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Thema: Die Juden in Danzig

  1. #1
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    Standard Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Hallo,

    ich möchte die Vergangenheit nicht wegreden und ausradieren, aber als 48 jährige Frau, die selber eine Woche durch Israel gereist ist (u.a. auch durch die besetzten Gebiete)in Ägypten und Jordanien war und einen Vater hat, der den Krieg in all seinen Schattierungen als 14 jähriger in Danzig miterlebt hat, möchte ich daraufhin weisen:
    wenn über die Schuld der Deutschen geredet wird, dann aber bitte auch darüber,
    - wie Russen deutsche Frauen vergewaltigt und geknechtet haben
    - welche Diskriminierungen Deutsche im Laufe der Geschichte in Grenzgebieten erlebt haben
    - welche Probleme es wirklich in Israel gibt!!
    - warum Deutschland überhaupt das Geld hatte, so eine Kriegsmaschinerie aufzubauen
    Es gibt nämlich nicht nur eine Sicht der Dinge sondern mehrere, ansonsten können wir uns gleich auf das
    "Bild -Zeitungs" Schema reduzieren lassen. Die Geschichte besteht aus mehreren Kapiteln!!
    Im übrigen sollten die nachfolgenden Generation auch das Recht haben, die volle Wahrheit erfahren zu dürfen!
    Viele Grüße

    Heike

  2. #2
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Schönen guten Morgen,
    hallo Heike,

    Margot Beer traf in ihrem in "Unser Danzig" veröffentlichen Beitrag Es gab auch Andere: Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden die sehr bemerkenswerte Aussage: "Das alles ist nun Historie. Jeder hat sie anders erlebt. Jeder weiß es anders."

    Thema unseres Forums ist Danzig.

    Diskussionen über Kriegsschuld bzw. eine Relativierung der Kriegsschuld sprengen den Rahmen unseres Forums. Dafür sind einschlägige politische Diskussionsforen besser geeignet.

    Genauso wenig ist unser Forum dafür geeignet, eine Diskussion über das heutige Israel und die Palästinenser zu führen. Auch ich war in Israel (zwei Wochen), war im jordanischen und syrischen Grenzgebiet, im Negev und das was ich sah, empfand ich anders und zog wahrscheinlich auch andere Schlüsse. Mag sein, dass ich auch dadurch geprägt wurde, dass ich als Flüchtlingskind in Dachau in unmittelbarer Nachbarschaft des früheren Konzentrationslagers aufwuchs (das nach dem Krieg als Flüchtlingslager diente in dem auch meine Großmutter und andere Verwandte "wohnten").

    Ich halte unser Forum ebenso für ungeeignet, darüber zu diskutieren wer den Krieg finanzierte. Es gibt "Beweise" von "Wissenschaftlern" und "Historikern" die uns alles Mögliche weis machen wollen, dabei auch nicht vor Verdrehungen, Fälschungen und Verfälschungen halt machen. Auch dafür gibt es einschlägige Diskussionsforen, in denen Schuld- und Verschwörungstheorien in voller Bandbreite "diskutiert" werden können. Diese Thematik ist aus diesen Gründen in unserem Forum unerwünscht.

    Wer die vielen anderen "Wahrheiten" diskutieren will (über Google lassen sich sehr einfach zu entsprechenden Stichwörtern einschlägige Foren finden) wird ganz sicher an anderer Stelle fündig werden.

    Unser Forum ist für all die vorgenannten Themen nicht geeignet und nicht dafür bestimmt!

    Eines der Ziele unseres Forums ist, miteinander ins Gespräch zu kommen, zuzuhören, Verständnis und Empathie füreinander zu empfinden.

    In diesem Sinne sind bitte auch politische Diskussionen zu führen. Sie können durchaus kontrovers -aber mit Achtung vor dem Andersdenkenden- geführt werden, sollten aber immer das vorgenannte Ziel im Auge behalten.
    -----
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  3. #3
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    Themenstarter

    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Lieber Wolfgang,

    danke für Deine Antwort und finde es auch gut, daß Du meinen Beitrag verschoben hast! Denke, daß ich sowieso das Thema verfehlt hatte, es stand ja auch unter einem anderen Titel. Eine ewig lange Diskussion wollte ich sowieso nicht führen und wenn Du sagst, daß dieses Forum nur Danzig betreffen sollte, so finde ich Deine Antwort berechtigt. Mir die ich selber den Krieg nicht erlebt habe, stößt es nur manchmal einfach unwillkürlich im Magen auf, wenn immer nur von der "Schuld der Deutschen" gesprochen wird. Wie schon im Zitat erwähnt: Jeder erlebt und erlebte die Realität anders.
    Viele Grüße

    Heike

  4. #4
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Schönen guten Nachmittag,
    hallo Heike,

    für mich war die zentrale Aussage Margot Beers die in der sie sagt, jeder habe die Geschichte anders erlebt und jeder wisse sie anders.

    Persönlich erlebte Geschichte und das was man sah (bzw. das was man glaubte zu sehen) prägen häufig stärker als das Lesen noch so dicker gedruckter geschichtlicher Abhandlungen.

    Unrecht ist auf vielen Seiten geschehen und man sagt nicht umsonst, ein Krieg fordere stets Opfer bei allen Beteiligten.

    Ich bin mit einer polnischen Danzigerin verheiratet deren Familie im Krieg alles verlor. Meine Schwiegermutter gehörte einer gutsituierten und wohlhabenden Familie an, die in der heutigen Ukraine (damals Polen) ein Gut besaß. Zuerst wurde ihnen Unrecht von Ukrainern angetan, dann von Deutschen. Entschädigung, Lastenausgleich? Nichts, null! Aber sie überlebten wenigstens... Die Familie meiner Frau erlebte den Krieg aus einer anderen Perspektive, sie hatten andere Erlebnisse, sie wissen anderes.

    Am Krieg hatte Deutschland schuld. Kein empfundenes Unrecht rechtfertigt jemals einen Krieg wie er von Deutschland ausging und eine Ausrottung Anderer wie sie von Deutschland begangen wurde. Bei der Zuordnung von Schuld in anderen Fragen halte ich mich zurück. Zu häufig ist Schuld nicht oder nicht eindeutig zuordenbar. Wer über "Schuld" diskutiert, verliert allzuhäufig die Opfer aus dem Auge. Die Suche nach Antworten auf Schuldfragen kann deswegen nicht im Mittelpunkt unserer Bestrebungen stehen, sondern das Bewusstwerden geschehenen Leides, der Versuch des Mitfühlens mit allen Opfern.
    -----
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  5. #5
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Hallo allerseits,

    zu Helga, hast Du, Wolfgang, meiner Ansicht nach alles Nötige gesagt.

    Ein bedeutsamer Satz von Margot Beer ist für mich: "Kein Gesetz befahl, die Fensterscheiben. jüdischer Geschäfte einzuschlagen und die Waren herauszustehlen". Frau Beer thematisiert die Initiative (nicht "Beteiligung") zahlreicher Danziger bei Judendiskriminierung und -ausplünderung. Schade, dass sie die Allgemeinheit ihrer Aussage dann mit Hilfsaktionen einzelner relativiert. So verwässert sie ihre Aussage, dass es sich um ein gesellschaftliches Massenphänomen gehandelt hat.
    Grüße
    Ulrich




  6. #6
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Wikipedia - Freie Stadt Danzig - dort steht auch viel über das Schicksal der Danziger Juden. Im übrigen war Danzig das letzte Tor in die Freiheit sowohl für deutsche als insbesondere auch für die polnischen Juden.

