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Thema: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul Dahms

  1. #1
    Forum-Teilnehmer Avatar von Witz5
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    Standard Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul Dahms

    Liebe Forummitglieder,
    nach reiflicher Überlegung bin ich nun doch zum Ergebnis gekommen, die Lebenserinnerungen meiner Vorfahrin Johanna Mathilde Scharmer, geborene Dahms hier und in mehreren Kapiteln zu veröffentlichen. Ein Bildanhang folgt im letzten Kapitel.
    Johanna ist eine der Zwillingstöchter, die aus der Ehe von Prof. Dr. Paul Dahms und seiner Frau Hendrika Alida Dahms, geborene Skorka hervorgingen.
    Ihr Lebensbericht und ihre Erinnerungen spiegeln in vorzüglicher Weise das Leben um die Jahrhundertwende wieder, auch die Weltkriegszeiten sowie die Flucht und Vertreibung aus Danzig / Zoppot und den Neubeginn im Westteil Deutschlands.
    Ich hoffe sehr, dass die Schilderungen aus dem Leben von Johanna auf breites Interesse stoßen.
    Gern mache ich mir die Arbeit der Abschrift auch, als Dank für viele Hinweise und Hilfen aus diesem Forum, Tipps für Recherchemöglichkeiten, Ergebnisse aus Recherchen von Forummitgliedern und Übersetzungshilfen.
    Für Hinweise auf Personen, die in den folgenden Erinnerungen genannt werden, bin ich natürlich weiterhin interessiert.
    Bekannte Lebensdaten zu den genannten Personen sind am Ende der jeweiligen Kapitel und zum besseren Verständnis angeführt.
    Meine persönlichen Anmerkungen habe ich in Klammern gesetzt (a.d.V.).

    Kapitel 1:

    Johanna Scharmer
    Mein Leben
    Die Eltern meines Vaters
    Mein Vater (Prof. Dr. Paul Dahms) war das einzige Kind aus zweiter Ehe. Die erste Frau (seines Vaters a.d.V.) war an Flecktypus gestorben (Johanne Ludowike Dahms, geborene Maladinska a.d.V.) . Meines Vaters Mutter war eine geborene Schuricht, sie stammte aus einer hoch musikalischen Familie (Orgelbauer). Großmutter war still und klug und versah das Hauswesen geschickt und verantwortungsvoll.
    Meines Vaters Vater war Malermeister und Kunstmaler (Otto Herrmann Dahms a.d.V.), er hatte auf der Kunstakademie in Wien studiert, war eng befreundet mit Prof. Strewinszirg. Dieser war Porträtmaler und malte meine Großeltern und später noch einmal meinen Großvater mit weißen Locken (diese Gemälde sind durch die Flucht alle in der Heimat verblieben und sind nun im Besitz der Polen). Großvater hatte in Danzig die Kunst- und Gewerbeschule gegründet, in der er 25 Jahre umsonst in den Fächern Mal- und Bildauerkunst unterrichtete. Für seine Verdienste wurde ihm vom Kaiser der schwarze Adlerorden verliehen. Er war in Danzig eine bekannte Persönlichkeit, von Statur groß und breitschultrig, in seinem Wesen ein hilfsbereiter, freundlicher Mann. Seine Familie war sehr musikalisch, von seinen Geschwistern spielte jeder mehrere Instrumente. Ein Bruder war Porzellanmaler und Zeichner, ein anderer hatte im großen Werder bei Danzig ein Anwesen (Julius Eduard Dahms a.d.V. Bild von ihm rechts!).
    Von meines Vaters Vater aus erster Ehe stammten zwei Töchter. Die eine Tochter hat das Konservatorium besucht und heiratete einen Musiker, der Organist an der Danziger Marienkirche war. Er machte auch Konzertreisen und wurde in Russland vom Zaren mit den schönsten Juwelen beschenkt (hier handelte es sich Gustav Jankewitz, wie Recherchen, auch über dieses Forum ergaben a.d.V.).
    Die zweite Tochter Johanna war Lehrerin und sie war sehr geachtet und beliebt. Da sie sehr jung starb, haben ihre Eltern sehr um sie gelitten, weil sie ein so begabter Mensch war.
    Die Eltern meiner Mutter
    Der Vater stammte aus einer alten Patrizierfamilie (Skorka) aus Danzig. Einige von ihnen sind im Hauptschiff der Marienkirche beigesetzt. Ein Ahn Skorka wurde in der Schlacht gegen die Türken auf dem Kahlberg bei Wien ausgezeichnet und wurde in den Adelsstand erhoben.

    Einführung zu meinem Lebenslauf
    Beim nochmaligen Überlesen meiner Aufzeichnungen kommt mir der Gedanke, dass da eigentlich noch ein einführendes Wort fehlt, damit ihr hineinfindet in eine Welt, die ganz so anders ist als die heutige zeit.
    Die sogenannte gute alte Zeit hatte, wie jede Zeit, auch ihre Schattenseiten. Doch in Erinnerung leuchtet das Gute und die trüben Dinge verlieren ihre Schärfe.
    In jedem Menschenleben wechseln gute und schlechte Zeiten. Veranlagung und Umwelt tragen einen wesentlich Teil dazu bei, wie der Mensch das Leben meistert, nicht zuletzt der Wille, bei seinem Handel stets die Hochachtung vor sich selbst zu behalten. Die Erkenntnis und Kraft für eine solche Einstellung wünsche ich euch von ganzem Herzen.
    So beginne ich auf euren Wusch mit meinen Aufzeichnungen, denn über manches lässt sich leichter schreiben als erzählen.

    Mein Leben

    Am 2. Juli 1897 kam ich in Danzig, Faulgraben 10, als Zwilling zur Welt. Meine Schwester Hendrika folgte mir zwanzig Minuten später. Man war recht unliebsam mit uns umgegangen, denn wir wurden gewaltsam früher, als uns zustand, zur Welt befördert. Meine Mutter hatte eine böse Nierenentzündung und alle bangten um ihr Leben.

    Ende Kapitel 1
    Kapitel 2 folgt (also Neugierig bleiben)...

    Personenregister:
    Prof. Dr. Paul Dahms (6.3.1866 in Danzig – 21.12.1922 in Zoppot)
    Hendrika Alida Dahms, geborene Skorka ( 4.6.1869 in Danzig-2.1.1955 in Frankenberg / Eifel)
    Anna Jankewitz, geborene Dahms (30.1.1855 in Danzig – 7.1.1933 in Danzig)
    Gustav Jankewitz (20.4.1846 – 7.11.1897 in Danzig)
    Johanna Dahms (Lehrerin) ???
    Otto Hermann Dahms (1830 in Danzig – 31.10.1904 in Danzig)
    Erste Ehe mit Johanne Ludowike Dahms, geborene Maladinska)
    Zweite Ehe mit Henriette Amalie Dahms, geborene Schuricht (10.9.1834 in Danzig – 1.11.1907 in Danzig)
    Julius Eduard Dahms (27.7.1814 in Danzig – 2.2.1897 in Steegen)
    Richard Herman Reinhold Scharmer, Ehemann von Johanna (22.1.1882 in Klein Mendromierz – 18.4.1945 in Lauenburg)
    Gretel Zülich, geborene Scharmer, Tochter von Johanna und Richard Scharmer (13.10.1931 in Tiegenhof September 1972)
    Hans Scharmer, Sohn von Johanna und Richard Scharmer (4.5.1943 in Tiegenhof)
    Dora Scharmer, Tochter von Johanna und Richard Scharmer (4.5.1934 in Tiegenhof - ?)

  2. #2
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Kapitel 2
    Da kamen ein tüchtiger Arzt und eine Hebamme zur Hilfe. Sie machten ihre Sache gut, denn meine Mutter kam durch und ich, für die man wenig Hoffnung hatte, blieb am Leben. Es muss für meinen Vater eine schwere Zeit gewesen sein, gleich zwei Kinder und nicht der gewünschte Sohn, dann die Sorge um meine Mutter und ein unsolides Mädchen (Dienstmädchen a.d.V), das mein Vater in den ersten Tagen nach meiner Geburt kurz entschlossen hinauswarf.
    Als die ersten schweren Wochen vorüber waren, flatterten laufend Rechnungen von Ärzte und Apotheken ins Haus. Damals war das Gehalt eines Studienassessors nicht sehr hoch und mein Vater war gezwungen, viele Privatstunden zu geben, um alles bezahlen zu können.
    Weil meine Schwester und ich ein ganz kräftiges Konzert machten, wurde am Arbeitszimmer meines Vaters eine Polstertür angebracht. Die Tür war mit rotem Filz bezogen und über die Fläche diagonal mit blanken Knöpfen verziert. Selbst als ich schon größer war, fand ich diese Tür imposant. Meine Schwester und ich blieben die einzigen Kinder. Mit großer Liebe wurden wir von den Eltern, Großeltern und Tanten umgeben. Es war ein schönes Daheim. Alle fühlten sich geborgen in dieser ruhigen, ausgeglichenen Atmosphäre.
    Ein Ereignis aus meiner frühen Kindheit ist mir noch deutlich in Erinnerung.
    Dieses Ereignis hängt mit meinem Großvater (Otto Hermann Dahms a.d.V.) zusammen. Mit einer langen Rolle kam er eines Tages geheimnisvoll in unser Zimmer. Wir sahen ihm an, dass er wieder was nettes für uns Kinder ausbaldowert hatte. Und was war es? Eine Wachstuchdecke für unseren Kindertisch und darauf war ein zoologischer Garten mit seinen Tieren bunt abgebildet. Dass die Decke noch ein kleines weißes Muster hatte, entdeckte ich erst viele Jahre später, nämlich, als ich mit sechs Jahren eine Brille bekam.
    Da mein Großvater für uns, wenn er uns besuchte, stets Butterbrot mit Zucker bestreut hatte, was für uns Kinder ein Leckerbissen war, hingen wir sehr an ihm, um so mehr, als er uns auf seine Knie klettern ließ und wir mit seinen Locken Zöpfchen zu flechten versuchten. Eine der Freunde meines Großvaters hat dieses „Zöpfeflechten“ sogar in einem Ölbild festgehalten. Leider ist dieses Bild später nach Österreich gekommen und spätere Forschungen nach dem Gemälde blieben erfolglos.
    „Großväterchen“ war stets bedacht, uns Kindern eine Freude zu machen. Seine schönen Geschenke suchte er mit Bedacht aus, damit wir, unserer Entwicklung entsprechend, an ihnen etwas lernen konnten. Alles, was wir bekamen, war mit Liebe und Überlegung ausgesucht. Wie konnte es auch anders sein.
    Mein Großvater malte viele schöne Bilder in Aquarell und Öl, die leider alle bei der späteren Flucht 1945 verloren gingen. Er war ein großer stattlicher Mann mit edlen Gesichtszügen. Und einem grauen Lockenkopf. Mit Vorliebe malte er herrliche Bäume. Er stand in freundschaftlicher Verbundenheit mit Prof. Strieowsky vom Danziger Museum, wo er auch einige größeren und kleine Kopien von den dort vorhandenen Gemälden machte, z.B. „Dammbruch in der Weichselniederung“ u.a. . Prof. Strieowsky hat ihn auch mal selbst gemalt.
    Mit seinem geerbten Zeichentalent hat mein Vater (Paul Dahms a.d.V.) seinen Unterricht durch schnell hingeworfene Skizzen an der Tafel oft anschaulich gemacht. So hat er auch später sein selbst geschriebenes Buch „An der See“ mit kleinen Zeichnungen verschönt. Dieses Buch hat heute meine Schwester.
    Anfangs ging ich zur Schule. Doch bald bekam ich Privatunterricht, denn der Besuch in der Schule strengte mich zu sehr an. Noch immer war ich schwach und oft sank mein Kopf vor Müdigkeit auf den Tisch und ich schlief ein.
    Ende Kapitel 2

