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Thema: Technische Hochschule Danzig

  1. #1
    Forum-Teilnehmer Avatar von sarpei
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    Standard Technische Hochschule Danzig

    Hallo miteinander,

    hier der bisher älteste von mir gefundene Artikel zur Technischen Hochschule Danzig.

    aus: Centralblatt der Bauverwaltung vom 23. März 1898
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    Über den Plan einer neuen Technischen Hochschule in Danzig
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    machte der Cultusminister Herr Dr. Bosse in der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses am 16. März d. J. im Anschluss an mehrfache Anregungen aus der Mitte des Hauses und insbesondere an eine Rede des Abg. Gothein (Breslau) nähere Mittheilungen.

    Vor etwa vier Monaten habe sich von Westpreußen aus „eine ziemlich starke Bewegung erhoben, die dahin ging, es wäre eine Vermehrung der Technischen Hochschulen nothwendig, und sie müsse zunächst erfolgen, nach dem Vorschlage, der von Danzig ausging, dadurch, dass man dort in Danzig eine Technische Hochschule errichtet. Das wurde auch mit sehr guten Gründen, auf die ich wohl noch zurückkomme, belegt." Inzwischen habe sich dann eine ganze Reihe von Städten um eine neue Technische Hochschule beworben, und solche sowie eine Anzahl einzelner Körperschaften hätten sich an die Allerhöchste Stelle gewandt, von wo aus der Bericht, des Finanzministers und des Cultusministers über diese Frage erfordert worden sei. „Auf unseren Vorschlag ist die Entscheidung Seiner Majestät dahin gefallen, dass zunächst in Danzig eine Technische Hochschule errichtet werden soll, und zwar sind wir beauftragt, unverzüglich ein specielles Project für dieselbe aufstellen zu lassen. Das wird selbstverständlich geschehen, und ich hoffe dass wir im nächsten Jahre in der Lage sein werden, mit diesem Project und einer entsprechenden Forderung au die Landes Vertretung heranzutreten."

    Bezüglich einer auch in Breslau zu errichtenden Technischen Hochschule werde die Regierung sich zunächst beobachtend verhalten. "Wir werden eine Technische Hochschule in Danzig errichten, wir werden abwarten, wie sie wirkt, und werden danach ermessen, inwieweit die Interessen der Industrie in Schlesien es wünschenswerth machen, neben der Universität in Breslau auch eine Technische Hochschule zu errichten, oder wenigstens technische Facultäten - ich will diese Frage offen lassen, denn die Gelehrten streiten sich noch, in welches Verhältnis die Technischen Hochschulen zu den Universitäten zu setzen wären".

    Dass durch die Gründung der Danziger Hochschule die Technische Hochschule in Berlin gleich um tausend oder so und so viel hundert Studirende entlastet werde, hält der Minister nicht für sicher, da es noch besondere Gründe gäbe, die die Studirenden in die Reichshauptstadt trieben. „Das aber glaube ich allerdings annehmen zu dürfen," - den Schluss der Rede lassen wir im Wortlaut folgen - „dass der Osten, der bisher noch gar keine Technische Hochschule hatte, einen erheblichen Theil nach Danzig abgeben wird, und dass das Gesamtbedürftnis der Studirenden sich zum Theil auch nach Danzig wenden wird, weil da hinsichtlich ganz bestimmter Zweige außerordentlich glückliche Vorbedingungen für das Gedeihen einer Technischen Hochschule vorhanden sind. Ich will nicht an die Hochbauarchitektur, auch nicht an die Marienburg, von der wir heute ein so schönes Zeugnis gehört haben, erinnern, obwohl das auch ins Gewicht fällt, ich darf aber erinnern an die großen Schiffswerften in Danzig und an das Leben auf See, auf den Schiffen usw. Die Männer der technischen Wissenschaften, die wir gehört haben, waren darüber einig, dass Danzig der geeignete Ort für die Technische Hochschule sei, ohne damit der Frage au präjudiciren, ob nicht etwa außer Danzig noch anderweit, vielleicht auch in Breslau oder in Schlesien überhaupt, eine Technische Hochschule zu errichten sei. Ich will aber kein Hehl daraus machen: für Danzig spricht außerordentlich die Eigenschaft dieser Stadt als der Hauptstadt der neu abgezweigten Provinz Westpreußen, und dass notwendigerweise eine dort zu errichtende Technische Hochschule einen gewissen Mittelpunkt deutscher Cultur bilden müsse, der uns gerade dort erwünscht ist.

    Meine Herren, seien Sie überzeugt, dass wir nichts versäumen, um der Aufgabe, die uns zunächst gestellt ist, so schnell wie möglich und so gut wie möglich gerecht zu werden. Ich erkenne vollkommen an mit dem Herrn Abgeordneten Gothein und mit Herrn. Riedler, der das auch ausgesprochen hat, dass nach aller Voraussicht, soweit Menschenaugen sehen, das zwanzigste Jahrhundert ein Jahrhundert der Technik sein wird. Wenn die zweite Hälfte dieses Jahrhunderts die Zeit des Dampfes gewesen ist - so darf man sie retrospectiv wohl nennen - so wird, aller Voraussicht nach das nächste Jahrhundert, wenigstens in seiner ersten Hälfte, von den Wundern der Technik - so kann man es nennen, wenn man die Dinge sieht, die jetzt auf diesem Gebiete geschehen - erfüllt sein. Die preußische Regierung hat immer ein Auge und eine auch offene Hand für solche Erscheinungen des Wirthschafts- und Geisteslebens gehabt; sie wird sich diesen Ruhm auch nicht nehmen lassen, und darauf kann der Herr Abgeordnete Gothein und die Provinz Schlesien mit ihrer Industrie doch auch mit einiger Zuversicht bauen."


