Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Trauer um die Opfer der "Evakuierung" des KZ Stutthof
Wolfgang
28.01.2013, 18:17
Guten Abend,
die heutige Bevölkerung von Cedry Wielkie (früher Groß Zünder) trauerte. Am Freitag, dem 25.01.2013, wurde ein Gedenkstein geweiht. In Trauer und zu Ehren der Opfer der furchtbaren Evakuierung des Konzentrationslagers Stutthof.
Die unvorstellbar furchtbare "Evakuierung" Stutthofs und dessen Außenlager begann am 25.01.1945. Sie kostete 12.000 Menschen -WIE DU UND ICH- das Leben. Himmler, der von vielen Deutschen angehimmelte, gab den Befehl "Kein Häftling darf lebendig in die Hände des Feindes fallen".
Cedry Wielkie -aber niemand aus dem früheren Groß Zünder, zumindest nicht öffentlich- trauerte. Um die Häftlinge, die ihr Leben ließen auf ihrem Todesmarsch der sie auch durch das frühere Groß Zünder führte.
Leider erfuhr ich zu spät von den Trauerfeierlichkeiten. Erst heute konnte ich dort sein. Mit Trauer, mit Scham im Herzen, stand ich vor dem Gedenkstein.
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Auch von deutscher Seite sollte ihnen gedacht werden. Ich bitte um Eure Anteilnahme.
In Trauer um die Opfer des furchtbaren Nazi-Regimes
Wolfgang
P.S.: Mein Dank gebührt der Gemeinde Cedry Wielkie für die Errichtung dieses Gedenksteins und des Mahnmals.
Wolfgang
28.01.2013, 18:32
Ich möchte noch kurz ergänzen: ES WAREN ÜBERWIEGEND JUDEN DIE DIESEM "EVAKUIERUNGSMARSCH" ZUM OPFER FIELEN
Ulrich 31
28.01.2013, 18:47
Lieber Wolfgang,
der Trauer von Cedry Wielkie (Groß Zünder) und Deiner Trauer um die Opfer des Todesmarsches aus Stutthof schließe ich mich mit gleicher Betroffenheit an. Für eine Übersetzung der Inschrift des gezeigten Gedenksteins wäre ich dankbar.
Ulrich
Hallo Wolfgang,
ein trauriges Kapitel.
Es darf sich nie wiederholen.
MfG jokoda
Helga +, Ehrenmitglied
28.01.2013, 19:20
Hallo Wolfgang,
ich schließe mich deiner Trauer und vor allem deiner Scham voll und ganz an. Es macht mich sehr traurig.
Hallo Wolfgang,
außer Trauer und Scham finde ich sehr viel wichtig nie zu vergessen! Ansonsten wird es wieder passieren, als Beispiel sei nur Bosnien-Herzogowina und Kroatien genannt. Wenn jeder offen Antisemitismus und anderen Unmenschlichkeiten aus der damaligen Zeit entgegentritt, jede Verharmlosung bekämpft ist das ein kleiner Teil der Wiedergutmachung. Die vielen Toten und das Unrecht kann man allerdings damit nicht im Ansatz erklären oder gar rückgängig machen.
Ich kann die Karte des Todesmarsches nicht ganz entziffern aber denke er ging viel weiter als dort dargestellt. Soweit ich mal gelesen haben bis nach Schleswig-Holstein.
Uwe
Wolfgang
28.01.2013, 20:59
Uwe, Tragik bei der "Evakuierung" war, dass nach scheinbar geglücktem "Transport" trotzdem noch Viele auf Schiff oder Land ums Leben kamen: http://forum.danzig.de/showthread.php?9526-Trauer-um-die-Opfer-der-quot-Evakuierung-quot-des-KZ-Stutthof
Es ist schier Unsagbares geschehen, aber wir müssen uns erinnern, wir müssen den Opfern deutsch-nationalsozialistischen Terrors gedenken und vor Allem, Gott behüte uns, vor Vergessen, vor Verdrängen, vor Nichtwahrhabenwollen.
Ich lebe hier, auf blutgetränkter Erde.
Opfer waren zuallererst Verfolgte des von einer Mehrheit der Bevölkerung unterstützten Regimes, die meist ermordet wurden, und dann, als sich das Blatt wendete, war Opfer die Bevölkerung, unabhängig davon ob Befürworter des Regimes oder Gegner, wobei viele umkamen, die meisten der Vertriebenen jedoch unter Verlust ihrer Heimat überlebten.
Es gibt verschiedene Opfersichten. Danziger, deutsche, polnische - vor allem auch jüdische. Es sollte nur eine geben. Ich habe meine Sicht und diese ist geprägt nicht nur durch die Vertreibung der Danziger 1945, sondern durch das was geschah als die Danziger Bevölkerung Stück für Stück die Nationalsozialisten an die Macht brachten.
Heute sprechen wir über die Generation unserer Groß-/Eltern. Haben sie Schuld auf sich geladen? Wir wissen sehr häufig, wann die Jalousien herunter gingen, wann unsere Großeltern aufhörten zu sprechen. Das gilt für uns. Die Opfer aber dürfen weiter fragen, bohren, nach Informationen verlangen, auch anklagen. Wir sollten sie mit allem was wir haben unterstützen.
Wolfgang
Wolfgang, ich glaube es gab in vielen Teilen Europas meist Opfer. Viele Täter wurden später Opfer oder erst Opfer und dann Täter. Schwierig wird es wenn jemand anfängt eines mit dem anderen aufrechnen zu wollen, die Anfänge ignoriert oder die Täterrolle gerne verdrängt um nur die Opferrolle in den Mittelpunkt zu stellen.
Generationen können keine Schuld auf sich laden, Schuld ist für mich immer etwas persönliches. Der eine hat sich schuldig gemacht, der andere nicht und dennoch wurden beide später zum Opfer oder umgekehrt. Nicht nur Opfer sollten fragen, jeder dem das nicht gleichgültig ist muss fragen. Anklagen nach so langer Zeit sehe ich eher nebensächlich an und wird nur selten zum Ziel führen. Aufklären um dieselben Fehler zu verhindern ist für mich das wichtigste und diese Aufklärung bedarf jeglicher Unterstützung.
Uwe
Helga +, Ehrenmitglied
28.01.2013, 22:04
Anklagen nach so langer Zeit sehe ich eher nebensächlich an
Hallo Uwe,
es geht auch nicht um anklagen, obwohl die Überlebenden immer noch ein Recht dazu haben. Aber um erinnern, um mitfühlen, um innehalten und einen Moment zu gedenken. Auch wenn das Schreckliche lange zurück liegt, die Trauer darüber in mir wird nie verblassen. Und auch wenn ich keine Schuld trage, Scham allemal.
Hallo Helga,
natürlich haben Überlebende immer ein Recht anzuklagen, ich habe geschrieben "Anklagen nach so langer Zeit sehe ich eher nebensächlich an und wird nur selten zum Ziel führen.". Beides widerspricht sich nicht.
Uwe
buddhaah
28.01.2013, 22:32
Mich macht die Nachforschung über Pommerellen sehr oft sehr glücklich - aber manchmal auch traurig, wenn ich dann merke: wir kommen von einer Erde, die viel Leid auf sich trug.
Aber man muss sich dessen erinnern. Vergessen wäre ein Verlust einer schmerzhaften Erfahrung, die wichtig für alle Europäer ist; weil sie uns aufzeigt, daß sich so etwas nie wieder ereignen darf. Und die Wahlamnesie mancher, die sich den Realitäten nicht stellen wollen, ist, in Anbetracht dessen, was dort alles geschehen ist, einfach nur abstoßend.
Hier nun die Übersetzung des Gedenksteines:
“Von einer Generation zur nächsten Generation soll unsere Stimme tragen
Zum Gedenken, nicht zur Rache. Darum bitten unsere Schatten.
Unser Schicksal soll euch Mahnung sein – nicht Legende,
[und] wenn die Menschen verstummen, dann werden es die Gedenksteine hinausrufen.“
Zum Hochhalten der Erinnerung an die Häftlinge
des Hitler-Konzentrationslagers Stutthof,
die während des Todesmarsches ermordet wurden,
und am 25. und 26. Januar 1945
durch das Gebiet der Gemeinde Groß Zünder geführt wurden.
Die Einwohner der Gemeinde Groß Zünder, 25. Januar 2013
Helga +, Ehrenmitglied
28.01.2013, 22:46
Danke, vielen Dank für die Übersetzung Buddhaah
Ulrich 31
28.01.2013, 23:08
Besten Dank, Michael, auch von mir für Deine Übersetzung.
Gruß Ulrich
Wolfgang
28.01.2013, 23:12
Michael,
DANKE für Deine Übersetzung.
Das was in Stutthof geschah, die sogenannte und mehr als 12.000 Todesopfer bringende "Evakuierung" erfordert einen Tag des Innehaltens, des Erinnerns, des Trauerns.
Unser Forum wird künftig der Opfer des Nationalsozialismus gedenken, insbesondere der ermordeten Juden, Polen, aber auch aller anderen Opfer wie Jenen die ihre Heimat verloren.
Wir erinnern der Opfer am 29. Januar - es wird unser Gedenktag sein.
An diesem Tag, am 29. Januar, wird UNSER ALLER OPFER gedacht.
Das Forum wird im Gedenken an alle Opfer geschlossen sein.
Wolfgang
Du hast recht , Wolfgang ,
wir müssen allen Opfern dieses verbrecherischen und von Deutschland ausgelösten Krieges gedenken . Wenn dieses Thema hier angesprochen wird , dann sollten wir uns alle in Erinnerung rufen , daß der II. Weltkrieg 50 Millionen Menschen das Leben gekostet hat . Diese " Evakuierungen " haben die Nazi´s von allen KZ´s durchgeführt , so auch in der Gegend , in der ich seit 1946 wohne . Es waren wirkliche Todesmärsche , in denen rücksichtslos von den Begleitkommandos alles ermordet wurde , was vor Kälte und Hunger nicht mehr weiter konnte . Das gab es hier in der Nähe auch vom Konzentrationslager Oranienburg/Sachsenhausen . Wenn ich hier an den Gedenkstätten der Marschroute dieser Opfer des Nationalsozialismus vorbeikomme , kommt Scham in mir hoch und auch eine Wut , daß dieses Nazigesindel sich damals so ausbreiten konnte .
Ich bin ja etwas älter und ich habe nach meinen eigenen Erlebnissen insbesondere im Jahre 1945 mich später immer wieder gefragt , wie man die verbrecherischen Absichten der Nazi´s nicht früher erkannt und etwas dagegen unternommen hat , um es nicht zu dieser Katastrophe kommen zu lassen .
Ich habe bisher nicht Stutthof , aber Sachsenhausen , Ravensbrück und Buchenwald schon vor Jahren besucht und mich - ehrlich gesagt - dort geschämt , ein Deutscher zu sein .
Aber auch an anderen Orten ging es mir so , z.B. auf dem Piskarjowskoje Kladbyschtsche ( Piskarjow-Friedhof ) bei Leningrad . Dort liegen etwa 650.000 Leningrader , die während der Blockade erfroren oder verhungert sind .
All das aus unserer Vergangenheit sagt mir , daß man nie wieder so etwas zulaßen kann und alles tun muß , um diesem Nazigesindel den Garaus zu machen .
Tun wir alles , damit sich so etwas nicht mehr wiederholt und wir in Frieden mit allen unseren Nachbarn unsere Zukunft gestalten können . Es grüßt alle der Heubuder Rudi
Liselotte Fischer
30.01.2013, 09:10
30.01.2013
Guten Morgen, Wolfgang,
im Sommer 2005 habe ich zusammen mit meinen Begleitern in der Danziger Marienkirche ausgestellte Originaldokumente von Opfern des KZ Stutthof betrachtet. Wenig später begegneten wir in unserem Hotel einer israelischen Reisegruppe und wir haben uns einfach nur noch geschämt.
Grüße aus dem Schwabenland von Lilofee
MeinEichwalde
30.01.2013, 09:28
Liebe Trauernde,
Nach dem GEdenken ist vor dem Gedenken - ich bin mit dem GEdenken professionell beschäftigt als Historikerin.
Mir fällt nur ein, dass es ja auch einen von Dora Zenk initiierten GEdenkstein am Kleinbahnhof in Tiegenhof gibt. Wo unregelmäßig aber häufig Blumen hingelegt werden.
DAnn gibt es das Thema: Die Stutthofer Lagerinsassen arbeiteten auf den Feldern im WErder, auch und gerade Juden. Sie wurden von den Hofbesitzern bzw. Betriebsleitungen eingesetzt.
Ich frage mich wer den GEdenkstein in Ciedri Wielky initiiert hat. Und wer die Kränze bezahlt.Das ist hier in Berlin für die GEdenkenden Gruppen teilweise ein Problem, weil die Kränze bzw.GEstecke so viel kosten. So dass man hier die GEdenkstätten mittlerweile auswählt, bei denen man als Politiker anwesend ist.
Wer war anwesend beim GEdenkstein in Gross Zünder ?
Mitleidlosigkeit, Abgebrühtheit regt mich noch heute auf.
Grüße von einer kämpferischen Delia
Willy.Gerdel
30.01.2013, 10:22
Die Gedanken von Rudolf sind auch meine. Willy Gerdel,Parschau Kr.Groß Werder.
Inge-Gisela
30.01.2013, 10:55
Mitleidlosigkeit und Abgebrühtheit haben wir doch mittlerweile genügend wieder in Deutschland. Wenn das auch nicht in Massen auftritt. Da sehen die Menschen zu, wie jemand zu Tode geprügelt wird. Tun nichts. Wo sind denn die Mutigen? Sind wir es selbst, wenn es drauf ankommt? Man staunt nur, wenn jemand hilft, wo andere dann noch sagen, warum musste er sich denn einmischen. Ich denke nicht, dass andere Generationen durch die schrecklichen Fehler ihrer Vorfahren lernen. Das Übel geht meistens von der sog. Politik aus. Sonst gäbe es heute gar keine Kriege, wo immer sie sind. So wie Kinder häufig die Fehler ihrer Eltern (im kleinen) wiederholen. Da nützt auch das ganze Reden nichts. Gruß Inge-Gisela
Peter von Groddeck
30.01.2013, 11:57
Hallo Wolfgang,
mir hat Deine Idee mit dem Gedenken im Forum sehr gut gefallen. Einfach einen Tag die üblichen Foruminhalte beseite schieben und inne halten. Super.
Gruß Peter
buddhaah
30.01.2013, 12:58
Ich stimme der Idee vollends zu, das Forum an diesem einen Tag zu schliessen. Das ist das mindeste, was man tun kann, um sich vor den Opfern zu verneigen.
Wie ich an anderer Stelle schon sagte. Die Erde, von der wir stammen, musste viel Leid ertragen.
Ich habe mich zu Studienzeiten akademisch mit Friedensforschung befasst, daher weiss ich (und das sage ich hier mal originalgetreu auf Englisch):
"The only thing necessary for the triumph of evil is for good men to do nothing." Edmund Burke.
Nie wieder.
Michael
Mandey +08.03.22
30.01.2013, 13:09
Evakuierung" des KZ Stutthof.
Meine Erinnerung, (Beobachtungen in Pasewark/ Neue Welt, so wie in Nickelswalde und in Schiewenhorst, eines damals 10 Jährigen Jungen, nicht nur ich sondern sehr viele mussten mit ansehen wie, die Menschen von Wachsoldaten bei eisiger Kälte auf Brutalster Art angetrieben, die meisten von Ihnen waren so Ausgemergelt das nur die weit geöffneten Augen auffielen, viele von Ihnen fielen vor Erschöpfung hin, diese wurden dann sofort von den Wachbegleitern mit dem Gewehrkolben erschlagen und blieben Tot liegen. Ab Stutthof bis Nickeswalde wurden Sie auf der Straße getrieben, zusätzlich kam noch eins hinzu das Russische Tiefflieger angriffen und die Häftlinge nieder schossen, es lagen nach einem Tiefflugangriff hunderte Tote auf der Straße, der Schnee war vom Menschenblut rot gefärbt wer dieses nicht mit erlebt hat der kann sich das kaum vorstellen, denn die Wirklichkeit war noch viel Grässlicher. Es gäbe noch so viel zu diesem Thema zu schreiben, bei den meinen Erinnerungen werde ich von tiefer Trauer überflutet auch noch nach so vielen Jahren.
v.Heinz mandey
achimbodewig
31.01.2013, 13:37
Nicht die Erde musste Leid tragen. Sondern die Menschen, die dort lebten oder dorthin verschleppt wurden.
buddhaah
31.01.2013, 14:02
Achim,
Das war vielleicht etwas zuviel der "Poetic license" meinerseits. Ich wollte einerseits nicht geringschätzen, wie viel Furchtbares die Menschen dort erlebt haben, auch wenn man das vielleicht in meinen Satz hineininterpretieren kann.
Andererseits wollte ich dadurch sagen, daß selbst ohne die Anwesenheit der Menschen, die dort Leiden mußten, der Ort *selbst* für mich auch noch immer mit schwierigen Schicksalen und unmenschlichen Zuständen in Verbindung steht. Die Erde scheint das Leid fast absorbiert zu haben...
Gruß,
Michael
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