  3. #3
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Kapitel 3
    In diesen Jahren besuchten wir des öfteren die Schwester meiner Mutter, Tante Mathilde genannt (lt. meiner Recherche Mathilde Therese Kriegel, geborene Skorka *9.3.1873, getauft am 27.4.1873 in Danzig, Sankt Johannes a.d.V.) . Ihr Mann Hubert (weitere Lebensdaten bisher unbekannt a.d.V.), war Stadtförster von Kolberg / Hinterpommern. Seine Försterei Wickenberg lag mitten im Wald. Zu dieser Försterei gehörte auch Landwirtschaft, die von meiner Tante geleitet wurde. Unter ihrer Hand gedieh das Vieh gut. Schweine, Kühe und Federvieh bevölkerten Hof und Ställe und erschienen uns Kindern in ihrer großen Menge gewaltig. Bei der Kälbermast wandte meine Tante ihre eigene Methode an. Die Tiere bekamen zur besseren Verdauung während der Mast täglich einen Schnaps, was auf uns Kindern einen ungeheureren Eindruck machte. Waren die Kälber schließlich so gemästet, dass ihre Beine sie nicht mehr trugen, so wurde sie in ein Holzgatter gesteckt, ähnlich einem Laufstall. Natürlich rissen sich die Viehhändler der ganzen Umgebung um das Mastvieh. Zur Försterei gehörten auch Pferde, die zur Landarbeit genutzt wurden und zum Ausfahren. Bei letzterem wurde ihnen das herrliche Silbergeschirr angelegt und im schnellen Trab ging es nach Kolberg hinein.
    In dem eigenen Backhaus wurde von meiner Tante die wohlriechenden und gut schmeckenden Brote und Kuchen gebacken. In der anderen Hälfte des Backhauses befand sich der Hühnerstall. Die Tiere hatten auf diese Weise stets einen warmen Unterschlupf.
    Auf dem Frühstückstisch standen neben dem herrlich, selbst gebackenen Brot, eigene Butter, selbst gemachte Wurst und auch Käse bereitete meine Tante selbst zu. Alles, was sie unternahm hatte Hand und Fuß und das Haus war von oben bis unten sauber und ordentlich, direkt vorbildlich. Der Garten war voll des schönen Obstes und in den mit Buchsbaum eingefassten Beeten blühten viele Blumen. Vor allem der Fingerhut in den manningfaltigsten Farben. Hinten im Garten war eine hohe Schaukel, auf der wir uns hoch schwangen, bis wir beinahe seekrank wurden. Ein herrliches Kinderparadies für meine Schwester und mich und für die Söhne meiner Tante, Franz und Werner (keine weiteren Lebensdaten bekannt a.d.V.). Was war das schön! Ein weiterer Grund für unsere Besuche in Kolberg war, dass wir in Kolberg Solbäder zur Kräftigung nehmen sollten. In der anderen Zeit genossen wir mit unserem Vettern Franz und Werner die Freiheit. Unsere Streiche stellten meine Eltern, Tante und Onkel oft vor schwierigen Situationen.
    Ende Kapitel 3

  4. #4
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Kapitel 4
    Eines Tages kam mein Onkel nach Hause, als wir schon alle bei Tisch saßen. „Tilde“, rief er, indem er sich meiner Tante zuwandte, und dabei blitze es aus seinen Augen, „in unserem Walde sind Zigeuner. Sie haben sich dort ein Lager aufgebaut. Ich habe manches mitgebracht!“. Dabei hob er allerlei Gerät und Geschirr aus der Küche meiner Tante empor. Darauf rief sie entsetzt: „Das sind ja meine Kochlöffel, die ich so lange gesucht habe, und der Topf und die Schüssel, das ist ja alles von mir!“. Wir Kinder saßen beklommen da; unsere schöne Hütte im Wald war entdeckt worden, an der wir so gearbeitet hatten.
    Ein anderes Mal kam Onkel Hubert zu uns sagte zu uns Mädchen: „Eure Eltern kommen wieder zurück. Ich bin auf einer kleinen Anhöhe gewesen und habe mit dem Feldstecher gesehen, dass hoher Seegang ist. Die Wellen haben Schaumkronen. Da fährt kein Dampfer nach Bornholm!“. Das interessierte uns aber im Augenblick gar nicht, denn wir hatten große Pläne. Wir waren dabei, in dem morastigen Schweineauslauf eine Entwässrung zu schaffen. Wir hatten es schrecklich empfunden, dass die Schweine immer so dreckig zurück kamen, wenn sie in den Auslauf getrieben wurden, der hinter dem Stall lag. Also beschlossen wir, diesen Morast zu entwässern, indem wir Gräben zogen. Als wir mitten in dieser schweren Arbeit waren, standen plötzlich meine Eltern vor uns. Es muss für sie ein schrecklicher Anblick gewesen sein. Wir sahen wie die Möhren aus und sie erkannten und kaum. Alle Kleider wurden uns ausgezogen und aus allen Ecken wurden alte Sachen herausgesucht. Dabei zeigte sich, dass wir aus vielen Sachen herausgewachsen waren. Wir sahen in dieser Kostümierung recht wunderlich aus. Dann wurden meine Vettern in das eine und wir Mädchen in das andere Zimmer oben im Haus gesteckt. Dabei hatten weder meine Eltern noch meine Tante und mein Onkel daran gedacht, dass die Zimmer über das Dach der darunter liegenden Veranda wechselseitig zu erreichen waren. Während immer einer Schmiere stand, gingen wir uns gegenseitig trösten und futterten dabei herrliche Grafensteiner Äpfel, die wir von den Zweigen, die über das Verandadach hingen pflückten.
    Ende Kapitel 4

  5. #5
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Kapitel 5
    Nachtrag zum Personenregister:
    Neuste Recherchen ergaben:
    Franz Hubert Kliegel (Onkel Hubert) wurde am 28.6.1860 geboren. Sein Vater war Hubert Kliegel (er war ebenfalls Stadtförster in Kolberg, gestorben 1895 in Kolberg (62 Jahre), geboren im Jagdschloss Stern bei Berlin, dessen Vater wiederum war königlicher Schlosskastellan).
    Seine Mutter war Marie, geborene Krause.
    Er heiratete Mathilde Therese, geborene Skorka am 31.1.1899 in Kolberg
    Der Sohn Franz Hubert Kliegel (Vetter der Zwillingsschwestern von Johanna und Hendrika) wurde am 7.11.1899 in Kolberg geboren. Sein Bruder Werner 1902. Vielen Dank für Hinweise aus dem Forum.
    Danke schon jetzt für weitere Hinweise!

    Übrigens, nach dem letzten Kapitel gibt es ein umfangreiches Bildmaterial (Album) zu den genannten Personen (Link).


    Auf der Försterei gab es neben anderen Hilfskräften den Kuhhirten Pittelkow, ein wahres Original. Noch heute sehe ich Ihn vor mir, ein kleines, altes, verschrobenes Männchen mit einer dicken, roten Saufnase. Seine Kopfbedeckung ließ nicht mehr erkennen, ob sie ehemals ein Hut oder eine Kappe gewesen war. Seine verwitterten und ausgeblichenen Kleider hatte schon manchen Lebensturm überdauert. Wenn dieses „Wichtelmännchen“ Pittelkow jeden Morgen die Kühe mit ihrem Schellengeläut in den Wald trieb, so war mir, als ob ich ein Märchen erlebte. Voran die Kühe mit ihrem Geläut, dahinter der kleine Pittelkow mit seinem knorrigen Stock und dahinter die großen Tannen und alten Eichen, nicht zu vergessen das Vogelgezwitscher.
    Während Pittelkow im Wald war, durchsuchten wir Kinder sein Lager im Kuhstall. Welche eine interessante Fundgrube! Denn Pittelkow war ein eifriger Sammler! Was wir alles fanden: Kaffeekannen mit abgebrochener Schnauze, Tassen, Becher ohne Henkel, verrostete Nägel, durchlöcherte Deckel, abgebrochene Messer, verbogene Löffel, ausgebeulte Kochtöpfe. Kurzum alles, was man sonst auf Schutthaufen findet.
    Jeden Monat ging Pittelkow einmal nach Kolberg, um seine Rente zu holen. Dazu stiefelte er früh am Morgen los. Jedoch sahen wir ihn erst abends wieder, ohne Rente, dafür mit einem gehörigen Rausch und im stetigen Kampf mit dem Gleichgewicht.
    Die einzige Erinnerung an sein stürmisches Leben bestand in seinem Leistenbruch. Ab und zu geschah es, dass sich dieser einklemmte. Dann kam es zu meiner Tante und sagte: „Frau Förster, jeben Sie eenen, damit es wieder in meene Gedirme brennt!“. Er erhilet dann eine Handvoll gemahlenen Pfeffer, den er mit einem Schnaps runterspülte. Wenn es dann in den Gedärmen gebrannt hat, dann war alles gut.
    Eines Tages kam mein Onkel betrübt zu uns. Sein guter Jagdhund Tessa hatte vor einigen Tagen Junge geworfen. Wertvolle, reinrassige Tiere. Nun ging es ihnen plötzlich schlecht. Was hatten sie nur? Schließlich nahm mein Onkel sie in den Rucksack, die kleinen Köpfe gucken oben raus und fuhr nach Kolberg zum Tierarzt. „Lungenentzündung“ stellte dieser fest. Aber wo hatten sich die Welpen diese geholt? Wir vier haben aber wussten es. Wir hatten die jungen Tiere unter der Hofpumpe tüchtig mit Wasser getauft und ihnen Namen gegeben. Über die Folgen der Tat waren wir entsetzt und litten große Seelenqualen, bis die Tiere wieder alle gesund waren.
    Wickenberg ist für mich unlösbar mit dem Rauschen des Waldes, dem Gesang der Vöge, dem Läuten der Kuhglocken, dem Kuhhirten Pittelkow und dem Duft von selbstgebackenen Brot verbunden. Onkel und Tante besaßen die Gabe, uns große Freiheit zu lassen und uns zu lenken mit feinem Verständnis.
    Leider haben sie später ihre beiden Söhne verloren. Franz wurde im Ersten Weltkrieg erschossen. Und Werner verlor in den Ereignissen der Vorkriegszeit sein Leben. (Was damit gemeint war und wann blieb mir verschlossen a.d.V.).
    Oft ging meine Tante danach in den Wald, um ihre innere Ruhe zu finden. Ende der zwanziger Jahre wurde mein Onkel pensioniert und zog nach Kolberg. Meine Tante hat das Forsthaus nie mehr besucht. Sie hat wohl immer befürchtet, die Erinnerungen würden zu stark sein. Dann kam der Zweite Weltkrieg mit seinen Folgen. Sie mussten beide aus Kolberg fliehen. Auf der Flucht erkältete sich mein Onkel und behielt einen Lungenabszess zurück. Schließlich langten beide in Wetzlar an, wo sie bei der Schwester meiner Tante, der Tante Nellie, wohnten. Nach einigen Monaten Krankenhausaufenthalt wurde onkel Hubert hier von seinen Leiden erlöst. Tante Mathilde blieb allein zurück. Alles hatte sie hergeben müssen: Kinder, Mann, Heimat und ihr Zuhause. Ein wahrlich schweres Los und sie trug es, bis der Tod ihr endlich die gewünschte Ruhe gab.
    (Bei Tante Nellie könnte es sich um Johanna Caroline Skorka handeln (geboren am 21. 6. 1870 in Danzig, getauft am 16.8.1870 in Danzig, in der Kirche Sankt Johannes. A.d.V.)
    Ende Kapitel 5

  6. #6
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    Kapitel 6
    Nachtrag zum Personenregister:
    Die Mutter von „Onkel Hubert“ war Marie Kriegel, geborene Krause. Sie wurde am 8.9.1846 in Berlin geboren und starb am 18.4.1928, 81-jährig in Kolberg.

    Diese Tante Nelli war die jüngste Schwester meiner Mutter. Sie war Lehrerin und nach wenigen Jahren in Wetzlar ansässig geworden. Die Tante kam öfter zu uns zu Besuch und da sie ein großes Einfühlungsvermögen hatte, fanden wir Kinder sie herrlich. Als Handarbeitslehrerin besaß sie viel handliches Geschick und hat uns Kinder mancherlei gebastelt. Pfefferkuchenhäuschen, Puppen angezogen und auch der Hut mit der Feder drauf fehlte nicht. Aus einem roten Kinder Sonnenschirm hat Tante einmal sogar ein Puppenkarussell gebastelt, mit selbst geregelten bunten Schaukeln, in denen die Püppchen saßen; diese waren alle beweglich und verschieden angezogen. Die herrlichsten bunten Glasperlen schmückten das Karussell. Erst als wir Mädchen älter waren, haben wir gesehen, mit wie viel Fleiß, Liebe und Geschmack dieses Karussell gemacht war.
    Diese Tante Nelli war meine Lieblingstante. Sie war das Sinnbild für Korrektheit, Zuverlässigkeit und Genauigkeit. Lieber ersparte sie sich etwas vom Munde ab, ehe sie jemanden was schuldig blieb. Erst viel später habe ich gesehen, dass sie viel größere Geschenke machte, als ihr bei ihren damaligen Lehrerinnengehalt möglich gewesen war. Ihr Interesse galt vor allem der Literatur und dem geschichtlichen Zeitgeschehen mit denen sich daraus ergebenden vielfältigen Probleme. Dadurch verkehrte sie mit vielen großen Persönlichkeiten. Aber ihre größte Liebe galt der Schule, den Kindern und deren Nöten. Auch in späteren Jahren, als sie schon pensionier war, sind Schule und Kinder Themen gewesen, über die sie sich stundenlang unterhalten konnte.
    Jetzt ist sie alt. Ein Hüftleiden, dass sie sich wohl damals bei einem Sturz zugezogen hat und das nicht beachtet wurde, hat ihr einen großen Teil der Bewegungsfreiheit geraubt, so dass sie am Stock gehen musste. Sie hat oft viele Schmerzen, die sie tapfer und geduldig erträgt. Aals wir 12 oder 13 Jahre alt waren, zogen meine Eltern nach Zoppot, weil mein Vater an das dortige Gymnasium versetzt worden war. Meine Großmutter, die nach dem Tode des Großvaters war und bei uns wohnte kam mit. Da sie in ihrem Leben noch nie mit einem Zug gefahren war, weigerte sie sich, in einen solchen nach Zoppot zukommen und so wurde sie schließlich von einer Droschke mit zwei Pferden nach Zoppot gebracht. Die Kinder durften sie begleiten und diese Fahrt war eine der herrlichsten Erlebnisse meiner Kindheit. Ebenso großen Spaß macht uns der Umzugswagen, als der endlich von Danzig nach Zoppot anlangte und vor dem Hause stand. Wem Hause stand. Wir hopsten freudig am Wagen herum und riefen: „Wir fahren nach Amerika“.
    In diesem Augenblick kam das Ehepaar Blivernitz vorbei, das in unserer Nachbarschaft in der Franziusstraße wohnte und amüsierte sich über unsere Freude. Damals entwickelte sich eine Freundschaft mit der Familie, die erst durch die Flucht zerrissen wurde. Beide waren Mennoniten. Im großen Werder hatten sie früher ein großes Gut gehabt, da ihnen jedoch Kinder versagt blieben, verkaufen sie das Gut und kauften sich ein Haus und Grundstück in der Franziusstraße in Zoppot, sozusagen ihr Altenteil.
    Frau Blivernitz spannt selbst die Wolle, strickte fleißig packte selbst das Brot. In ihrem Garten standen herrliche Blumen, Reseda, Lavendel und Goldlack und dazwischen wunderschöne große, bunte Glaskugeln auf hohen Holzständern. Diese Glaskugeln waren das Entzücken von uns Kindern, weil wir in ihnen so komisch aussahen, wenn wir auf den Kiesweg vorbeigingen.
    Ins Nachbarhaus zogen bald darauf russische Kurgäste ein und mit ihnen ein etwa 14 jähriger Junge, mit dem ich auf zusammen spielte. Vielleicht imponierte es liegen, dass ich als Medien zu gut springen konnte, denn mit meinen langen Beinen schaffte ich es am höchsten. Deine etwas aufdringlich war, mochte ich ihn nicht gerade gut leiden und sann auf ein Mittel, ihn loszuwerden. Als mir eines Tages die Kultur trist, stieß ich ihn in die Hagebuttenhecke, die auf der anderen Seite des Weges stand. Da lag er nun zwischen Dornen und Blattläusen und ich hatte endlich meine Ruhe.
    In der Franziusstraße hatten wir ein Haus für uns alleine und in dem dazugehörigen Garten standen viele Obstbäume. Natürlich begannen die Jungen der Nachbarschaft in der Apfelzeit, die Äpfel zu klauen. Und das passt mir ganz und gar nicht! Darum lauerte ich ihnen des öfteren auf und verdrosch sie nach Strich und Faden, wobei ihnen die Äpfel, während sie wegliefen, nur so aus den Taschen flogen.
    Meine Großmutter nannte mich Hänschen, wohl in Gedanken an ihre früh verstorbene Tochter, meine Patentante. Der Kosename meiner Großmutter mag wohl berechtigt gewesen sein, denn ich war wie ein Junge, besonders wenn ich im häuslichen Flur das Treppengeländer herunter rutschte. Natürlich wenn es keiner sah!
    (Die früh verstorbenen Tochter war wohl Johanna Mathilde Dahms (Geboren am 27.10. 1858 in Danzig - a.d.V.).
    Ende Kapitel 6

  7. #7
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    Kapitel 7
    Nachtrag zum Personenregister:
    Bei der Tante Nelli handelt es sich um Nelli Schuricht weiteren Lebensdaten nicht bekannt.

    Kurz vor dem Ersten Weltkrieg fuhr meine Mutter nach Holland, um dort unsere Verwandten zu besuchen. Sie wohnten damals bei Tante Antje in Rotterdam. Von dort aus besuchte sie alle die anderen Tanten, Neffen und Nichten. Frohen Mutes kam sie dann zurück. Als der Krieg ausbrach, schickten uns diese Verwandten hin und wieder Pakete mit zehn Pfund Butter, Kaffee, Käse, Kekse und Süßigkeiten. Wie bewunderten wir all diese Herrlichkeiten, wie es in dem armen Deutschland nicht mehr gab! Wie froh waren wir, wenn wieder solch ein Paket kam! Ab und zu durften wir sogar einen ganzen Teelöffel voll Butter alleine essen.
    Im Jahr 1912 kamen wir Mädels in die Tanzstunden nach Danzig. Es war eine herrliche Tanzstunde der Normania Sängerschaft, der Verbindung meines Vaters, und mit den Füchsen hatten wir zusammen Tanzstunde. Diese Zeit war für mich entsetzlich. Die Mütter begleiteten uns und saßen an der Seite des Raumes, darum wurde diese Seite Drachenburg genannt. Ein einziges Mal hatten wir diese Tanzstunde nicht besucht und das kam so: Meine Mutter wollte kurz vor der Abfahrt zur Tanzstunde nach Danzig unserem Dienstmädchen das Fenster putzen zeigen und trat, als sie die Leiter untersteht, in den Eimer mit Putzwasser. Oh, wie herrlich, wir konnten nicht zur Tanzstunde, denn es wäre zu spät geworden, bis sich meine Mutter unbekleidet hätte. Noch heute höre ich in Gedanken auf das Gewissen der Finger und die Tanzstunde mehreren sagen: "En avant, en arriere!“.
    Als die Großmutter dann starb, zogen wir in die Brombergstraße. Bald folgte dann unserer Einsegnung und die Schulentlassung. Mit dem Einjährigen im Jahre 1914 war dann die Kindheit zu Ende. Wir waren jetzt 17 Jahre und meine Mutter fuhr mit uns in den Harz. Im Sommer davor waren wir mit dem Rucksack durch das Riesengebirge gewandert. Während wir mit der Mutter im Harz waren, machte mein Vater mit den naturwissenschaftlichen Verein eine Studienreise nach Spanien und Nordafrika. Mit dem Vorsitzenden Prof. Lakowitz war im vorhergehenden Jahren schon nach Schweden und in die Türkei gefahren. Er muss schon damals den Krieg geahnt haben, denn der Abschied von meiner Mutter fiel ihm sehr schwer. Und dann brach der Krieg aus. Die Reisegesellschaft wurde in Vigo / Spanien festgehalten, einmal durch den Ausbruch des Krieges, zum anderen war in dieser spanischen Hafenstadt der Typhus ausgebrochen. Da mein Vater nicht gedient hatte, bestand für ihn keine Gefahr, gefangen genommen zu werden und so übernahm er die Führung, um die Dame nach Deutschland zurückzubringen. Die anderen Herren wollten sich über die Schweiz nach Deutschland durchschlagen, was ihnen auch allen gelungen ist. Als mein Vater sich auf der Rückfahrt befand wunderschön von den Engländern angehalten und alle Passagiere kamen in Plymouth in Gefangenschaft. Erst nach vielen Monaten gelang es meiner Mutter, und das nur durch die Hilfe unserer holländischen Verwandten, meinen Vater freizubekommen. Damals fuhr meine Mutter bis Berlin entgegen und ließ seinen Namen auf allen Bahnsteigen zu allen Zügen die aus der Richtung kamen ausrufen. Als er endlich vor ihr stand, war seine erste Frage: "wo sind die Kinder?". Als meine Mutter im darauf ruhig versicherte: "in Zoppot", soll er sie entsetzt angesehen und gesagt haben: "bei den Russen?“. Was hatten die Engländer den Menschen alles in der Gefangenschaft erzählt? Wie sah mein armer Vater aus? Die Kleider schleuderten an seinen Körper, seine herrlichen Zähne hatte er beinah alle verloren. Denn sie hatten Hundekuchen zu essen bekommen, die so hart waren, dass sie sie mit ihren Absätzen klein machen mussten. Er war nicht mehr der elastische Vater. Er litt unter alldem, was sich ereignete und entwickelte. Wie froh war die deutsche Jugend und Sieges bewusst hinausgezogen, von der Menschenmenge umjubelt. Sie wussten ja gar nicht, was Krieg war, denn über 40 Jahre Frieden gewesen.
    Bis zu seinem Tod fuhr mein Vater wie früher an bestimmten Wochentagen nach Danzig in die Naturwissenschaftliche Gesellschaft, die ihren Sitz in der Sternwarte hatte. Dort arbeitete der er wissenschaftlich.
    Meine Schwester und ich gingen als freiwillige Rote – Kreuz -Helferinnen in die Lazarette. Das hatte uns meine Mutter versprochen, wenn Vater wieder aus der Gefangenschaft kam. Ich kam zuerst zu den Geistesgestörten, die im Zoppoter Kurhaus untergebracht waren. Dort war ich noch mit einer weiteren RK – Helferin. Trudel Krüger, hier bin ich noch heute befreundet. Auf mein Bitten gelang es mir, aus dem Zoppoter Kurhaus ins Zoppoter Sanatorium zu kommen, denn dahin kamen die Verwundeten Transporte direkt von der Front. Damals tobten gerade die Kämpfe um die masurischen Seen. Ich bemühte mich, in all mich umgebenden Leid tapfer zu sein. Als ich einmal im Operationssaal miterlebte, wie einem Soldaten der Unterschenkel halb amputiert wurde und der Knochen durchsägt wurde, klappte ich ab. Draußen auf den Gängen im Flur Stroh aufgeschüttet worden und die Soldaten lagen einer neben dem anderen. Wie oft passiert es, dass der Soldat tot war, wenn er endlich zur Operation ran kommen sollte. Dann lag er dort still und starr, seine Wunden voll Maden und vor allem wurden sie von Läusen geplagt.
    In diesem Sanatorium traf ich dann eines Tages die RK – Helferin Käte Daum, die meine beste Freundin wurde. Gemeinsam arbeiteten wir und oft waren wir so müde das uns die Luft vor unseren Augen blau und neblig erschien. In solchen Situationen lernt man den anderen Menschen kennen und da wir auch die gleichen Interessen hatten, erwuchs darauf eine innige Freundschaft.
    Sie hatte drei Brüder im Feld und eine Schwägerin, die aus Ortelsburg/ Ostpreußen geflohen war, in der Zoppoter Villa mit den drei Kindern aufgenommen. Die Russen hatten in Ortelsburg alles zerstört.
    Nach dem Krieg kaufte einer von Käthes Brüdern das Rittergut Großborken, Kreis Rastenburg in Ostpreußen. In der Nähe war die Romminter Heide, wo während der Nazizeit Hermann Göring so manchen Elch geschossen hat.
    Auf Großborken habe ich so manchen Urlaub verbracht sehr an diesem Fleckchen Erde. Was gehörte aber alles zu dem Gut. 1300 Morgen Land, 30 Pferde, 50 Milchkühe (täglich 1000 Liter Milch). 50 Stück Jungvieh, 100 Schweine, 50 Hühner, 50-100 Enten, 15 Puten und 20 Gänse, 2 Zuchtbullen.
    Zu den Gut gehörten Stelle und Scheunen, vier Instkaten, und sogar eine Försterwohnung und eine eigene Schmiede. Das Wohnhaus war das ehemalige Kavalierhaus von Friedrich Wilhelm II und der Gräfin Voller, längst links angetraut war. Das Schloss war damals schon zerstört. Großborken lag in der Nähe der Bahnstationen Dombrowken, die man mit dem Jagdwagen in 10 min erreichte.
    Das herrliche Vieh war immer ein Gegenstand meines Interesses und oft bin ich bei meinen Besuchen durch die Ställe gegangen. Oft wurde ich auch mit dem Jagdwagen mit zur Inspektion auf die Felder genommen und habe darin während der Fahrt die herrlichen Pferde bewundert. Zu den Gut gehörte ein wunderschöner Park, mit ganz alten Bäumen. In der Mitte des Parks war ein Teich angelegt mit einer Liebesinsel. Außerdem gab es einen großen Gemüsegarten mit dem dazugehörigen Gärtner, einem alten Wald mit herrlichen Räumen, dem regelmäßig Treibjagden abgehalten wurden.
    Ende Kapitel 7

  8. #8
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Danke Frank

    für diese Erinnerungen. Leider hat in manchen Kapiteln die Autokorrektur gross zugeschlagen und den Sinn entstellt.

    Vlt. kannst Du das mit einer hilfreichen Moderatorin in den jeweiligen Kapiteln verbessern.
    Beste Grüsse
    Rudolf H. Böttcher

    Max Böttcher, Ing. bei Schichau (aus Beesenlaublingen & Mukrena);
    Franz Bartels & Co., Danzig Breitgasse 64 (aus Wolgast);
    Familie Zoll, Bohnsack;
    Behrendt, Detlaff / Detloff, Katt, Lissau, Schönhoff & Wölke aus dem Werder.
    Verwandt mit den Familien: Elsner, Adrian, Falk.

    http://bartels-zoll.blogspot.de/2012/07/ahnentafeln-zoll.html

  9. #9
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    Kapitel 8
    nach der Tannenberger Schlacht ließen die Transporte von der Front ins Sanatorium nach. Ich wollte die Zeit ausnutzen, denn der Krieg zog sich weiter hin, und meldete mich nach Danzig - Hackelwerk; eine ehemalige Volksschule. Dort lagen lauter Amputierte. Neben ihrer Behandlung wurde sie zu einem neuen Beruf ausgebildet. Hackelwerk bestand aus lauter Baracken, in denen die Weberei, Glasmalerei, Töpferei, Bildhauerei, Schnitzerei, Orthopädische Sattlerei und anderes untergebracht waren. Dort lernte ich die verschiedenen Arten von Massage und Anwendungen. Wir fuhren zu vieren, Erika D., Frl. R, Frau von W. und ich von Zoppot nach Danzig in das Hackelwerker Kriegslazarett. Erika D. traf ich nach vielen Jahren in Marburg / Lahn wieder, als sie in der Lupusheilanstalt in Geißen war. Wir trafen uns nun öfters und sie erzählte mir, dass sie sich dieses Leiden in Heidelberg als Laborantin in der Universitätsklinik geholt hat. Sie war dann von der Klinik abgeschoben worden und saß allein in ihrer seelischen und körperlichen Not ohne Unterstützung. Als wir uns mal wieder trafen, erzählte sie mir, dass sich der Professor der Anstalt ihrer angenommen habe und sie in seinem Haus verkehrte. Eines Tages erhielt sie eine große Geldsumme und hat nie erfahren, dass Frau von W. ihr dies geschickt hatte, als sie von ihrem Schicksal erfuhr. Frau von W. wollte nicht, dass sich Erika durch diese Gabe bedrückt fühlen sollte. Sie hatte selbst viel Schweres durchgemacht und achtete den Stolz von Erika. Dieses selbstlose Helfen ohne auf Dank zu warten oder ihn gar zu verlangen, ist mir für mein ganzes Leben eine Mahnung gewesen.
    Als der Krieg immer länger dauerte, meldete ich mich nach Bielefeld, in den Evangelischen Diakonieverein, um eine richtige Schwesternausbildung zu bekommen und mein Staatsexamen machen zu können. Im Bielefelder Krankenhaus wurde ich zuerst auf der Männerstation eingesetzt. Danach folgte die Infektionsstation, auf der damals Kranke mit Ruhr, Scharlach, Diphtherie, Typhus, Pocken und Tuberkulose lagen. Die viel zu kleine Infektionsstation war immer überbelegt, da in den anderen Gebäuden, die sonst noch dazu gehörten, wohl verwundete Soldaten lagen. Bald kam dann auf die Chirurgische Frauenstation und es folgte meine Nachtwachenzeit. In dieser Zeit begannen wieder die Verwundetentransporte von der Front, denn inzwischen war die Schlacht an der Somme gewesen. Sollte das Entsetzen nie mehr aufhören? Wie viele Soldaten sind damals gestorben, von denen wir nicht einmal die Namen wussten!
    Wir hatten so viel zu tun, dass sich einmal erstaunt war, als ich bei einem Blick aus dem Fenster feststellte, dass die Bäume blühten. Jeder freie Augenblick wurde ausgenutzt, um ein wenig zu schlafen. Vielleicht war es ja auch ganz gut, dass wir so viel Arbeit hatten und nicht zur Besinnung kamen, wie hätte ich wohl sonst als junges Ding all diese schwere Momente ertragen können. Bald machte ich dann mein Staatsexamen. Als Examensfall hatte ich einen französischen Kellner mit einer Rippenresektion.
    Danach ging ich wieder nach Hause, nach Hause nach Zoppot. Ich war kein Kind mehr sah, wie schwer meine Mutter zu kämpfen hatte, um uns vier satt zu bekommen. Alles war so knapp, die Lebensmittelkarten reichten nicht aus und so wanderten wir oft über Land, um uns Essen zu erbetteln. Dafür mussten wir viel Geld bezahlen manches wertvolle Stück aus dem Haushalt wurde dabei veräußert. Mein Vater litt sehr unter diesen Verhältnissen. Er, der Dinge wie Menschenrecht, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und Aufrichtigkeit so hochhielt, musste mit ansehen, wie diese immer mehr verschwanden und die Menschen im Elend versanken. Wie sollte das nur enden?
    Als Direktor Kulke vom Zoppoter Realgymnasium gefallen war, wurde mein Vater sein Nachfolger und in dieser Zeit besuchten uns die holländischen Verwandten; Ali, Adrian mit seiner Braut. Ich besinne mich noch, wie Adrian entsetzt über die schmutzigen Vorhänge im Zug war, als wir mit der Bahn nach Danzig fuhren. Bei ihrer Abreise luden mich die Holländer zu sich ein. Auf der Fahrt dorthin hatte ich das erste Erlebnis mit der holländischen Sauberkeit, als ich die Lokomotiven ihren blankgescheerten Kupferkesseln sah. Aber wirklich fing Holland für mich an, als ich durch die Sperre ging. Berge von Kuchen, Torten und Schlagsahne türmten sich an den Fenstern. Es dünkte mich, die aus dem armen ausgehungerten Deutschland kam, ein wahres Schlaraffenland. In Rotterdam wurde ich mit einer Droschke vom Bahnhof abgeholt. Mein Staunen wurde immer größer, alle Geschäfte hell erleuchtet, die herrlichsten Auslagen, auf den Straßen gepflegte gut angezogene Menschen. Und dann lernte ich die Holländer kennen, ihre Bauten und den Hafen. Allmählich verstand ich ihre Sprache. Bald sprach ich selbst holländisch und schließlich träumte ich sogar holländisch. Ich besuchte die Verwandten und kam auch zu Adrians Schwester, die mit einem Landarzt verheiratet war. Dieser nahm mich mit seinem Auto mit, wenn er seine Patienten besuchte und so fuhren wir durch Triften mit ihren sauber gezogenen Gräben, über die weiß angestrichen Brücken. Am Sonntag gingen die Leute in ihren Trachten zur Kirche. Das war ein herrlicher Anblick am Montag waren dann die weiß angestrichenen Sonntagsklumpches (Holzschuhe) auf den Staketenzaun gewaschen und aufgespickt. Im Alltag boten und bemalte Klumpches getragen. Eines Tages machten wir eine Fahrt zum Zuyder See. Wir fuhren auf dem hohen breiten Damm und tief, tief und unten brauste das Meer. Es war ein gewaltiger Anblick und eines meiner größten holländischen Erlebnisse.

    Ende Kapitel 8

  10. #10
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Kapitel 9
    Tante Antje hatte mit ihrer Tochter Rika ihren Sohn in Amerika besucht und kamen nun aus Amerika zurück. Da ein großer Familiensinn herrschte, fuhr die ganze Familie zum Hafen, um sie abzuholen. Dann kam der Koloss an. Hunderte Menschen strömten ans Land. Was für ein Getriebe und Gelaufe. Mir wurde ganz wirr. Weil meiner Verwandten Geschäftsbeziehungen mit der Reederei standen, wurden wir vom Stewarts zum nächsten Tag zur Besichtigung des Schiffes und einem Essen eingeladen. Diesen Luxus bei einem Dampfer hatte ich noch nie gesehen. Danach folgte das große Essen. Empfang wie zu einem Dinner. Die Bedienung im Livree lief geräuschlos hin und her. Da mich der Hafen so interessierte, die später noch einmal mit meinem Vetter Hafen gegangen. Wieder standen wir auf dem Kai und sahen den Betrieb. Die riesigen Warenladungen wurden von hohen Kränen befördert und dazwischen das Menschengewimmel bei der An- und Abfahrt der großen Dampfer. So ein Ozeanriese fuhr gerade ab nach Indien und um mich erklangen chinesische, englische, französische und viele andere Laute. Ich sah so viel, dass es mir unmöglich ist, alles aufzuzählen. Bald nach diesem Hafenbesuch trat ich die Heimreise an. Auf der Rückfahrt kam ich an den herrlich blühenden Tulpen- und Hyazinthenfeldern vorbei, die in allen Farben prangte. In der Heimat wusste ich erst wieder lernen, richtige deutsche Sätze zu sprechen. Ich war Reserve-Diakonieschwester geworden, das bedeutete, dass sich jedes Jahr sechs Wochen im Krankenhaus arbeiten musste. Damals meldete ich mich nach Frankfurt am Main in ein Entbindungsheim. Eines Tages kam ich zu meinem Vater, ich wollte Hebamme werden. Er sah das nicht gerne. In den Kreisen meines Vaters wurde dieser Beruf etwas geringschätzig angesehen. Mein Vater hat auf Sorge, dass ich diesen Beruf Einblick in Dinge bekommen wurde, die nicht leicht sind. Er ließ es dann aber zu, nahm jedoch das Versprechen ab, später nicht draußen zu praktizieren. So traf ich Provinz Hebammenlehranstalt Danzig – Langfuhr ein, die im Volksmund „Strolchenlyzeum“ genannt wurde. Nach meinen Hebammenexamen erhielt ich die Leitung des gynäkologischen Operationssaales und musste außerdem einspringen, wenn im Kreißsaal komplizierter Fälle waren. Es war eine gute Schule die wir später im Leben viel geholfen hat. Als ich an einem freien Tag in Zoppot im Elternhaus war und aus dem Fenster schaute, sah ich, wie sich die Jungen in der Pause auf dem Hof tummelten. Ich dachte damals:“ wir Menschen seit allem mit Schmerzen geboren.“ Später erkannte ich das nicht die Natur so grausam ist, sondern die Zivilisation diese Schwierigkeiten hervorruft.
    Eines Abends kam plötzlich ein Anruf von daheim, was sonst nie geschah, meinem Vater geht es nicht gut.
    Ende Kapitel 9

  11. #11
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Kapitel 10
    Ich stutzte, verwarf aber dann aber alle Bedenken, weil ich nicht glauben konnte, dass ich diese Nachricht erhielt, ohne die Aufforderung nach Hause zu kommen. Am nächsten Morgen sagte mir dann Direktor Köslin, das sich nach Hause fahren solle, weil es meinem Vater nicht ginge. Hastig zog ich mich an, versäumte aber doch den Zug. Bis der nächste Zug fuhr, lief ich auf dem Bahnsteig immer hin und her und als ich auf dem Heimweg war, traf ich meine Mutter und erfuhr, dass mein Vater gestorben sei. Diese plötzliche Nachricht erschütterte mich so, dass ich fassungslos meine Mutter anstarrte es nicht glauben wollte. Dann erfuhr ich, dass mein Vater innerhalb von drei Tagen an einer nicht erkannten septischen Diphtherie gestorben war.
    Wir mussten Sie Direktor - Dienstwohnung verlassen und meine Mutter klappte zusammen. Sie wünschte sehnlichst, dass ich nach Hause kam und ich erfüllte ihr diesen Wunsch. Die Arbeitslosigkeit wurde immer größer. Alles gab es auf Lebensmittelkarten und war so wenig, dass niemand davon leben konnte. Vaters große wissenschaftliche Bibliothek verkaufen wir an einen Verlag, seine Bernsteinsammlung und wissenschaftlichen Arbeiten wurden der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft in Danzig zur Verfügung gestellt, denn die neue Wohnung war kleiner und wir hätten nicht alles unterbringen können. Für das Geld, das wir vom Verlag bekamen, kaufte meine Mutter meiner Schwester und mir eine Handtasche. So entwertet hatte sich das Geld von einem Tag zum anderen. Es wurden nur noch in Millionen, Milliarden und Billionen gezählt. Wie gut, dass dies mein Vater nicht mehr erleben musste.
    Als meine Mutter über das Schwerste hinweg war, schrieb ich auf einer Anzeige der Greifswalder und Marburger Universität, die beide eine leitende Hebamme suchten. Da ich Marburg/Lahn schon etwas durch die Besucher meiner Tante Nelli in Wetzlar kannte, entschied ich mich für Marburg. Diese mittelalterliche Stadt ihren Winkeln, Gässchen, Treppen und den Studenten den bunten Mützen, die Bauern und Schwälmern in ihren trachten hatte es mir angetan. Ich meinte, sie müsste Spitzweg seine Motive für seine kleinen Bildchen hergenommen haben.
    So kam ich nach Marburg in die Universität und wurde erster Kreißsaal Hebamme. In dieser Zeit war gerade der Wechsel zwischen Professor Zangenmeister (wer nach Königsberg berufen war, er war eine Kapazität auf diesem Gebiet und hatte sogar mehrere Instrumente entwickelt) und Geheimrat Kehrer, wir aus Dresden nach Marburg kam. Da er als Gynäkologe zu Professor Z., Der Geburtshelfer war, eine gegensätzliche Einstellung hatte, wurden viele Dinge, die vormals richtig war, als falsch angesehen. Einen solchen Professorenwechsel mitzumachen ist schwer, aber sehr lehrreich.
    Mein Dienst dauerte 24 Stunden, wenn schwierige Fälle da waren, sogar bis 36 Stunden, damit die Behandlung in einer Hand liegt. Bei den Entbindungen hatte man wenig Interesse für die Kinder und ich empfand mit Bedauern, dass ich selbst recht wenig über die Pflege der kleinen Erdenbürger wusste. Darum meldete ich mich nach Berlin - Charlottenburg in das Kaiserin- Auguste- Victoria- Haus, um Säuglings- und Kleinkinderpflege zu lernen. So wurde ich wieder Schülerin und da dem Haus eine Entbindungsstation angegliedert war, machte ich oft Nachtdienst als Hebamme. So brauchte ich für die Ausbildung nicht zu bezahlen, die sonst sehr teuer geworden wäre. Das war eine Forschungs- und Studienanstalt ohne Studentenbetrieb. Viele ausländische Wissenschaftler arbeiteten dort. Professor Langstein war der Leiter dieser Anstalt.
    Als uns die Oberschwester kurz vor dem Examen einige Stunden gab, war sie auf das äußerste betroffen, als sie feststellte, dass wir Schülerinnen ihr zwar habe ich von allerhand Säuglings- und Kinderkrankheiten, von chemischen Zusammensetzung in und Krankheitserscheinungen bei Ausfall einiger Stoffe erzielen konnten, aber von der Ernährung eines gesunden Kindes keine Ahnung hatten. Vorher sollten wir das wissen, denn gesunde Kinder gab es dort nicht. Die Wissenschaftler beschäftigten sich nur mit Krankheitserscheinungen und erforschen Nahrungszusammensetzung. Dort ist damals die noch heute gebräuchliche Eiweißnahrung entwickelt worden. Es war kein leichtes Arbeiten, denn die Ärzte mit ihren Untersuchungen erschwerten den Schwestern oft die Arbeit. Die Anstalt war erst einige Jahre alt und nach den modernsten neuesten Gesichtspunkten erbaut. Kaiserin Augusta – Victoria hatte dieser Anstalt gegründet, um Mädchen aus einfachen Verhältnissen Gelegenheit zu geben, die Kinderpflege zu lernen gute Mütter zu werden. Stattdessen waren zu meiner Zeit nur Töchter aus angesehenen Familien tätig. Das Haus lag ich an den großen Parkanlagen des Charlottenburger Schlosses und vier Schülerinnen schlüpften in unseren Freistunden durch ein Pförtchen oft in den Park. Dort wanderten wir umher und entdeckten unzählige herrliche Winkelchen. Dann machte ich mein Staatsexamen als Säuglingsschwester. Als Examensfall hatte ich ein mongoloides Kind.
    In meinem Hebammenberuf hatte ich mich wohler gefühlt. Diese überspitzte wissenschaftliche Atmosphäre in Kaiserin - Augusta - Viktoria -Haus ließ keine gemütliche Wärme hochkommen. Alles war nur auf die Wissenschaft aufgebaut, die natürliche Gebundenheit fehlte. Alles wickelte sich nach Bestimmung von Regeln, nach Gesetzen ab.
    Ende Kapitel 10

  12. #12
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    Kapitel 11
    Ich erinnere mich noch gut eines Ereignisses, das ich in diesem Haus miterlebte. Prof. Langstein machte Hauptvisite mit einem Schwanz nachfolgender Wissenschaftler. Vor einem äußerst schweren Fall blieben sie stehen. Der Junge hatte eine exsudative Diathese, zu der eine Lungenentzündung dazugekommen war. Dadurch wurde die bisherige Behandlung infrage gestellt. Alle berieten nun, welche Behandlung einzuschlagen wäre, welche Medikamente am wirksamsten seien, ohne dass die Krankheit des Kindes aus den Augen gelassen wird. Kurz, es entspann sich ein harter wissenschaftlicher Streit. Jeder Wissenschaftler pflegt ja in solchen Situationen von der alleinigen Richtigkeit seiner vorgeschlagenen Behandlung überzeugt zu sein. Da schaltete sich ein bulgarischer Arzt ein. Er fand alle Vorschläge richtig, meinte aber, man solle sich auf die Lungenentzündung nicht allein spezialisieren. Er schlug vor, die Behandlung im alten Sinne laufen zu lassen. Natürlich ging nun die Ärzteschaft geschlossen auf ihn los. Er bewahrte jedoch seine Haltung und Ruhe und als der Sturm sich gelegt hatte, sagte er: „ Wir geben dem Jungen eine Trompete, damit er blasen kann, immerzu!“ Alle lachten, Prof. Langstein schob ihn den Fall zu und die Trompete kam. Durch das Blasen wurde die kranke Lunge immer wieder mit der sauerstoffreichen frischen Luft gefüllt. Der Junge wurde wieder gesund. Aber keiner von allen Wissenschaftlern sagte ein Wort der Anerkennung. Mich plagte die Neugier und ich fragte den Arzt, ob er selbst Kinder hätte. Ja versicherte er, mehrere. Und auf meine Frage erzählte er mir, dass er auch mit ihnen spiele und ihre Streiche mitmache. Er selbst blase gern einmal Trompete und darum wäre ihm der Gedanke mit der Trompete für den Jungen gekommen. Da ging es mir durch den Kopf, dass Wissenschaft gut und schön wäre, Erfindungen und Verordnungen sehr nützlich, aber ein guter Erfolg nur möglich sei, wenn Theorie und Praxis gepaart würden. Dieser Arzt hat später noch viele wissenschaftliche Forschungen betrieben, aber seine natürlich Haltung zum Leben nicht verloren. Ich aber erkannte, dass zu einem Krankenpflegeberuf eine gute Ausbildung allein nicht genügt, sondern dass ich auch wissen müsste, wie durch Gesetze die Fürsorge an den Hilfsbedürftigen geregelt ist.
    Diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, als ich auf einer Bank saß. Auf dieser lag eine zurückgelassene Zeitschrift und in dieser fand ich beim flüchtigen Durchblättern eine Anzeige. Das Bayerische Ministerium richtete in München verkürzte Lehrgänge für Gesundheitsfürsorgerinnen ein, zu denen sich jede melden konnte, die schon zwei bis drei Examen im Gesundheitswesen mit „gut“ bestanden hatte. Die Ausbildung sollte mit der Anerkennung als staatliche Fürsorgerin abschließen. Mein Entschluss stand sofort fest, ich meldete mich und wurde angenommen. Was dieser Entschluss für mich bedeuten sollte, habe ich erst viel später, in meiner Zeit in Tiegenhof, voll erkannt.
    So kam ich erst einmal nach München.
    Ende Kapitel 11

