Zufallsfund
Als ich vor 8 Jahren den Sprung in ein neues Leben wagte und meinen dauerhaften Wohnsitz nach Niederschlesien verlegte, fand ich allmählich auch Zeit, mich um meine angesammelten Dokumente und Unterlagen aus vergangenen Jahren, welche die Familie väterlicherseits (Steegner Werder) und mütterlicherseits (Hunsrück) betreffen, etwas näher zu beschäftigen. Die Aktenlage war und ist bis heute eindeutig schwerlastig auf den Hunsrück ausgerichtet. Sehr schnell stellte ich fest, dass etliche Verwandte aus dem „Hunsbuckel“ nach Brasilien ausgewandert waren und dank des I-net konnte ich zu einigen Cousinen/s x-ten Grades Verbindungen zum anderen Kontinent knüpfen.
Zufälligerweise war ich dann mal im polnischen „e-bay“ (= “allegro.pl“) und ersteigerte dort ein Tagebuch, welches eine Reise nach Brasilien im Jahre 1936 von Hamburg aus beschrieb. Ich versuchte mich dort einzulesen, doch die Schrift bereitete mir damals noch einige Schwierigkeiten und somit verschob ich die Auswertung dieses Tagebuches auf später.
Später dann... nach 5-6 Jahren (ab und zu schaute ich mir schon die tollen Postkarten, die diesem Buch hinzugefügt waren an und versuchte mich an der Schrift) also 2015, war ich durch etliche Besuche im Archiv des Hunsrücker Standesamtes gewappnet und „entzifferte“ und transkribierte endlich das Tagebuch.
Dieses liegt mir nun in lesbarer Druckschrift vor und ich beabsichtige, das Original den eventuell vorhandenen und interessierten Verwandten, sei`s in BRAS oder D zu übergeben.
Was nun dieses Tagebuch an Informationen über die Familie preisgab, war ein Grund, es hier vorzustellen, denn: ES HAT ZOPPOT-BEZUG!
Vielleicht finde ich auf diesem Wege nähere Einzelheiten und Informationen über die Familie WÜST, welche in Zoppot einmal gelebt haben muß.
Folgende Fakten liegen vor:
- Am 29.04.1936 tritt die Kapitänswitwe Elisabeth WÜST aus Sopot von Hamburg aus eine Reise mit der „Pescoa“ an um ihre Tochter Ilse in Rio de Janeiro zu besuchen.
Durch Zufall stieß ich bei weiteren Recherchen auf einen Artikel in der „Trojmiasto.pl“ Historia v. 28.01.2013 von Paweł Pizuński, welcher über einen Artikel aus den „Danziger Neuesten Nachrichten“ vom Januar 1932 schrieb. In diesem Artikel war die schlechte Kopie eines Bildes aus jener Zeit zu sehen:
„Die Fotografie zeigt ein junges Paar mit Hochzeitsgästen. Rudolf Cramer von CLAUSBRUCH mit Ehefrau kann man sehen in der 2. Reihe, 1. v. rechts.“
Die Übersetzung des Artikels zu diesem Bild:
„Obwohl Frl. Ilse WÜST, Tochter der Kapitänswitwe WÜST aus Sopot Hermann BORMANN im November 1931 in Rio de Janeiro geheiratet hat, hat die Danziger Presse dieses Foto erst im Januar des nächsten Jahres veröffentlicht.
Diese Publikation erfolgte nicht wegen der Schönheit der jungen Braut oder des gutaussehenden Bräutigams. Grund war die Anwesenheit des Piloten Rudolf Cramer und seiner Ehefrau Dorit. Beide waren beliebte Gäste bei den verschiedensten festlichen Anlässen. Er, weil er schon in Rio als Flugkapitän der Do-X, mit der er Reisen über den Atlantik durchführte, lebte, sie, noch als Fräulein NITIKOWSKY, war 1930 im „Hotel Kaiserhof“ zur Miss Deutschland gekrönt worden.
Man kann fragen was die beiden mit Danzig zu tun hatten? Warum war die Teilnahme auf der Hochzeit des Frl. WÜST so wichtig für die Leser aus Danzig?
Natürlich mussten die Journalisten darüber schreiben. Rudolf Cramer v. CLAUSBRUCH war früher Pilot des Dornier – Wals im Pendelverkehr zwischen Danzig und Schweden. Seine Frau Dorit war als Frl. NITIKOWSKY oft auf der Promenade in Zoppot zu sehen.“
2) Hermann BORMANN arbeitete in Rio bei der Deutschen Überseeischen Bank.
Auszug aus dem Tagebuch:
„Wir haben weiter herrliches strahlendes Wetter! Die Kinder haben viel vor.
Neulich Empfang des deutschen Botschafters von SCHMIDT-ELSTORP in der „Germania“.
Ferner Empfang bei Bankdirektor STAHMER in seinem herrlichen neuen Haus, uns gegenüber am See gelegen; anschließend gingen die Kinder in die Germania, wo sie Herr Cramer von CLAUSBRUCH mit Gattin, = Dorit NITYKOWSKI, die Schönheitskönigin 1929 [1930] von Deutschland und der Botschafter wie Direktor SCHMIDT hinzusetzten; die Kinder haben sich sehr gut unterhalten, alles hatte einen Schwips.“
3) Ilse WÜST wanderte 1929 mit dem Brautkleid im Koffer nach Brasilien aus (auch von Hamburg aus).
Nun interessiert mich hier besonders, ob es über dieses Forum irgendwelche weiterführende Fakten über die Familie WÜST / Kapitän WÜST in Danzig oder Zoppot zu finden gibt.
Schönen Tag an Alle aus dem sonnigen Niederschlesien
Heinz