Schönen guten Nachmittag,
der heute verstorbene Peter Oestmann war ein Original.
In unserem Vorgängerforum bei Yahoogroups wurde viel über ihn geschrieben. Nur wenige von uns waren länger Mitglied im Forum, und auch wenn er sich nicht aktiv schreibend bei uns beteiligte, war er doch stets ansprechbar. Lange Jahre war sein Minigolfplatz in Zoppot eine mehr oder weniger offizielle Anlaufstelle für unsere Danzig besuchenden Forumteilnehmer/innen.
Einer der ersten Beiträge in dem er erwähnt wurde, war folgendes Streiflicht:
=====
Samstag, 30. März 2002
Wer kennt sie nicht - die geräucherten Flundern? Viele Ältere können sich noch erinnern und die Jüngeren haben häufig davon gelesen. Nicht ganz so bekannt, trotzdem aber traditionell zubereitet sind die luftgetrockneten Flundern. Zu Bildern von wimpelgeschmückten Kähnen und pfeifeschmauchenden Fischern gehören auch Katen, vor denen auf Leinen gehängte Flundern im Wind trocknen.
Peter Oestmann, aus Hamburg stammender Betreiber des Minigolfclubs Zoppot, hat sich ein altes Originalrezept besorgt. Und außerdem einen großen Korb frisch gefangener Flundern von einem Zoppoter Fischer. Das war bereits im Sommer vergangenen Jahres. Die Flundern wurden ausgenommen, fein säuberlich gereinigt und über Nacht in eine aus 10 Litern Wasser und 3 kg Salz angemachte Lake eingelegt. Am Rande des Minigolfclubs spannte er Leinen und hängte dort die Flundern auf, ließ sie in Wind und Sonne trocknen. Sobald Wolken aufzogen, Regen drohte, hängte er sie ab. Auf ein Drittel ihrer ursprünglichen Größe geschrumpft, steinhart getrocknet, verpackte er sie in Zeitungspapier und bewahrte sie sicher auf. Bis zum heutigen Tage...
Auf dem Tisch liegt eine Flunder. Oder zumindest etwas, das an eine Flunder erinnert. So groß wie eine Hand, aber offenbar nur wenige Millimeter dick. Sie liegt auf einem Stückchen ölgetränktem Zeitungspapier, verströmt einen recht intensiven Geruch. Peter, der sich heute auf dem Flohmarkt ein schweres Fischermesser gekauft hatte, versucht mit einiger Kraftanstrengung, die Klinge unter die lederartige Haut zu schieben, um die Flunder zu enthäuten. Es gelingt ihm auch, wobei sich zwischen Fleisch und Haut feine Fäden, fast Watte gleich, bilden. Das beim Häuten entstehende Geräusch klingt wie Zerreißen von Pergament. Josef Westenhöfer, ein ebenfalls von Deutschland nach Danzig Umgezogener, lästert, das "Ding da" stinke ja wie Hühnerfutter. Mit sichtlichen Bemühen sich nicht die Finger abzutrennen, versucht Peter Oestmann, hauchfeine Scheibchen von der Flunder abzuschneiden. Jetzt weiß ich auch, warum er diese Trockenflundern als "Schaben" bezeichnet. Da lässt sich nämlich kaum etwas abschneiden - alles muss runtergeschabt werden. Von Dieter Schrörs, dem fränkischen Chefkoch des Minigolfclubs werde ich gewarnt, die Flundern zu probieren, denn das sei die beste Möglichkeit, Magen und Darm "durchzuputzen".
Weder diese Empfehlung noch der durchdringende Geruch halten mich davon ab, ein wenig zu probieren. Es schmeckt wie es riecht. Und ist auch nur etwas für gesunde Zähne, denn für so wenig habe ich noch nie so lange kauen müssen. Schuhleder ist sicherlich ähnlich zäh. Aber was soll's, ich schabe mit Ausdauer und Geduld noch ein bisschen ab und danach immer wieder noch ein bisschen. Nach einer viertel Stunde habe ich bestimmt zwanzig Gramm Trockenfisch genossen. Ein mühsames Geschäft. Irgendwann sind Geruch und Geschmack Nebensache, es ist reizvoll, weiter zu essen. Die nächste Flunder häute ich dann nur noch und versuche Stückchen für Stückchen abzubeißen. Die trockenen Gräten krachen beim Kauen und nur daran ist zu merken, dass sich zwischen den Zähnen gerade kein Fischfleisch befindet.
Blüht mir nun wirklich ein "Durchputzen" von Magen und Darm? Mal sehen. Wenn dem so sein sollte, werde ich das noch anmerken, wenn nicht, dann ist hier Schluss...
=====
Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang