

Antennenschreck
07.03.2013, 17:02
Hallöle,

ich habe da noch etwas gefunden. Solche Sendeanlagen könnten das damals in Danzig gewesen sein. Ich schreibe extra könnten, da hier nichts direkt von Danzig steht. Aber anbei einmal das Stück Text dazu:

Es gelang, ortsbewegliche kleine Fernsehanlagen, sogenannte Reportageanlagen, zu bauen, die vollautomatisch, ohne Senderbedienung arbeiten. Bei nur 10 Watt Senderleistung konnten Fernsehübertragungen zwischen Kraftfahrzeugen in hügeligem Gelände bis zu 7 km, zwischen Flugzeugen sogar bis zu 300 km durchgeführt werden. Die luftdicht gekapselten, höhen- und tropenfesten Empfänger liefern helle, für Betrachtung bei Tageslicht geeignete Bilder. Die vollständige Anlage zur Fernsehübertragung, also Kamera, Sender mit allen Hilfseinrichtungen und Empfänger ist in 3 Kästchen untergebracht, die praktisch keinerlei Bedienung erfordern, wodurch sich zahlreiche neue Anwendungsmöglichkeiten ergeben.

Reportageanlagen in Serienfertigung

Diese serienweise hergestellten Reportageanlagen haben sich im Betrieb bewährt. Die technische Vervollkommnung der Fernsehgeräte erlaubte es, auch Probleme der Fernmeldetechnik mit den Mitteln der Fernsehtechnik zu lösen. Bei der „Schnellbildübertragung" wurde es ermöglicht, Schriftstücke und Bilder in nur V25 Sekunde durch Druck auf eine Auslösetaste fernzuübertragen, am Empfangsort photographisch zu registrieren und das Empfangsbild sodann in einer Sekunde zu entwickeln.

Interessant ist ferner, daß es bereits im Sommer 1940 erstmalig gelungen ist, Fernsehsendungen mit mehr als 1000 Zeilen zu übertragen und dabei scharfe, brillante Empfangsbilder zu erzielen.

Allerdings beschreibt der Artikel mehr den Zeitraum ab 1939 und weniger davor.

Gruß Arndt

Antennenschreck
30.04.2013, 18:25
Hallöle,

nun mal die Frage: gibt es noch irgend welche neuen Erkenntnisse zu diesem Thema? Ich habe nun auch nicht direkt was Neues zum Thema selbst. Nur hatte ich mir mal den Spass gemacht und die Viedeo-Strecke (Koaxkabel) Berlin-München mit heutigen, vergleichbaren Erdkabeln kalkuliert. Und da wird man schon blass, wenn man die technischen Leistungen von damals erkennt.

Streckenlänge zwischen den Verstärkern 17,5 km. Dämpfung bei 5 MHz und qkx oder 16 D Erdkabel (in den Abmessungen ähnlich wie damals) ca. 70 dB. Also 4 stufige Röhrenverstärker a 20 dB / Stufe mit Reserve und Schräglage. Ausgangspegel ca. 115 dB/uV S/N > 40 dB, für Schwarz / Weiß Video ausreichend. Aus heutiger Sicht immer noch absolut irre so was zu bauen und im Regelbetrieb zu fahren.

Gruß Arndt

Antennenschreck
30.04.2013, 18:43
Hallöle nochmal,

im Vergleich dazu heute:

Frequenzen bis 1000 MHz und aller 400m ein Verstärker max. ca. 25, dann ist das Signal Schrott.

oder

das Telefonkabel Frequenz bei DSL max. 2,2 MHz und länge höchstens 2,5 km, dann geht das mit der Frequenzbreite schnell in den Keller.

Typische Installationskabel haben noch weit höhere Dämpfungen und da geht es eben nur mal bi 50m.

Gruß Arndt

Wolfgang
22.09.2013, 12:47
Schönen guten Nachmittag,

einen recht interessanten Artikel zu diesem Thema habe ich in einigen Ausgaben von "Unser Danzig" gefunden. Er wirft jedoch jede Menge neue Fragen auf. So heißt es z.B. u.a. der Landessenders Danzig sei bereit am 14.09.1926 im Telegraphenamt Hundegasse/Ecke Postgasse in Betrieb gegangen...

Hier der Artikel aus „Unser Danzig“, Ausgaben 02-04 (Februar-März) 2006

Der Landes- / Reichssender Danzig
Sensationeller Fund alter Tondokumente
Zwei Vorträge

Dem Landesvorsitzenden des Landesverbandes Hamburg im Bund der Danziger e.V., Karl-Heinz Kluck, ist ein sensationeller Fund gelungen. Im Berliner Rundfunkarchiv konnte er alte Tonbänder und Schriftdokumente aufspüren, die nicht nur an das alte Kulturinstitut erinnern, sondern die den Landes- bzw. Reichssender Danzig noch einmal erstehen lassen.

Der Danziger Kulturpreisträger Archimandrit Irenäus Totzke hat diese Funde und andere Materialien für einen Vortrag ausgewertet, den er am 3. Dezember 2005 in Hamburg gehalten hat. Zusammen mit dem Vortragstext einer ehemaligen Mitwirkenden bei der „Rundfunkspielschar“ des Landes- bzw. Reichssenders Danzig, Gisela Techand-Haak, erhält man damit einen außerordentlich detaillierten Einblick in die einstige Tätigkeit unseres Heimatsenders.

Wir halten es für unsere Aufgabe, die Texte der beiden Vorträge in vollem Wortlaut zu veröffentlichen, weil sie eine hochinteressante Gelegenheit darstellen, in die Details einstiger künstlerischer Tätigkeit in der Freien Stadt Danzig - unter parteipolitischem Einfluß - Einblick zu nehmen.
Die Redaktion "Unser Danzig"


Vortrag von Archimandrit Irenäus Totzke
„Geschichte des Landes- bzw. Reichssenders Danzig“

Neben dem Fund alter Tondokumente wurden folgende Materialien verwendet:


Berliner Funkzeitung „Volksfunk“, Nummer vom April 1939 mit Bericht über Aufbau und Tätigkeit des Landessenders Danzig (im folgenden „LD“ genannt)-
Erinnerungen des Literatur-Redakteurs Pogatzki: „An der Weichsel gegen Osten - Bewegte Tage im Landessender Danzig“ (ca. 1960)
Erinnerungsbericht desselben Autors: „Mit dem Übertragungswagen in die Danziger Niederung“ (1967)
Als „Sonderbericht“ bezeichnete Erinnerungen der Redakteurin Dr. Inge Möller über die letzten Tage 1945 im Funkhaus, die sie als Typoskript in Umlauf brachte
Rundfunkerinnerungen des Malers Paul Kreisel, der im Nebenberuf auch Schauspieler, Schriftsteller und Rundfunksprecher war (veröffentlicht 1961 im Danzig-Kalender)
Notizen des technischen Rundfunk-Mitarbeiters Dipl.-Ing. Günther Hoffmann über die letzten Tage im Funkhaus sowie Antworten, die er auf gezielte Fragen eines gewissen Herrn Günther Heysing aus der Schweiz gibt
Antworten, die er auf dieselben Fragen des ehemaligen Rundfunk-Mitarbeiters Adolf Westing gibt (gefunden im Nachlaß von Herrn Hoffmann)


Eine der Berliner Funkzeitungen hieß VOLKSFUNK, und eine ihrer Nummern, die vom 23. April 1939, berichtet von Aufbau und Tätigkeit des Landessenders Danzig (LD). Titel der Reportage „Und nun klingt Danzig auf“(S. 16/17). Dieser Titel ist dem Rundfunk-Programm des Danziger Senders entnommen; denn damit wurde eine musikalische Sendefolge des Danziger Landesorchesters unter seinem Dirigenten Curt Koschnick bezeichnet, die an jedem Freitagnachmittag zu hören war. Außerdem ist zu lesen, dass dieses Landesorchester jeden Morgen eine Frühstückssendung unter dem Titel „Wohl bekomm's“ bringe. Ferner wird der leuchtend rot angestrichene Danziger Übertragungswagen, auch Echowagen genannt, beschrieben. Als Zeitfunkleiter wird Fritz Koeltze genannt.

Weiter lesen wir: Eröffnung der Rundfunk-Tätigkeit in Deutschland war 1923 in Berlin. 1927 gab es bereits 8 Hauptsender (darunter Berlin, Hamburg, Frankfurt und München) und 11 Nebensender (Münster, Dortmund, Kiel, Bremen, Nürnberg u. a.), dazu 4 „Sender im Bau“ (Köln, Aachen, Kaiserslautern und Augsburg) und 14 Studios (Schwerin, Mannheim, Karlsruhe, Weimar u. a.). Danzig gehörte zu den „Sendern im Bau“, wurde aber in der Statistik aus begreiflichen Gründen (Ausland!) nicht aufgezählt, wohl aber in der graphischen Karte gezeigt. Königsberg hatte seine Sendungen am 14. Juni 1924 aufgenommen, eine Modernisierung mit gleichzeitiger Standortänderung (Umzug in eine andere Straße, später dasselbe auch in Danzig) erfolgte am 14. März 1927.

Der LD hatte, so liest man weiter, eine Tanzkapelle (fünf Personen), die unter Leitung von Richard Witzorky stand. Redakteur für Literatur war Günter Pogatzki. Chefredakteur für alle Wortsendungen Lothar Manhold. Verantwortlich für die Sendefolge und zugleich Pressesprecherin war Margret Baumann. Ansager war Gotthart Schultz, ständiger Rundfunk-Sprecher (d. h. angestellter und besoldeter, die anderen Sprecher, fast alle Schauspieler vom Theater, wurden von Fall zu Fall engagiert) war Erich Panzer. (Wir haben die Freude, heute seinen Sohn unter den Zuhörern begrüßen zu dürfen!)

Als Zeitsendung gab es an jedem Montag das „Rundfunk-Echo des Wochenendes“, das unter Leitung des schon genannten Redakteurs Fritz Koeltze stand.

Eine gewisse NS-Beeinflussung gab es, wenn auch nicht im Wortbereich, ab 1933, denn in einem Zitat von 1937, das der „Volksfunk“ bringt, heißt es: „Im Rundfunk spielen das Danziger Landesorchester unter Curt Koschnick“ (das Bild zeigt ca. 25 Mann), „daneben Musikzüge der SA und SS“.

Erzählt wird in der Funkzeitung auch von - uns allen noch bekannten - Grenzschwierigkeiten und Schikanen, die etwa beim Beschaffen von Schallplatten und technischem Zubehör „aus dem Reich“ ständig die Arbeit behinderten.

Als wichtigste Mitarbeiter wurden genannt:


Intendant des Senders: Reginald Buse.
Spielleiter Heinz Brede (vom Staatstheater).
Schulfunkleiter:Franz Hinz (mit Parteiabzeichen abgebildet).
Frauenrundfunk:Else Empacher.
Kinder- und Märchenfunk: Sigridh v. Hartmann (ebenfalls mit Parteiabzeichen).
Jugendfunk: Hans-Joachim Koß.


Weiter heißt es: „Sehr oft hören wir: 'Hier ist der Reichssender Königsberg, angeschlossen der Landessender Danzig'. Dies ist eine traurige Lage: An sich müsste der Landessender den ganzen Tag über senden.“ Und es wird hinzugefügt, man bemühe sich um Besserung. In politischer Hinsicht ist der Ton des ganzen Berichtes recht polemisch. Freistaat und Freie Stadt werden z.B. immer in Anführungszeichen gesetzt, und es wird betont, dass es sich in Wirklichkeit um ein „Zwangsgebilde“ handele. Die Notwendigkeit „baldiger Veränderung“ wird derart betont, dass man meint, zwischen den Zeilen schon den Krieg herauszuhören.

Auf S. 16/17 wird von einer Übertragung aus der KdF-Halle Weichselmünde berichtet (die es also schon vor dem 1. September 1939 gab!) und von einer Probe des Musikkorps der Schutzpolizei unter Ernst Stieberitz „in der Reitbahn der Husarenkaserne in Langfuhr“. (Die Kaserne befand sich in Wirklichkeit aber nicht auf der Reitbahn, sondern in Hochstrieß!) Gesagt wird auch, dass Stieberitz sich „im Reich“ bereits einen Namen gemacht habe. Erzählt wird auch, dass der LD in Deutschland keinen guten Ruf habe. Er gelte als „oberflächlich“ und sei nur auf „Massenarbeit“, d. h. auf allzu einfache Sendungen ausgerichtet. Bald solle er aber mehr Feinarbeit leisten. Gut beurteilt werden allerdings die Sendereihen „Tore, Türme, Giebel“, „Im Schritt der Zeit“ und „Kennst du deine Danziger Heimat?“ Unter „Feinarbeit“ ist wahrscheinlich „mehr NS-Ton“ gemeint. Berichtet wird deshalb vom Einsatz des dem RAD (Reichsarbeitsdienst) nachgebildeten „Danziger Arbeitsdienstes“ im Hafengebiet.

Weiter heißt es, dass technische Geräte wegen der genannten Grenzschwierigkeiten nicht nur schwer zu beschaffen seien, sondern durch den Zoll auch sehr verteuert würden. Ein Volksempfänger z. B. (von anderen Radiotypen wird interessanterweise gar nicht geredet) koste in Danzig 180 Gulden (damals 90 RM), „im Reich“ dagegen nur 65 RM. - Die Zahl der Hörer steige aber: Im Augenblick seien 51 000 Rundfunkteilnehmer gemeldet.

Der nächste Autor, der uns beschäftigen soll, ist der schon genannte Günter Pogatzki. Bis zum 1. September habe ein hervorragendes Arbeitsklima geherrscht. Besonders gelobt wird Intendant Reginald Buse als ein dem Schöngeistigen zugewandter „Nicht- Pg.“ (Nicht-Parteigenosse), der deswegen von Berlin immer wieder als „reaktionär“ betrachtet worden sei. Pogatzki selbst war Redakteur der sonnabendlichen Sendung „Leg in den Schoß die Hände“. Von allen deutschsprachigen Sendern sei Danzig - speziell nach dem Anschluß Österreichs 1938 - der einzige nichtparteikontrollierte gewesen. Diese Haltung brachte Buse aber noch vor dem 1. September zu Fall. Schon ab August 1939 begann eine, so der Autor, vom Gauleiter gesteuerte Gleichschaltung des Rundfunks: Alle Eigensendungen aus Musik und Literatur mussten durch Übernahmen vom Reichssender Berlin, möglichst politischen Inhalts, ersetzt werden. Außerdem wurden Pg's eingeschleust. Buse wurde durch den militanten Antisemiten Wolfgang Diewerge ersetzt. Die wichtigste Redaktion wurde nun der Zeitfunk. Alle Redakteure, speziell die von Musik und Literatur, wurden verpflichtet, Zeitfunksendungen (und das hieß nach dem 1. September: „Krieg und seine Folgen“) zu machen. Wer das ablehnte - und das waren fast alle - wurde fortan mit niederen Aufgaben (Ansage- und Sprecherdienst) beschäftigt. Die eigentlichen Redaktionsarbeiten wurden von - so Pogatzki - „NS-Rabauken“ übernommen, an ihrer Spitze Karl-Heinz Boese, der binnen kurzem Diewerge ablöste und noch schlimmer als jener gewesen sei. Er betrat das Funkhaus nur bewaffnet und hatte stets eine SS-Leibwache um sich. Noch am 1. September wurde von Gauleiter Forster persönlich der Landessender in Reichssender umbenannt und damit allen anderen Reichssendern gleichgeschaltet. Kulturell sank er - so der Autor - zur Bedeutungslosigkeit herab, da fast alle Sendungen von Berlin diktiert wurden. Fritz Jaenicke sagte deshalb zu Pogatzki noch im Jahre 1939: „Im Sender weht Totenluft.“ Und Stieberitz 1943 an einem Nachmittag im Cafe Brunies: „Danzig ist tot. Seine Totengräber sind die Nazis.“

Unser nächster Autor ist Dr. Inge Möller, eine von uns nicht näher bestimmbare Mitarbeiterin des Danziger Rundfunks. Sie berichtet in einem „Sonderbericht“ - es ist unbekannt, wo sie ihn veröffentlicht hat - über die letzten Tage im Funkhaus, besonders über die pathologische Haltung des letzten Intendanten (ab Winter 1944) Harry Moss, der jede Flucht und jede Räumung ablehnte, weil er immer noch (März 1945!) an den „Endsieg“ glaubte. Sie berichtet von der langsam sich der Stadt nähernden Roten Armee, von zunehmenden Bombardierungen und Granatenbeschuss und schließlich von der dann doch erfolgenden Flucht aus den - anfangs noch sicheren - Kellern des Funkhauses, das als Post- und Telegraphengebäude gut unterkellert war. Über Bohnsack und Hela ging es gen Westen.

Unser dritter Autor, Paul Kreisel, erzählt im Danzig-Kalender 1961 von den Anfängen des Landessenders (LS) i. J. 1926: Die ersten Senderäume waren im Haus Hundegasse/Ecke Postgasse. Der erste Direktor (den Intendantentitel führte er noch nicht) war Otto Normann, ein Schauspieler vom Staatstheater; der erste Kapellmeister war Otto Seiberg. Aus einem „mittelgroßen Raum“, so Kreisel, kamen sämtliche Sendungen, Wort und Musik, und natürlich war alles „live“. „Im Laufe der Zeit“ - Kreisel schreibt nicht genau wann - „wurde der Sender nach dem Winterplatz verlegt, wo er bis zum Schluß war.“ Hier gab es einen größeren Senderaum, und es konnte demzufolge auch ein größeres Orchester spielen. Als Vorläufer des heute üblichen Tonbandarchivs wurde ein Plattenarchiv angelegt. Als Sprecher literarischer Sendungen wurden folgende - uns noch gut bekannte - Persönlichkeiten eingeladen: Gustav Nord, Karl Kliewer, Carl Brückel, Hans Söhnker, dazu der junge Dichter Martin Damß und der kommende Erste Dirigent Curt Koschnick. Kreisel selbst wirkte in mehr als 60 Sendungen als Sprecher mit. Auch stammte das erste Hörspiel von ihm. Es war ein Kriegsdrama und hieß „Alarm“, Autor waren Paul Kreisel und zwei Kriegskameraden. Die Ansage beschränkte sich auf den Titel des Stücks. Autor und Mitwirkende, geschweige denn Techniker, wurden nicht genannt. Das Honorar hieß „Aufwandsentschädigung“ und betrug pro Person 20 Fl. Abschließend meinte Kreisel: „Manche Sendungen damals, obgleich unter unglaublich primitiven Umständen zustande gekommen, hatten mehr Tiefgang als manche heutigen, bei denen Dutzende von Technikern beschäftigt sind.“

1967 veröffentlichte Günter Pogatzki noch einmal Erinnerungen (es ist nicht bekannt, in welcher Zeitschrift, nur die Kopie ist erhalten), diesmal unter dem Titel „Mit dem Übertragungswagen in die Danziger Niederung“. Während Kreisel vornehmlich aus den Anfängen des LS erzählt, berichtet Pogatzki über eine Niederungsfahrt im Juli 1939. Es sollten Aufnahmen für eine Sendung unter dem Titel „Landschaft jenseits der Stromweichsel“ gemacht werden. (Es gibt in Danzig zwei Weichselarme: die „Tote Weichsel“ und die „Stromweichsel“.) Wie er erzählt, gab es damals zwei Aufnahmeverfahren: Schallfolienschnitt für nicht aufbewahrenswerte Sendungen (z. B. Zeitfunk) und Wachsplatten für Archivaufnahmen. (Im Archiv waren außerdem, wie schon erwähnt, eingekaufte Schellackplatten für Konzertsendungen). Das Tonband wurde erst, so Pogatzki, „einige Jahre später“ erfunden (genau genommen war es 1940 in Berlin).
Das Team umfaßte fünf Personen: den Zeitfunk-Redakteur Fritz Koeltze, dessen freien Mitarbeiter Dobberkau, den Autor Günter Pogatzki und zwei Techniker. Mit von der Partie war Gymnasialprofessor Konrad Lakowitz, damals 81 Jahre alt, der über Fauna und Flora des Weichsellandes berichten sollte. Ähnlich wie Kreisel erzählt auch Pogatzki von akustischen Tricks, mit denen man den Zuhörern etwas vorzauberte: Z. B. musste eine in eine Blechwanne ausgegossene Gießkanne einen Regenguss vortäuschen, musste ein geschwungenes nasses Bettlaken eine Fahrt auf hoher See vorgaukeln oder mimten, wie er erzählt, die drei Teilnehmer der Fahrt in die Niederung in einer Kneipe mit Hilfe von viel Messer-, Löffel- und Tellerklappern, dazu vielen Hallorufen und Lachen in allen Tonarten, wozu obendrein ein altes Orchestrion seine schaurigen Weisen erklingen ließ, ein zünftiges Volksfest. Der alte Professor Lakowitz musste außerdem ab und zu mit dem Teelöffel an seine Kaffeetasse schlagen, um „zahlreiches Publikum“ zu simulieren.

Weiter ging die Fahrt durch den Steegener Wald zu dem Gut Froese, wo es einen großen Gartenpark zu bewundern gab, zum Bauernhof Schönbaum und zu der im gleichnamigen Dorf stehenden Kirche mit schöner Orgel, vorbei an Letzkau und Stüblau nach Güttland, wo die Herren das Geburtshaus von Max Halbe suchten, es aber verschlossen fanden. Wieder zu Hause angekommen, faßten sie den Plan, für ihre Sendung noch die Hochschul-Professoren Otto Kloeppel und Erich Keyser einzuspannen.

Hierzu ist es wichtig zu wissen, dass es damals in Danzig - aus verschiedenen Gründen - jedes Jahr eine sog. „Deutschkundliche Woche“ gab, die unter der Leitung von Kultussenator Strunk stand und in der Koryphäen der Wissenschaft in der Aula und im Audimax der TH Vorträge zu allen möglichen Themen aus deutscher Wissenschaft und Kunst hielten. Von daher kannte Pogatzki die beiden Professoren und bat sie nun, für die Sendung je zehn Minuten wissenschaftliche Kommentierung zu Fragen der Vorlaubenarchitektur und der Deutsch-Ordens-Geschichte zu liefern. - Ausgestrahlt wurde die schöne Sendung aber erst acht Monate später, im März 1940, als die meisten Menschen sich mehr für Wehrmachtsberichte als für Heimatkunde interessierten.

Eine weitere Informationsquelle, die uns vorliegt, sind handschriftliche Notizen von Günter Hoffmann, einem technischen Mitarbeiter des LS, sowie kurze Auszüge aus einem Briefwechsel zwischen ihm und zwei uns heute unbekannten Personen. Ähnlich wie Dr. Inge Möller - die auch er erwähnt - erzählt Günter Hoffmann über die letzten Tage im Danziger Funkhaus. Er notiert:

25. März 1945 (Palmsonntag)
08.30: Ü-Wagen nach Neufähr mit Frau Moss und Frau Dr. Möller
09.30: Antenne beschädigt. Moderation (also noch am 25. März!) nur noch per Drahtfunk und Schallplatten möglich.
13.30: Abfahrt nach (?) Neufähr. Dauernder (Granaten-)Beschuß und Tiefflieger.
17.30: Erste Flächenbrände (in der Stadt). Besprechung über (mögliche) Absetzung der Gefolgschaft.
20.30: Abrücken mit drei Mitarbeitern (in die Stadt).

26. März 1945
Gegen Morgen schwerster Beschuß. Ausfall von Gas, Licht und Wasser. Die Stadt brennt.
10.30: Besprechung Intendant und SS-Wache. Aufgabe des Hauses und Abmarsch nach Bürgerwiesen.

27. März 1945
01.00: Abmarsch nach Bohnsack, Ankunft 4.30.
05.30: Weiter nach Wordel und Kronenhof, Ankunft 8.00.

28. März 1945
Warten in Kronenhof. Gegen Abend Bescheid vom Stab: Warten.

29. März 1945
8.00: Abmarsch von Kronenhof (zurück) nach Wordel. Ankunft 9.00.
9.30: Bescheid: Lindberg zum Stab; Moss, Westing, Post und Hoffmann zur 23. Inf.Div. nach Gottswalde. (NB: Einzige Erwähnung Erich Posts in allen Erinnerungen!)
10.00: Abmarsch nach Bohnsack. Ankunft 12.00.
Rast im Kurhaus. Unterkunft in Fischerhäusern.

30. März 1945
Vormittags: Westing zur Kommandantur. (Frage: was tun?)
17.00: Genehmigung zur Reise nach Hela. Von dort über Kopenhagen nach Hamburg. Ankunft 9. April. Meldung im dortigen Funkhaus.
(Anmerkung: Alle ergänzenden Klammerzusätze stammen vom Referenten. Bzgl. des 26. März ist nicht klar, wo die Besprechung stattfand. Sicher aber nicht mehr im Funkhaus. - Auch könnte es unter dem 25. März heißen: „13.30: Abfahrt von Neufähr. Die innere Logik wäre überzeugender; denn dann wäre die Hinfahrt am Vormittag und die Rückfahrt am Nachmittag erfolgt.)

Nun hören wir Auszüge aus dem Briefwechsel Günter Hoffmanns mit dem in der Schweiz lebenden Günther Heysing aus dem Jahre 1970. Es ist unbekannt, welche Verbindung dieser zum Danziger Rundfunk hatte. Der Briefwechsel ergibt u. a., dass Zeitfunkredakteur Koeltze noch nach dem Kriege am Leben war, ja nach unbestätigten Meldungen noch heute am Leben ist.

Aus Antworten, die Hoffmann auf gezielte Fragen Heysings gibt, erfährt man noch folgendes: Günter Hoffmann kam erst 1936 zum LS und war dann August 1939 bis Mai 1940 bei der Marine, so dass er die sehr wichtigen Tage ab 1. September 1939 nicht im Funkhaus erleben konnte.

Aus der Geschichte des Senders aber erfährt man: Der LD existiert seit 1926.


Er unterstand dem Senat (Kultusressort).
Leistung des Senders betrug nur 1 kW. Hörbereich war allein der Freistaat.
Es gab eine eigene Funkzeitschrift namens „Danziger Rundfunk“.
Zusammenarbeit mit Königsberg war anfänglich sehr eng: 25 Prozent der Sendungen stammten aus Königsberg, aber auch umgekehrt 25 Prozent aus Danzig. Ebenso belieferte Danzig die anderen Reichssender laufend mit eigenen Sendungen.
Bis 1945 hatten alle Sender ab und zu Sendepausen. In Danzig waren das:1936:vormittags von 10 bis 12, nachmittags von 14 bis 16 Uhr.Programmende war 22 Uhr
Ab 1939 gab es keine Nachmittagspause mehr, und das Programm endete um 24 Uhr.
Personalzahl 1936:ca. 90 Personen.
Stolp war ab 1940 Nebensender von Danzig.
Bei der Propagandakompanie waren Koeltze und Paris tätig.
Sendeleiter war ab 1940 Wilhelm Hartseil.
Der von Günter Pogatzki äußerst negativ beschriebene Nazi-Intendant Boese fiel 1941 einem Autounfall zum Opfer.


Dieselben Fragen beantwortet der ehemalige Rundfunk-Mitarbeiter Adolf Westing folgendermaßen (wobei wir Fakten, die schon Hoffmann nennt, auslassen). Westing gibt an, schon vor 1926 an der Planung eines Senders in Danzig beteiligt gewesen zu sein. Die Fragen selbst beantwortet er wie folgt:



Eröffnung des LD am 14. September 1926 im Telegrafenamt Hundegasse/Ecke Postgasse.
Erster Direktor war Otto Normann, Oberspielleiter am Theater. Später wurde er Intendant am Zoppoter Theater.
Das technische Material für den Bau des Senders kam aus Berlin.
Die Programmgestaltung erfolgte - offensichtlich aus kulturpolitischen Gründen - von Anfang an, also schon vor der „Machtergreifung“, in Absprache mit der Reichsregierung, repräsentiert durch den Reichssender (RS) Königsberg. Von allen Reichssendern mussten ca. 20 Prozent (Hoffmann: 25 Prozent) Sendungen übernommen werden. Umgekehrt ebenfalls. Die ersten Sendezeiten waren 1926: 10-14, 17-22 Uhr (vgl. Hoffmanns Angaben über Sendepausen). Im Jahre 1939 lief das Programm von 6-24 Uhr.
1926 hatte der LS nur zwölf Mitarbeiter.
Diewerge war der erste Direktor mit dem Titel „Intendant“. Vorher hießen die Rundfunk-Direktoren „Künstlerischer Leiter“. (Der „Volksfunk“ schreibt „Direktor“, was auch sinnvoller erscheint, da ein Direktor sich nicht nur mit künstlerischen Sachen befaßt.) Diewerge war nur zwei bis drei Monate im Amt. Nach ihm kam Karl - Heinz Boese (s. o.).
1935 war der Umzug an den Winterplatz. Hauptsenderaum aber verblieb in der Hundegasse (vgl. Kreisel). In der gleichen Zeit versuchte Berlin die erste Unterwanderung des Senders durch einen Nationalsozialisten aus Berlin namens Erdmann. Doch der Senat verwies ihn „wegen ungebührlichen Betragens“ des Landes.
Der Sender Stolp verfügte über 5 kW.
Im August 1939 (!) wurde ein fahrbarer Sender auf dem Bischofsberg aufgestellt, der mit Hilfe von Volksdeutschen in polnischer Sprache systematische Desinformation betrieb.
Jeder Technikeinsatz erfolgte ab 1939 (also bereits zur reichsdeutschen Zeit) nach Disposition der Technik Hamburg (die wohl entwickelter, d.h. moderner war).
Private Einzelingenieure - sieben werden namentlich genannt - konnten vom RS außer Dienst gestellte Technik käuflich erwerben.
Das neue Personal nach 1939 wurde größtenteils durch Boese von Berlin angefordert. Sie kamen und fielen durch ihr überhebliches Benehmen und durch ihre Ignoranz - sie dachten, sie seien „nach Polen“ gekommen! - dermaßen unangenehm auf, dass das gesamte bisherige Personal - nicht nur aus politischen, sondern vornehmlich aus menschlichen Gründen - zu ihnen auf Distanz ging.
Thorn wurde zeitweise als Nebensender von Danzig geführt.
Ohne inneren Zusammenhalt zählt Westing weiter auf:1940 gab es einen Sendeleiter (Intendant?) Thürmer. Ein gewisser Hübner war bis 1943 unter ihm Abteilungsleiter (es wird nicht gesagt, wofür). Nachfolger Thürmers war bis 1943 ein gewisser Hartseil aus Hamburg, danach Heinz v. Fehrenteil. Letzter Intendant - ab Winter 1944 - war Harry Moss, nachdem Fehrenteil eingezogen worden war.
Am 1. und 2. Februar 1945 trafen die Mitarbeiter des RS Königsberg mit ihrem Intendanten Lau ein. Sie wurden nach Deutschland weitergeleitet. Nach Ausfall Königsbergs arbeitete noch eine Zeitlang der Nebensender Heilsberg. Er wurde von Danzig aus mit Programm versorgt.
Der Sender Danzig selbst gab am 26. März 1945 seinen Dienst und damit seinen Geist auf. - Für immer?


Eine merkwürdige Geschichte wird von einigen wenigen Danzigern erzählt. Am 26. oder 27. März 1945 habe es plötzlich im Rundfunk geheißen: „Achtung - Achtung. Hier ist der Landessender Danzig.“ Und es sei ein Kurzbericht über die katastrophale Lage der Stadt erfolgt. Stimmt das? Waren das vielleicht die als Nicht-Nazis bekannten Pogatzki und/oder Hoffmann? Oder ein unerkannt Zurückgebliebener? Gleichzeitig erzählten die Menschen, die dies gehört haben, dass sich in der Stadt eine aus der Verzweiflung geborene utopische Stimmung ausgebreitet habe, die Russen würden die Stadt verschonen, da sie ja nicht zu Deutschland gehöre, sondern Freie Stadt sei. Der Rundfunk habe dies soeben angedeutet.

Ist es Zufall oder Schicksal? Der Danziger Rundfunk entsteht knapp nach der Geburt der Freien Stadt und endet mit ihrem Untergang. Doch sterben beide nicht gleich und ganz, denn de jure beendete die Stadt als Staat ihre Existenz niemals, sondern besteht bis heute, und auch der Landessender Danzig lebt in seinen noch lebenden Zeitzeugen de jure weiter. Wie lange noch? Ohne in juristische Gedankenspielereien zu verfallen, scheint eins heute abend deutlich geworden zu sein: In Hamburg wurde der Landessender für ein paar Stunden de facto wieder lebendig!


Vortrag von
Gisela Techand-Haak
„Erinnerungen an meine Tätigkeit beim Danziger Rundfunk“

Ich heiße Gisela Techand, geb. Haak, und verlebte meine Kindheit in Gottswalde, Danziger Niederung, bis 1935. Wir waren zu Hause fünf Kinder, mein Vater war Lehrer und ließ sich nach Danzig versetzen, damit wir Kinder „die höhere Schule“, wie es damals hieß, besuchen konnten.

Ich kam in die Viktoriaschule. Bei der Aufnahmeprüfung fiel ich im Deutschen durch meine guten Grammatikkenntnisse und im Fach Musik durch meine, so hieß es, „wunderschöne, hohe und helle Stimme“ auf.

Meine neue Schulfreundin sagte: „Du, wir könnten Deine Stimme im Mädchenchor der Rundfunkspielschar unseres Landessenders brauchen, komm doch mal mit.“ Ich tat es, löste nach dem Vorsingen Begeisterung aus und wurde sofort mit zwölf Jahren BDM-Jungmädel in der Rundfunkspielschar. Ich war stolz auf das schwarz-weiße Dreieck mit dieser Aufschrift, das den Oberarm links auf der braunen Kletterweste zierte, die ebenso wie die kurzärmligen weißen Blusen zur BDM-Uniform gehörte.

Zunächst war der wohl kurz zuvor gegründete Jungmädelchor unter Leitung von Sigridh v. Hartmann noch nicht genügend „rundfunkperfekt“, und so machte die Chorleiterin „Kindersendungen“ ohne Gesang. Ich durfte nun jede Woche im Kinderfunk den Kindern Geschichten vorlesen! Ich wurde schnell selbstsicher und wurde stets von den „Sendekollegen“ herzlich begrüßt, etwa „Da ist ja unsere Kleine“. (Das „Kleine“ passte mir Kleinen aber nicht so recht.) Ich wurde dann im Sendestudio eingeschlossen und nahm am Sitzpult Platz, auf dem das silberne Mikrophon stand. Draußen ging über der Tür das rote Licht an: „Achtung. Sendung.“ Ich sah hin zum Techniker in seinem Glaskasten, und er nickte mir zu: Beginnen!

Ich begann: „Hier ist der Landessender Danzig mit dem Kinderfunk.“ Später kam dann noch der Jugendfunk hinzu, und ich sagte auch den an. Inhalt der Sendungen waren Geschichten, Märchen (mit oft spaßigen Einlagen), nie aber Politisches! Beim Märchen „Schneewittchen“ musste ich mit dem Lied „Schneewittchen hinter den Bergen bei den sieben Zwergen“ leise singend beginnen.

Wir probten fast täglich mit dem Chor. Ich aber wurde bald auch in Hörspielen eingesetzt, die durch die mitengagierten Schauspieler vom Staatstheater anspruchsvoller als die Kindersendungen waren. Und mit uns Kindern probten die Schauspieler gern!

Im Sendesaal, der im übrigen, verglichen mit heutigen Rundfunksälen, recht primitiv aussah, sah das dann so aus: Zwei Darsteller mussten sich immer ein Mikrophon teilen. Wir standen davor mit den Blättern in der Hand, absolute Stille war angesagt, kein Umblättern, keine Bewegung! Meine Freundin Dora Schütz musste die musikalische Hintergrundmusik am Klavier machen. Erst 14 Jahre alt, spielte sie schon fabelhaft! Aber sie musste nicht nur Klavier spielen, sondern auch Geräusche nachmachen. Z.B. wenn der Märchenprinz über den See galoppierte, musste sie mit der Zunge schnalzen; das Knarren alter Schlosstüren machte sie mit dem Schließen eines alten Handarbeitskorbes nach und die Wellen im See mit Plätschern in einer Waschschüssel. So etwas war auch immer Grund zur Albernheit: Die Schauspieler standen gebeugt mit der Hand vor dem Mund, vor oder unter dem Mikrophon, um das Lachen zu verbeißen. Nur das Drohen des Technikers ließ es erstarren! Dies Verbeißen war aber für uns „Kleine“ schwer - denn Gustav Nord war dabei!

Ich erinnere mich auch an Sendungen mit Dichtern dieser Zeit: Erich Post, Martin Damß, Rudolf Kienau, Josepha Dereus-Totnol und Agnes Miegel. Erich Post war ein sehr lustiger, stets zum Scherzen mit uns aufgelegter Mann. Wenn er seine Gedichte vortrug, bewunderten wir ihn! Martin Damß dagegen war zurückhaltend und uns jungen, selbstbewussten Mädchen gegenüber schweigsam lächelnd.

Es gab auch mal ein Wettsingen: Wer ist die beste Sängerin in Danzig und Umgebung? - Die Wahl fiel auf mich, und von dem Konzert, das man veranstaltete, wurde sogar eine Schallplatte gemacht. Sie war, so erinnere ich mich, aus lila Wachs und konnte leider nur einmal pro Exemplar gespielt werden. Natürlich gab es für Solosängerin und Solosprecherin auch eine Gage, die musste ich aber gleich nach Empfang bei der BDM-Leiterin v. Hartmann abgeben! Sie sagte: „Du bist hier nicht etwas Besonderes, Du bist ein Glied der Gemeinschaft - das gehört uns allen!“ Ich akzeptierte das zunächst.

Aber ca. 1937 wurde ein gemischter Chor aus Hitlerjungs und BDM-Mädchen gegründet. Und da wagten wir von dem inzwischen konzertreif ausgebildeten Mädchenchor, uns dagegen aufzulehnen! Wir sonderten uns nach und nach von diesem Chor ab, weil eine neue Chorleiterin, Ilse Steffens, von Stuttgart kommend, den Mädchenchor übernahm. Nun entspann sich ein fast feindlicher Wettbewerb zwischen Mädchen- und gemischtem Chor, zumal die Chöre vom Landessender in größere oder kleinere Konzerte, die z. T. sogar öffentlich waren, eingebaut wurden. Das bedeutete aber ständige Proben, schon gleich nach Schulschluß bis in die Nacht hinein! Meine Mutter sagte: „Schlag Dir ab sofort Dein Bett im Landessender auf!“

Deswegen möchte ich von einem Konzert mit dem großen Rundfunkorchester erzählen, an das ich mich erinnere und das, aus heutiger Sicht betrachtet, etwas kurios wirkt. Ich war ja nur 1,60 m groß und sang zunächst, vom Orchester begleitet, aus der Oper „Hänsel und Gretel“ die Solostelle „Der kleine Sandmann bin ich“ und dann mit meiner Schwester, die viel größer als ich war, das Abendgebet „Abends wenn ich schlafen geh“. Ich musste dabei auf einen Stuhl steigen, um an das Mikrophon, das für das Orchester und für meine Schwester höher gestellt worden war, heranzureichen!

Ein zu berichtender Höhepunkt war die Reise nach Berlin zur Rundfunkausstellung im Jahre 1937 (oder 1938). Beide Chöre waren zusammen mit allen gemeldeten Chören der Sender des Deutschen Reiches zu einem großen Chorwettsingen in den großen Sendesaal des Berliner Rundfunks eingeladen worden. Wir aus Danzig wurden als „Auslandsdeutsche“ besonders hofiert, herausgestellt und empfangen. Da schwang bewusst schon Nazipolitik mit, was mir aber erst später klar wurde. Jedenfalls aber half es uns - dem Mädchenchor - bei dem großen Ringen um eine Genehmigung, beim Wettsingen mitsingen zu dürfen, berücksichtigt zu werden. Die vom Landessender gestellten Sendebegleiter setzten sich für uns kämpferisch ein und erzwangen, dass die Programmleiter uns wenigstens anhörten! Wir sangen ein (mir heute nicht mehr geläufiges) Nachtigallenlied, ich sang die kolorierende Oberstimme darüber, und so ersangen wir uns eine Sondereinlage im Wettbewerb der gemischten Chöre, d.h., wir durften als Mädchenchor das Konzert konkurrenzlos eröffnen! Nach diesem Erfolg wurden wir vom Landessender auf Reisen nach Köln, Königsberg und Hamburg zu Rundfunksendungen verschickt, und überall hatten wir tolle Erfolge und Erlebnisse.

1939 begann der Krieg, der Landessender wurde in Reichssender umbenannt - und Politiker begannen nun, die Sendungen zu bestimmen. Ich erinnere mich an die Sendung „Die Danziger Jugend gratuliert dem Führer zu seinem 50. Geburtstag mit deutschem Volksliedgut“. Nun wurden wir von der Reichsjugendführung Berlin bevormundet und wurden als Truppenbetreuer mit Chorabenden und Sendungen eingesetzt, nicht nur im Sendesaal, sondern z.T. auch in der Öffentlichkeit vor Soldaten. Und das nicht nur in Danziger Lazaretten, sondern auch im Hafen auf Kriegsschiffen, ehemaligen Luxus-Passagierschiffen, z. B. der Cap Arcona, ferner in Holland, der Tschechoslowakei, Frankreich und Polen - immer als Truppenbetreuer und -unterhalter.

Ein Erlebnis davon: Holland, Oktober 1940, kurz nach der Bombardierung Rotterdams durch die deutsche Luftwaffe. Ich hatte meinen Eltern die Erlaubnis zur, wie es hieß, „Reise auf eigene Gefahr“ abgerungen. Wir sangen in den Schützengräben - ich mit Kehlkopfmikrophon solo - für die jungen Soldaten. Bei Fliegeralarm und -angriffen begriffen wir Mädels, was Krieg eigentlich heißt! In Den Haag fand (im Opernhaus oder in einer Konzerthalle) ein Konzert für ungefähr, so sagte man uns, 2.000 Soldaten statt. Ich war nun 16 Jahre alt und sang u.a. „Wenn ich ein Vöglein wär und auch zwei Flügel hätt, flog ich zu dir“. Ergriffen von der erst hier in Holland richtig gewonnenen Erkenntnis, was Krieg bedeutet, sang ich die dritte Strophe traurig: „Wenn ich erwachen tu (flüsternd), bin ich allein.“ Dies war für die Soldaten so eindrucksvoll, es galt ja ihnen! Der Beifall begann erst nach einer Stille, zögerlich, dann befreiend, tosend, und sie warfen Blumen und Zettel mit ihren Feldpostadressen auf die Bühne.

In Danzig wurden wir vom Sender weiterhin eingesetzt, jetzt z.B. bei Hochzeiten von führenden Persönlichkeiten im Artushof, in Marienwerder und in Pillau in Lazaretten - wo immer Soldaten vor Fronteinsätzen erfreut werden sollten. Ich hatte inzwischen mit 17 mein Abitur gemacht, studierte Musik an der Gau-Musikschule und sang nun schon Lieder von Mozart, Schubert und Brahms für die Soldaten.

Zum Schluss möchte ich Ihnen meinen letzten Einsatz vom Reichssender Danzig mit der Rundfunkspielschar unter Leitung von Ilse Steffens im Kurhaus Zoppot am 15. Dezember 1944 - meinem Geburtstag - schildern. Dort lagen einzeln in den einstigen Hotelzimmern die schwerverletzten Soldaten von der Ostfront. Ich sehe es immer noch ganz deutlich vor mir: Dunkle Flure, wir durften nur auf Zehenspitzen lautlos gehen, statt sprechen nur flüstern, und sangen dann vor den Zimmern die passenden Lieder. Mir wurde zugeflüstert, ich sollte vor einem Einzelzimmer allein für einen sterbenden Soldaten singen. Er habe beide Beine verloren, sei blind und eben - ein Schwerverletzter. Ich sang für ihn „Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein“ von Mozart. Einfach so, ohne Begleitung. Heute frage ich mich allerdings, ob das richtig war und was mich wohl bewegt hat, dies Schlaflied einem Tapferen zu singen.

Der Krieg endete, und ich floh vor der Einnahme Danzigs nach Neustadt in Holstein, sang bei der Schleswig-Holsteinischen Landesbühne vor, wurde engagiert und sang nun vor englischen Soldaten und ehemaligen KZ-Häftlingen Operettenarien, bis ich 1947, in der englischen Zone wohnend, einen Fragebogen ausfüllen und u. a. die Frage beantworten musste (ich war nun 21 Jahre alt): Wohin sind Sie während des Krieges gereist? In welche Länder? Naiv und ehrlich, wie ich war, antwortete ich wahrheitsgemäß! Es waren die Länder, die Deutschland besetzt hatte und die ich ja auch Ihnen anfangs genannt habe. Ich bekam sofort Auftrittsverbot mit der Begründung: „Zu nazistisch erzogen.“ So endete meine Karriere, die 1935 beim Landessender Danzig begonnen hatte - und die sehr erlebnisreich und wunderschön war.

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Marc Malbork
24.09.2013, 23:30
......Unser nächster Autor ist Dr. Inge Möller, eine von uns nicht näher bestimmbare Mitarbeiterin des Danziger Rundfunks. Sie berichtet in einem „Sonderbericht“ - es ist unbekannt, wo sie ihn veröffentlicht hat - über die letzten Tage im Funkhaus....

Der Bericht von Dr. Möller ist nachzulesen in: von Wilckens (Hrsg.), Die große Not - Danzig Westpreußen 1945, Sarstedt 1957.

Wolfgang
06.11.2013, 12:36
Schönen guten Nachmittag,

von Peter Oestmann (Minigolfclub Zoppot) erhielt ich folgenden Hinweis auf einen recht interessanten Artikel der einige weitere Detailinformationen beinhaltet: Die Sendestelle Danzig wird eröffnet (http://www.wissen48.net/x/Die_Sendestelle_Danzig_wird_er%C3%B6ffnet-247646.html).

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang

Ulrich 31
06.11.2013, 18:50
Danke, Wolfgang, für diesen interessanten Artikel (#85). Weißt Du evtl. mehr über das dort angekündigte Buch "Rundfunk in Ostdeutschland 1924 bis 1945"? Dieses Buch sollte, wie in jenem Artikel abschließend angegeben, 2007 erscheinen.

Viele Grüße
Ulrich

hajohi
26.07.2014, 19:11
Der hier erwähnte Zeitfunkleiter Fritz Koeltze ist am 22.4.2013 im Alter von fast 96 Jahren in Baden-Baden verstorben. Die Urnenbeisetzung erfolgte am 14.6.2013 auf dem Friedhof In den Kisseln Berlin-Spandau in unmittelbarer Nähe der Ehrengräber. Aus seiner Feder stammt auch eine Abhandlung über den Danziger Rundfunk, die mir vorliegt.

Apfelbaum
20.08.2014, 12:22
Sehr Informativ.
Wirklich außerordentlich. Wer hätte gedacht, dass dieses Medium in
unseren Gefilden seine ersten Ursprünge hat.
Danke für die ganzen Links und Informationen!
Gerald

Antennenschreck
20.08.2014, 17:56
Hallo Gerald,

wie du bestimmt bemerkt hast, konnten wir nicht endgültig klären ob die These dieses Threads nun stimmt oder nicht. Mein Bauchgefühl und die vielen GByte technischer Infos von damals sagen eher nein. Ich hoffe noch immer, dass sich eine Zeitung von damals findet, welche auf dieses Ereigniss eingeht. Alle technischen Zeitschriften von damals die ich habe (und das sind viele), schweigen zu diesem Fakt. Sonst wird eigentlich über jede noch so kleine Neuerung, gerade in diesem Sektor, berichtet.

Gruß Arndt

Antennenschreck
30.04.2017, 12:57
Hallöle,

mal was technisches von damals, weshalb ich nicht unbedingt einen neuen Thread eröffnen wollte, zumal es halbwegs hierher passt. Ich habe da mal ein paar Infos zum Telephonieren und Telegraphieren damals und zu den Preisen.

1. für eine Leitung mit einer Sprechstelle bis zu 2 km 200 M. Entfernung vom Vermittelungsamt .
2. für jeden Kilometer mehr oder einen Theil 50 M desselben .
3. für eine zweite Stelle in derselben Leitung 100 M Hierbei wird jedoch die Länge der Leitung so be-
messen, dass die Entfernungen der ersten und zweiten Stelle vom Vermittelungs-Amt jede für sich berechnet,
zusammengezählt und auf volle Kilometer abgerundet werden.
4. für die Aufstellung jedes weiteren Apparates in den selben Räumen oder auf demselben Grundstuck jähr-
lich 20 M
5. für eine Weckvorrichtung gewöhnlicher Art, sofern die Aufstellung ebenfalls in denselben Räumen oder auf
demselben Grundstücke erfolgt, jährlich 10 M Sollen besondere oder grössere Weckvorrichtungen
aufgestellt werden, so sind ausserdem die Selbstkosten derselben sowie die Unterhaltungskosten zu erstatten.
6. für eine directe Leitung bis zu 2 km Länge jährlich 120 M., für jeden weiteren Kilometer 50 M. mehr.

Man sieht also, telefonieren war damals eher was für die Reicheren Leute, denn 200 Mark im Jahr war schon ne Menge Holz.

Und wenn dann der Anschluß mal defekt war, dann mußte man sich ein wenig gedulten, ehe man die Zahlungen einstellen konnte:

Eine eintretende Unterbrechung der Fernsprechverbindung begriindet nur dann einen Anspruch auf Rlickerstattung der fortlaufenden Gebühren, wenn die Unterbrechung der Leitung mindestens 4 Wochen ununterbrochen gedauert hat.

Ein 24 Stunden rund um Service war eh nicht vorhanden:

Die allgemeine Fernsprecheinrichtung soll jedem Theilnehmer ermöglichen, seine Leitung während gewisser, vom
Reichs - Postamt festzustellender Dienststunden (gewöhnlich von Morgens 7 Uhr im Sommer, 8 Uhr im Winter bis Abends 11 Uhr) mit der Leitung jedes andern Theilnehmers durch die Centralstelle ( Vermittelungsanstalt) verbinden zu lassen und mittels des Fernsprechers sich zu unterhalten, auch der Vermittelungsanstalt Nachrichten (Briefe, Postkarten, Telegramme) zu dictiren.

Wobei es sinnvoll war sich bei der Nachrichtenlänge nicht zu verzetteln:

Eine Nachricht, welche vom Vermittelungs- Amt aufgenommen wird, ist als ein Telegramm zu betrachten.
Die Gebühren dafür betragen: Die Grundtaxe 10 Pf., ohne Rücksicht auf die Wortzahl, die Worttaxe 1 Pf. für
jedes Wort. Für die Ablieferung an die zugehörige Post oder Telegraphen-Anstalt wird Nichts berechnet.
Dagegen kommen für die Weiterbeförderung mittels der Post, durch Eilboten oder durch den Telegraphen die tarif
mässigen Gebühren, welche am Schlusse eines jeden Monats zu zahlen sind, zur Berechnung.

Da kann nur von Flatrates und WhatsApp träumen.

Tschü...

Antennenschreck
30.04.2017, 13:25
Hallöle,

übrigens konnte man sich die Unkosten des Anschlußes auch nicht aus der Nachbarschaft refinanzieren lassen. Man durfte zwar alle Nachbarn ohne Anschluß bei sich telefonieren lassen, aber man durfte keinen Pfennig dafür von ihnen nehmen, das war ein sofortiger Kündigungsgrund! Das waren eben noch härtere telefonische Zeiten als heute. Die REichspost hatte sich schon mal gleich abgesichert gegen den befürchteten Rückgang beim Briefporto und hat sich durch ihre Vorschriften mehr als einen Ausgleich geschaffen.

Tschü.....

Tschü.....