  7. #7
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    PS. Meines Wissens ist es in Danzig nicht zu Plünderungen gekommen,meine Familie hat auch nach der "Kristallnacht" weiterhin bei Juden eingekauft

  8. #8
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Aus dem Buch von Erwin Lichtenstein, Bericht an meine Familie, 1985, S. 84ff.:

    "...Nacht vom 9. zum 10. November 1938 als "Reichskristallnacht" zum historischen Begriff geworden. Eine Nacht später kam es auch in Danzig zu Überfällen auf Juden und am 12. November ... erfuhr ich gegen Mittag, das ein Angriff auf die große Synagoge geplant war.

    ...(Gemeindevorsitzender) Rechtsanwalt Rosenbaum ... ging ans Telefon um den Polizeipräsidenten anzurufen. ...Tatsächlich erschien die Polizei, und die SA-Leute, die den Angriff ausführen sollten, flüchteten.

    ...Noch am gleichen Abend fuhr (= flüchtete, Anm. Rüdiger) Rechtsanwalt Rosenbaum mit seiner Frau nach Nizza...Von Rosenbaums Abreise erfuhr ich erst am nächsten Morgen... Sein Sohn Ernst ... teilte mir mit, dass die Polizei sein Büro durchsucht habe. Unsere Hausangestellte informierte mich telefonisch, dass die Polizei auch in meiner Wohnung erschienen sei. ...Ähnliche Aktionen fanden ... bei zahlreichen jüdischen Familien statt. Bei einigen Durchsuchungen wurden Waffen "gefunden" und Verhaftungen vorgenommen.

    Aber schlimmer waren die Nachrichten, die ich an diesem Tage über die Angriffe auf Synagogen und auf jüdische Geschäfte erhielt. In der Nacht wurde die Synagoge in Langfuhr aufgebrochen und die Inneneinrichtung zerstört. Die Synagoge in Zoppot wurde in Brand gesteckt. Wohnungen wurden geplündert und zahlreiche Schaufenster jüdischer Geschäfte eingeschlagen. Hunderte von Juden flüchteten über die Grenze nach Polen. ..."

    Siegler, Danzig Chronik, 1991, S. 358:

    "In den Progromen der Kristallnacht zu Danzig werden Massenverhaftungen vorgenommen, jüdisches Eigentum beschädigt und die Synagogen in Langfuhr und Zoppot in Brand gesteckt. ...Von nun an waren sich die Danziger Juden dessen bewußt, daß ihre Emigration höchst dringlich geboten war. Weiterer Druck auf sie erfolgte durch die Einführung der Nürnberger Gesetze in Danzig ... "

  9. #9
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Schönen guten Abend,
    hallo Gerold,

    Danzig war Freistaat. Vor Eingliederung Danzigs ins Reich, also vor der vollkommenen Machtübernahme durch die Nazis konnte das Regime und seine Helfer noch nicht ganz so mörderisch gegenüber Oppositionellen und Juden auftreten.

    In vielen Fällen bedeutete das einen Zeitaufschub, viele Menschen konnten sich "freikaufen" oder flüchten. Ziel war jedoch auch in Danzig die "Endlösung", also die vollständige Vernichtung der jüdischen Mitbürger. Aber auch bereits vor der "Reichskristallnacht" wurden in Danzig Juden diskriminiert, es wurden Berufsverbote ausgesprochen, sie wurden enteignet, entrechtet, ausgebürgert, inhaftiert, misshandelt, in den Freitod getrieben oder ermordet.

    Nicht Alle haben weggesehen aber sehr Viele. Heute rezensierte ich das Buch Christel Wachowskis "Als die Menschen verstummten". Sie meinte damit nicht die Juden, sondern Jene, die Ende Krieges flüchteten oder vertrieben wurden. Sie schrieb in dem Buch etwas Bezeichnendes (Seite 35-36): "Zu Hause wurde nie über Politik gesprochen. Auch nicht über die Juden. Wenn wir in der Stadt Menschen sahen, die den gelben Judenstern auf ihren Mänteln aufgenäht hatten, dann redete man nicht darüber. Waren Häuser mit "Jude" beschmiert, musste man wegsehen.
    Wortlos wurde uns vermittelt, dass dies nichts für uns war. Dass wir dies niemals ansprechen dürften, da wir sowieso keine Antwort bekommen würden."

    Die Nazis, an der Spitze Gauleiter Forster, machten keinen Hehl daraus was sie mit den Juden vorhaben. Im "Vorposten", auf Versammlungen, wurde permanent verkündet, dass die jüdische Rasse ausgerottet werden müsse. Man ließ sich davon begeistern oder man schaute weg, schloss die Augen. Offene Kritik oder Widerstand gab es nur selten.

    Das auch in Danzig unmenschlich verbrecherische Regime ist in unzähligen Erlebnisberichten, Dokumentationen, Sachbüchern, Dissertationen und Artikeln dokumentiert. Ich verfüge nur über einen winzig kleinen Teil der publizierten Fachliteratur, aber ich kann einige herausragende Bücher nennen, die einen tiefen und erschreckenden Eindruck über die entsetzlichen Geschehnisse geben.

    Samuel Echt: Die Geschichte der Juden in Danzig
    Erwin Lichtenstein: Bericht an meine Familie / Ein Leben zwischen Danzig und Israel
    Erwin Lichtenstein: Die Juden der Freien Stadt Danzig unter der Herrschaft des Nationalsozialismus
    Dieter Schenk: Hitlers Mann in Danzig / Gauleiter Forster und die NS-Verbrechen in Danzig-Westpreußen
    M.Borzyszkowska-Szewczyk/Christian Pletzing: Jüdische Spuren in der Kaschubei

    Die von den Nazis und deren Helfern verübten Verbrechen werden bereits in diesen wenigen Büchern so umfassend dargestellt UND BELEGT, dass sich für den Leser jedwede Relativierung oder Verharmlosung automatisch ausschließt.

    Danzig war für die Juden niemals das letzte Tor in die Freiheit, sondern es bedeutete lediglich, dass sie von der Vernichtungsmaschinerie etwas später überrollt wurden wenn für sie kein "Lösegeld" aufgebracht werden konnte. Es gab in der Danziger Administration aber auch mehrere Menschen, die alles in ihren Möglichkeiten stehende unternahmen, um das Leid und Schicksal der Juden zu mindern, so z.B. Polizeirat Kammer und Robert Sanders, dem Vorsitzenden des Ausschusses "zur Förderung der jüdischen Auswanderung".

    Wenn die Zahl der direkt in die Vernichtungslager deportierten jüdischen Mitbürger Danzigs relativ gering zu sein scheint, darf nicht vergessen werden, dass vielen von ihnen noch die Flucht nach Polen "glückte" - wo aber das gleiche furchtbare Schicksal auf sie wartete.

    Keinen Zweifel: Es hat Danziger gegeben, die nicht wegschauten, die unter Gefahr halfen. Es bleibt trotzdem festzuhalten, dass sie zu den ERSTEN DANZIGER VERTRIEBENEN gehörten, und zwar wurden sie nicht nur aus ihrer Heimat vertrieben sondern für entsetzlich viele war es eine Vertreibung aus dem Leben.
    -----
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  10. #10
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Hallo,

    ich fand gerade einen interessanten link zum thema "Jüdische Spuren in der Kaschubei", Übersicht über eine Tagung, die vor ein paar Jahren dazu in Danzig stattfand.
    http://www.academiabaltica.de/files/...programm-d.pdf
    Schönen Gruß
    Ulrich

  11. #11
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Hallo Poguttke,
    aus dem Buch von Samuel Echt u.a.:"Am 22. Oktober 1937, unmittelbar nach der Auflösung des Zentrums und der Vernichtung des letzten Widerstands der Opposition, wurden die jüdischen Markthändler von ihren bisherigen Ständen in Danzig und Langfuhr vertrieben und von der Polizei gezwungen, in Danzig in der Büttelgasse, in Langfuhr in der Birkenallee, ihre Verkaufsstände aufzuschlagen. Diese Ausschaltung und Absonderung der fast ausschließlich polnisch-jüdischen Markthändler erfolgte unter Anwendung von Gewalt, und die ihnen zugewiesenen Plätze waren wegen der engen Zufahrtsstraßen schwer zugänglich" (Samuel Echt, Die Geschichte der Juden in Danzig, Leer 1972, S. 172).
    Und zur Umgebung (vermutlich u.a. Häkergasse, Lavendelgasse): "Gleichzeitig zogen Nazihorden in Zivil, begleitet von Kindern und Neugierigen, durch die an der Markthalle gelegenen Straßen, kennzeichneten die jüdischen Geschäfte mit der Aufschrift "Jude", zertrümmerten die Fenster und beschädigten oder stahlen die Warenauslagen. Die Polizei schritt nicht ein; die jüdischen Ladeninhaber waren schutzlos" (Samuel Echt, Ebenda).

  12. #12
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Ergänzen möchte ich noch: Es wurden in Danzig nicht nur Geschäfte jüdischer Inhaber geplündert, das bezieht sich übrigens auch auf Geschäfte der Nachkommen von Juden, es kam auch zu weitgehenden Enteignungen von Firmen und Geschäften von Juden und Nachkommen von Juden und zu Entlassungen jüdischer Mitarbeiter. Profiteure: Linientreue Danziger. Mit der systematischen Aufarbeitung der Geschichte der "Arisierungen" in Danzig ist noch nicht einmal in Ansätzen begonnen worden. Einige Namen von Räubern und Beraubten in Samuel Echts Buch.
    Und zum Thema:"Danzig als Tor zur Freiheit für Juden" noch einmal der Hinweis auf die Internetrepräsentanz des unabgeschlossenen Gedenkbuchs des Bundesarchivs: "Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 -1945: Nach dem Anklicken des Links "Danzig" in die Suchmaske eingeben, ein Häkchen bei "Geburtsort" und/oder "Wohnort" setzen und auf "Suche starten" klicken. Mehr zum Schicksal der einzelnen Ermordeten erfährt man, wenn man auf die dann erscheinenden einzelnen Namen klickt.
    http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html, Ergebnisse oft ähnlich der Suchmaske von Yad Vashem.
    Grüße
    Ulrich

  13. #13
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Den Kommentaren entnehme ich, daß ich offensichtlich mißverstanden werde. Natürlich ist auch für mich die Judenverfolgung und auch gerade im Danziger Staat ein ungeheuerliches Verbrechen, daß man eigentlich überhaupt nicht begreifen kann. Selbst wenn man die hetzerischen Reden von Forster und Konsorten hört, kann man sich doch nicht vorstellen, daß Menschen tatsächlich ernsthaft willens sind, Menschen anderer Rasse oder auch politischer Auffassung oder Religion in dieser Form zu vernichten. Natürlich habe ich auch das Buch von Samuel Echt, und für mich ist es eines der wichtigsten Bücher der Danziger Geschichte, denn er war ja selbst Danziger und hat wie kein anderer durch die genaue Auflistung der Geschehnisse genauestens nachvollziehbar gemacht, wie die ganze Entwicklung durch die Nazis hochgeschaukelt wurde. Er ist es aber auch der meine Aussage bestätigt, daß Danzig das letzte Tor für deutsche und polnische Juden in die Freiheit war. Ferner belegt er, daß die Danziger nicht so ohne weiteres für die Kristallnacht zu begeistern waren. Die sogenannten Wahlen belegen, daß die Hälfte der Danziger in Opposition zu den Nazis standen, wobei die Wahlen auch manipuliert waren. So standen ja uniformierte Nazis vor den Wahllokalen und bekannte Oppositionelle wurden kurzerhand weggeprügelt und erst garnicht ins Wahllokal gelassen. Wichtige Posten in Rundfunk, Presse, Polizei usw. wurden durch Nazis aus dem Reich übernommen. Es hat auch Opposition und Widerstand stattgefunden, jedoch gibt es hierüber keine schriftlichen Belege, aus verständlichen Gründen. Ich selbst stamme ja von einer liberalen und eher unpolitischen Danziger Familie ab, und so hat mich natürlich mein ganzes Leben lang die Frage bewegt, was haben wir Danziger denn nun eigentlich verbrochen, daß wir so bestraft werden? Womit haben wir Danziger verdient, als einziger Staat in Europa alle Rechte zu verlieren bis zum heutigen Tage? Wieso gilt der Versailler Vertrag für Polen, Deutschland, und andere Staaten in Europa, aber nicht für uns? Wieso greift die uns vertraglich zugesicherte völkerrechtliche, internationale Vereinbarung der Schutzgarantie und Schutzverpflichtung nicht? Schließlich wurde die Judenvernichtung in allen von den deutschen Nazis eroberten Staaten durchgeführt, und auch Mitläufer hat es in allen Staaten gegeben. Aber selbst Deutschland und Österreich, die Ursprungsländer der Nazis, existieren weiterhin als Staaten, nur eben wir Danziger nicht. Was haben wir Danziger also falsch gemacht, daß man alle unsere Generationen so bestraft und uns Völkerrecht, Menschenrecht, und die europäischen Grundsätze vorenthält? Warum werden kommunistische Kriegsverbrechen bis heute nicht verfolgt?

  14. #14
    Forum-Teilnehmer Avatar von asche
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Eigentlich besteht kein Zusammenhang zwischen Judenverfolgung einerseits und Vertreibung/Annexion/Racheakten andererseits. Von Gerechtigkeit im heutigen Sinn war damals nirgends die Rede. Bis weit in die 1970er Jahre hinein ("nach Vietnam") galt überhaupt Moral als eine innerstaatliche Sache, während zwischen den Nationen das Gesetz des Dschungels herrschte, genau wie von Goebbels interpretiert.

    Die Straf- und Entschädigungsforderungen jüdischer Organisationen waren im Vergleich dazu ausgesprochen zivil, aber auch hier zahlten Unschuldige für die Schuldigen mit, und die Empfänger waren nicht immer die am stärksten Geschädigten.

    Auch heute ist das sogenannte "Völkerrecht" bezüglich seiner Gerechtigkeitsansprüche nicht mit dem deutschen/europäischen Strafrecht vergleichbar. Verbrecher aus ex-kommunistischen EU-Staaten können allerdings sehr wohl angeklagt werden, es geschieht aber wegen der Beweislage selten (genau wie bei Nazi-Verbrechern).

    Alexander

  15. #15
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Hallo, liebe Forumsmitglieder,
    Anlässlich des heutigen Holocaust-Gedenktages wiederhole ich gern:
    Die Aussage "Danzig als Tor zur Freiheit für Juden" ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite findet man u.a. in der Internetrepräsentanz des unabgeschlossenen Gedenkbuchs des Bundesarchivs: "Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 -1945: Nach dem Anklicken des Links "Danzig" in die Suchmaske eingeben, ein Häkchen bei "Geburtsort" und/oder "Wohnort" setzen und auf "Suche starten" klicken.
    Bei "Geburtsort" "Danzig" finden sich die Namen von 441 ermordeten, in Danzig geborenen Juden, bei "Wohnort" "Danzig" 325 ermordete Juden, die in Danzig wohnten.
    Mehr zum Schicksal der einzelnen Ermordeten erfährt man, wenn man auf die erscheinenden einzelnen Namen klickt.
    http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html,
    Schönen Gruß
    Ulrich

  16. #16
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Guten Abend,

    wie schon im Vorjahr:
    Anlässlich des heutigen Holocaust-Gedenktages wiederhole ich gern:
    Die Aussage "Danzig als Tor zur Freiheit für Juden" ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite findet man u.a. in der Internetrepräsentanz des unabgeschlossenen Gedenkbuchs des Bundesarchivs: "Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 -1945: Nach dem Anklicken des Links "Danzig" in die Suchmaske eingeben, ein Häkchen bei "Geburtsort" und/oder "Wohnort" setzen und auf "Suche starten" klicken.
    Bei "Geburtsort" "Danzig" finden sich die Namen von 441 ermordeten, in Danzig geborenen Juden, bei "Wohnort" "Danzig" 325 ermordete Juden, die in Danzig wohnten.
    Mehr zum Schicksal der einzelnen Ermordeten erfährt man, wenn man auf die erscheinenden einzelnen Namen klickt.
    http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/directory.html,
    Schönen Gruß
    Ulrich

  17. #17
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    Kibuz Cabri -Israel
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Es tut mir weh ,immer wieder solche Diskusionen zu hoeren und zu lesen.
    Das ist bestimmt nicht was Helga beabsichtigt hatte.Was sich in Danzig tat sieht man am besten 1938 von den Bildern des Aufmarsches vor der Synagoge in Danzig
    Mit den Losungen :komm lieber Mai und mache von Juden uns jetzt rein.
    (die Synagoge wurde praktisch zwangsverkauft.)Als ich 1939 mit meinem Vater
    an einem Truemmerhaufen vorbeikam und meinen Vater fragte was das ist,war seine
    Antwort :"das hat man aus unserem Gotteshaus gemacht ". Mein Vater war nicht religioes.
    Soviel ich weiss wurde von dem Erloess auch Auswanderungen finanziert.

    Das mein Vater am Leben verdankt er einem Schulfreund.Er war Polizeioffizier und warnte meinen Vater vor jeder Razia.Die Schwester meines Vaters ist in Theresienstadt
    umgekommen. Auch aus Danzig !!Fand den Namen im Archiv von" jad-v'schem" in Jerusalem !!

    Ich selber habe auch den Einmarsch der Russen erlebt,"mit Frau komm" und "Uri Uri"
    Ich kann diese Diskusionen nicht verstehen!!Eins ist bewiesen: Wer einen Krieg anfaengt weiss nicht wie er endet!! und die Opfer sind immer auf beiden Seiten!!!!

    Dan (danli)

    Israel

  18. #18
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Lieber Dan,

    ich verneige mich vor den Opfern.

    Bitte schaue auch das Thema an "Trauer um die Opfer der "Evakuierung" des KZ Stutthof".

    Mit Trauer im Herzen Grüße nach Israel
    Wolfgang
    -----
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  19. #19
    Moderatorin Avatar von Helga +, Ehrenmitglied
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    Standard AW: Politische Diskussion zu "Gedanken zum Schicksal der Danziger Juden"

    Lieber Dan,

    du kennst mich sehr gut und weißt, daß ich nur an diesen Tag, an diesen 27. Januar 1945 erinnern wollte. Ich habe daran gedacht, dazu gelesen und mich - wieder einmal - und mich vielleicht nicht schuldig aber voller Scham daran erinnert, zu welchen Ungeheuerlichkeiten Deutschland, die Deutschen, mein Land fähig waren. Und mir wird Angst und Bange, wenn ich merke, was da schon wieder an Antisemitismus unterwegs ist und empfinde es als Schande und Versagen, daß vor einer alten Synagoge in meiner Nähe, fast ständig ein Polizeiauto steht, stehen muss.

    Traurige Grüße
    Helga

  20. #20
    Forum-Teilnehmer Avatar von Hans-Joerg +, Ehrenmitglied
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    Hallo

    Zur Info

    Die Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem hat nun eine deutschsprachige Seite im Internet:

    http://www1.yadvashem.org/yv/de/
     
    Viele Grüße
    Hans-Jörg
    ( P.S. dieser Hinweis kann auch an anderer Stelle verschoben werden )

    Hallo
    Hier zu noch ein Hnweis :
    http://science.orf.at/stories/1711742/

    Viele Grüße
    Hans-Jörg

  21. #21
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    Standard Die Juden in Danzig

    Liebe FreundInnen,

    Danzig war einst als lebendige Handels- und Hansestadt tolerant und musste es wegen seiner vielfältigen Beziehungen und Verbindungen über die Grenzen der Nationalitäten und Religionen hinweg sein. So war es bis die Nazis sich der Stadt bemächtigten und die Mehrheit der Danziger begeistert diese Partei wählte. Dann verfolgten sie Andersdenkende, SPD-Genossen, Juden und andere Unliebsame. Wer sich nicht retten konnte, wurde unter dem furchtbaren Fürther Gauleiter Forster nach Stutthof ins KZ oder anderswohin abtransportiert oder gleich umgebracht.

    In meinem Lexikon von 1895 lese ich folgende Zahlen zu Danzig im Kaiserreich:
    in dem Regierungsbezirk gab es 589.176 Einwohner, davon waren 5.928 Israeliten.
    In der Stadt wohnten 83.663 Einwohner evangelischen, 38.188 katholischen und 2.450 jüdischen Glaubens, insgesamt ca. 125.635 „ortsanwesende Bevölkerung“.
    1924 waren ca. 2,4 % der Einwohner Israeliten.
    Es gab in Danzig bis 1935/38 zwei große Synagogen, in denen regelmäßig gebetet wurde und die jeweils eine Gemeinde besaßen. Die eine war in Langfuhr Mirchauer Weg, die andere von der ich auch ein Foto habe, stand an der Reitbahn.
    Über die traurige Geschichte der Danziger Juden habe ich in meinem Buch Der Entnazifizierte. Eine Tochter deckt die Verstrickungen ihres Vaters in der NS-Zeit auf., R.G.Fischer, 2013 Folgendes geschrieben:
    Einen wachsenden Anteil der Bevölkerung stellten nach 1920 die Juden in Danzig dar und es kamen im Verlauf der dreißiger Jahre weitere Juden aus dem Osten hinzu, denn sie fühlten sich in der vom Völkerbund beaufsichtigten Stadt vor den Übergriffen der Nazis sicher. „Diese Sicherheit führte in den Jahren 1933 – 1936 zu einem überraschenden Wachstum der jüdischen Bevölkerung in Danzig.“
    Im November 1939 wohnten in Danzig ca. 10 500 Juden, von denen ca. 5 000 die Stadt wegen der judenfeindlichen Maßnahmen verließen. Am 31.8.1924 waren es 9 239 gewesen, es wurden zu dieser Zeit 222 818 Evangelische, 140 797 Katholiken und 11 141 Anhänger anderer Religionen gezählt. Insgesamt wohnten 1924 etwa 484 000 Menschen in der Freien Stadt Danzig
    Ich habe bei späteren Einwohnerzahl-Angaben nie wieder die Anzahl der Israeliten in Danzig gelesen. 1940 sollen es noch 600 gewesen sein. Ich vermute, dass wohl alle Juden und andere Unbeliebte in den Jahren der Herrschaft der Nationalsozialisten unter dem Verbrecher Forster verschleppt und vor allem im KZ Stutthof ermordet wurden.
    Seit 1990 gibt es in Danzig wieder eine jüdische Gemeinde. Sie zählte im Jahre 2011 etwa 100 Mitglieder.

    Hinweisen möchte ich noch auf die gute Arbeit von Dieter Schenk in seinem Buch über Forster und die Nazis in Danzig: Hitlers Mann in Danzig. Dietz-Verlag , 2000, 84-87.

    Viele Grüße
    Birke Rühle

  22. #22
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Hallo Birke, ich habe mit in meiner jüdischen Trilogie auch mit diese Thematik beschäftigt. In Danzig-so tarurig das auch sein mag-, begann die Judenverfolgung bereits 1933, mit dem Gesetz zum Boykott nichtarischer Geschäfte. Juden konnten sich in die sog. Volksliste eintragen, um durch einen Nationalitätswechsel, der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entgehen. Und es wurden leider auch in Stutthof und andere Konzentrationslagern, auch sehr viele kath. Priester, deutsche und polnische ermordet, weil nach Rundschreiben von Gauleiter Forster, katholisch als polnisch galt!

  23. #23
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    #1 Mit einem Punkt bin ich nicht einverstanden. Maximal die Hälfte der Danziger hat die NSDAP gewählt, wenn wir mal von den offiziellen Statistiken ausgehen. Aber auch das ist nicht korrekt, da ja die Nazis ab 1933 sich alle maßgeblichen Posten aneigneten und so auch die Wahlen manipulierten. Die Wahllokale wurden überwacht und bekannten Oppositionellen wurde der Zugang zum Wahllokal verweigert, und sie wurden teilweise weggeprügelt. Wer also glaubt das diese Wahlergebnisse seriös zustande kamen der hat immer noch nicht verstanden, wie die Nazis das Volk belogen und betrogen haben um die totale Macht zu bekommen.
    Was nun die verschiedenen Religionen angeht, so waren diese weit vielfältiger in Danzig, als es je dargestellt wurde. So gab es ja auch Hugenotten und Jehovas, die jedoch nirgends erwähnt werden. Dieses Thema ist leider noch nicht untersucht worden, wäre aber ein schöner Spiegel der verschiedenen europäischen Kulturen die in Danzig gelebt haben.

  24. #24
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Hallo,

    die Verfolgung von Minderheiten war damals gang und gäbe nicht nur in Danzig. Es gibt da mehrere Beschwerden beim Völkerbund dazu. In der nicht deutschsprachigen Presse von damals kann so einiges darüber lesen wer welche Minderheiten wie behandelt, allerdings kommt Danzig in dem Zusammenhang, in der Zeit von 1919 bis September 1939 eher nicht vor. Hilfreich könnte auch sein sich mal mit den Klagen beim Völkerbund und in Den Haag zu befassen aus der Zeit.

    Tschü...

  25. #25
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Dann möchte ich noch eine weitere Grausamkeit erwähnen. Nach Zeugenaussagen bei den Nürnberger Prozessen, soll Rudolf Spanner, experimentell aus Leichen von KZ-Häftlingen, Seife hergestellt haben.In Danzig gibt es eine Gedenktafel, die an diese Nazi-Gräel erinnert.

  26. #26
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Hallo Belcanto,

    kannst Du bitte mitteilen, wo sich die von Dir erwähnte Gedenktafel in Danzig befindet? - Danke!

    Viele Grüße
    Ulrich

  27. #27
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Hallo,

    ich empfehle, sich in die Berichte des IRK (Internationales Rotes Kreuz) Genf einzulesen, welche in regelmässigen Abständen, unangemeldet, alle deutschen Konzentrationslager besucht haben und Berichte über die gesehenen Grausamkeiten verfassten. Mit ein wenig Glück findet man diese Berichte auch heute noch. Ich glaube ihr letzter Besuch war Ende Februar 1945 in Theresienstadt. Viel Glück beim Suchen und Finden. Bei Google.com kann man /ncr dahinter schreiben und bleibt auf der englischen Seite, die findet oft mehr als die deutsche Version. Und wenn man pdf's sucht so hilft es filetypedf dahinter zu schreiben.

    Tschü...

  28. #28
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

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    Leider weiß ich nicht wo die Tafel angebracht ist. Wenn man rudolf Spanner in die Suchmaschine gibt, kommt man auf diese Seite.

  29. #29
    Forum-Teilnehmer Avatar von Bartels
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Hallo,

    - Aleja Zwyciestwa 41/42

    aus Wikipedia: KZ Stutthof (geschrieben von mir):

    Menschenverachtende Versuche

    Nach Zeugenaussagen bei den Nürnberger Prozessen wurden Leichen aus dem KZ Stutthof experimentell zu Seife verarbeitet. Rudolf Spanner war von 1939 bis 1945 Professor an der Medizinischen Akademie in Danzig und Arzt am anatomischen Institut.[6]

    Aus eigenem Antrieb entwickelte er in den Jahren 1943–1944 ein Verfahren zur Seifenherstellung aus menschlichen Körpern. Bis zu 100 kg Seife soll auf diesem Wege hergestellt worden sein und innerhalb der Autopsieräume für Reinigungszwecke Verwendung gefunden haben. Eine industrielle Seifenproduktion aus Körperfett ist dagegen nicht belegt. Eine viersprachige Marmortafel am Institut in der Aleja Zwyciestwa 41/42 erinnert heute an diese Versuche. - Die ursprüngliche Bronzetafel von 1975 wurde 2005 gestohlen und 2007 ersetzt.
    Beste Grüsse
    Rudolf H. Böttcher

    Max Böttcher, Ing. bei Schichau (aus Beesenlaublingen & Mukrena);
    Franz Bartels & Co., Danzig Breitgasse 64 (aus Wolgast);
    Familie Zoll, Bohnsack;
    Behrendt, Detlaff / Detloff, Katt, Lissau, Schönhoff & Wölke aus dem Werder.
    Verwandt mit den Familien: Elsner, Adrian, Falk.

    http://bartels-zoll.blogspot.de/2012/07/ahnentafeln-zoll.html

  30. #30
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Ja, ist das nicht furchtbar!