    Viele Grüße

    Peter

  2. #2
    Forum-Teilnehmer Avatar von Felicity
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    Standard AW: Technische Hochschule Danzig

    Danke Peter ! Ausserordentlich interessant ! Wir hatten dauernd Verbindung mit der Technischen Hochschule. Papa hatte zwei Freunde die dort lehrten und aus der Gross Ukraine und auch von Galizien kamen dauernd Studenten zu unserem Heim die an der Hochschule studierten. Wie klein die Welt geworden ist in den letzten Jahrzenten. Nie haette ich gedacht, als ich in 1949 nach Australien kam, mit jemanden ueber Danzig zu plaudern und obendrein noch ueber die Dinge die unser Leben beruehrte. Liebe Gruesse von der Feli

  3. #3
    Forum-Teilnehmer Avatar von sarpei
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    Standard AW: Technische Hochschule Danzig

    Hallo Feli und Mitlesende,

    es freut mich natürlich, wenn ich bei meiner Suche nach Danzigthemen solche finde, die positive Erinnerungen oder überraschende Informationen vermitteln.

    Zur Technischen Hochschule in Danzig gibt es noch viel, viel mehr .....

    aus: Centralblatt der Bauverwaltung Nr. 21 vom 18. März 1899
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    Der Plan einer neuen Technischen Hochschule in Danzig
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    Nachdem die Frage der Errichtung einer Technischen Hochschule im Osten Preußens zu Gunsten der Stadt Danzig entschieden worden ist, hat die Königliche Staatsregierung die Vorbereitungen zur Begründung dieser Anstalt mit solcher Thatkraft gefördert, dass die ersten Raten für die Durchführung des Unternehmens bereits in den diesjährigen Staatshaushalt eingestellt werden konnten. [Zur Bestreitung der Kosten für die Vorbereitungen zur Begründung der Technischen Hochschule: 40.000 Mark und zur Regulierung des Bauplatzes und zur Beschaffung der für die Fundamentirung erforderlichen Baumateterialien: 300.000 Mark]. Die[se] sich auf 340.000 Mark beziffernde Forderung ist durch eine seitens der Minister für Unterricht und Finanzen dem Abgeordnetenhause vorgelegte Denkschrift erläutert worden, der wir die nachfolgenden zum großen Theil wörtlich wieder gegebenen Angaben entnehmen.

    Von den ungefähr 11.700 Besuchern der neun deutschen technischen Hochschulen entfallen etwa 3.500 auf Berlin, 1.700 auf Hannover und Aachen und etwa 6.500 auf die übrigen deutschen Staaten. Das Bedürfnis des technischen Studiums wird also vorwiegend im Westen und Süden des Reiches gedeckt, und der Nordosten ist vernachlässigt. Dieser Umstand, der Wunsch, die wirthschaftliche Lage der nordöstlichen Provinzen Preußens günstiger zu gestalten, die dort brach liegenden Kräfte zu erwecken, insbesondere den technischen Sinn zu pflegen und die Jugend mehr als bisher zu technischen Berufsarten heranzuziehen, das alles ist Veranlassung gewesen, die Hauptstadt Westpreußens zum Sitze der neuen Technischen Hochschule zu wählen.

    Nach Lage und Größe ist die alte Hansestadt und zweit« Seehandelsstadt des Staates sehr wohl geeignet, eine technische Hochschule in sich aufzunehmen und ihr ausreichende Anregungen zu bieten. Danzig, eine der architektonisch schönsten und eigenartigsten Städte Deutschlands, enthält die kostbarsten Bauten aus der Zeit des gothischen Backsteinbaues und der Renaissance und umgiebt den jungen Architekten mit einer Welt edler Formen, die seinen Schönheitssinn wecken und heranbilden. Von den Ingenieurwissenschaften bieten insbesondere dem Wasserbau die Hafenanlagen und Sicheningsbauten und der gewaltige und schwierige Strom der Weichsel mit seinen Mündungen, Schleusen und Deichen die mannigfachsten Anregungen. Das Studium des Schiff- und Schiffsmaschinenbaues concentrirt sich zur Zeit auf die Anstalt in Berlin-Charlottenburg. Mit der Erweiterung unserer Handelsbeziehungen, dem Steigen unserer Ausfuhr und Einfuhr und der Entwicklung unserer Marine hat auch unser heimischer Schiffbau einen mächtigen Aufschwung genommen. Die Zahl der Studirenden des Schiffbaues hat sich stetig vermehrt und ist heute auf 240 gestiegen. Auch diese Ziffer wird noch wachsen, und manche von den jungen Leuten werden nach Danzig gehen, wo sie das Meer haben und wo die Kaiserliche Werft und die Schichauschen Werften ihnen Schiffstypen verschiedener Art und Größe vor Augen führen.

    Den für die Hochschule erforderlichen Gruud und Boden hat die Stadt Danzig bereitwillig und unentgeltlich dargeboten. Das Gelände liegt kurz vor Langfuhr am Zigankenberg, etwas abseits von der schönen „Großen Allee", in einer gegen Staub und Störungen nach allen Seiten geschützten Lage. Die Größe des Grundstücks von 68.798 qm genügt für den Zweck und gestattet zukünftige Erweiterungen von beträchtlichem Umfange. Von Werth ist es, dass das Gelände nicht unerheblich ansteigt, wodurch erwünschte Gelegenheit zu einer bewegten Gestaltung der Bauanlage gegeben wird. Durch eine breite, mit vier Baumreihen zu bepflanzende Allee wird von der Stadtverwaltung ein vornehmer Zugang zu dem Grundstück geschaffen werden.

    Zur Veranschaulichung der in Aussicht genommenen Anordnung der Baulichkeiten dient der ..... Lageplan. Ausgegangen ist auf Grund der früheren Darlegungen von der Annahme, dass die Einrichtung der Hochschule für einen Besuch von 600 Studirenden auf absehbare Zeiten genügen, es sich aber auch empfehlen wird, den Bau nicht in weiter gehendem Maße einzuschränken. Im übrigen wird die Ausdehnung und Gestaltimg der in Danzig herzustellenden Bauten im wesentlichen durch die Erfahrungen bei den bestehenden Hochschulen mittleren Umfanges bestimmt. Der Unterricht wird danach in Abtheilungen für Architekten, Bauingenieure, Maschinenbauer und Elektrotechniker, Chemiker und für allgemeine Wissenschaften zu ertheilen sein, denen in Danzig eine Abtheilung für Schiffbau hinzutreten soll. Die danach erforderliche Ausgestaltung der Hochschule wird annähernd die nämliche sein müssen wie diejenige der Hochschule in Aachen, an welcher der Bergbau anstatt des Schiffbaues den regelmäßig eingerichteten Abtheilungen hinzutritt.

    Die baulichen Anforderungen für die Herstellung der Technischen Hochschule sind bei der großen Verschiedenheit der Zwecke, die die Anstalt verfolgt, überaus vielgestaltig; es ist daher von größter Wichtigkeit, eine Gesamtanordnung zu wählen, bei welcher gegenseitige Störungen und Beeinträchtigungen möglichst ausgeschlossen werden. Dazu ist es nothwendig, die Anstalt in eine Anzahl gesonderter Gebäude zu gliedern, und es erwies sich als zweckmäßig, neben einem Hauptgebäude ein chemisches Institut, ein elektrotechnisches Institut und ein maschinentechnisches Laboratorium zu errichten, welches verbunden ist mit der Centrale zur Erzeugung der Wärme für die Heizungszwecke, des elektrischen Lichtes und der erforderlichen elektrischen Kraft. Das physicalische Institut kann zweckmäßig in einem Flügelbau des Hauptgebäudes untergebracht werden. Die Gebäude sollen sämtlich so gestellt werden, dass sie ohne Schwierigkeit erweitert werden können. Bei der architektonischen Gestaltung soll Anschluss an den Formenkreis der alten Renaissancebauten Danzigs gesucht werden.

    Im Einzelnen ist über die Bauanlage folgendes zu bemerken: Das Hauptgebäude ist in der Mitte, gegenüber der breiten Zugangsallee gelegen. Es enthält die Aula, die Räume für Rector, Senat und Verwaltung, die Bücherei mit einem Fassungsvermögen von 30.000 Bänden nebst Leseräumen für Lehrer und Studirende; ferner die Hör- und Zeichensäle für die unteren gemeinschaftlichen Jahrescurse und die allgemeine Wissenschaft, und endlich die Räume für die oberen Curse, die eigentlichen Fachabtheilungen für Architektur, Bauingenieurwesen, Maschineningenieurwesen sowie für Schiff- und Schiffsmaschinenbau. Außerdem. sind darin untergebracht das physicalische Institut und Dienstwohnungen für fünf Unterbeamte.

    Das Gebäude gruppirt sich um zwei offene Höfe und besteht aus zwei durch einen Mittelbau verbundene Längsbauten und zwei Flügelbauten, deren Kopfenden über den Mittelbau hervortreten und mit diesem an beiden Längsseiten hofartige Räume einschließen. Es ist mit seiner Hauptfront nach Norden, mit einer Neigung nach Osten gerichtet, so dass die hier gelegenen Räume reine Nordlichtbeleuchtung erhalten. Auch diejenigen an der westlichen Seitenansicht verbleiben bis in den Spätnachmittag hinein ohne Sonnenlicht. An diese Fronten sind vorwiegend die Zeichensäle verlegt, die einer möglichst gleichmäßigen Beleuchtung ohne Sonnenlicht bedürfen. Für das physicalische Institut war dagegen eine sonnige Lage an der Südostecke des Gebäudes erwünscht; die Aula, die Bücherei und die Verwaltungsräume sind nach Süden gelegt; die übrigen Räume konnten beliebig angeordnet werden. Das Gebäude bedeckt eine Grundfläche von etwa 5.400 qm, umschließt etwa 117.120 cbm umbauten Raumes und wird voraussichtlich einen Aufwand von etwa 2.600.000 Mark erfordern.

    Nächst dem Hauptgebäude ist das chemische Institut das umfangreichste Gebäude; es hat seine Lage auf der Ostseite des Grundstücks erhalten, damit die in ihm entstehenden schädlichen Gase durch die herrschenden Winde sofort beseitigt werden. Seine Baukosten werden sich auf etwa 460.000 Mark belaufen. Westlich vom Hauptgebäude haben das elektrotechnische Institut und die Centrale mit dem maschinentechnischen Laboratorium ihren Platz gefunden. Die letztere war auf die gewählte Lage in der Nordwestecke des Grundstücks angewiesen, weil hier die Anfuhr der Kohlen am bequemsten stattfindet; das elektrotechnische Institut aber musste ihm nahe benachbart sein, um die Verluste bei der Übertragung der bedeutenden Mengen elektrischer Kraft, die hier gebraucht werden, thunlichst zu vermindern. Aus dem gleichen Grunde ist die unmittelbare Verbindung des Maechinenlaboratoriums mit der Centrale angenommen. Bei dem elektrotechnischen Institut wird auf den Besuch von etwa 150 bis 200 Studirenden für die Vorlesungen und von 50 für die Übungen im Laboratorium gerechnet. Es bedarf dazu außer einem entsprechenden Hörsaal mit Vorbereitungszimmer, Sammlung und den Räumen für den Professor und seinen Assistenten eines geräumigen MaschinensaaIes mit mehreren Maschinenstationen und einer größeren Zahl von Räumen für Übungen. Die Baukosten sind zu 230.000 Mark angenommen. Für die Centrale zur Versorgung der Hochschule mit Heizrdampf, Licht und Kraft und für das Maschinenlaboratorium sind 150.000 Mark, für den Kohlenschuppen 8.000 Mark, für ein Maschineninspector- und Heizerwohnhaus 20.000 Mark, für ein Pförtner- und Gärtnerhaus 22.000 Mark und für ein kleines Gewächshaus 8.000 Mark ausgeworfen worden. Die Gesamtbaukosten werden hiernach unter Hinzurechnung des Aufwandes für die Nebenanlagen, aber ohne die Beiträge für die innere Einrichtung, die Lehrmittel, Sammlungen usw. voraussichtlich die Summe von vier Millionen Mark erreichen.

    Name:  Technische Hochschule - Lageplan.jpg
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    Viele Grüße

    Peter

  4. #4
    Forum-Teilnehmer Avatar von sarpei
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    Standard AW: Technische Hochschule Danzig

    aus: Centralblatt der Bauverwaltung Nr. 91 vom 18. November 1899
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    Unter dem Kapitel 'Gutachten und Berichte findet sich folgender Beitrag.

    Allgemeiner Entwurf zu dem Hauptgebäude der Technischen Hochschule in Danzig
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    Gutachten der Königlichen Akademie des Bauwesens; Berlin, den 3. Mai 1899

    Durch Verfügung vom 20, März 1899 (III. 4653) hat der Minister der öffentlichen Arbeiten die in seinem Ministerium gefertigten Entwurfskizzen zu dem Lageplan und zu dem Hauptgebäude der Technischen Hochschule in Danzig der Akademie des Bauwesens zur Begutachtung übersandt. Diese Pläne haben der Abtheilung für den Hochbau in der Sitzung vom 20. April 1899 vorgelegen.

    Die Akademie erkennt den Entwurf, der in seiner allgemeinen Anordnung nach der praktischen und auch nach der künstlerischen Seite hin volle Anerkennung gefunden, als eine geeignete Grundlage für die weitere Ausarbeitung des Bauentwurfs an, empfiehlt jedoch bei der letzteren folgende Änderungsvorschläge in Berücksichtigung zu nehmen.

    Der zur Verfügung gestellte Bauplatz ist in Ansehung der künftig zu erwartenden Erweiterungsbauten nicht sehr reichlich bemessen und macht eine möglichste Ausnutzung sehr wünschenswerth. Dennoch ist der geplante Abstand von nur 25 m zwischen dem Hauptgebäude einerseits und dem chemischen bzw. dem elektrotechnischen Institut anderseits zu vergrößern, damit ein genügender Lichtzutritt für die betreffenden Unterrichtsräume gewonnen und jede störende Blendung vermieden wird. Je nach dem mehr oder minder starken Besuch der Hochschule, der Entwicklung der einzelnen Fachrichtungen, dem Zutreten neuer Lehrdisciplinen usw. wird die Benutzung der Innenräume öfters einem Wechsel unterworfen sein. Um nun die jedesmaligen Bedürfnisse stets möglichst leicht befriedigen zu können, ist der Grundriss in der Art zu gestalten, dass die Breite der Corridore, die Tiefe der Lehrräume durchweg gleichartig bemessen werden und eine strenge, einheitliche Durchführung der Fensterachsen angeordnet wird. Ferner empfiehlt es sich im Hinblick auf die hohe Bedeutung der Lehranstalt den in der Mittelachse der großen Bauanlage gelegenen Centralraum mit der Haupttreppe noch stattlicher und monumentaler zu gestalten. Auch ist die Breite der beiden Hofräume mindestens auf 18 m zu steigern; die jetzige Breite von 12 1/4 m genügt wohl eben für die Erhellung der Corridore der Hauptgeschosse, aber nicht für das Sockelgeschoss: durch die Annahme einer größeren Hofbreite wird sich noch der wesentliche Vortheil ergeben, dass die an den beiden seitlichen Fronten gelegenen Nebentreppen sich hofwärts anordnen lassen, die Flucht der an den Seitenfronten befindlichen Lehrsäle durch die Treppen nicht mehr unterbrochen und somit bei Durchführung einer gleichen Achsentheilung auch hier die dem jedesmaligen Bedürfnisse entsprechende Eintheilung der Räume leicht erreichbar wird.

    Zu dem Zimmer des Rectors, zu dem erheblich zu vergrößernden Kassenzimmer, zu den Verwaltungsräumen überhaupt findet zumal im Semesterbeginne ein sehr lebhafter Verkehr von Studirenden, Angehörigen derselben usw. statt. Die Lage dieser Räume erscheint deshalb im Erdgeschoss an einer sofort vom Eintritt in das Gebäude aus leicht auffindbaren, bequem zugänglichen Stelle nothwendig.

    Gegen die bei einer künftigen Erweiterung der Bibliothek geplante Zuziehung von Theilen des Sockelgeschosses machten sich ernste Befürchtungen wegen der gegen Feuchtigkeit nicht ganz gesicherten Aufstellung der Bücher geltend; im Anschluss hieran erklärte man überhaupt eine erweiterte Regulirung der Terrainverhältnisse mit sorgfältiger Entwässerung als unentbehrlich, um das gesamte Sockelgeschoss auch in den südlich gelegenen Bautheilen möglichst freiliegend, trocken und gut ausnutzbar zu erhalten und die Anlage großer Fensteröffnungen für reichlichen Licht- und Luftzutritt nicht zu erschweren.

    Unter Berücksichtigung der in der Technischen Hochschule in Berlin bestehenden argen Missstände wurde möglichste Vorsorge für die sachgemäße Anordnung der Garderobe- und Reißbrettschränke empfohlen: jedenfalls müssen dieselben zur Vermeidung der vielen Störungen in dem Unterrichte nicht von den Lehrsälen, sondern nur von den Corridoren aus zugänglich gemacht werden.

    Die Grundfläche der projectirten Aula beträgt 380 qm, in den neuen Hochschulen in Karlsruhe und Darmstadt 320 bzw. 200 qm; eine Verringerung der Fläche ist gegenüber der in Aussicht genommenen mäßigen Zahl der Studirenden wohl zulässig und auch erwünscht, weil dann eine Beschränkung in der Tiefe des bezüglichen Bautheils mit seinen theilweis ungenügend erhellten Innenräumen erzielt werden kann.

    Die Anlage eines Personen-Aufzugs ist vorzusehen. Die Ausbildung der Außenarchltektur, welche in ihrem Ziegel- und Werksteinbau mit den steilen Dachflächen, hohen Giebeln und Dachaufibauten sich an die ältere Bauweise Danzigs anlehnt und doch auch den Anschauungen der Jetztzeit entspricht, fand in ihrer allgemeinen Anordnung allseitige Billigung; die Verhältnisse und die stilistische Gestaltung befriedigen, und der monumentale Charakter des Gesamtbaues wird bei Durchführung eines gleichen Achsensysteins noch einer Steigerung fähig sein.

    Eine Verkleinerung der Rampe zu dem Haupteingange, falls dieselbe nicht ganz entbehrlich ist, erscheint empfehlenswerth.

    Königliche Akademie des Bauwesens.
    Kinel.

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    Viele Grüße

    Peter

  5. #5
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    Standard AW: Technische Hochschule Danzig

    aus: Centralblatt der Bauverwaltung Nr. 74 vom 17. September 1902
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    Die Neubauten für die Technische Hochschule in Danzig
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    Mit der Ausführung der Hochschulbauten in Danzig ist im Herbst 1900 begonnen worden. In der Ausführung begriffen sind z. Zt. das Hauptgebäude, das Elektrotechnische Institut, das Maschinenlaboratorium mit dem elektrischen Kraftwerk und dem Wasserwerk, sowie das Wohngebäude für den Maschinisten und Heizer. Die Anordnung der Gebäude ist im wesentlichen die gleiche geblieben, wie sie der auf Seite 124 des Jahrganges 1890 ..... [des Centralblatt der Bauverwaltung] veröffentlichte Lageplau zeigt. Dagegen haben die ursprünglichen Pläne, besonders die des Hauptgebäudes, vor der Ausführung noch mannigfache Abänderungen erfahren.

    Ein Vergleich des Erdgeschoss-Grundrisses vom Hauptgebäude, wie er im Anschluss an das Gutachten der Akademie des Bauwesens vom 3. Mai 1899 ..... veröffentlicht ist, mit dem neuen, der Ausführung zu Grunde gelegten Plane zeigt vor allem eine Verbreiterung der lnnenhöfe. Diese war zur Erzielung einer besseren Beleuchtung der zwischen den beiden Haupttreppenhäusern liegenden Wandelhallen und zur Vergrößerung der seitlich der Nebentreppenhäuser angeordneten Aborte und Saaldiener-Zimmer wünschenswerth.

    Bei dieser Verbreiterung wurde die nördliche und südliche Längsfront des Gebäudes um je eine Achse weiter herausgerückt, wodurch eine Verkürzung der Flügelbauten und eine bessere Beleuchtung der an den genannten Fronten liegenden Säle erreicht wurde. Die untere Wandelhalle konnte zugleich dadurch nutzbar gestaltet werden, dass der im ersten Entwürfe tiefer angeordnete Fußboden in die Höhe der übrigen Erdgeschossräume gelegt wurde.

    Gleichzeitig mit der Neubearbeitung der Grundrisse für das Hauptgebäude ist auf Allerhöchste Anordnung die ursprüngliche, den Formen der holländischen Renaissance sich anschließende Durchbildung der Aufsenseiten nunmehr im Charakter der Alt-Danziger Bauweise erfolgt. Dieser Stilfassung schließen sich auch die Sonderinstitute an, deren Veröffentlichung zugleich mit einer Gesamtdarstellung der ganzen Anlage später erfolgen wird.

    Mit den umfangreichen Erdarbeiten für das Hauptgebäude (es wurden etwa 21.000 cbm Erde bewegt) wurde im September 1900 begonnen und im Anschluss daran das gesamte Bankettmauerwerk (etwa 2.000 cbm) aus Stampfbeton im Mischungsverhältnifs 1:8 noch bis zum Beginn des Winters 1900 fertiggestellt. Die Bauarbeiten konnten bei der in Danzig lang andauernden strengen Kälte erst im April 1901 wieder aufgenommen werden, wurden aber im Laufe des vergangenen Baujahres derartig gefördert, dass in fast allen Theilen des Mauerwerkes die Brüstungshöhe des zweiten Stockwerkes erreicht ist. Die Mauerhöhe beträgt bis dahin, von Oberkante Bankett an gerechnet, 17,5 m und die Gesamtleistung an ausgeführtem Mauerwerk etwa 20.500 cbm.

    Die Backsteine für die Hintermauerung konnten in guter Beschaffenheit theils aus der am Haff belegenen Königlichen Ziegelei Kadinen, theils aus den zahlreichen, in nächster Nähe von Danzig kürzlich entstandenen Ziegeleien bezogen werden. Dagegen mussten für die Verblendung schlesische Steine genommen werden, da das westpreußische Ziegelgewerbe z. Zt. nicht imstande ist, salpeterfreie Verblendsteine im Handstrich- oder Maschinenbetrieb herzustellen. Der Wunsch der Bauverwaltung, einen der hiesigen rauhen Witterung genügend standhaltenden Handstrichstein verwenden zu können, ließ sich auch durch Heranziehung der großen schlesischen Ziegeleien nicht verwirklichen. Schließlich wurde ein rother Maschinenstein in Normalformat gewählt, dessen Oberfläche eine gewisse Rauheit dadurch zeigt, dafs die fette ungebrannte Thonmasse mit grobem Kies gemagert wurde.

    Die verwandten Steine wirken, zumal nach der Fugung mit Weißkalk, durchaus befriedigend, und die Wandflächen zeigen nicht das sonst dem Maschinenstein anhaftende „geleckte" Aussehen. Für die Architekturtheile wurde grauer schlesischer Sandstein aus den Brüchen von Plagwitz und Alt-Warthau gewählt; der Plagwitzer Stein für das mit unregelmäßig geschichteten, an der Oberfläche abgesprengten Quadern verblendete Sockelgeschofs, der Altwarthauer für Gesimse, Fenstereinstellungen, Bildhauerarbeiten und alle den Witterungseinflüssen besonders ausgesetzten Giebelarchitekfcuren. Auf die Anlieferung von grauem Sandstein, welcher, mit dem rothen Backstein zusammen verarbeitet; besser als gelber Werkstein wirkt, wurde besonders Gewicht gelegt. Für die bei den Bauten zur Verwendung gelangenden ornamentalen und figürlichen Schmucktheile werden Modelle auf der Baustelle hergestellt und die Bildhauerarbeiten theils im Bruch, theils am Bau selbst ausgeführt. Zur Zeit sind die bildnerischen Architekturstücke für die in diesem Jahre auszuführenden zahlreichen Giebel, sowie die Gesamtmodelle derselben in Arbeit. Das Hauptgebäude, welches nach dem neuen Anschlage 2.788.000 Mark kostet, soll 1902 im Rohbau außen vollendet und fertig eingedeckt werden, so dass bereits im Winter mit der Ausführung der umfangreichen Heizungs und Lüftungsanlage begonnen werden kann. Diese wird als Warmwasserheizung für die Lehrräume und als Niederdruckdampfheizung für Hallen, Flure, Treppenhäuser und die Aula ausgeführt.

    Das Gebäude soll ebenso wie die übrigen Hochschulbauten mit Mönch- und Nonnensteinen eingedeckt werden. Als Decke ist nach eingehenden Versuchen die Könensche Plandecke und zwar mit Holzlattenunterlage für alle Lehrräume gewählt. Die Flure und Hallen erhalten, soweit sie nicht gewölbt sind, Voutenplatten- bzw, gestelzte Monierplattendecken.

    Bei dem jetzigen Stande der Bauarbeiten lassen sich Angaben über besondere, den inneren Ausbau betreffende Constructionen oder für denselben in Aussicht genommene Baustoffe noch nicht machen. Von den zahlreichen im Hauptgebäude befindlichen Räumen erhalten nur die Eingangs- und Mittelhallen, die Haupttreppenhäuser sowie die Aula und der im ersten Stock gelegene Sitzungssaal für Rector und Senat eine reichere architektonische Ausgestaltung. Dieselbe wird in der Aula unter Verwendung von Malereien für einen Theil der Wandflächen ihren Höhepunkt erreichen.

    Gleichzeitig mit dem Hauptgebäude sollen bis October 1904 auch die Sonderinstitute und alle sonstigen auf dem Gelände zu errichtenden Baulichkeiten und Anlagen fertig gestellt werden. Von ersteren sind das elektrotechnische Institut und das maschinentechnische Laboratorium gleichzeitig im Sommer des vergangenen Jahres begonnen worden und ersteres bis zum Erdgeschoss, letzteres bis zur Dachbinderhöhe ausgeführt. Auch diese Bauten sollen im Laufe des Jahres unter Dach gebracht werden, damit mit dem Ausbau und der Aufstellung der für die Heizung benöthigten Kesselanlage baldigst begonnen werden kann. Ein in der Nähe des Maschinenlaboratoriums befindliches Wohnhaus für den Maschinisten und Heizer ist im Laufe des vergangenen Jahres angefangen und im Äußeren fertiggestellt worden, so dass es im Sommer d. J. für Bureauzwecke bereits in Benutzung genommen werden kann. Zwei weitere Beamtenwohnhäuser sollen zu beiden Seiten des Haupteinganges zur Hochschule für den Pförtner und Gärtner errichtet werden.

    Das chemische Institut, der nächst dem Hauptgebäude umfangreichste Bau, ist auf dem östlichen Theil des Geländes jetzt begonnen worden, nachdem die ausführlichen Entwürfe für dasselbe fertiggestellt sind. Gleichzeitig mit den genannten Bauausführungen wird die Bodenregelung und die Herstellung der Gartenanlagen vorzunehmen sein, welchen bei dem nach Süden stark ansteigenden Baugelände durch Anordnung von Treppen und Rampen eine wechselvolle, der schönen Umgebung sich anpassende Gestaltung gegeben werden soll. Die Bauausführung ist dem Landbauinspector A. Carsten unterstellt.

    Name:  Technische Hochschule- Hauptgebäude Erdgeschossgrundriss.jpg
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    Viele Grüße

    Peter

  6. #6
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    Standard AW: Technische Hochschule Danzig

    Interessant, wie ausführlich dieser Prachtbau der Kaiserzeit beschrieben wird.
    Mich würde interessieren, welchen Anteil der Kosten der Kaiser oder Berlin übernommen hat.
    Außerdem wüsste ich gerne, welche Lehrstühle besetzt wurden und wie sich diese im Laufe der Jahre entwickelt haben.
    mein Großvater wurde zusammen mit 36 (?) Professoren nach Danzig vom Kaiser an die TH 1906 berufen und bezahlt.Später mussten die witven der Geheimräte wegen der hohen Pensionen ins reich auswandern (1935 bei der Zwangsdevisenbewirtschaftung Hitlers). Er als Prof. für Kunstgeschichte und ich glaube für Zeichnen. Die anderen Professoren waren wohl für technische Ausbildung zuständig. Sie wurden alle "Geheimräte". Im Wesentlichen waren die Professoren und Stundenten sehr vaterländisch rechts orientiert. Später gab es auch einen Lehrstuhl für Geschichte, ich denke für Danziger Geschichte. Wie verhielt sich die TH in der Nazi-Zeit? Gab es auch jüdische und polnische Professoren?
    Die Namen, die Lehrstühle und die Anzahl der Studenten und deren Abschlüsse würden mich interessieren. Waren Frauen auch zugelassen? und ab wann?
    Wer kann mir raten, wo ich etwas darüber finde.
    Grüße und
    danke für die Infos
    Birke Rühle
    Übrigens heute ist die TH sehr gut restauruert worden und prankt in alter Herrlichkeit- teilweise mit dem preußischen, teilweise mit dem polnischen Adler und einem sinnigen Gorgonenhaupt! Wie weitsichtig!
    Die andere Seite der Technik.

  7. #7
    Forum-Teilnehmer Avatar von sarpei
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    Standard AW: Technische Hochschule Danzig

    Hallo miteinander,

    hier noch ein Beitrag zur Eröffnung der technischen Hochschule.

    Zur Beantwortung der Fragen von Birke bedarf es einer Auswertung der Dokumente, die unter

    http://pbc.gda.pl/dlibra/results?act...teQueryType=-2

    nach Eingabe der Suchbegriffe 'Technische Hochschule' angezeigt werden.
    Insbesondere die Vorlesungsverzeichnisse und Personalverzeichnisse dürften von Interesse sein.

    .................................................. .................................................. .................................................. .................................................. ...............

    aus: Zentralblatt der Bauverwaltung Nr. 82 vom 12. Oktober 1904
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    Die Einweihung der Technischen Hochschule in Danzig
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    Am Donnerstag, den 6. Oktober [1904], ist in Gegenwart des Kaisers die Technische Hochschule in Danzig eingeweiht worden. Entsprechend der kulturgeschichtlichen Bedeutung dieses Tages, nicht nur für Danzig allein, sondern auch für den gesamten Osten des Königreichs Preußen, hat sich diese Feier in glanzvoller, die Technik ehrender Weise vollzogen. In der reichgeschmückten Aula harrte eine glänzende Festversammlung der Ankunft des Kaiser. Zu dem Festakte waren erschienen die Ministor Dr. Studt, v. Rheinhaben, Möller und v. Hammerstein, der Ministerialdirektor im Kultusministerium Althoff, der Referent für das technische Hochschulwesen im Kultusministerium Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Dr. Naumann, als Vertreter des Ministers der öffentlichen Arbeiten Ministerialdirektor Hinckeldeyn und der bautechnische Referent Wirklicher Geheimer Oberbaurat Dr. Thür. Die Oberpräsidenten von Westpreußen, Ostpreußen und Posen, sowie die Spitzen sämtlicher Zivübchö'rden, des Militärs und der Marine, die Abgesandten der Universitäten, Technischen Hochschulen, Akademien und höheren Schulen, die Vertreter der Kaufmannschaft und Industrie, sowie die Abordnungen der studentischen Verbindungen an den deutschen Universitäten und Hochschulen füllten den Saal und boten in ihren reich gestickten Uniformen und Amtstrachten ein farbenfrohes Bild.

