Hallo miteinander,

in dem von mir begonnenen 'Chronik-Thread' war für das Jahr 1915 bereits kurz die Danziger Kriegssäule erwähnt worden. Hier nun ein allgemeinerer Beitrag hierzu. Bei den von mir vorgenommenen Auslassungen handelt es sich um Hinweise auf Abbildungen, die nichts mit der Danziger oder Thorner Kriegssäule zu tun hatten.

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aus: Zentralblatt der Bauverwaltung Nr. 69 vom 28. August 1915
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Über Kriegsnagelungen
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Vom Professor Dr.-Ing. Hermann Phleps in Danzig

An einer Hausecke in der Nähe des Stephandomes in Wien steht ein mit unzähligen eisernen Nägeln benagelter kleiner Baumstamm. Die Sage erzählt, dass jeder, der an dem Gotteshaus des heiligen Stephan mitgewirkt hätte, sich mit einem Nagel an diesem Erinnerungsmal verewigte. Unser jetziger Krieg hat diese Sitte neu erweckt. So wie der schlichte Wiener Werkmann durch eine Nagelung dem der Gottheit gewidmeten Denkmal huldigen wollte, gedenkt man nun im ganzen Deutschen Reich in ähnlicher Handlung seiner Ehrfurcht und Hingebung zu Kaiser und Reich äußerlich Ausdruck zu verleihen. Um den Kriegsnöten zu steuern, soll mit der Nagelung zugleich eine Opfergabe an Geld verbunden sein. Hiermit allein ist der gewollte Zweck noch nicht erreicht. Da der genagelte Holzkörper zugleich als Erinnerungsmal an den vaterländischen Geist während des Krieges späteren Geschlechtern erhalten bleiben soll, ergibt sich zugleich der künstlerische Gedanke, den genagelten Aufbau in eine eigenartige Form zu kleiden.

Man hat bisher hierbei vorwiegend zu figürlichen Formen gegriffen. So ging z. B. zuerst Wien mit einem eisernen Ritter voran. In Deutschland betraten mehrere Städte einen ähnlichen Weg, Heilbronn mit einem Eisenhart ....., Mannheim mit einem eisernen Roland ....., Hamburg mit einem eisernen Michael (2,70 m hoch), Bremen mit einem eisernen Roland, Emden mit einem „Isern Keerl van Emden" (2 m hoch), Breslau mit einem eisernen Michael (2 1/2 m hoch) und Berlin mit einem 10 m hohen Hindenburg. Frankfurt a. M. wählte einen sitzenden Adler ....., Lübeck den Doppeladler seines Wappens, Potsdam und Wannsee begnügten sich mit einfachen eisernen Kreuzen, Goslar griff zu drei Schilden, die Hindenburg, Weddigen und den namenlosen Helden gewidmet sind, und Schöneberg entschied sich für eine Tür. Bei den meisten dieser Wahrzeichen unterließ man es, die Formengebung den technischen Bedingungen anzupassen. Die erste Erwägung hierüber betrifft die Form an sich. Es muss zu allererst dafür Sorge getragen werden, dass die Nägel einen sicheren Halt bekommen, dass die Gefahr des Aufeinandertreffens einzelner Nägel ausgeschlossen bleibt und dass sie an jeder Stelle leicht eingeschlagen werden können. Aus diesem Grunde sind spitze Winkel, kleine buckelartige Erhöhungen und scharfe Einschnitte zu vermeiden.

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Figürliche Darstellungen bergen aber diese Missstände stets in sich, und deshalb werden solche Stellen durch die Nagelung immer unschöne Veränderungen erleiden. Die für Nagelungen günstige Formen setzen sich nach dem Angeführten aus geraden Flächen, Rundkörpern, stumpfwinkligen und flachgewellten Vorsprüngen zusammen.

Eine zweite Erwägung muss dafür Vorsorge treffen, dass der genagelte Körper, wenn er der Einwirkung des Wetters preisgegeben wird, nicht Risse bekommt. Hierzu dienen eiserne Sicherungen. Diesen beiden grundliegenden Erwägungen entsprechen am meisten die Tafel oder die Säule.