  31. #31
    Forum-Teilnehmer Avatar von Ulrich 31
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Danke, Belcanto und Rudolf, für Eure Information. Mit Google Maps findet man gut das betr. Gebäude.

    Viele Grüße
    Ulrich

  32. #32
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    Standard AW: Die Juden in Danzig


    die Danziger Bevölkerung hat von dem KZ Stutthof gewusst, aber jeder hatte Angst darüber zu sprechen, und vielen Leuten
    waren die Grausamkeiten bekannt. Meine Mutter gehörte zu einer verbotenen Religion und hatte Kontakt zu den Häftlingen
    in dem KZ. Junge Männer wurden hingerichtet, weil sie den Dienst mit der Waffe verweigerten. Sie erhielt Briefe von den
    Todeskandidaten am vorigen Tag vor der Hinrichtung. Aus Angst hat sie die Briefe unsere Familie vorgelesen und dann
    verbrannt. Es gab auch bei uns im Nachbarort Spitzel und hatte in unserem Heim Hausdurchsuchungen zufolge. Die
    Gestapo hat bei uns keine religiösen Schriften gefunden, trotzdem wurden meine Mutter und Großmutter verhaftet, sie
    mussten Revers unterzeichnen, dass Jesus kein Jude war. Gegen eine Kaution in der Gulden-W. 1938 kamen sie wieder frei.

  33. #33
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Hallo Martschinke, man kann solange nach diesen schrecklichen Ereignisse, immer noch nicht rational verstehen, wie Menschen zu solchen Gräueltaten, fähig sein konnten. In einem Land der Dichter und Denker und wie es Reich- Ranicki einmal ausdrückte, im "Land der Kultur", gab es Ghettos und systematische Judenvernichtung. Die Judengesetzte, setzten das Recht außer Kraft, Juden waren nur noch Freiwild und rechtlos. Und niemand, von einigen rühmlichen Ausnahmen, wie Schindler und Weidt und weinigen anderen abgesehen, hatte niemand den ut, für die Juden einzustehen. Das müssen wir uns, auch wenn wir damals noch Kinder waren, anrechnen lassen.

  34. #34
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    #13 Grundsätzlich hast du ja Recht Belcanto, dennoch bin ich mit deinem abschließenden Satz nicht einverstanden, oder ist er nur unglücklich formuliert?

    "Das müssen wir uns, auch wenn wir damals noch Kinder waren, anrechnen lassen."

    Dieser Satz klingt nach Sippenhaft, einem Unrecht der Nazis. Wir Danziger sind jedoch für die Gräueltaten der Nazis nicht verantwortlich zu machen, genau wie alle anderen Länder die von den Nazis okkupiert wurden. Bei uns Danzigern fällt die Verantwortung sogar noch geringer aus, da wir ja unter internationaler Schutzverpflichtung stehen. Was also Danzig angeht sind hauptsächlich die Alliierten, bedingt durch ihr Versagen, verantwortlich. Ich bin auch davon überzeugt das die Geschichte anders verlaufen wäre, wenn sie in der Danziger Frage konsequent, wie völkerrechtlich vereinbart, gehandelt hätten.

  35. #35
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Was in unserer Verantwortung liegt ist die Erziehung unserer Kinder. Hier hat sich jedoch nichts geändert, die Massen verhalten sich immer noch wie die Lemminge. Versuche haben gezeigt, dass die Ausgrenzung Einzelner wegen Nichtigkeiten immer noch funktioniert.

  36. #36
    Forum-Teilnehmer Avatar von Belcanto
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Sippenhaft ist ein schlimmes Wort, dass ich in diesem Zusammenhang nicht gebrauchen würde. Wenn du Poguttke, als Deutscher dir das moralisch nicht anrechnen willst, stehst du damit gewiss nicht allein. Ich jedenfalls schäme mich.Ich schäme mich, wenn ich nach Auschwitz komme, und bin dort ganz leise, nur dass niemand merkt, dass ich deutscher bin. Aber das muss werden mit sich selbst und mit seinem Gewissen abmachen.

  37. #37
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Hallo Belcanto, ich finde, immer nur schämen bringt uns nicht weiter.
    Es ist eine Verbrechen, das von unserem Volk begangen wurde.
    Nichts kann es ungeschehen machen.
    Und da sehe ich es so wie Poguttke:Einzelne auszugrenzen fällt leicht, wenn die Masse mobilisiert wird.Dies gelang den Nazis anscheinend problemlos.
    Und dann bricht alles zusammen, was sich in Jahrhunderten an Kultur, Anstand, Mitgefühl, Intelligenz in in einem Volk gebildet hat.Zuerst ist es Mobbing, dann schaut die ganze Klasse zu, wenn ein Mitschüler durch Selbstmord in den Tod getrieben wird.Dies nur als ein Beispiel. welches mir einfällt.Aber, Poguttke, es hat ja auch gar keinen Sinn zu spekulieren, was geschehen wäre, wenn... Es hat nur Sinn, wenn wir fähig sind, es besser zu machen.
    Mit Grüßen von Christa
    Auge um Auge- und die ganze Welt wird blind sein.
    (M. Gandhi)

  38. #38
    Forum-Teilnehmer Avatar von Uwe
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Hallo Poguttke,

    wenn ich das hier von Dir lese kräuseln sich mir wirklich die "Nackenhaare":

    "Wir Danziger sind jedoch für die Gräueltaten der Nazis nicht verantwortlich zu machen, genau wie alle anderen Länder die von den Nazis okkupiert wurden. Bei uns Danzigern fällt die Verantwortung sogar noch geringer aus, da wir ja unter internationaler Schutzverpflichtung stehen. Was also Danzig angeht sind hauptsächlich die Alliierten, bedingt durch ihr Versagen, verantwortlich. Ich bin auch davon überzeugt das die Geschichte anders verlaufen wäre, wenn sie in der Danziger Frage konsequent, wie völkerrechtlich vereinbart, gehandelt hätten."

    Verantwortlich waren nicht andere sondern die Täter und diese Täter waren eben auch Danziger! Danziger waren eben schon weit vor dem 1. Sept. 1939 in der SS und einige von denen in dieser Funktion im Zivilgefangenenlager und späterem KZ Stutthof. Deine Worte klingen wie billige Ausreden und rechtfertigen nichts, noch entschuldigen das Handeln der Täter!