  13. #13
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    Kapitel 12
    Es war die schönste Stadt, die ich durch meine Ausbildung kennen lernte. Die Großstadt mit ihrem Getriebe, das rege Geistesleben, die Universität, die vielen herrlichen Bauten und Kunstschätze, Künstler, die dort lebten, die schöne Natur und der derbe Bayer mit seiner gradlinigen Aufrichtigkeit, der mit der Natur verbunden, selbst ein vollkommener Naturmensch war. Nach vielen Irrfahrten erhielt ich endlich ein Zimmer. Mit einer Kursteilnehmerin bewohnten wir zwei Zimmer. Es war eine nette Kameradschaft. Wir waren zehn Teilnehmerinnen aus allen Teilen Deutschlands: Bayern, Braunschweig, Berlin, Ulm und anderen Orten. Unseren obersten Kursleiter Obermed.Rat.M. mochten wir alle. Er war ein älterer Herr in Aussehen und Handlungsweise bei dem Vater ähnlich. Seine soziale Einstellung kam aus innerer Überzeugung und danach handelte er. Er war ein aufgeklärter Mensch mit großer Güte und besaß eine Sammlung und Hebammenlehrbüchern vor den ersten Erscheinungen an. Bei einem Oberregierungsrat hatten wir Gesetzeskunde. Zwischen uns kam es oft zu erregten Debatten, so auch einmal, als das Erbrecht des BGB behandelt wurde." Das ist doch alles unnötig", sagte ich, "es ist doch selbstverständlich, dass man für seine Eltern sorgt!". Er sah mich an, ich sie ihm heute noch, dann lächelte er fein. Die Gesetze, die ich bei ihm gelernt habe, sind mir in meinem späteren Leben sehr nützlich gewesen. In München in unserer Ausbildung herrschte eine Atmosphäre von Takt, Fürsorge und Ausgeglichenheit. Es wurde für mich die schönste Ausbildungszeit, wenn ich auch oft dachte, wir müsse der Kopf vor lauter lernen platzen. Meine Schwester mir damals eine Karte mit dem Nürnberger Trichter und wie ein mit ihm behandeltes Wesen kam ich mir auch vor. Wir lernten vieles kennen, unter anderem auch die Kläranlagen von München. Einmal waren wir sogar bei einem Kongress über Kinderfürsorge im Auditorium Maximum der Universität zugegen. In den Diskussionen ging es heiß her. Besonders ein österreichischer katholischer Geistlicher trat für die unehelichen Kinder ein und machte Vorschläge zur Gesetzesänderung. Was waren das alles für Menschen? Uns beeindruckte das alles stark. Dann wurde eine zweitägige Exkursion zu verschiedenen sozialen Anstalten in Nord- und Südbayern unternommen. In Berchtesgaden pflückte ich im tiefsten Schnee einen großen Strauß Christrosen, den ich kaum halten konnte. Wir sahen eine Anstalt, mehr ein Dorf, für geistig Kranke. Auch die Säle wurden gezeigt, wo ich Menschen wie Tiere waren. Die Schlafstelle der katholischen Schwester war nur durch Vorhänge abgetrennt. Es roch scheußlich, wie in den Käfigen wilder Tiere. Wir bewunderten diese Schwester, welchen festen Glauben muss sie haben um alles auszuhalten.
    An den Sonntagvormittagen ging ich in die verschiedenen Museen und Galerien. Da hatte ich Zeit und außerdem kostet es kein Geld. Öfter machen wir auch zusammen Ausflüge nach Nymphenburg, Garmisch-Partenkirchen und anderen Orten. Nach Weihnachten ging es an die praktische Arbeit. Mit einigen Teilnehmerinnen kam ich nach Nürnberg. Dort wurde ich einer Fürsorgestelle zugeteilt und ging mit einer Fürsorgeschwester mit, die Patienten aufsuchte. Auf diesen Gängen lernte ich praktisch die große soziale Not des Volkes kennen. Bayern war damals in der Beseitigung der sozialen Not führen. Da in München alles sehr teuer war, mein Wechsel klein, konnte ich nur einmal ins Theater gehen. Es war gerade das Dürer Jahr und es wurde ein Stück über Dürers Leben aufgeführt. Aus dieser Zeit rührt mein Interesse für Dürer.
    Aber auch in Nürnberg besuchte ich Museen, Kunstbauten, kurz die ganze schöne mittelalterliche Stadt. Ostern war das Examen und der gute Oberregierungsrat gab sich alle Mühe, aus mir gescheite Antworten zu bekommen. Doch es kam rein gar nichts. So erhielt ich eine Drei wohl in Anbetracht der anderen guten Noten, denn eigentlich hätte ich wohl eine Fünf verdient. So ging die Münchner Zeit vorbei und ich schied schweren Herzens. Nun kam die Frage: wohin? Ich schrieb auf zwei Anzeigen, eine als Stadtfürsorgerin in Danzig und die andere als Kreisfürsorgerin nach Tiegenhof, Groß Werder, Freistaat Danzig. Trotzdem meine Mutter gerne gesehen hätte, wenn ich in Danzig geblieben wäre, entschied ich mich für Tiegenhof. Im Landratsamt in Tiegenhof wurde ich allen Abteilungsleitern vorgestellt, auch einem Herrn Scharmer, groß, schlank.
    Ende Kapitel 12

  14. #14
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    Kapitel 13
    Wir sahen uns an. Komisch! Als ob ein Funke übersprang. Nun ging es an die Arbeit, hinaus in den großen Kreis, der bis zur Dirschauer Brücke reichte. Wir waren zwei Fürsorgerinnen und machten unsere Besuche mit dem Rad.
    In diesem Gebiet hatte Friedrich der Große vor vielen Jahren die Mennoniten angesiedelt, als diese wegen ihres Glaubens Holland verlassen mussten. Hier im Weichseldelta nahmen sie, wie in ihrer früheren Heimat, den Kampf mit dem Wasser auf. Sie zogen Gräben, über den schmalen Abwassergraben lagen schmale Bretter und es war Balanceakt, über diese schmalen Brettchen mit dem Rad zu fahren. Wer nicht aufpasste, flog in hohem Bogen über die Lenkstange. Was auch mir einmal passierte! So fuhr ich durch die schöne Natur. Die kleineren Flüsse wie auch die Weichsel wurden durch hohe Dämme gehalten, weil das gewonnene Land teilweise 2-3 m tiefer lag. Das dem Wasser abgetrotzte Land wurde durch Windmühlen und Wasserschöpfmühlen entwässert. Wenn kein Wind da war, wurde sie mit Pferden in Betrieb gehalten. Die Weiden, die an den Gräbern lang standen, strotzten in ihrer Kraft, das herrliche Vieh war eine Pracht. Wenn im Herbst die Felder gepflügt wurden, lagen die Schollen dick und dunkel glänzend in ihrer Feuchtigkeit in der Sonne. Es war keine leichte Arbeit, dieses Land zu pflügen. Pferde waren notwendig, um so einen Pflug zu ziehen und sie trieften von Schweiß bei der harten Arbeit. In den morastigen Tümpeln, die noch nicht kultiviert waren, lebten haufenweise Vögel, Wildgänse und Enten. Ich fühlte mich wohl auf diesem Fleckchen Erde. Ich hatte so ein heimatliches Gefühl, eine innere Verbundenheit. Es war das Land, in dem ich geboren war, dass mich so starken Holland erinnerte. Dann kam ich in die Häuser und lernte die Menschen kennen. Schon die Bauart der Häuser war ein Zeichen der Kraft der Stärke dieser Menschen. Die vielen Käsereien, alles strahlte Fleiß und Sauberkeit aus. Und dann die schlichte Lebensführung. Die Menschen hatten sich in ihren Bauten der Natur angepasst, es bildete alles ein Ganzes.
    Viele Häuserfronten waren durch Vorlauben geschmückt. An der Menge der Säulen, diese Vorgaben schmückten, konnte wieder erkennen, wie viel Hufe nd zum Hof gehörte. Die Möbel waren schlicht, gewaltig und massiv ihrer Linienführung. Die Menschen waren von mittlerem wuchs, breit gebaut und als Entscheidung kannten sie nur Ja oder Nein. Türen der Häuser und Ställe standen Tag und Nacht offen, weil volles Vertrauen herrschte. Dafür wurde eine Ungerechtigkeit dann umso stärker geahndet, so dass es meist besser war, der Schuldige verließ das Land. Eine große Vorliebe hatten diese Leute im Werder für die Blumen und jedes Haus hatte ein Schmuckgärtchen.
    Als mir der Landrat eines Tages eröffnete, dass er mich nicht pensionsberechtigt anstellen könne, entschloss ich mich, Tiegenhof zu verlassen. Ich ging nach Frankenberg, dass mir eine Pensionsberechtigung zubilligte und ein Auto zur Verfügung stellte, da der dortige Kreis sehr war. So wurde ich Kreisfürsorgerinnen in Frankenberg / Eder und nahm schweren Herzens Abschied von diesem mir so lieb gewordenen Fleckchen Erde, meine Heimat.
    Mit Herrn Scharmer arbeitete ich eng zusammen und es klappte alles. Die Arbeit entwickelte sich weiter, aber in einem solchen Betrieb Lästermäuler. Das war auf die Dauer für mich nicht angenehm und auch von daheim wurde ich nicht mit Wohlwollen dieser Sache gedacht. Herr Scharmer fragte mich beim Abschied nur, ob er mir schreiben dürfte. Ja, gerne, denn ich wollte wissen, wie es dort weitergehen, denn man hängt doch an seiner Arbeit, wenn man alles kennt.
    In Tiegenhof hatte ich tief in die soziale Verhältnisse hinein gesehen. Als ich einmal meine Mutter in Zoppot besuchte, wir durch die Seestraße zum Kurhaus und auf Seesteg gingen, an der Strandpromenade entlang, bat ich sie, uns nach Hause gehen zu lassen. Dieses mondäne Weltbad mit seiner übersteigerten Übertriebenheit konnte ich nicht mehr ertragen, nachdem was ich alles in meiner Arbeit gesehen hatte. Der Kontrast war zu groß. Viel größer waren sie aber erst Frankenberg! Diese Kontraste mussten doch einmal zu einer Auseinandersetzung führen.
    Ende Kapitel 13