Als nächstliegende Form für Tafelnagelungen kann man die Tür als Eingangstür von Kirchen und öffentlichen Gebäuden wählen, und je nach den Mitteln Neues schaffen, oder alte Türen benutzen. Wenn auch die Nagelung bei letzteren eine willkürliche Zutat darstellt, werden sich ihre Merkzeichen - sei es ein eisernes Kreuz, ein Adler, ein Schwert, ein Eichenzweig, eine Fackel, der Namenszug unseres Allerhöchsten Kriegsherrn oder allein die Jahreszahl des Kriegsjahres selbst - leicht ein fügen lassen ..... . Man könnte auch besonders geformte der Nagelung dienende Tafeln aufschrauben ..... . Außerdem lassen sich tafelförmige Wahrzeichen gesondert bei Innen- und Außenwänden von Kirchen, Rathäusern und Stadttoren aufhängen. Im Freien muss dafür Sorge getragen werden, dass das Holz vor Einflüssen der Feuchtigkeit bewahrt bleibt. Das kann außer den üblichen das Werfen verhindernden Vorkehrungen ein Schutzdach und ein metallener Randschutz; bewirken ..... . Für eine zweite Form genagelter Wahrzeichen wären einfache Balken vorzuschlagen, die ein- oder zweiseitig genagelt in Torwegen oder Vorhallen von öffentlichen Gebäuden in wagerechter Lage aufgehängt werden können ..... . Diese Form dürfte sich für kleinere Gemeinden eignen und trotz ihrer Einfachheit sich als wirkungsvoll erweisen. Es ist von Wichtigkeit gerade für die kleinen Gemeinden, wo die Mittel gering sind, nach eigenartigen Wahrzeichen zu suchen. Wäre es nicht angebracht, über den genagelten Gegenstand hinwegzugehen und außer diesen auch Gebilde der Natur heranzuziehen. So z. B. könnte man die Tanne nehmen, die an einem besonderen genagelten Gerüst mit eiserner Deckschiene ..... sich leicht befestigen ließe und die dann vierteljahrlich erneut, zugleich ein Zeichen ewig wach bleibenden Gedenkens an die Heldenzeit des großen Krieges darstellen würde.

Allen Wahrzeichen voran dürfte die Säulenform stehen, nicht allein deshalb, weil wir sie seit unserer altgermanischen Vorzeit lieben, sondern auch wegen ihrer ästhetischen wie technischen Vorzüge. Mit ihrer aufrechtstehenden Form lassen sich im Freien wie im Innern stets Bilder von eigenartigem Reiz schaffen. Ihr äußeres Gewand, ob rund oder vielkantig, verbürgt die für eine gute Nagelung notwendigen Voraussetzungen - keine übermäßigen Erhöhungen und Einschnitte.

So haben die Stadt Danzig und die Stadt Thorn sich für Säulen entschieden. In Danzig sitzt die Säule [siehe untige Abbildungen] mit vier Eisen verankert auf einem Sockel von Kunstgranit und Porphyr. Sie ist aus mehreren Teilen weichen Kiefernholzes mit Quarkleim zusammengeleimt. Um Risse zu vermeiden, hat sie eine sechsfache eiserne Bereifung erhalten. Auch das bekrönende Kreuz, an dessen Innern Versteifungen liegen, ist. am Rande mit starkem Eisenblech geschützt. Desgleichen tragt der Übergang vom Kreuz zum Schaft ein Eisenkleid. Auf diese Weise ist dem Einwirken der Witterung, schon in der Verteilung der Baustoffe Einhalt geboten. Die Säule wurde zweimal mit heißem Leinöl gestrichen. Wenn die Nagelung, die in Form eines silbernen Ornaments auf eisernem Grund vollzogen wird, vollendet ist, so werden die eisernen Nägel in gewissen Zeitabschnitten mit einem schützenden Anstrich versehen werden. Die eisernen Reifen des Schaftes dienen außer technischen Zwecken zugleich als die ehernen Verkünder unserer Fürsten und Helden, soweit sie auf den Osten Bezug haben. Der oberste Reif trägt die Namen des Kaisers sowie des Kronprinzen und des Prinzen Heinrich, der zweite Reif: Hindenburg, Mackensen, Falkenhayn, der dritte: Tirpitz, Spee, Weddigen. Das Eisenwerk wurde schwarz gestrichen, die Buchstaben blaugrün. Für die Kronprinzessin, die
mit ihrem Nagel und den Nägeln für die kronprinzlichen Kinder die Nagelung selbst einleiteten, wurde eine besondere Stelle in Wappenform ausgespart. Als Rand dieses Wappens reihen sich die Nägel der Ehrengäste.

An der Thorner Säule sind die gleichen Beweggründe wie am vorigen berücksichtigt worden. Hier sollte das Kreuz allein genagelt werden, was auf die Gesamterscheinung ihres Aufbaues wesentlich einwirkte [siehe untige Abbildung].

Bei geringen Mitteln könnte man sich begnügen, nur einzelne Stellen einer Säule zu benageln. Es lassen sich auch hier, besonders durch die metallenen Bekrönungen, leicht eigenartige Formen bilden ..... . Auch der Gedanke, solche Säulen zugleich als Kranzhalter auszubilden, lässt sich leicht und billig in die Tat umsetzen und gibt dem Denkmal einen neuen Wert.

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Viele Grüße

Peter