    Herzliche Grüße

    Uwe

    PS: Belcanto ich teile deine Scham in Auschwitz und empfinde nicht anders!
    Geschichte kann man nicht ändern ... aber man kann aus ihr lernen!

    Suche Informationen zu den Familiennamen Block, Gehrt, Kirschke, Kirsch, Haak, Happke, Hoffmann, Makowski, Namowicz, Patzer, Rehberg, Tolk(e) und Vierling aus Danzig

  39. #39
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Ich habe da eine Frage?Wurde die SYnagoge auf der Reitbahn nicht schon 1938 zerstoert?
    Was ist da mit dem Aufmarsch der S.A. vor der Synagoge.Wann war DAS.
    Wann waren die Schilder :"Komm lieber Mai und mache von Juden uns jetzt frei?
    Es gab da einen Ehrenbuerger" Gauleiter Forster".!!Seht im Telefonbuch1938:
    Mitglied der NSDAP ... und NSDAP ...Und NSDAP ...Und und und NSDAP.!!!
    Sah denn "Niemand " dieSchilder in Gaststaetten und Geschaeften:
    ""Juden sind hier nicht erwuenscht"". noch vor dem 01.09.1939?
    Sah 1940 /41" Niemand " die KZ-Haeftlinge in KZ-Kleidung an
    der Bahnstrecke Langfuhr-Oliva.

    Ich war ein kleiner Bowke,aber ich konnte lesen!!,auch wenn ich damals nicht alles verstand.

    Dan

  40. #40
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Und hat sich niemand gefragt, warum jüdische Freunde und Nachbarn einfach verschwanden, abtransportiert wurden. Mit elchem Recht. Man in jüdischen Läden nicht einkaufen durfte. Was war mit Bücherverbrennung, Reichskristallnacht und und und. Gabs alles nicht, nicht Danzig und nicht im "Reich"
    Viele Grüße
    Helga

    "Zwei Dinge sind unendlich, die menschliche Dummheit und das Universum, beim Universum bin ich mir aber noch nicht sicher!" (Albert Einstein)

  41. #41
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Wikipedia beantwortet Dans Frage:

    "Das Ende der Großen Synagoge

    Im Frühjahr 1939 wurde die Synagoge an den Senat der Stadt Danzig verkauft. Am 15. April 1939 wurde im Gebäude der letzte Gottesdienst gefeiert, und kurze Zeit später begann der Senat der Stadt sein Wirken zu entfalten: Ein Spruchband mit dem Text „Komm lieber Mai und mache von Juden uns jetzt frei“ wurde am Zaun um das Gebäude aufgehängt und an der Fassade ein Transparent mit der Ankündigung des Abrisses angebracht. Ab dem 2. Mai ließ die von den Nationalsozialisten beherrschte Regierung das Gebäude abreißen."
    Beste Grüsse
    Rudolf H. Böttcher

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    http://bartels-zoll.blogspot.de/2012/07/ahnentafeln-zoll.html

  42. #42
    Forum-Teilnehmer Avatar von mottlau1
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Hallo ins Forum,

    zu diesem Thema gibt es ein interessantes Buch welches ich habe: Danzig 1939-Schätze einer zerstörten Gemeinde. Es enthält sehr viele Fotografien aber auch Vorworte von:
    Joan H. Rosenbaum, Joy Ungerleider-Mayerson
    Beiträge von:
    Günter Grass, Gershon C. Bacon, Joseph Gutmann, Elisabeth Cats.

    Jutta
    Es kann keiner gerecht sein, der nicht menschlich ist.
    (Maurice Cove de Murville) Französischer Politiker

  43. #43
    Forum-Teilnehmer Avatar von Belcanto
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Ich möchte Uwe, danli und Helga zustimmen und gleichzeitig vor Relativismus warnen. Immer wieder erlebe ich, wenn über die Judenvernichtung gesprochen und diskutiert wird, dass dann gesagt wird….“die anderen auch, man muss bedenken, die Poltische Situation, weil, u.s.w. Oft wird versucht Tatsachen zu relativieren. Damit entfernen wir uns von der Wahrheit.
    Die Wahrheit ist, dass mit Beginn der ersten Judengesetzte auch in unserer Heimatstadt und ob die Synagoge 1938 oder 1939 brannte, ist nicht relevant, sondern nur die Wahrheit, das Deutsche jüdische Gotteshäuser zerstört haben. Und die Wahrheit ist auch, dass infolge des Holocausts 6,3 Millionen, im deutschen Namen, Menschen umgebracht wurden. Davon 5,7 Millionen Juden, darunter 1,5 Millionen Kinder.

    Wer einmal am Denkmal der Kinder in Vad Vaschem war, braucht sehr stark Nerven, wenn man erfährt, dass im deutschen Namen 1,5 Millionen Kinder umgebracht wurden! Hier bleibt kein Raum zum Relativieren, sondern nur Scham und Trauer.

  44. #44
    Forum-Teilnehmer Avatar von Bartels
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Die Grosse Synagoge (Reitbahn)
    wurde nach 1933 zweimal Ziel von Brandanschlägen. "Beide Anschläge konnten durch die von der jüdischen Bevölkerung zum Schutz des Gebäudes aufgestellten Miliz vereitelt werden. Obwohl in der Verfassung der Freien Stadt Danzig den Danziger Juden ein größerer Schutz als ihren Glaubensbrüdern in Deutschland gewährt wurde, drangen Sympathisanten der Nationalsozialisten im August 1938 in die Synagoge ein und zertraten die Torarollen.

    Die Leiter der Kehillas beschlossen, einige Restbestände zu retten und ließen das Archiv nach Jerusalem, die Bibliothek nach Vilnius und die Museumsbestände in die Vereinigten Staaten auslagern. Zum selben Zeitpunkt musste die Synagoge wegen Forderungen der Finanzverwaltung die Orgel nach Krakau, die Leuchter nach Warschau und die Bänke in den Danziger Ortsteil Nowy Port verkaufen."

    Neue Synagoge in Langfuhr:
    "Während der sogenannten Reichskristallnacht wurde sie vom 9. November bis zum 10. November 1938 demoliert. 1939 verkaufte die jüdische Gemeinde schließlich die Synagoge an die Tischlerei Bernhard Hagemann und Söhne."

    Quelle: Wikipedia
    Beste Grüsse
    Rudolf H. Böttcher

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  45. #45
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Hallo Martschinke, du sprichst bezüglich deiner Mutter von verbotener Religion, ich vermute daher dass sie Jehovas Zeuge war, ist das richtig?

  46. #46
    Forum-Teilnehmer Avatar von Antennenschreck
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Hallo,

    die Juden sind nicht die einzige Minderheit welche unter extremen Systemen gelitten hat. Von 1917 bis 1939 wurden z.B. in der Sowjetunion über 35 Millionen Menschen ermordet, das bestreitet Russland noch nicht einmal. Bis 1990 waren es immerhin schon knapp 100 Millionen Opfer. Nach dem 2. Weltkrieg hat die USA in unerklärten Kriegen viele Millionen Zivilisten in aller Welt auf dem Gewissen. Inzwischen verseuchen sie die halbe Welt mit ihren Uranmantelgeschossen (eine deutsche Entwicklung). Hat jemand schon mal erlebt das sich solche Länder für ihr Tun entschuldigen oder gar Entschädigung leisten? Ich bin lange nach dem 2. Weltkrieg geboren und habe niemanden umgebracht und werde das sicher auch nicht tun. Meine Großmutter war Jüdin und mein Großvater Kommunist. Der andere war in der SPD und hat 2 französchische Kriegsgefangene versteckt bis Kriegsende. Ich muß und werde mich nicht für meine Verwandten schämen und schon gar nicht für mich (denn ich habe niemandem etwas getan und stehe auch in niemandes Schuld und meine Vorfahren auch nicht). Ich hoffe allerdings mit ganzem Herzen, daß die Völker der Welt (auch das Jüdische) nun endlich einmal dem deutschen Volk vergeben können. Kein Mensch spricht mehr über die 2 Atombomben in Japan oder den Vietnamkrieg, oder oder.

    Tschü....

  47. #47
    Moderatorin Avatar von Helga +, Ehrenmitglied
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    @Belcanto"Hier bleibt kein Raum zum Relativieren, sondern nur Scham und Trauer".

    Das sehe ich genau so Joachim. Auch wenn ich persönlich als Nachgeborere keine Schuld trage, vielleicht aber einer meiner Verwandten? Ich hoffe es nicht, aber weiß man es wirklich so genau?

    Manchmal gehe ich auf den jüdischen Friedhof und meine Gefühle dort haben sich in Jahren nicht geändert. Da ist es mir auch ganz egal, was andere Völker machen oder nicht, denn daß mein Land sich dermaßen in Schuld, in eine solche Schuld, verstricken konnte, reicht mir für ein ganzes Leben um Trauer und Scham zu empfinden.

    Und vergeben? Damit leben, es kleiner werden lassen, es nicht mehr so schmerzen zu lassen, die Wunden vernarben lassen. Aber vergeben? Grad eben noch war ich bei der alten Synagoge, die heute Gedenkstätte ist und wie immer stand ein Polizeiwagen davor. Nur so? Nein, weil es immer noch oder schon wieder dort zu Ausschreitungen kommt, üble Schmiereien angebracht werden. Schon wieder. Weil sie geschützt werden muß. Wenn das nicht zum schämen und verzweifeln ist, dann weiß ich es auch nicht.
    Viele Grüße
    Helga

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  48. #48
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Hallo Antennenschreck, von deinen Ein- und Auslassungen interessiert mich, ob und wenn ja, wie deine jüdische Großmutter dem Holocaust ausgeliefert war.
    Einen schönen Tag,
    Ulrich

  49. #49
    Forum-Teilnehmer Avatar von Antennenschreck
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Hallo,

    zu meiner Großmutter (mütterlicherseits) kann ich sagen, daß mein Opa und meine Oma in den 20 er Jahren nach Holand ausgewandert sind und dort (Anfang) 1939 meine Mutter gebohren wurde. Ende 1939 sind sie dann wieder nach Deutschland zurückgekommen, nach Angaben meines Opas wegen der besseren Arbeitsbedingungen hier. Da mein Opa auf einem Ohr taub war, wurde er ausgemustert und hat bis zum Kriegsende als Briefträger gearbeitet. Meine Oma hat mir zumindest nichts über irgendwelche Vorkommnisse bezüglich ihrer jüdischen Abstammung erzählt. Ganz im Gegenteil hatte dieses Thema in der DDR nicht den Stellenwert den es heute einnimmt. Das mit meiner jüdischen Oma hat mir meine Mutter eh erst vor ein paar Jahren anlässlich einer Familienchronologie (Ahnentafel) gesagt, obwohl sie das offenbar schon immer wusste. Es hatte eben früher (in der DDR) nicht die Bedeutung die es inzwischen verständlicherweise hat. Trotzallem (oder gerade deshalb) gilt es aber auch in der heutigen Zeit darauf zu achten, dass wir nie nie wieder irgend einem anderen Volk in der Welt Gewalt antun. Das was passiert ist können wir nicht mehr ändern aber das was gerade passiert (z.B. mit der Bundeswehr und unseren Steuern) das könnten wir schon beobachten und gegebenenfalls auch ändern. So könnten der ganzen Welt beweisen das wir etwas aus unserer Vergangenheit gelernt haben. Die Welt hat nichts davon wenn wir uns schuldig fühlen und nebenbei der dritt größte Waffenexporteur sind.

    Tschü......

  50. #50
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    Standard AW: Die Juden in Danzig

    Ich weiss nicht was ich ueber die verschiedenen Ansichten hier denken soll,
    aber manche tuen mir weh!!

    Einige Episoden ,die mir bis Heute zu denken geben.
    1940 Meine Eltern hatten mich aus Sicherheit zu meiner Grossmutter geschickt.
    Mutter arbeitete in der Ostlandaptheke in Langfuhr.
    Alle paar Wochen waren nachts Juden abgeholt. Mein Vater bekam jedes mal eine Warnung.:Ich habe dich von der Liste gestrichen aber sei heute Nacht nicht zu Hause."
    Es war ein Polizei-Offizier,der mit Vater in Zoppot die Schulbank gedrueckt hatte.
    Spaeter sagte er zu meiner Mutter : Ich konnte einige retten,aber wenn das jemand endeckt haette, haette ich keinem mehr geholfen !!

    1943 wurde es fuer mich in Ostpreussen bei Grossmutter brenzlich.
    Ich durfte nicht in die Schule und ich war auch nicht im Jungvolk und war verschiedenen
    noch verschiedenen Schikanen ausgesetzt, die immer heftiger wurden.
    Mein erster Klassenlehrer ( ich wurde bei ihm 1938 eingeschult) war ein Freund von
    meinem Grossvater. 1943war er stellvertretender Ortsgruppenleiter.
    Er machte mich zum Melder bei der Ortsgruppe , Ich bekam ein Fahrrad und eine Taschenlampe und bis 1945 war Ruhe.

    Ich kann noch und noch erzaehlen.

    1970 kam ich wieder zum ersten mal nach Deutschland.
    Ich wollte auf dem Bahnhof einen Polizisten etwas fragen. Ich fing an zu zittern und brachte kaum ein Wort heraus.

    Gegen ende der 80ziger Jahre habe ich drei Jahre in Deutschland gearbeitet.
    Ich hatte Probleme mit Leuten die meher als 10 Jahre aelter waren als ich.
    Wer juenger war, mitdem konnte ich gut reden . auch wenn ich ich wusste ,dass er die Stanze HJ und zum teil auch der Eltern erlebt hatte,. viele haben mich in Israel besucht.
    Das gleiche trifft auch z.B. fuer Guenther Grass zu.

    Ich bin zu der Ansicht gekommen:
    Es gibt und es gab immer gute Menschen, und wir sollten das bedenken, aber es gab auch viele schlechte, und die gibt es auch heute.

    Wenn wir alle die "Zehn Gebote" beachten wuerden, waere das Leben fuer uns alle viel
    leichter und besser. Aber wie singt Kurt Weil : Der Mensch ........./

    Dan

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