Zerstörung des Danziger Hafens im März 1945
Hallo liebe Mitglieder des Forums,
ich bin neu hier und hoffe, Antworten auf offene Fragen zu finden.
Meine Mutter wurde 1934 in Groß-Zünder geboren. Meine Oma, meine Mutter, ihre 4 jüngeren Geschwister, ihre Oma und ihre Großtante befanden sich Ende März in der Schiffswartehalle im Danziger Hafen. Das Schiff lag bereits am Kai und sollte 23 Uhr ablegen. Mein Opa war Feuerwehrhauptmann und im Dienst dabei die Flüchtlingsmassen zu ordnen und in die Schiffshalle und auf das Schiff zu bringen. Währenddessen fielen schon lt. Bericht meiner Mutter Bomben. Noch bevor sie aufs Schiff konnten, zerstörte ein Bombenhagel die Schiffshalle. Meine Mutter sah, wie das Dach und die Wände einstürzten und überall lagen Tote und Verletzte. Meine Mutter + Fam. überlebten, stürzten aus der Halle und fanden draußen Schutz. Mein Opa hatte den Angriff ebenfalls überlebt und fand seine Familie. Da alles zerbombt war, fuhren sie mit dem Feuerwehrauto, das auch beschädigt war aber glücklicherweise noch fuhr, wieder nach Hause. Dort lebten sie noch 3 Wochen im Keller, bis sie von der Wehrmacht zum Verlassen aufgefordert wurden, weil die Rote Armee vor Groß-Zünder stand. Das war lt. meiner Mutter am 15.04.1945. Die Flucht gelang ihnen dann über Bohnsack/Danzig-Einlage, wo sie mit Booten nach Hela gebracht wurden und eine Woche später mit der Lappland nach Kopenhagen fuhren. Lt. Recherche legte die Lappland am 21.04. ab und kam am 24.04. in Kopenhagen an. Das deckt sich auch mit dem Bericht meiner Mutter, die sagte, dass sie 3 Tage unterwegs waren, weil immer wieder die Maschinen stoppten und ruhig warten mussten, bis der U-Boot-Alarm vorbei war. Lt. meiner Mutter waren noch mehr Schiffe dabei und andere wurden bombardiert.
Nun meine Fragen:
1. Weiß jemand, wann genau die Schiffswartehalle im Danziger Hafen bombardiert und zerstört wurde? Lt. Angaben meiner Mutter war es der 22. oder 23.03. Lt. meiner Tante war es der 24. oder 25.03.1945.
Welches Schiff sollte an diesem Tag ablegen? Lt. meiner Mutter wurde das Schiff im Hafen versenkt, aber vielleicht wurde es auch nur getroffen und konnte noch auslaufen.
2. Im Internierungslager in Kopenhagen war meine Mutter ca. ein halbes Jahr. Sie war in einer großen Tennishalle und auf dem Boden waren Strohlager mit Decken. Das Gepäck diente als Abtrennung zu den nebenliegenden Familien. Das Lager war umzäunt und bewacht und alle hatten Typhus. Ihre Oma und ihre Tante sind im Lager daran gestorben und meine Mutter lag ca. 5 Wochen mit Typhus im Krankenzimmer. Meine Mutter erinnert sich daran, dass sie vom Lager aus auf das Schloss sehen konnte, welches sich oberhalb auf einem Berg befand. Sie weiß jedoch nicht, wie das Lager hieß. Ich würde gerne das Grab meiner Uroma finden. Weiß jemand, um welches Lager es sich handelt und wo die Toten beerdigt wurden?
Nach einem halben Jahr wurden sie mit einem Fischkutter angeblich bei Windstärke 12 in ein Barackenlager nach Skagen gebracht, wo sie 1,5 Jahre lebten, dann nochmals in ein Lager nach Röhne (?) lt. meiner Tante, bis sie 1947 nach Deutschland kamen.
Ich würde mich freuen, wenn jemand meine Fragen beantworten kann oder mir mitteilen kann, wo ich die Infos recherchieren kann.
Danke und viele Grüße
Katrin Städtler
AW: Zerstörung des Danziger Hafens im März 1945
Hallo Katrin,
zunächst einmal herzlich willkommen im Forum.
Gehe einmal auf die Seite westpreussen.de hier unter FORSCHUNGSERGEBNISSE und dann zu FLÜCHTLINGE IN DÄNEMRK.
Auf der seite findest Du die Flüchtlingsdatenbank und die Friedhofsdatenbank, vielleicht sind Deine Angehörigen hier aufgelistet.
Du kannst aber auch ruhig die Namne der Verstorbenen hier nennen, dann kann Dir bestimmt auch noch weiter geholfen werden, wir haben hier einen Spezialisten für Dänemark in unseren Reihen, der gerne weiterhilft.
Grüße
Christian
AW: Zerstörung des Danziger Hafens im März 1945
Hallo Katrin,
hier der direkte link zur dänischen Datenbank:
https://navneregistre.dis-danmark.dk...1&navn=&type=h
Viele Grüße
Sonja
AW: Zerstörung des Danziger Hafens im März 1945
Hallo Sonja,
vielen Dank für den Link. Leider konnte ich weder unter Vornamen, Familiennamen oder dem Ort irgendeinen der Familienmitglieder meiner Mutter finden. Es scheint, als sei die ganze Familie nicht registriert worden. Kann das sein?
Viele Grüße
Katrin
- - - Aktualisiert - - -
Hallo Christian,
vielen Dank für deinen Hinweis. In der Flüchtlingsdatenbank konnte ich weder unter Vor-, Nachname oder Ort ein Familienmitglied finden. Kann es sein, dass 9 Personen nicht oder falsch registriert wurden? Mir ist beim Durchforsten der Datenbank aufgefallen, das auch häufig Einträge doppelt oder dreifach vorhanden sind.
Meine in Dänemark verstorbene Uroma heiß Berta Meta Kleiß, geborene Groth, gestorben 1945 in Kopenhagen.
Von der Tante meines Opas habe ich keine Geburtsdaten.
Die anderen Familienmitglieder sind
meine Mutter: Irma Hildegard Pfeiffer, geb. 28.04.1934 in Groß-Zünder bei Danzig
Bruno Gustav Fentroß, geb. 01.12.1903 in Preußisch Holland, bis 1945 beim Luftschutz in Danzig im Dienst als Feuerwehrhauptmann
Alice Margarete Fentroß, geborene Kleiß, 01.12.1906 in Herzberg, bis 1945 wohnhaft in Groß-Zünder
die Zwillinge Marie-Luise und Werner Fentroß, geb. 05.04.1937 in Groß-Zünder bei Danzig
Manfred Erwin Fentroß, geb. 03.06.1938 in Groß-Zünder
Brunhilde Fentroß, geb. 10.07.1940 ebenfalls in Groß-Zünder
Ich freue mich über Hinweise, die mir weiterhelfen, die Lebensgeschichte meiner Mutter zu recherchieren.
Vielen Dank und schöne Grüße
Katrin
AW: Zerstörung des Danziger Hafens im März 1945
Hallo Katrin,
auf den dritten Absatz von Christian in #2 möchtest du nicht eingehen.
Ohne Namen finde ich nichts.
Weiterhin viel Erfolg im Forum.
- - - Aktualisiert - - -
Ok, hat sich überschnitten
- - - Aktualisiert - - -
Hallo Katrin,
die HOK (Heimatortskartei Danzig-Westpreußen, 1939-1963) hast du?
Hier nach der kostenfreien Anmeldung einsehbar.
Ab Bild 120 Fentroß Bruno bis 121:
https://www.familysearch.org/ark:/61...119&cat=232907
AW: Zerstörung des Danziger Hafens im März 1945
Danke für den Hinweis auf die Sterbedatenbank.
