In geringer Entfernung von der Radaune erhebt sich auf einer Anhöhe über
ihrem rechten Ufer, umgeben von schattigen Bäumen, die Prangenauer Kirche.
Es ist ein schlichter Bau aus älterer Zeit. Die Mauern sind zum größten
Teil aus Feldsteinen ausgeführt. Über einer Seitentür ist eine kleine
Sonnenuhr angebracht.
Die Prangenauer Kirche war eine der ersten im Lande. Doch in den harten
Kriegszeiten starben die Leute in jener Gegend aus, ihre Häuser verfielen,
auf den ehemaligen Wohnplätzen und Feldern erwuchs ein dunkler Wald, und
niemand wusste etwas von der Kirche inmitten der Wildnis.
Nun geschah es einst, dass ein Bulle von einer Herde abkam und immer tiefer
in den Wald geriet. Schließlich kam er an die alte Kirche und ging durch
die offen stehende Tür hinein. Da schlug der Wind die Tür hinter ihm zu.
Vergebens suchte er einen Ausgang; er war gefangen. Bald verspürte er
Hunger, doch in der Kirche war nichts, womit er ihn hätte stillen können.
Als er schon ganz ermattet war, fand er die herabhängenden Glockenstränge.
Er wollte sich an ihnen sättigen und kaute und zerrte daran. Dadurch wurden
die Glocken in Bewegung gesetzt; sie fingen an zu läuten, dass es weithin
durch den Wald schallte.
Verwundert vernahmen die Leute das Geläute aus dem Walde, kamen herbei und
fanden die Kirche. Der Bulle aber lag tot unter den Glockensträngen.
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(Gefunden in der Plachander-Datei)
Christa