Die heilige Eiche bei Wehlau



Wie die Sage erzählt, stand auch in der Nähe von Wehlau, in dem Dorfe Oppen, eine heilige Eiche. Sie befand sich in einem Garten an der Chaussee, die von Königsberg nach Tilsit führt. Die Eiche war von riesiger Stärke und Höhe. Einen solchen Baum hat es wohl seit den ältesten Zeiten nicht gegeben, betrug doch seine Dicke 18 Meter. Er war im Innern hohl und der Raum in demselben so groß, dass ein Reitersmann nicht nur hineinreiten und sein Pferd bequem umdrehen, sondern sich auch ruhig darin umhertummeln konnte. Weil diese Eiche von den heidnischen Preußen für heilig gehalten wurde, verehrten sie unter ihr viele Götter. So hielt man nach alter Sitte unter dem Baume Schlangen, die von den Priestern gepflegt wurden; Milch war ihre Lieblinsspeise. Die Eiche soll noch vor 150 Jahren gestanden haben. Dann aber ist sie verdorrt und in einer Nacht umgefallen. *

Die Eiche des heiligen Jodokus

Labiau liegt an recht belebten Wasserstraßen, nämlich an der Deime und dem Friedrichsgraben. Die Deime zweigt sich bei Tapiau vom Pregel ab und mündet unterhalb Labiau ins Kurische Haff. Der Friedrichsgraben verbindet die Deime mit den Mündungsarmen der Memel. Man sieht auf diesen Flüssen sehr viele Fahrzeuge, große und kleine, trifft dort nicht nur unendlich lange Holztraften aus Russland an, sondern auch zahlreiche Kartoffel- und Gemüsekähne aus dem Moosbruch und Fischerkähne aus den Haffdörfern. Die Litauer bringen auf diesem Wege ihre Erzeugnisse nach Königsberg. Kommen nun die Fischer an eine bestimmte Stelle bei Labiau, so werfen manche von ihnen einen Pfennig ans Ufer. Auf die Frage, warum sie solches tun, erhält man folgende Antwort: In früheren Zeiten stand an dieser Stelle eine Eiche, die einem christlichen Heiligen geweiht war, nämlich Jodokus. Dieser stammte aus Preußen und war der Beschützer der Gewässer. Die Eiche hatte eine mächtige Krone und war groß und stark, jedoch innen hohl. Durch eine Öffnung warfen die vorübersegelnden Schiffer stets einen Pfennig in die Höhlung des Baumes wie in eine Sparbüchse. Sie brachten ihrem Schutzheiligen diese kleine Opfer, weil sie meinten, er würde sie dann auf dem Wasser vor Unglück bewahren. Mit der Zeit hatte sich eine Summe angesammelt, die mehr als vierzig Mark betrug. Niemand wagte es jedoch, den Schatz des heiligen Jodokus anzu- rühren. Nun lebte aber in jener Gegend ein böser Mann. Der ging in einer Nacht zu dem Baume, kletterte durch die Öffnung in die Höhlung desselben und nahm den Schatz an sich. Sogleich begann der Baum zu verdorren und fiel auch bald um.Aber wie die Eiche verdorrte, verdorrte auch die Hand des gierigen Mannes. Manche Schiffer aber haben sich die Stelle gemerkt, wo der heilige Baum gestanden, und werfen daselbst noch immer einen Pfennig auf das Ufer.

Dieser Wasserheilige ward abgebildet mit dem Stabe in die Erde stoßend, aus welcher eine Quelle entspringt.







*Ende 18. Jh.