Daten aus der Geschichte der Freien Stadt Danzig (2)

11. 2. 1920: Parade des französischen Bataillons vor dem Generalkommando in Danzig in Gegenwart der britischen und französischen Truppenkommandeure und des Generals Haking sowie des einstweiligen alliierten Verwalters Sir Reginald Tower. Nach dieser Truppenparade fand ein Presseempfang Danziger und polnischer Pressevertreter beim einstweiligen alliierten Verwalter Tower im Danziger Regierungsgebäude statt. Daran nahm auch teil der Verfasser dieser Daten als ehemaliger Redakteur der "Danziger Allgemeinen Zeitung". Tower kam zu dieser ersten Pressesitzung mit einem genauen Druckstück des Versailler Friedensvertrages vom 28. 6. 1919, woraus er die auf Danzig bezüglichen Artikel 100/108 verlas und dann auf seine beiden Aufgaben hinwies: Vorbereitung der Danziger Staatsverfassung und Vorbereitung des Abschlusses eines Staatsvertrages zur Regelung der staatsrechtlichen Beziehungen zwischen Polen und der Freien Stadt Danzig. Diese beiden Aufgaben, so erklärte Tower, seien die wichtigsten, die bie Ende September 1920 abgeschlossen werden müssten, als Voraussetzung der Schaffung der Freien Stadt Danzig. Tower bat auch in diesem Zusammenhang die Vertreter der Presse, sie mögen für diese neuen Staatsaufgaben Verständnis in der Bevölkerung wecken und ihm, dem alliierten Vertreter, selbst mithelfen, alle schwierigen Aufgaben der kommenden Zeit zu erfüllen. Nach Towers Meinung werde Danzig einem grossen wirtschaftlichen Aufblühen besonders in seinem Hafen entgegensehen, wenn es zu einer guten Zusammenarbeit mit Polen komme. Diese optimistischen Auffassungen Towers gingen aber in der Folgezeit nicht in Erfüllung, in der Danzig die allerschwerste Lebensbehauptung in zahlreichen Konflikten mit Polen zu bestehen hatte, vor allem in der Konkurrenz durch den polnischen Hafen Gdingen. Tower selbst kam mit Warschauer Staatsstellen in persönliche Konflikte und verliess Danzig schon Ende September 1920, nachdem er seine beiden ihm gestellten Aufgaben der Vorbereitung der Verfassung und der Konvention mit Polen erfüllt hatte. Er überliess die Proklamation der Freien Stadt Danzig am 15. 11. 1920 im Danziger Landeshause seinem Stellvertreter Oberstleutnant Strutt, der bei dieser Gelegenheit der deutschen Armee als der "bewundernswertesten Armee der Welt" ritterliche Anerkennung zollte, eine Geste, die viel beachtet wurde und Beifall in den Reihen der Abgeordneten der Verfassungsgebenden Versammlung im Landeshause auslöste.
16. 5. 1920: Tower ordnete Wahlen zur Verfassungsgebenden Versammlung der künftigen Freien Stadt Danzig an. Gewählt wurden 120 Abgeordnete, davon 7 Abgeordnete der polnischen Minderheit. Inzwischen war auf Anordnung Towers ein Staatsrat in Danzig unter Vorsitz von Oberbürgermeister Sahm als Organ der Verwaltung eingesetzt worden. Im Staatsrat waren vertreten die Vertreter der einzelnen politischen Parteien, der Spitzen der Stadt-und Landkreise und die Leiter der grossen Behörden (Post, Zoll u.s.w.).
14. 6. 1920: Feierliche Eröffnung der Verfassungsgebenden Versammlung der Freien Stadt Danzig durch die aliierten Verwalter Sir Reginald Tower in Gegenwart des Konsularkorps und des deutschen Staatskommissars Förster im Landeshause.
9. 11. 1920: Unterzeichnung des Pariser Vertrages im Quai d'Orsay, Uhrensaal: Staatsvertrag zwischen Danzig und Polen, unterzeichnet von Danziger Seite durch Oberbürgermeister Sahm, Rechtsanwalt Schwegmann und Generalsekretär Schümmer.
15. 11. 1920: Proklamation der Freien Stadt Danzig in Genf und Danzig, Landeshaus. Die Verfassung wurde vorläufig in Kraft gesetzt, vorbehaltlich besonderer Änderungen durch die Genfer Instanz.

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Viele Gruesse
Ohrscher Siegfried