In der Sterbedatenbank habe ich meine Uroma Meta Kleiss gefunden, gestorben am 16.07.1945
Bestattungsort: København (Vestre Kirkegaard) - Block: F Grab: S 469
Deutsche Kriegsgräberstätte Kopenhagen West (Vestre Kirkegård) Friedhof für 4.643 deutsche Soldaten und 5.344 Flüchtlinge des Zweiten Weltkriegs
AW: Zerstörung des Danziger Hafens im März 1945
AW: Zerstörung des Danziger Hafens im März 1945
Hallo Joachim,
ja, das sind die Einträge meines Opas mit seiner Familie.
Danke und viele Grüße
Katrin
AW: Zerstörung des Danziger Hafens im März 1945
Hallo Katrin,
da ich nicht weiß, ob du sie hast, hier die Hochzeit in Groß Zünder am 22.07.1926
https://metryki.genbaza.pl/genbaza,detail,333108,7
- - - Aktualisiert - - -
Hallo Katrin,
dei Geburt von Meta Geanette GROTH *03.03.1879 in Herzberg
StA Gottswalde, Breitfelde, Nr.6: https://metryki.genbaza.pl/genbaza,detail,79217,6
- - - Aktualisiert - - -
Hochzeit 24.06.1902
> aus Meta Geanette wird Meta Joanette GROTH <
Hochzeit zwischen dem Hofbesitzer Ferdinand Heinrich KLEISS und Meta Joanette GROTH
StA Gottswalde Nr. 7: https://metryki.genbaza.pl/genbaza,detail,79251,9
AW: Zerstörung des Danziger Hafens im März 1945
Hallo Katrin,
wie ich sehe hast Du ja die Geburtsdaten Deiner Verwandten.
Schau einmal hier
http://forum.danzig.de/member.php?7952-o-berg
und schreib Olaf dann mal privat (durch Klicken auf Nachricht oder private Mail) an, er kann Dir bei der Besorgung der Lagerdokumente von den Deinen helfen.
Einen schönen Sonntag
Christian
AW: Zerstörung des Danziger Hafens im März 1945
Einen schönen guten Tag, Katrin!
In meinen folgenden Anmerkungen konzentriere ich mich auf deine Frage 1. Hier noch mal ihr Wortlaut:
"1. Weiß jemand, wann genau die Schiffswartehalle im Danziger Hafen bombardiert und zerstört wurde? Lt. Angaben meiner Mutter war es der 22. oder 23.03. Lt. meiner Tante war es der 24. oder 25.03.1945. Welches Schiff sollte an diesem Tag ablegen? Lt. meiner Mutter wurde das Schiff im Hafen versenkt, aber vielleicht wurde es auch nur getroffen und konnte noch auslaufen."
Ich gehe davon aus, dass mit 'Danziger Hafen' der Seehafen Neufahrwasser gemeint ist.
Der Neufahrwasser-Jung Günter Deinert hat im Jahr 1985 eine Heimaterinnerung herausgegeben. Ihr vollständiger Titel lautet:
NEUFAHRWASSER - Brösen - Weichselmünde - Westerplatte
Ein nicht ganz vollständiges Bild meiner Heimatstadt
Erlebtes + Erfahrenes + Gelesenes
Zusammengetragen und gesammelt von Günter Deinert
In der Heimatdokumentation finden sich auch Abschieds-/Fluchterinnerungen mehrerer ehemaliger Bewohner von Neufahrwasser. Der ausführlichste Bericht stammt dabei von Werner Marckwardt, dem ehemaligen Hafenoberbaurat. Er war ab dem 1. Oktober 1939 bei der Danziger Hafenverwaltung als Leiter der maschinentechnischen Abteilung in der Hauptverwaltung in Danzig tätig. In dieser Funktion stand er auch den Hafenwerkstätten in Neufahrwasser/Westerplatte sowie dem Zweigbetrieb Gotenhafen vor und war Hafenschutzleiter für den gesamten Hafen.
Auf Grund dieser Zuständigkeiten schätze ich seinen Bericht als besonders relevant und zuverlässig ein.
Seit etwa 5. März 1945 wohnte Marckwardt mit seiner Frau im Lotsenamt in Neufahrwasser. Das Leben in Neufahrwasser verlief offenbar bis Sonnabend, den 24. März; weitgehend normal: fast alle Lebensmittel konnten noch gekauft werden, auch Textilien und Schuhe waren noch im Angebot.
In der Nacht vom 19. auf den 20. März setzte Artilleriebeschuss ein, der Neufahrwasser und den Hafen zwischen Holm und Polnischen Haken (ehemalige Klawitterwerft) zum Ziel hatte. Das Feuer hatte dabei am Leuchtturm von Neufahrwasser eine hervorragende Zielorientierung, so dass dieser dann nur bei dringendem Bedarf eingeschaltet wurde. Die russischen Artilleriestellungen lagen hinter Zoppot (Donasberge) und trafen mit ihren 18er Granaten meist die östliche Seite der Westerplatte hinter den Hafenwerkstätten.
Am Palmsonntag, den 25. März, waren tagsüber Tiefflieger über Lauental und beschossen die Gegend.
Am selben Tag verließ das letzte Schiff den Freihafen von Neufahrwasser. Es war die UBENA, vollgestopft mit Flüchtlingen. Nach ihrer Abfahrt wurde die Hafeneinfahrt gesperrt, indem ein Schiff in die Einfahrt vorgezogen und dort gesprengt wurde. Es handelte sich um den italienischen Frachter AFRIKANA, der schon längere Zeit auf Reede lag und am 22. März in den Freihafen geschleppt wurde. Die Sprengung erfolgte dann am 25. März etwa um Mitternacht. Etwa um 2:00 am Morgen des 26. März war der Frachter gesunken.
An den Abenden des 23., 24. und 25. März (Fr-So) wurde Neufahrwasser abschnittsweise von amerikanischen Bombern angegriffen. Am Freitag traf es den westlichen Teil von Brösen, am Sonnabend die Mitte um den Exerzierplatz und am Sonntag den Bereich um die Kirche.
Der schwerste Angriff erfolgte wohl am 25. März und am Abend stand Neufahrwasser in Flammen.
Viele Grüße,
Peter
AW: Zerstörung des Danziger Hafens im März 1945
Hallo Joachim,
vielen Dank für die Links zu den Einträgen meiner Familie.
Viele Grüße
Katrin
- - - Aktualisiert - - -
Hallo Christian,
vielen Dank für den Link zu Olaf, ich habe ihn angeschrieben.
Viele Grüße und einen guten Start in die Woche
Katrin
- - - Aktualisiert - - -
Hallo Peter,
vielen Dank für deine Information. Meine Mutter und ihre Schwestern erzählten bisher nie von Neufahrwasser, sondern immer nur vom Hafen in Danzig. Sie waren nicht in Gotenhafen, also muss es der Hafen in Neufahrwasser gewesen sein, wo sie die Zerstörung der Schiffshalle erlebten. Aufgrund des Berichts von Werner Marckwardt scheidet der 22.03.1945 aus. Ich habe nun ein sehr viel klareres Bild von den Geschehnissen, die sich damals bei der Flucht meiner Mutter abspielten.
Viele Grüße
Katrin
AW: Zerstörung des Danziger Hafens im März 1945
Kleiss Meta, *03.03.1879, Herzberg, Danzig-L , +16.07.1945 Kopenhagen,
Sie ist in Typhuskrankenhaus, Godthåbsvej in Kopenhagen gestorben.
Typhus abdom., Pneumonie, Kreislaufschwäche
Sie und ihre Familie wohnte in Lager 93, Tennishallen, Pileallé 14, Frederiksberg
Mit Gruß
Olaf Berg Nielsen
AW: Zerstörung des Danziger Hafens im März 1945
Ganz Herzlichen Dank, Olaf!