Ergebnis 1 bis 4 von 4

Thema: Zoppoter Strandkörbe

  1. #1
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
    Registriert seit
    10.02.2008
    Ort
    Prinzlaff/Przemysław
    Beiträge
    9,722

    Standard Zoppoter Strandkörbe

    Schönen guten Nachmittag,

    an vielen deutschen Küstengewässern sind heute Strandkörbe zu finden. In unterschiedlicher Qualität, Größe, Ausstattung. Vor allem an der Nordsee, wenn es stürmisch bläst, wenn Schutz vor Wind und Sand, aber auch vor direkter Sonnenstrahlung gesucht wird, sind Strandkörbe eine feine Sache.

    Es hat sie offensichtlich in früheren Zeiten auch in Zoppot gegeben. Aber das war einmal. Ich bin immer wieder mal am überlegen, ob ich mir nicht einen Strandkorb bestellen und mir hier im Garten aufstellen soll... - um dann von Sonne, Strand zu träumen.

    Schöne Grüße aus dem Werder
    Wolfgang

    =====

    Aus „Unser Danzig“, 1970, Nr.13, S.25

    Zoppoter Strandkörbe
    von Lothar Wegner

    Die Zoppoter Strandwärter oder deren Hilfsorgane schwitzten nicht schlecht, wenn sie euch an die durch den Badegast auserkorene Stelle des Strandes setzten, denn diesem erlösenden Augenblick war ein an-strengender Transport auf dem Buckel vorangegangen. Dementsprechend wurde die Mühe der Wackeren dann auch mit einem Sondertrinkgeld belohnt.
    Ihr wart wirklich eine „Wucht“, aus Holz, Weidengeflecht und meist rotgestreiftem Eisendrell, den niemand kaputt bekam. Ihr bildetet das Zuhause für die Zeit des Strandaufenthalts. Genüsslich konnte man sich in eure schöngeschwungene Rückenkurve schmiegen, rechts und links eine große aufgesteppte Tasche im Drell, vor sich ein kleines Klapptischchen, unter sich ein Polsterbänkchen oder, besser gesagt, ein aufklappbares Polstersitzbankkästchen. So standet ihr behäbig, doch nie zu dicht, am Zoppoter Strand. In der Jugend schmückte euer Geflecht ein einladendes, fast naturfarbenes helles Gelb, das von Jahr zu Jahr grauer und damit unansehnlicher wurde. Die großen Zahlen auf eurem Rücken waren trotzdem, sozusagen als Hausnummern, gut lesbar, auch wenn ihr euch im Greisenzustand befandet, denn sie wurden von Zeit zu Zeit mit schwarzer Farbe aufgefrischt. Es gab auch Klappkörbe unter euch, eine schmaler gestreifte Elite, deren Benutzung erheblich teurer war. Dafür konnte man euch aber vermittels einer Mechanik zum Liegen nach hinten herunterklappen, sodass die Sonne, an der bei uns kein Mangel war, nun von allen Seiten Zutritt hatte.

    Name:  UD 19701325 Zoppoter Strandkörbe.jpg
Hits: 682
Größe:  184.3 KB

    Was sind die leichten, bunten Badekabinen, die Sonnendächer und Strandschirme der Bella Italia gegen euch, ihr alten Ostseestrandkörbe! Gebrechliches Machwerk, nur ein Notbehelf, das ein starker Wind umpusten kann. Ihr dagegen bildetet eine Burg, standfest und verlässlich, umrahmt von einem Wall, dessen Höhe meist von der Anzahl der beim Bau beschäftigten Kinderzahl abhing. Ihr wart der ruhende Pol in der Erscheinungen Flucht, das Zentrum jedes Strandlebens, ein unerschöpfliches Reservoir guter und nützlicher Dinge. Mit allem Möglichen wart ihr oft so vollgekeilt, dass niemand mehr darin sitzen konnte. Doch das war nicht schlimm, denn der Innenwall war groß genug zum Faulenzen und Schmoren. Im Inneren des Korbes lagen dann Sachen, die im normalen Leben wenig miteinander zu tun hatten: Kleidungsstücke, vom mehr oder weniger gewagten BH über bunte Bademäntel bis zu leichten Badeschuhen, Schmuck, Brillen, Stötke, Sonnenschirme, Mappen, Handtaschen, Ferngläser, Bücher, Zeitungen, Zigaretten, Süßigkeiten, Kosmetika, Sonnenöle, tote Klopse und tote Eier.
    Tummelten sich die Korbbenutzer im Wasser, so stand der Strandkorb ernst, würdig und pflichtbewusst da, kehrte seine schwarze Nummer drohend zu den Nachbarn und schien zu sagen: „Hier hat kein Fremder etwas zu suchen!“ Und es suchte auch niemand etwas. Vorsichtshalber blieb manchmal ein Mitglied der Korbkommune zurück, dann war alles ganz sicher. Hatte das Tollen im Wasser endlich ein Ende, so wurde der Korb von einer Schar braungebrannter Männlein und Weiblein jeglichen Alters gestürmt. Jeder holte aus ihm, was er gerade brauchte. Dann hub in der Sandburg ein neckisches Schmausen und Rauchen an, begleitet von grunzenden Wohlbehagenskundgebungen. Oder man las, döste oder schlief. Die Kinder zogen sich mit Bällen und Ringen in den Hintergrund des Strandes zurück, denn zwischen den Sandburgen war das Spielen streng verboten. Eine der Hauptbeschäftigungen war das Einreiben mit Sonnenölen, Fetten und Krems aller Art. Da hatte jeder seine Spezialbehandlung, auf die er schwor: Vom hochfeinen Tiroler Nussöl bis zum gemeinen Backfett.
    Am Nachmittag wurde es um die Strandkörbe wesentlich ruhiger, Mütter mit Kindern, Omas und Opas saßen genüsslich darin, um über Gott und die Welt zu plaudern. Dabei ging es recht großzügig zu: Manche saßen oft in Körben, die sie gar nicht gemietet hatten. Es nahm selten jemand Anstoß daran: Kam der richtige Inhaber und fand seinen Korb besetzt, so setzte er sich eben in einen anderen!
    Und dann kam der Abend mit der erfrischenden Brise von der See, dem Panorama der vielen Lichter um die dunkle Bucht, den festlichen Lampen der Strandpromenade und des Seestegs und dem fast lautlosen Plätschern der müden Wellen. Dann verwandelte der Mondschein die bleichen Strandkörbe in weiße, gespenstische Schemen, erfüllt vom geheimnisvollen Innenleben der Liebespärchen, immer wieder unterbrochen durch die strengen Amtshandlungen mit-leidsloser Strandwärter mit großen Stablampen. Jeder von ihnen wirkte wie der Erzengel Michael mit dem Flammenschwerte, der die Liebenden aus dem Paradiese trieb. Er kam immer dann, wenn man ihn am wenigsten erwartete.
    Ihr guten alten Strandkörbe, wenn ihr Memoiren schreiben könntet! Die Bände würden eine stattliche Bücherei füllen!
    Ob von euch alten Veteranen der Vorkriegszeit heute noch jemand am Zoppoter Strand steht? Wenn ja, so grüße ich ihn als alter Kunde!

    -----
    Die Veröffentlichung des Artikels erfolgte mit freundlicher Genehmigung des "Bundes der Danziger" in Lübeck. Weitere Verwendungen / Veröffentlichungen nur mit ausdrücklicher Genehmigung durch den Bund der Danziger, Lübeck
    -----
    Das ist die höchste aller Gaben: Geborgen sein und eine Heimat haben (Carl Lange)
    Zertifizierter Führer im Museum "Deutsches Konzentrationslager Stutthof" in Sztutowo (deutsch/englisch)
    Certyfikowany przewodnik po muzeum "Muzeum Stutthof w Sztutowie - Niemiecki nazistowski obóz koncentracyjny i zagłady"

  2. #2
    Forum-Teilnehmer
    Registriert seit
    22.09.2013
    Ort
    25693 St. Michaelidonn/Holst.
    Beiträge
    25

    Standard AW: Zoppoter Strandkörbe

    Hallo Wolfgang,
    zu dem Thema "Strandkorb" fiel mir gleich der für meinen Mann erste Besuch nach der Flucht im Sommer 1971 ein. Am Zoppoter Strand standen einige Strandkörbe rum, ich meine, sie waren grün. Nicht zu verstellen, keine Fußablage, Taschen etc. Mein Mann gleich: Na, das sind aber nicht "unsere" Strandkörbe. Am Strand einige Damen, die stolz ihre Unterwäsche-BH's präsentierten. Ich habe damals ziemlich doof geguckt.
    Jetzt was anderes, gibt es eigentlich den Danziger Hauskalender noch?
    Herzliche Grüße von der Nordsee ins Danziger Werder
    Brigitte

  3. #3
    Administratorin Avatar von Beate
    Registriert seit
    11.02.2008
    Beiträge
    4,633

    Standard AW: Zoppoter Strandkörbe

    Hallo Brigitte,

    bin zwar nicht Wolfgang, aber kann Dir sagen: den DHK gibt es noch und Frau Rosenberg versendet z.Zt!
    Ich halte ihn schon in Händen...

    Fröhliche Grüße, Beate
    ..wirklich? Taktgefühl ist nicht nur ein Begriff in der Musikwelt?

  4. #4
    Forum-Teilnehmer
    Registriert seit
    22.09.2013
    Ort
    25693 St. Michaelidonn/Holst.
    Beiträge
    25

    Standard AW: Zoppoter Strandkörbe

    Moin Beate,
    na prima, dann werde ich mir den bestellen.Noch einen schönen 2. Advent
    LG Brigitte

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •