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Thema: Rückkehr nach Straschien - Prangschien

  1. #1
    Gerhard Jeske

    Standard Rückkehr nach Straschien - Prangschien

    Hamburg, am 09.07. 2014,.
    Gerhard Jeske Hamburg
    Zum Namen „ Prof. Dr.Manfred Wojciechowski“ Fachhochschule Düsseldorf

    Der Name Wojciechowski ist mir bekannt. In der Freien Stadt Danzig lebte Frau Wojciechowski in dem Dorf Staschien-Prangschien. Es gab dort ein Gut, das der Familie von Tiedemann gehörte, außerdem das Erbbegräbnis dieser Familie. Unten, im Tal an der Radaune lag ein stattlicher Bauernhof, der gehörte dem Schlesier Schöpper, der Hof wurde von meinem Großvater Karl Gustav Jeske bewirtschaftet. Er war verheiratet mit Amalie Marquardt,
    Als sich die Front im März dem Dorf näherte und es von den deutschen Truppen fluchtartig verlassen wurde, mussten die restlichen Einwohner, auf sowjetischen Befehl, das Frontgebiet verlassen, Oma Jeske wanderte in Richtung Westen bis kurz vor Peußisch Stargard. Ihre Füße wurden wund und ihre Kräfte aufgebraucht, da erinnerte sie sich, dass eine junge Frau aus Straschin, einen Bauer geheiratet hatte. Die Familie sollte an dieser Chaussee wohnen. Sie kehrte um und schleppte sich denselben Weg zurück. Plötzlich wurde sie hellwach und blickte ein Haus an, das nahe bei der Chaussee lag. Sie ging hin und klopfte. Als sich die Tür öffnete hörte sie die erschrockene Stimme der jungen Frau: Mutter Jeske, wo kommen Sie denn her.“ Dort blieb Oma Jeske einige Tage und nach dem sie sich etwas erholt hatte, begann Sie wieder ihren schmerzhaften Fußweg nach Straschin Prangschien. Was fand sie vor? Das Reihenhaus war als Pferdestall benutzt worden. Zu diesem Zweck waren die Zwischenwände entfernt worden. Wohin nun? Müde schlich sie bis zu den Insthäusern vor der Gerberei hin. Dort wollte sie zur Wohnung Ihrer Tochter, die mit dem Gerber Willi Kohn verheiratet war, die waren aber geflüchtet. Im letzten Moment hatte eine deutsche Militär Abteilung die letzten Bewohner mitgenommen. Oma Jeske aber weigerte sich zu flüchten. Nun stand sie vereinsamt vor der Haustür. Aber es öffnete sich die Tür nebenan und Frau Wojciechowski trat heraus. „ Ei der Dautz“ jetzt begann ein Aufheulen, und Erzählen und wie selbstverständlich nahm Frau Wojciechowski unsere Großmutter Jeske in ihre Familie auf. Dort lebte sie bis zum Herbst 1945. Später als die Tiedemanns viel Geld der polnischen katholischen Gemeinde gaben, damit die, zu ehren derer von Tiedemann, eine neue Kirche erbauen sollten, wurden die Leichen der privaten Personen und etlicher gefallener deutschen Soldaten ausgegraben und in einem Massengrab unter der Grundmauer der Kirche verscharrt. Keine Namenstafel mit den Namen der Verstorbenen erinnert an sie. Dafür wurde aber ein Grabstein des Gutsbesitzers Hans von Tiedemann errichtet. Naja, wo die ehemaligen Adligen sich wieder breitmachen ist kein Platz für das gemeine Volk vorgesehen.

  2. #2
    Forum-Teilnehmer
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    Standard AW: Rückkehr nach Straschien - Prangschien

    Hallo Herr Jeske!

    Also irgendwie finde ich Ihre Beiträge ja richtig toll!
    Sie haben da schon eine Sichtweise, die manchem Forum-Mitglied hier fehlt.
    Sie scheinen aber auch eine gewisse Adels-Phobie zu haben.

