Danzigerinnerungen Teil 2 (von 2007)
Es ist Sonntag, der Tag macht seinem Namen keine Ehre, es ist eher grau, freundliches mausgrau... Wir tappern erst mal zur „Villa Kunterbunt“, nach dem Frühstück werden wir weitersehen. Die miese Laune unserer Gegenüber, die wohl versäumt hatten, die Sonne mitzumieten, lässt uns aber schnell flüchten.
Wir beschließen, die Gegend östlich von Danzig zu besuchen, die Marienburg zu besichtigen. Wir lassen uns Zeit und je weiter wir ins „Landinnere“ kommen, desto schöner wird das Wetter. Als wir die Marienburg erreichen, lacht die Sonne. Es ist ziemlich belebt, aber da eine deutsche Führung erst in ca. 3 Stunden stattfinden soll, schließen wir uns halt einer polnischen an. Auf geheimnisvolle Weise verlieren wir mit der Zeit unsere Teilnehmer und können so ganz selbständig die Burg durchwandern. Und fotografieren versteht sich, denn es lässt Michael gar nicht los, dass die Gebäude so hervorragend rekonstruiert wurden. Wir haben es ja tags zuvor in Danzig schon kennen gelernt, das polnische „Know how“ aber es lässt uns auch hier wieder staunen und bewundern. Und es ist schön, dass Altes so bewahrt wird.
Nach zwei Stunden brauchen wir aber trotz aller Faszination mal ein Päuschen und im kleinen Cafe in der Burg gibt es auch nette Kleinigkeiten zu Essen. (Hab dort die leckersten Piroggen unseres Polenaufenthaltes gegessen- hat zufällig jemand ein Rezept dafür und könnte es einstellen? Sie waren gefüllt mit Käse und Kartoffeln....)
Und weiter geht’s, wir haben ja längst noch nicht alles gesehen. Die nicht renovierte Kirche erstaunt mich, ich hatte geglaubt im katholischen Polen würden Kirchen einen Schwerpunkt darstellen, habe dann später gelesen, dass so der Grad der Zerstörung verdeutlicht wird... Vielleicht wird die Kirche ja später doch noch restauriert... Nach fast vier Stunden hat auch Michael alles gesehen, fotografiert und ist bereit noch ein wenig weiter zu fahren. Ich muss ehrlich sagen, dass ich sehr erleichtert bin: trotz aller Faszination, aller Bewunderung- die Burg hat auf mich beklemmend gewirkt, kalt und ein bisschen bedrohlich, ich kann es nicht erklären. Ob da wohl jemals gelacht wurde, Fröhlichkeit und Herzlichkeit geherrscht haben?
Wir fahren dann Richtung Norden im strahlenden Sonnenschein, langsam fühle ich mich wieder wohler. Wir kommen an einzelnen kleinen Häusern vorbei, biegen auch wieder in kleine Dörfer ab und wieder wird die Zeit bedeutungslos. Wir grübeln: wovon leben die Menschen hier? Zum Teil sind die Häuschen stark verfallen, vielleicht unbewohnt, das lässt sich für uns nicht feststellen.
Was uns noch sehr auffällt sind die Holzhäuser- keine Fachwerkhäuser, sondern entweder mit Holz verkleidete (?) Häuser oder ganze Vorbauten auf Holzsäulen oder Balkons auf Holzsäulen. Wir haben solche Architektur vor ca. 30 Jahren mal in Tiflis gesehen- ist das vielleicht russischer Einfluss? (Oder deutscher in Tiflis- kann ja auch sein, nicht?) .
Von Steegen aus geht es weiter Richtung Jantar (weiß keinen deutschen Namen), leider sind überall schon die Buden am Strand zu- die Saison scheint vorbei zu sein. Wir setzen mit einer Fähre über die Weichsel- Urlaub total! Wir schaukeln auf der Fähre, die Wolken kommen auf uns zu – stundenlang könnt’ ich so weiterfahren, den Himmel beobachten.... Ärgerlicherweise ist die Weichsel zu schmal- Ende der Träume!
Wir fahren dann weiter nach Danzig, Zoppot (suchen mal wieder! den Minigolfplatz- um es vorwegzunehmen: am Montag haben wir ihn doch noch gefunden und ein nettes Plauderstündchen dort verbracht. Schöne Grüße!!!). Nun, ich reagiere wieder mal nicht schnell genug mit der Aufforderung zum Abbiegen, also beschließen wir noch nach Hel zu fahren, mal schauen, was es dort zu sehen gibt. Hm, nicht soo viel: im Sommer ist dort sicher alles heillos überlaufen, jetzt macht es einen etwas trostlosen Eindruck: geschlossene Buden, die Campingplätze sind jedoch noch geöffnet, man hat aber das Gefühl als bereite sich alles auf den Winterschlaf vor. Wir machen noch ein paar schöne Landschaftsaufnahmen von der Halbinsel sind uns aber dann einig, dass wir für heute genug besichtigt haben. Also zurück „nach Hause“ nach Puck. Dirks Küchenteam ist ausgezeichnet, man sollte das Abendessen nicht versäumen. Der Abend wird dann doch noch ein bissl länger....also „Danziger Goldwasser“ schmeckt schon recht lecker.....
Am nächsten Morgen wandern wir nach dem Frühstück erst noch mal durch Puck, müssen ja Abschied nehmen.... Von Dirk brauchen wir uns noch nicht zu verabschieden, wir werden uns ja am Abend noch am Flughafen sehen: er holt Christa ab während wir auf unseren Flieger warten.
Es war eine wunderschöne Reise und auch nach fast einem Jahr sind die Eindrücke noch nicht verblasst, fast noch zum Greifen nah. Ich habe jetzt verstanden, warum es meinen Vater im Urlaub immer an die See zog und nie in die Berge: es war seine Art der Erinnerung an sein Zuhause.