    Um 11 1/2 Uhr verkündeten Fanfärenklänge, daß der Kaiser mit Gefolge das Haus betreten hatte. Unter den Klängen von Beethovens "Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre" begann der eigentliche Festakt. Nach Beendigung des Gesanges verlas der Kaiser bedeckten Hauptes folgende Rede, ausdrucksvoll die einzelnen Höhepunkte derselben betonend:

    "Es gereicht Mir zu hoher Befriedigung; heute eine neue Bildungsstätte für technische Wissenschaften eröffnen zu können. Von der Erkenntnis durchdrungen, daß bei dem Wettlauf der Nationen in der kulturellen Entwicklung der Technik ganz besondere Aufgaben zufallen und deren Leistungen für das künftige Wohl des Vaterlandes und die Aufrechterhalturjg seiner Machtstellung von größter Bedeutung sind, halte Ich es für eine Meiner vornehmsten landesherrlichen Pflichten, für die Verbreitung und Vertiefung der technischen Wissenschaften einzutreten und auf eine Vermehrung der technischen Hochschulen hinzuwirken. Denn die ungeahnte Entwicklung, welche die deutsche Technik seit dem Beginn des Zeitalters der Eisenbahnen nach allen Richtungen erfahren hat, haben wir nicht zufälligen Entdeckungen und glücklichen Einfällen, sondern der ernsten Arbeit und dem auf dem festen Boden der Wissenschaft fußenden, systematischen Unterricht an unseren Hochschulen zu verdanken. Die Mathematik und die theoretischen Naturwissenschaften haben die Wege gewiesen, auf denen der Mensch in Gottes allgewaltige Werkstatt der Natur immer tiefer einzudringen vermag, die angewandte Wissenschaft hat diese Wege kühn beschriften und ist zu staunenswerten Erfolgen gelangt. Den technischen Hochschulen liegt es ob, theoretische und angewandte Wissenschaft zu fruchtbarem Zusammenwirken zu vereinigen, und zwar mit der umfassenden Vielseitigkeit, die das auszeichnende Merkmal des in Deutschland entstandenen Typus dieser Anstalten bildet. Sie stellt in ihrer Eigenart eine wissenschaftliche Universität dar, die mit der alten Universität umsomehr verglichen werden kann, als ein nicht unbeträchtlicher Teil des Lehrgebietes beiden Anstalten gemeinsam ist. Die Gleichartigkeit und Ebenbürtigkeit derselben, habe Ich Mich bemüht, auch nach außen hiu zum Ausdruck zu bringen, indem Ich den technischen Hochschulen die gleiche hohe Stellung, wie sie die Universitäten seit langem behaupten, in Meinen Landen eingeräumt und ihnen das Recht beigelegt habe, akademische Grade zu verleihen. Dieses Recht soll auch der neuen Hochschule zustehen, welche auch im übrigen mit ihren älteren Schwestern in allen Stücken gleichgestellt ist. Eine besondere Genugtuung ist es Mir gewesen, die neue Bildungsstätte hier in dieser altehrwürdigen, erinnerungsreichen Hansestadt erstehen zu lassen und damit den Meinem Herzen so nahe stehenden Ostprovinzen wie der Stadt Danzig einen neuen Beweis Meiner landesväterlichen. Fürsorge zu geben. Auf einem Boden errichtet, den deutsche Tatkraft einst der Kultur erschlossen, soll die Anstalt hier stehen und wirken als ein fester Turm, von dem deutsche Wissenschaft, deutsche Arbeitsamkeit und deutscher Geist sich anregend, fördernd und befruchtend in die Lande ergießen. Mögen immer unsere Ostprovinzen nach Lage und Naturverhältnissen für eine industrielle Entwicklung weniger günstige Bedingungen darbieten als andere Landesteile - das technische Wissen verleiht ja gerade vielfach die Macht, zu ergänzen, was die Natur versagt. So soll die Anstalt mit dazu dienen, den Geist des industriellen Fortschrittes zu beleben und sich mit Fragen beschäftigen, die aus den besonderen Verhältnissen ihres heimischen Gebietes sich ergeben. Daß aber die Anstalt die ihr gestellten hohen Aufgaben zu lösen bestrebt und imstande sein wird, dafür bürgen uns die Tüchtigkeit ihrer Lehrkräfte und die Reichhaltigkeit ihrer Lehrmittel. Möge die neue Hochschule wachsen und gedeihen zum Ruhme der deutschen Wissenschaft, zum Segen dieser altpreußischen Provinzen und zur Ehre des deutschen Namens. Das walte Gott!"

    Hiernach antwortete der Kultusminister in einer längeren Ansprache, in der er die tatkräftige Förderung des Planes sowie die Einwirkung des Kaisers auf die Gestaltung des Bauentwurfs hervorhob und dann in eine erschöpfende Übersicht der Tätigkeit einging, die von den preußischen Königen und namentlich von dem regierenden Kaiser in der Förderung wissenschaftlicher Zwecke entwickelt worden ist. Insbesondere hob der Minister die Fürsorge hervor, die der Kaiser und König den technischen Wissenschaften und den Technischen Hochschulen angedeihen läßt und die ihren Ausdruck gefunden habe in der Gleichstellung der letzteren mit den Universitäten, der Ernennung von technischen Vertretern im Herrenhause, sowie in der Befugnis zur Verleihung akademischer Würden. Am Schluß der Rede machte der Minister die Auszeichnungen bekannt, die anläßlich der Feier vom Kaiser verliehen worden sind ..... .

    Im Namen des Lehrkörpers und der Studentenschaft dankte hierauf der erste Rektor der Hochschule, Geheimer Regierungsrat Professor Dr. v. Mangoldt, für die Beweise Allerhöchster Huld, hob die Vorzüge Danzigs in bezug auf das Studium der verschiedenen technischen Unterrichtszweige hervor und schloß mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf den Kaiser. Die Nationalhymne durchbrauste den Saal, begleitet vom Zusammenklang der gekreuzten Rapiere, und beendete den ersten Teil des weihevollen Festaktes.

    Hierauf verließ der Kaiser seinen Platz, reichte dem Rektor die Hand, zeichnete den Bauleiter durch eine Ansprache aus und ließ sich das gesamte Professorenkollegium vorstellen. Geleitet vom Kultusminister, dem Oberpräsidenten Delbrück, dem Oberbürgermeister Ehlers, sowie dem Rektor und dem Baurat Professor Carsten begab sich hierauf der Kaiser zum Ausgang und drückte vor der Abfahrt seine volle Anerkennung über den Bau aus.

    Nunmehr folgte der zweite Teil der Festlichkeit, eröffnet durch eine Begrüßungsrede des Oberbürgermeisters der Stadt Danzig. Hieran schlossen sich die Glückwünsche des Rektors der Berliner Technischen Hochschule, Professor Dr. Miethe, der zugleich im Namen sämtlicher Technischen Hochschulen des deutschen Reiches, der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin und der Technischen Hochschulen in Kopenhagen, Stockholm und Wien sprach. Es folgte eine Ansprache des Rektors der Technischen Hochschule in Aachen, Geheimen Regierungsrates Professor Dr. Borchers, welcher eine Adresse überreichte. Der Rektor der Universität Berlin, Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Freiherr v. Richthofen sprach im Namen der preußischen Universitäten, der Rektor der Technischen Hochschule in München Professor Dr. v. Dyck im Namen der Akademien der Wissenschaften in Berlin und in München, der Präsident der Akademie der Künste in Berlin, Geheimer Regierungsrat Professor Otzen im Namen der Akademie der Künste und der Akademie des Bauwesens in Berlin, sowie der deutschen Gesellschaften für Kunst und Wissenschaft in Posen und Bromberg. Hieran schlossen sich die Glückwünsche der Vertreter der Schiffbautechnischen Gesellschaft, der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig, des Vereins deutscher Ingenieure, des Provinzial-Landtages, des Sparkassen-Aktienvereins und des Verbandes Ostdeutscher Industrieller in Danzig, Die beiden letzteren überreichten namhafte Stipendien. Für alle diese Glückwünsche dankte der Rektor in warmen Worten und wandte sich sodann an die Minister des Kultus, der öffentlichen Arbeiten und der Finanzen, indem er ihnen sowie dem Staatskommissar für die Technische Hochschule in Danzig, Exzellenz Delbrück, den tief empfundenen Dank für ihre Fürsorge aussprach. Auch der dahingeschiedenen Männer, die sich um das Zustandekommen der neuen Anstalt verdient gemacht haben, in erster Linie des früheren Oberpräsidenten der Provinz Westpreußen, Staatsministers v. Goßler, gedachte der Redner. Mit einem Chorgesang klang die erhebende Feier aus.

    In den Nachmittagstunden vereinigten sich die Teilnehmer des Festes zu einem Mahl in den Hallen des altehrwürdigen Franziskanerklosters. Hier wurden nach dem vom Kultusminister ausgebrachten Trinkspruch auf den Kaiser in zündenden Reden der jungen Pflanzstätte technischer Künste und Wissenschaften treue Gleitworte auf den Weg gegeben, den sie zur Pflege deutscher Kulturarbeit nunmehr betritt.

    Danzig - Baurat Prof. A. Carsten

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    Viele Grüße

    Peter

  8. #8
    Forum-Teilnehmer Avatar von Bartels
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    Standard AW: Technische Hochschule Danzig

    Hallo Birke,

    allgemeines Frauenstudium gab es in Preußen ab 1908 (als letztes Land im Reich) - 9 Jahre nach Baden - allerdings kamen noch in den 1980ern (und viele Jahre später) auf 400 Bauingenieur-Studenten etwa 3 Studentinnen ...

    Kunstgeschichte war 1908 auch ein Frauenthema - Schiffbau so gut wie unvorstellbar für eine Frau.

    NB: Mein WLAN geht wieder - eine Mail folgt in Sachen Kerski etc.
    Beste Grüsse
    Rudolf H. Böttcher

    Max Böttcher, Ing. bei Schichau (aus Beesenlaublingen & Mukrena);
    Franz Bartels & Co., Danzig Breitgasse 64 (aus Wolgast);
    Familie Zoll, Bohnsack;
    Behrendt, Detlaff / Detloff, Katt, Lissau, Schönhoff & Wölke aus dem Werder.
    Verwandt mit den Familien: Elsner, Adrian, Falk.

    http://bartels-zoll.blogspot.de/2012/07/ahnentafeln-zoll.html

  9. #9
    Forum-Teilnehmer Avatar von mariano
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    Standard AW: Technische Hochschule Danzig

    Ich habe da studiert vor 50 - Jahren und nach der Studium "Ingenieur" geworden. aber diese Schule hatte damals schon Name "Politechnika Gdanska".Grus an Alle...

  10. #10
    Forum-Teilnehmer Avatar von Felicity
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    Standard AW: Technische Hochschule Danzig

    Lieber Mariano ! Erzaehl uns mehr von Deiner Studenten Zeit, was Hast Du studiert ? Man kann ja vieles vom Mr. Google ablesen, aber persoenliche Eindruecke bringen uns doch so viel naeher. Politechnika Gdanska (Frueher die Technische Hochschule) ist doch eine der aeltesten in Polen. (1904) und hat doch ueber 20,000 Studenten. Wir hatten eine enge Verbindung mit ihr in den Kriegsjahren, als ukrainische Studenten von Galizien und auch aus der Gross Ukraine dort studierten und Papa und unser Heim oft besuchten. Mein Vater kam aus Kiev und bemuehte sich den jungen Studenten, so weit weg von zu Hause, so viel wie moeglich zu helfen. Liebe Gruesse von der Feli

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