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Wolfgang
26.03.2013, 21:36
Aus "Unser Danzig", Nr. 12 vom Februar 1950, Seiten 5-6

Die Freie Stadt Danzig 1808-1814

Wir wollen unsern Mitgliedern zu Weihnachten eine kleine Freude machen mit der Herausgabe einer Karte der Freien Stadt Danzig, wie sie durch den Vertrag von Versailles vor 30 Jahren geschaffen wurde.

In diesem Zusammenhang wird es für viele Danziger interessant und lehrreich sein, diesen Grenzen von 1920 gegenüber sich einmal die Grenzen der Freien Stadt Danzig nach ihrer ersten Wiederherstellung im Jahre 1808 vor Augen zu führen, wie sie aus der nachstehenden Karte ersichtlich sind.

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Wir verweisen hierbei auf den interessanten Artikel von Dr. Werner Hahlweg "Zur Geschichte der ersten Restauration der Freien Stadt Danzig 1808 bis 1814" in unsern Mitteilungsblättern Nr. 8, 9, 10 / Jahrgang 1 und Nr. 1 / Jahrgang 2. Es wurden darin bisher unveröffentlichte Dokumente des Danziger Staatsarchivs herangezogen, die sicherlich vielen Danzigern unbekannt waren.

Durch Artikel 19 des Tilsiter Friedensvertrages (7. und 9. Juli 1807) und durch den Elbinger Vertrag vom 6. Dez. 1807 war Danzig in einem Umkreis von zwei deutschen Meilen von Napoleon I. zur Freien Stadt unter dem Schutz der Könige von Preußen und Sachsen erklärt worden.

Wir bringen hier den Wortlaut des "Gränztractates vom 6. December 1807":

Der Gränztractat vom 6. December 1807

Der Herr Graf von Dohna, Kammerpräsident in Marienwerder, General Commissarius in Westpreußen, versehen mit der Vollmacht Sr. Majestät des Königs von Preußen. Die Herren Johann Labes, Senator; Carl Friedrich Jeschke, Schöppe und Mitglied des Justizcollegiums; Johann Carl Gnuschke, Mitglied der dritten Ordnung der Regierung, versehen mit der Vollmacht des Senats und der Bürgermeister der freyen Stadt Danzig - unter der Vermittlung Sr. Excellenz, des Herrn Reichsmarschalls Soult, General Oberst der Kaiserlichen Garde, Großkreutz der Ehrenlegion, Großkreutz des Königl. Bayerschen St. Hubertus-Ordens, zu dieser Absicht gehörig autorisiert durch Sr. Majestät den Kaiser und König Napoleon, Protector des Rheinbundes. - Da dieselben zur Ausführung des 19ten Artikels des Traktats von Tilsit zwischen Sr. Majestät dem Kaiser und König Napoleon, Protector des Rheinbundes, und Sr. Majestät dem König von Preußen vom 9. July 1807, die Gränzen des Territoriums der freyen Stadt Danzig zu bestimmen hatten, so sind sie übereingekommen:

Artikel 1.
Die Besitzungen der freyen Stadt Danzig werden durch die Demarcationslinie eingegränzt werden, welche die Artikel 2, 3, 4, 5, der gegenwärtigen Convention bestimmen.

Artikel 2.
Die Linie wird sich ziehen von den Ufern der Ostsee bey der Mündung des Gletkauwassers im Nordosten von Danzig, von dort bis Conradshammer, Oliva-Baum, Strauchmühl, um den Flecken und die Umgebungen von Oliva einzuschließen, ferner über Schefferey, Ramnau am Trzellnicni, wird diesem Bache folgen bis zur Radaune, längst diesem Flusse bis Praust, wo sie über denselben geht auf Ziplau zu an der Kladau, von hier zieht sie sich bis an die Mündung der Belau, von hier geht sie hinauf bis an den Güttländer Hauptwall, dann die Mottlau bis über Czattkau, wo sie an die Weichsel stößt. Nun wird die Linie den Thalweg der Weichsel nehmen bis an die Spitze vom Danziger Haupt, den Thalweg des Arms der Weichsel, Elbingsche Weichsel genannt, bis zum Ausfluß dieses Arms in das frische Haf; nun wird sie hinauf steigen an den Ufern der verschiedenen Kampen, und dem Ufer der Nehrung bis über Polsk, wo die Linie quer durch die Nehrung gehen wird, an dem Ufer der Ostsee sich fortziehen, und sich durch das Fahrwasser bey Gletkauwasser endigen, von wo sie ausging. Allgemein genommen wird alles, was in dieser Linie eingeschlossen ist, ohne Ausnahme, wie die Oerter selbst, die in diesem Artikel genannt sind mit den zu ihnen gehörigen Länderreyen zu vollem Eigenthum und Souveränität der freyen Stadt Danzig bleiben.

