Am 21.01.1945 flohen wir,meine Mutter (46),meine Schwester (19)
und ich (14 Jahre alt),mit abziehenden Soldaten aus Allenstein/Ostpr.
Über Wormdritt und Pr.Holland zu Fuß bis Elbing,wo die Großeltern
lebten.In der Nacht vom 24./25.01.45 kamen die russischen Panzer
nach Elbing,wurden aber abgeschossen.Die Großeltern wollten in Elbing bleiben und eventuell mit dem Schiff heraus.Wir drei machten uns
deshalb zu Fuß auf den Weg,Gepäck hatten wir ja nicht.Unsere Mutter
wollte immer über die Flüsse,Alle,Naugat,Elbing,Weichsel,Oder usw.
Wir begaben uns auf den Weg in Richtung Danzig.Unterwegs hatten
wir ein Erlebnis,das mich noch heute bewegt.Als Fußgänger ohne
Gepäck kamen wir gut voran und überholten die vielen Trecks.Tote
Angehörige wurden in Teppiche gehüllt und teilweise mitgeführt.Vor
dem Ort Käsemark lag vor uns auf der Straße ein Kissenbündel.
Wir hoben es auf und stellten fest,dass sich in dem Bündel ein Baby
befand.Ob Junge oder Mädchen,wissen wir nicht.In diesem Moment
kamen Soldaten,ich glaube,sie nannten sich Feldgendarmerie,sie
hatten so Plakettengehänge um und fragten uns,was mit dem Baby
wäre.Wir sagten das wir das Bündel auf der Chaussee gefunden
hätten.Sie nahmen uns das Bündel ab und beteuerten,das Baby in
einem Krankenhaus abzugeben.Wir nahmen an,dieses Bündel ist von
einem der Trecks heruntergefallen und man hat es nicht bemerkt.
Bis heute verfolgt mich diese Angelegenheit,Hat dieses Kind seine
Eltern gefunden,was ist aus ihm geworden?
Nach fast 80 Km Fußmarsch erreichten wir Danzig und kamen dann
über Stargard,Pasewalk,Stettin bis Anklam.Von dort mit einem
Transport in den Kreis Minden,wo wir das Kriegsende erlebten,

Irene Garbner,Essen

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Quelleeutsche auf der Flucht.Buchautor Ralf Georg Reuth