Nachtfahrt nach Tiegenhof

Donnerstag, 02. Januar 2003, abends

Es ist 23:00 Uhr. Nach einer netten kleinen Party mit einigen Bekannten wollen wir diese nach Tiegenhof zurück bringen. Ich habe den ganzen Abend „abstinent“ gelebt um noch fahrtüchtig zu sein. Wir beabsichtigen auf Nebenstraßen über Brunau und Scharpau nach Tiegenhof zu fahren. Alles ist tief verschneit und trotzdem kommen wir zügig voran. Es wäre auch heute noch möglich, die ganze Strecke mit dem Pferdeschlitten zurückzulegen. Ich konzentriere mich auf die Straße, träume aber doch ein bisschen vor mich hin, vermeine das Läuten der Glöckchen am Schlitten und dem Geschirr der Zugpferde zu hören. Der Nordostwind hat eine Seite der Alleenbäume weiß bestäubt. Ich wünschte mir, dick vermummt mit Decke über den Knien auf einem Schlitten zu sitzen. Auch im Licht einer Laterne würde ich den Fuchs dort, der sich Gebüsch verstecken will, sehen. Es ist einsam hier, leise, selbst das Motorengeräusch dringt nur gedämpft in das Fahrzeuginnere. Zbyszek unterhält sich mit unseren Bekannten auf polnisch und wieder bedaure ich, diese melodisch klingende Sprache kaum zu beherrschen.

Wir fahren durch Brunau durch und selbst zu dieser späten Stunde sind noch einige Jugendliche auf der Straße. Ein Weilchen später passieren wir Scharpau, biegen dort nicht links nach Fischerbabke ab, sondern fahren gerade aus. Wir fahren über endlos weite Felder, uralte Bäume säumen den Weg, Ruten schneebedeckter Kopfweiden neigen sich uns zu. Alles glitzert und funkelt in Schnee und Eis. Ich sage Zbyszek, ich sei hier zwar nicht geboren und ich könne mir meine Gefühle selber nicht erklären, aber ich spüre, ich gehöre hierher.

Wir überholen einen Radfahrer, der ohne Licht unterwegs ist. Linker Hand leuchtet der Horizont orangefarben. Wir nähern uns dem hell erleuchteten Tiegenhof. Dort fahren wir unsere Bekannten nach Hause und zurück geht es in einer ebenfalls wunderbaren Fahrt Richtung Fürstenwerder.