    Ich selber hatte vor langerlanger Zeit auch einen adeligen Vorgesetzten, der schon einmal etwas kauzig war.
    Aber das war nichts gegenüber manch einem soziopathischen Hervorkömmling...

    Warum sind Sie kein Forum-Mitglied?!
    Ich hätte kein Problem mit Ihnen, auch wenn sie manchmal unbequem wären (bin ich ja auch ).

    SC

  3. #3
    Forum-Teilnehmer Avatar von Daniel Hebron
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    Standard AW: Rückkehr nach Straschien - Prangschien

    Hallo Herr Jeske,

    auch ich finde Ihre Beiträge sehr interessant und lesenswert. Wenn auch Ihre "Adels-Phobie" dazu führt, dass Sie in Ihren Berichten dazu neigen, den historischen Adel Deutschland's sehr einseitig zu beurteilen. Deshalb möchte ich gerade hier an die Leistungen von Dorothea Weichbrodt geb. v. Tiedemann zu erinnern, welche uns gerade in Bezug auf Danzig ein viel frequentiertes Nachschlagewerk hinterlassen hat.

    Herzliche Grüsse
    Daniel
    Tu as sans doute déjà, lecteur bénévole, bien des récits sur la ville ancienne et commerçante de Dantzig....

  4. #4
    Forum-Teilnehmer Avatar von mariano
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    Standard AW: Rückkehr nach Straschien - Prangschien

    Hallo -in Straschien hinter[ATTACHName:  grab in Straschin.jpg
Hits: 1307
Größe:  370.3 KB=CONFIG]18429[/ATTACH] der Kirche -bißchen im Wald habe ich dieses Foto gemacht... gruß Mariano.

  5. #5
    Gerhard Jeske

    Standard Antwort Adel und Straschien

    Gerhard Jeske

    Guten Tag, Herr Daniel,

    Die Geschichte der Aristokratie ist die eine Seite der Medaille. Das Verhalten einzelner Angehöriger die andere Seite.
    Dazu ist hier kein Platz, ausführlicher darüber zu schreiben. Es gibt auch eine Menge Literatur darüber. Zum Beispiel : Ludwig Renn: "Adel im Untergang.“ Arnold Vieth von Golßenau stammt aus uradliger Familie. Spiegel 23/ 1947. Ludwig Renn bricht mit seiner adligen Kaste und wird ein progressiver Weltbürger. In diesem Buch rechnet er mit seiner Adligen Vergangenheit ab. Lesen Sie den Spiegel Artikel dann werden Sie merken, dass ich keine Phobie-Angstzustände vor der Adligen Gesellschaft habe, sondern durch Kronzeugen ihres Unterganges, auch durch Ludwig Renns Buch, über diese Gesellschaft aufgeklärt wurde. Nach 1919 ist der Adel abgeschafft worden. Die Anwendung von Titeln wurde verboten und unter Strafe gestellt. Das hat sich bis heute, besonders in der Regenbogen Presse, kaum herumgesprochen. Eine große Anzahl von Deutschen geht immer noch davon aus, dass die Adlige Gesellschaft weiter besteht. Diese Deutschen haben „ die Demokratie“ noch nicht verinnerlicht.
    Nun zur Sozialgeschichte. Die Familie von Tiedemann ist dafür ein Beispiel.