Artikel 3.
Die freye Stadt Danzig wird gehalten seyn, auf ihre Unkosten die Montauerspitze an dem äußersten Ende der Insel Nogat, welche dazu dient, das Wasser der Weichsel zu theilen und zu leiten in die Arme Weichsel und Nogat genannt, zu unterhalten. Diese Zugestehung hat zur Absicht, in den Weichselarm den größten Teil des Weichselflusses zu leiten, und den kleinsten Theil des Wassers in den Nogatarm zu lassen, doch unter der Bedingung, daß bey den Bauten selbst die Arbeiten der Einwohner der Insel Nogat, Falkenau und andrer Preußischer Besitzungen in der Nähe nicht nachtheilig fallen. Sollten hierüber gegründete Klagen entstehen, so werden von beiden Seiten Commissarien ernannt werden, um gemeinschaftlich die Arbeiten so einzurichten, daß kein Schade geschehe, und die Leitung der Wasser doch bewerkstelligt werde.

Artikel 4.
Die Stadt Danzig wird gleichfalls gehalten seyn, auf ihre Unkosten einen Leuchtthurm an der Spitze von Hela aufrichten und unterhalten zur lassen; gleichfalls wird sie den Leuchtthurm zu Rukokowa unterhalten. Deswegen soll die ganze Halbinsel Hela bis in die Tiefe des Putziger Busens der freyen Stadt Danzig zu vollem Eigenthum und Souverainität gehören; aber die Dörfer Großendorf, Potschernin, Chlapau und Czettkau, die zwischen dem Pharus von Rukokowa und dem Anfange der Halbinsel liegen, werden Sr. Majestät dem Könige von Preußen gehören.

Artikel 5.
Obgleich in dem 2ten Artikel gesagt ist, daß die Demarcationslinie, wenn sie von Polsk die Nehrung durchschnitten, den Küsten der Ostsee bis zu Gletkauwasser folgen soll, so wird doch dabey verstanden, daß auf dieser Seite die Stadt Danzig keine Gränze noch Beschränkung haben kann, sondern daß sie im Gegentheil alle Rechte der uneingeschränktesten Souverainität und Besitzung haben soll, wie sie alle Staaten an ihren Küsten besitzen.

Artikel 6.
Die Kauffahrteyschiffe, wie ihre Größe und Ladung auch sey, mögen sie Danziger Kaufleuten oder fremden gehören, können, wenn sie für Danzig bestimmt sind, frey in dem Putzigerwinkel liegen, und dort lossen ohne die geringste Verhinderung, noch irgend einer Abgabe unterworfen seyn, selbst in dem Fall eines Schifbruchs. Im Gegentheil werden die Schiffe, denen ein solches Unglück begegnet, unter dem Schutze des Völkerrechts sich befinden, und ihre Schiffscapitains oder ihre Beauftragten werden das Recht haben, alles zu bergen, und für die Erhaltung aller geborgnen Gegenstände zu sorgen.

Artikel 7.
Die Bewohner der Kampen, werden wie die der Nehringschen Halbinsel freye Fischerey treiben können, und das Rohr im frischen Haf schneiden, ohne daß ihnen ein Hinderniß in den Weg gelegt wird, oder sie deshalb einer Abgabe unterworfen werden; aber sie werden sich weder zum Fischen noch zum Rohrschneiden weiter ausbreiten können, wie sie konnten, als sie noch in beyder Rücksicht davon nur Pächter waren.

Artikel 8.
Die Inseln in der Weichsel da, wo die Demarcationslinie über dieselbe weggeht, werden bleibend abhängen von den Städten oder Dörfern am Ufer, zu welchen sie jetzt gehören, und werden daher zu allem Eigenthume mit aller Souveränität dem einen oder dem andern Staate gehören, nach dem Rechte, den einer oder der andre gegenwärtig darauf hat. Aber man ist darin übereingekommen, daß wenn in der Folge sich neue Inseln in den verschiedenen Armen der Weichsel durch Anschwemmung bilden sollten, diese zu allem Eigenthume und Souveränität Sr. Majestät dem Könige von Preußen oder der freyen Stadt Danzig gehören sollten, je nachdem sie näher dem einen oder dem andern Staate liegen würden, indem der Thalweg immer die Grenze bleiben soll.

Artikel 9.
Es sollen auf gemeinschaftliche Unkosten Gränzpfähle mit den Wappen Sr. Majestät des Kaisers und Königs Napoleon, Sr. Majestät des Königs von Preußen, und Sr. Majestät des Königs von Sachsen mit der Inschrift: Territorium der freyen Stadt Danzig, an solchen Orten, die man dazu für schicklich halten wird, aufgerichtet werden, welches durch Commissarien von beyden Seiten bewerkstelligt werden soll.

Artikel 10.
Der Magistrat der freyen Stadt Danzig wird die Preußischen Beamten in den verschiedensten Theilen der Administration, die sich in der Stadt in ihren Aemtern zur Zeit des Tilsiter Tractats befanden, eben so behandeln, wie Se. Majestät der König von Preußen die Danziger Beamten behandelte, als im Jahr 1793 Se. Majestät Besitz von der Stadt nahm, indem sie entweder in ihren Aemtern bleiben, oder eine Pension erhalten. Dreyfach ausgefertigt zu Elbing, den 6. December 1807. Der Graf von Dohna. Johann Labes. Carl Friedrich Jeschke. Johann Carl Gnuschke.
Der Marschall Sou11.

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Die Veröffentlichung dieses Artikels erfolgte mit freundlicher Genehmigung des "Bundes der Danziger" in Lübeck.

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