Frage an Wolfgang - sind wir (Nostalgie-) Touristen

Wenn wir bummeln wollen auf einem Gebiet das uns aus Gründen der Geburt
naheliegt, müssen wir uns als O.A. Touristen ansehen lassen oder geht es auch anders?
Klaus

Ist das eine Frage, auf die nur eine Antwort von Wolfgang gewünscht ist? In diesem Falle überlies bitte meine Antwort.
Da ich nicht weiß, was ein "O.A. Tourist" ist, lese ich die Frage mal ohne das "O.A." und antworte wie folgt:

Wenn ich aus Danzig in mein Heimatdorf komme und dort zum Metzger gehe, dann ruft die Verkäuferin, die alle und jeden kennt: "Ach, die Touristen aus Polen sind mal wieder da." Diejenigen die zugezogen sind und die mich nicht kennen, schauen mich bestenfalls an und denken sich wahrscheinlich gar nichts, es sei denn sie sehen mein Autokennzeichen. In diesem Falle denken sie sich evtl. "Was will denn dieser Ausländer hier in unserem Dorf?", denn in diesem Dorf gibt es nichts zu sehen.

Diese Antwort kannt Du nun auf Danzig übertragen, welches von den meisten heutigen heutigen Bewohnen Gdańsk genannt wird (falls Du das gemeint hast) und in diesem Sinne bist Du dort ein Tourist. Was Du daraus machst, liegt in deiner Verantwortung. Du kannst mit den Einwohnern ein Gespräch anfangen oder es bleiben lassen und Dir nur die hübsche Altstadt angucken, mit Führung oder ohne. Je nach Geschmack. Ist eine Frage des Geldes, der Interessen und der Zeit, die man dort zu verbringen gedenkt.

Meine Antwort gilt unabhängig davon, ob Du Deutsch-Danziger oder Polnisch-Danziger Wurzeln hast.

Schönen guten Morgen,
hallo Klaus,

ich weiß, viele Menschen die ihre Geburtsstätte, ihre Heimat verlassen mussten und sie verloren, stören sich daran, wenn sie als Touristen oder -für manche noch schlimmer- als "Heimweh-Touristen" bezeichnet werden wenn sie die Stätten ihrer Kindheit und ihrer Geschichte aufsuchen.

Ich empfinde ebenfalls ein gewisses Unbehagen wenn ich "Tourist" höre, aber ich sage mir immer, dass Niemand etwas Böses beim Verwenden dieser Bezeichnung denkt. Was ist ein Tourist? Die meisten von uns haben eigene Interpretationen. Ich sehe einen Touristen als Menschen, der von seinem Wohnort bzw. Lebensmittelpunkt aufbricht um eine Reise zu unternehmen. Das ist vollkommen wertneutral und nicht negativ besetzt.

Trotzdem vermeide ich es, hier zu sagen "kommt nach Danzig als Touristen und schaut Euch Danzig an". Statt dessen ziehe ich vor zu sagen "kommt und besucht Danzig". Anstelle des Wortes "Tourist" verwende ich in der Regel '"Besucher".

Aber, Klaus, macht die gedankenlose, manchmal auch etwas spöttische Bezeichnung "Tourist" in Deutschland, in deutschen Medien, nicht sehr viel mehr betroffen als ein freundlicher und herzlicher Empfang als Tourist in der alten Heimat?

Freu Dich, wenn Du hier mit offenen Armen empfangen wirst. Wenn Du dann auch noch durchblicken lässt, dass Du hier geboren wurdest, ist das Interesse an Dir gleich noch größer.

Viele Grüße aus dem noch immer sehr kühlen Werder
Wolfgang

Guten Tag Klaus.
Du bist auf Besuch,in deinem Geburtsort genauso wie ich, und viele Vorkriegs geborene auch, ich werde oft gefragt, was treibt dich hier nach Polen? meine Antwort ist, ich besuche meinen Geburtsort, wen ich der Meinung bin das der Fragende hier bereits in Danzig oder Umgebung geboren sein könnte, so sage ich meinen und deinen Geburtsort, als Zusatz wie Sie sehen haben wir beide eine gemeinsamkeit. Aber mich als Tourist darzustellen ist mir zu Abgewertet.
Freundlichen Gruß v.Heinz Mandey

Na ich denke, man wird nur solange als Tourist angesehen, solange man sich so verhält. Sobald man zeigt, dass man sich mehr mit der Stadt oder Region beschäftigt oder vielleicht sogar schon auskennt, wird man mit ganz anderen Augen gesehen. Wenn sich dann Gemeinsamkeiten mit "Einheimischen" findet und diese merken, dass man garnicht so unterschiedlich denkt und fühlt, entwickelt sich ganz schnell Sympathie und Freundschaft. Jeder hat es zum Teil selber in der Hand.

Herzliche Grüße

Uwe

Einen schönen guten Abend,

Hm, ich dachte "O.A." als "oben angegeben" wäre verständlich, also "Nostalgie-" war gemeint.
Den Umweg über die hessische Verkäuferin in einem Dorf bring ich nicht in Einklang mit meiner
Frage, aber mit Verlaub, Waldschrat, Gdansk mit dem "hübsch", da hab ich ein neues Problem.

Wolfgang, Du sagst mir dass meine Empfindlichkeit dem Wort Tourist gegenüber falsch eingestellt ist, und Du hast Recht damit,
Besucher ist besser, mir geht es ja um die Unterscheidung von den Touristen, die wegen dieser unglaublichen Stadt kommen, aber eben
nur deswegen.
Den Unterschied macht die Abwertung, wie Heinz Mandey formuliert, wir wollen auf DER Erde bummeln, auf der wir geboren sind.
Und dass ich vor meiner nächsten Reise weiterhin polnisch lernen werde, ist abgemacht.

Danke für die Gedanken um dieses Thema

Freundlichen Gruss

Klaus

Schönen guten Abend,
hallo Klaus,

welcher polnische Gastgeber beherrscht die deutsche Sprache so gut, dass er zwischen "Tourist" und "Besucher" unterscheiden kann? Der eine Begriff ist Synonym für den anderen. Ich denke, auch in Deutschland hat so mancher Nicht-Heimatvertriebene Schwierigkeiten, das zu unterscheiden.

Ich machte deutlich, ich empfände ein gewisses Unbehagen, hier von Touristen oder Heimweh- bzw. Nostalgie-Touristen zu sprechen. Das bezieht sich weniger auf Polen, sondern mehr auf Deutschland wo der spöttisch-mitleidig scheinbar verstehende Unterton in Print- und Online-Medien üblich ist wenn von Heimatvertriebenen gesprochen wird, die ihre Kindheitsstätten zu besuchen beabsichtigen.

Wirklich entspannend und auch schön ist der hier spürbare Zeitenwechsel. Als Besucher der Du Dich als in Danzig gebürtig zeigst, wird Dir in aller Regel -zugegebenermaßen noch nicht immer- ganz besondere Freundlichkeit und Entgegenkommen gezeigt.

Viele Grüße aus dem nächtlichen Werder
Wolfgang

@Klaus
Wo hast Du ein Problem mit "hübsch"? Was Du aus einem Besuch in Danzig machst, ist doch ganz alleine DEINE Sache. Wenn ich also "hübsch" schreibe, dann tue ich das ganz bewusst. Du kannst ganz nach DEINEM Wunsch:

- das Zentrum deinen Geburtsortes besuchen
- dich am Wiederaufbau des Zentrums der Stadt Danzig erfreuen
- dir die hübsche Altstadt ansehen

Was du draus machst ist nur DEINE Sache. Und kein anderer kann Dir sagen, wie Du das zu sehen hast.

Wo hast du eine Unklarheit mit Hessen? Was ich sagen wollte: jeder sieht mich dort durch SEINE Augen und ich sehe mich und mein Heimatdorf durch MEINE Augen. Jeder hat eine andere Sichtweise. Egal ob ich von Danzig aus nach Hessen fahre oder Du von Hessen nach Danzig. Ich sehe keinen Unterschied.