    Die von Tiedemanns waren die die ehelichen Nachkommen des Ferdinand von Tiedemann (1691-1749), Herrn auf Prangschin und Russoschin, und der Florentina Concordia Brandys (Brandis, Brandes) aus Danziger Patriziergeschlecht Sie lebten in Polen, In Straschien hatten sie vom polnischen König verschiedene Privilegien erhalten, darunter eine Pulvermine und Silberhütte zu unterhalten. In verschiedenen Ländern dienten sie als Offiziere und verdienten ihr Geld durch totschlagen. Das war damals, um 1600, keine Ausnahme. Die von Krockows gehörten auch dazu. Es waren ungefähr fünf Ritter Güter in ihrem Besitz. Eines war in Westpreußen. Von Tiedemann war 1894 mit Ferdinand von Hansemann und Hermann Kennemann Mitbegründer des Ostmarkenvereins. Nach den Anfangsbuchstaben der maßgeblichen Gründer wurde er auch als Hakatistenverein bezeichnet. Diesen leitete er unangefochten als Vorsitzender bis 1920. Neben dem alldeutschen Verband war der Ostmarkenverein unter Führung Tiedemanns einer der einflussreichsten Vertreter radikalnationalistischen Gedankenguts während des Deutschen Kaiserreichs. Tiedemann war selbst führend auch im alldeutschen Verband tätig.
    Wir kannten vor 1945 nur die Familie von Tiedmann Brandis auf ihrem Gut Straschin. Das Gut war modern eingerichtet. Mit fließendem Wasser, Badezimmer und elektischem Licht. Das gab es aber nicht für alle Dorfbewohner. Nur hinter der Gerberei, den Gemeindehäusern, war elektrisches Licht vorhanden und eine Wasserpumpe. Dagegen war unten, in den Arbeiterhäusern am Kapellenberg derer von Tiedemanns, keine Stromleitung gelegt worden, Petroleum Lampen spendeten den Leuten ein schwaches Abendlicht. Lehmfußböden waren in den Küchen und ein, nur aus Ziegeln, gemauerter Herd. In einer Holztonne war Wasser vorhanden. Mit einer Schultertrage, an dem zwei Eimer hingen, gingen die Bewohner zu einem kleinen Bach, dieser umfloss den Kapellenberg, also den adligen Friedhof. Über dem Bach war ein Brett gelegt, von da aus. mussten sie das Wasser in die Eimer schöpfen. Im Winter war es besonders kein Vergnügen. Also - Die Leute lebten, wie vor hunderten von Jahren. Das hatte sich bis zum Ende der deutsche Ära nicht verändert und das war, nur neun Kilometer von Danzig entfernt. Was manche Straschiner den Tiedemann vorwerfen ist, dass sie, mit einer Sondergenehmigung, rechtzeitig, mit Ross und Wagen, nach dem Westen aufbrachen, ohne die Dorfbewohner zu unterrichten. So ist es gekommen, dass die „Herrschaft“ davon kam und die Bewohner in Straschien im Stich ließ.
    Als ich mit dem Museumsdirektor vom Skansen „Sanddorf-Wdzydze“ Straschien besuchte, schrieb ich über den Bau der Kirche und derer von Tiedemann eine Erzählung, Diese Erzählung veröffentlichte ich in meinem letzten Buch“ Erzählungen und Kommentare, von Danzig bis Hamburg.“ Edition Lumen. Das Buch ist auch bei mir erhältlich. Meine Email ist: grosswalddorf@web.de
    Herrn Daniel Hebron danke ich für seine aufmunternden Zeilen. Gerhard Jeske

  6. #6
    Forum-Teilnehmer Avatar von Peter von Groddeck
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    Standard AW: Rückkehr nach Straschien - Prangschien

    Hallo Gerhard Jeske,
    nun möchte ich bei diesem Thema nicht schweigen. Es gibt wie bei allen Menschen, allen Nationen, allen Rassen gute und schlechte Menschen, so auch beim Adel. Im Übrigen ist wohl in Österreich, aber nicht in Deutschland der Adel abgeschafft. Es gibt lediglich seit Abdankung des Kaisers keinen neuen Adel mehr.
    Viele Grüße
    Peter von Groddeck
    Tue recht und scheue niemand.

  7. #7
    Gerhard Jeske

    Standard Antwort Adel abgeschafft und Straschien

    HH, den 20.07. 2014
    Sehr geehrter Herr Groddeck,
    Unter der Eingabe „ Adel abgeschafft“ finden wir eine Unmenge von Artikel und Beiträgen zu diesem Thema. Die Entwicklung des Adels, in verschiedenen Funktionen, passte sich den Veränderungen der Monarchie und des Kaiserreiches an. Es ist ziemlich anstrengend diese Entwicklung in seiner Vielfalt nachzulesen. Ich habe hier einige Aussagen konzentriert. Diese Aussagen decken sich weitgehend mit meiner Meinung.
    Adelige hatten staatsrechtlich eine herausgehobene Funktion. Diese Funktionen sind erloschen.
    Von 1849 bis 1919 gab es in Preußen ein Zweikammerparlament. Das Abgeordnetenhaus wurde vom Volk gewählt. Das Herrenhaus bestand aus Erbadligen

    In Deutschland wurde der Adel durch Art. 109 der Weimarer Reichsverfassung im Jahre 1919 abgeschafft. Weil 1949 der staatstragende "Adel" in Deutschland nicht mehr existierte, brauchte das Grundgesetz von 1949 dazu keine Aussagen treffen. "Adel" im staatsrechtlichen Sinne gibt es in Deutschland nicht mehr.)
    Seitdem sind alle Deutschen vor dem Gesetz gleichgestellt. Geburt, Geschlecht, Stand, Klasse und Bekenntnis dürfen keine Rolle spielen.
    Namensrechtlich wurde in Deutschland (anders als z.B. in Österreich) dem vormaligen Adel gestattet, die früheren Adelsprädikate als Namensbestandteil zu führen, das verleiht den entsprechenden Personen keinen besonderen Status.
    Es werden ehemalige Adelstitel manchmal oft aus Tradition oder Höflichkeit als Anrede benutzt. Die Ritterschaft in Holstein ist ein Verein, ebenso, wie die Freimaurer es sind.

  8. #8
    Forum-Teilnehmer Avatar von mariano
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    107

    Standard AW: Antwort Adel abgeschafft und Straschien

    Tjaaa...sind Sie aus dem Volk Herr Jeske? Gruß..Mariano.

  9. #9
    Forum-Teilnehmer Avatar von Antennenschreck
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    Standard AW: Rückkehr nach Straschien - Prangschien

    Hallöle,

    das Wort Adel leitet sich ursprünglich wohl von edel ab, und das waren die ja schon lange nicht mehr.

    Tschü.....

  10. #10
    Forum-Teilnehmer Avatar von Daniel Hebron
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    Standard AW: Rückkehr nach Straschien - Prangschien

    Sehr geehrter Herr Jeske,

    Ihre Ausführungen zum Adel in Preussen bezüglich des "Zweikammerparlaments" sind m.E. korrekt. Aber Sie vergassen zu erwähnen, dass Preussen zu der Zeit zwar das grösste Land, aber eben nicht das einzigste Land im Deutschen Reich war. In dem von Ihnen angesprochenen Artikel 109 der Weimarer Verfassung steht wörtlich "....Öffentlich-rechtliche Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes sind aufzuheben....." Das beinhaltet KEINE Abschaffung des Adels, sondern lediglich die Aufhebung seiner öffentlich-rechtlichen Vorrechte. Ihre Ausführungen bezüglich der Nichtexistenz des Adels im staatsrechtlichen Sinne sind ebenfalls korrekt - sie vergassen lediglich zu erwähnen, dass der Adel als soziale Schicht in Deutschland niemals abgeschafft oder verboten wurde und sich heute in privatrechtlichen Verbänden organisiert. Nur noch am Rande erwähnen möchte ich den Artikel 21 der Charta der Grundrechte der EU in dem die "soziale Herkunft" einem Diskriminierungsverbot bereits unterliegen könnte.

    Herzliche Grüsse
    Daniel
    Tu as sans doute déjà, lecteur bénévole, bien des récits sur la ville ancienne et commerçante de Dantzig....

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