  15. #15
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Kapitel 14
    Als sich 1929 nach Frankenberg kam, erhielt ich eine eigene Wohnung mit Badezimmer. Ich verdiente gut und konnte mir die Wohnung mithilfe meiner Mutter nett einrichten. Frankenberg war ganz anders. Das Land zwar bergig, viel Wald gab es, viele Steine, Weiden für die Schafe. Keine fetten Schollen und kein schönes Vieh. Hier in Frankenberg zogen die Kühe sogar die Wagen. Es war eine mittelalterliche Stadt mit einer jahrhundertealten Geschichte. Die Stadt besaß viele Fachwerkbauten. Die Menschen mussten schwer kämpfen um den mageren Boden etwas abzugewinnen. Im Sommer waren sie Landwirte, im Winter Handwerker. Auf dem Land wurde gesponnen und es klapperten die Webstühle. Dort trugen die Menschen ihre Trachten, mit denen sie oft in die Stadt zum einkaufen fuhren. In jedem Dorf war eine Frau, die für die Webstühle die Kette scherte. Es fanden Spinnabende statt, wo die Mädchen und Burschen zusammenkamen. Die Mädchen spannen und alle sangen dazu. Im Verhältnis zu Tiegenhof gab es in diesem Kreis viele Geisteskranke, was wohl auf das viele unter einander heiraten zurückzuführen war. Meine Arbeit hier war ganz anders. Wie Arm waren die Menschen und doch so dankbar für jedes gute Wort und die kleinste Hilfe! Die Frauen waren von der schweren Feldarbeit früh gealtert und verarbeitet. Welch ein großes Arbeitsfeld für eine Fürsorgerin. Eines Tages kam ein Brief von Herrn Scharmer, ob ich nicht Lust hätte, ihn an einer Gesellschaftsfahrt teilzunehmen, die in die Schweiz geht. Und ob ich Lust hatte! Die Fahrt ging über Basel und Zürich. Dann wurden Wanderungen auf die Gletscher gemacht. Schließlich landeten wir in Chrischona, einem kleinen Ort bei Basel. Wie schön war dies alles. Dann schlug die Abschiedsstunde und wir trennten uns. Wieder ging es an die Arbeit. Seelisch und körperlich erfrischt trat ich meine schwere Arbeit in Frankenberg an, mit der viele Not und dem Elend, das oft aus Unwissenheit entstanden war. In den verschiedenen Dienststellen hatte ich ein gutes Verhältnis und verkehrte auch im Hause des Landrats. In den Sprechstunden die für die Geistesheilanstalt Haina in Frankenberg stattfanden, war ich selbst dabei und konnte dann über die Fälle, die im Kreis draußen waren, berichten. Dies war für meine schwierige Arbeit von großem Wert. In einer dieser Sprechstunden kam der Oberarzt zu mir mit der Frage: "was, Tierarzt sind sie auch, das wusste ich gar nicht!". Ich wusste gleich, wo hier der Wind wehte. Einige Tage vorher war ich mit meinem Auto unterwegs nach Haina. Es war Winter und sehr glatt. Auf einer Steigung musste ich eine S - Kurve nehmen. In diesem Augenblick kam mir ein eleganter Pferdeschlitten entgegen. Eine Fahrbahn hatte die größere Kurve und ich blieb auf meiner Seite mich wohl erinnernd, dass meine Vorgängerin mit dem Auto verunglückt war. Das sauste das Gefährt in voller Fahrt an mir vorbei. Ein schrecklicher Krach. Mein Auto stand am äußersten Rand der Grube halb zum Abgrund hinab gesenkt. Ich manipulierte mein Auto zurück auf die Fahrbahn und stieg aus. Da sah ich, dass der Schnee um das Schlitten Gefährt Vollblut war. Dass eine Fährte war an der Fessel verletzt. Schnell holte ich mein Verbandszeug heraus. Die Frau Oberförsterin saß die ganze Zeit in ihrem Schlitten und betrachtete mich hochmütig. "Bitte geben Sie mir Ihre Lederhandschuh, damit ich einen Druckverband machen kann!", sagte ich. Ich war empört, diese Frau saß so ich in ihrem Schlitten, während das Pferd beinah verblutete. Was war das doch für ein Mensch! Kurz vor Pfingsten des folgenden Jahres schrieb mir meine Mutter, ob ich nicht Lust hätte, sie in den Pfingstfeiertagen in Baden-Baden, wo sie zur Kur weilte, zu besuchen. Da meine Schwester auch dort war, fuhr ich hin. Dann gab meine Mutter ihre Zustimmung zur Verlobung und im Juni, nachdem wir öffentlich verlobt waren, fuhr ich mit Herrn Scharmer nach Gutach in den Schwarzwald. Nach einem Vierteljahr heirateten wir. Die Trauung fand in der reformierten Petri- und- Paul - Kirche in Danzig statt, die Hochzeitfeier dann in Zoppot.
    Mein Mann sagte einmal zu mir: "Wie soll das nur werden, wenn zwei Pferdchen vor einem Wagen gespannt sind und dass eine galoppiert und das andere geht ruhig und bedächtig." Ich war um eine Antwort nicht verlegen: "dann wird das Pferdchen, das läuft, langsamer und das andere geht etwas schneller!" Und so ist es dann auch in der Ehe geworden. Ein Beispiel dafür war der Spaziergang den wir einmal machten. Wir besprachen dann meistens die Dinge, die sich im Lauf des Tages ereignet hatten. Mich packte die unbändige Lust, die Chaussee runter zu hopsen, wie ich es oft in meiner Kindheit gemacht hatte. So hopsten wir gemeinsam, mein Mann und ich von einem Bein auf das andere, das richtige Pferdchengespann.
    Am 13. Oktober 1931 wurde im Krankenhaus zu Tiegenhof unserer Tochter Gretel geboren.
    Ende Kapitel 14

  16. #16
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Kapitel 15
    Als mein Mann mich, wie jeden Tag besuchen kam, wusste er noch nichts davon. Vorsichtig trat er ins Zimmer. Ich lag im Bett und lachte ihn an." Sie doch nur, was die Schwestern mir für ein reizendes Kinderbettchen rein gestellt haben!"
    Er wollte gar nicht hingehen, er sah erst mich an, dann wieder die Hebamme. Nach langen Reden ging er endlich zu den Kinderbettchen, weil ich behauptete, das Kopfkissen wäre so entzückend. Da stutzte er, es lag ja ein Kind in dem Bettchen. Ich sagte nur: "Ja, Papachen, es ist eine Tochter." Da ist der große junge Papa, den langen Krankenhauskorridor heruntergehopst, von einem Bein auf das andere und hat laut gerufen: "Ich habe eine Tochter! Ich habe eine Tochter!“ Inzwischen waren wir in die Badokowskistrasse in Tiegenhof umgezogen, in ein Zwei - Beamten Haus. Jeder Beamte hatte ein halbes Haus und dazu einen Stall mit Heuboden und einen großen Garten. Das wurde zu einem wahren Paradies für die Kinder, denn am 4.5.1934 wurde ein Pärchen geboren. Hans und Dora waren kräftige Kinder. Der blonde Hans wog knapp sieben Pfund und die dunkle Dorle gut sechs Pfund.
    Im Jahre 1934 zogen die ersten Gewitterwolken am politischen Horizont auf. Das nationalsozialistische Regime zog auch in Tiegenhof ein. Mein Mann und ich lehnten es ab und erschwerten uns damit das Leben sehr. Durch viele Schikanen versuchte man, uns zu einem Gesinnungswechsel zu bringen. Nicht weit von Tiegenhof , nur eine Stunde mit dem Bimmelbähnchen, lag Stutthof, ein Konzentrationslager. In Tiegenhof war die Umladestation, weil das Bimmelbähnchen schmalspurig war. So standen jeden Tag viele Juden unter Bewachung auf dem Bahnhofsplatz und warteten auf die Weiterverfrachtung. Ich sah entsetzliche Not und werde diese bleichen, abgehärmten und in ihrer Stummheit anklagenden Gesichter in meinem Leben nicht vergessen.
    Im Herbst 1944 wurde mein Mann zum Extradienst kommandiert. Er war 62 Jahre alt und sollte Schützengräben ausheben, weil die Front immer näher rückte. Es sollte eine Strafarbeit sein. Doch mein Mann kam quietschfidel nach Hause, wenn er einen Tag Urlaub hatte. Zu gut sei es ihm noch nie ergangen, jeden Tag konnten sich die Männer gutem Essen satt essen und schüppen taten sie nur, wenn ein "Bronze" zur Besichtigung kam. Sie alle hatten längst eingesehen, dass das Ganze heller Unsinn war und die Russen nicht mehr aufzuhalten waren.
    Am 3. Januar 1945 flohen wir. Am Morgen hatte die Partei alle Familien benachrichtigt, dass der Russe mit Panzern durchgebrochen war und in einer halben Stunde der Abtransport der Familien wäre. Da galt es, eilig zu packen. Die Kinder hatte ich schon 14 Tage vorher mit meiner Mamsell Erna nach Lauenburg / Pommern zu meiner Schwester geschickt. Wir wussten damals, dass es nur eine Sache von Tagen war, ehe der Russe da war. So trafen wir uns in Lauenburg alle wieder, nachdem wir in einem Viehwagen, worin der gefrorene Mist lag, und durchschlagen konnten. Damals holte ich mir den Frost in den Fußsohlen.
    Meine Mamsell schickte ich zu ihrer Mutter zurück, damit sie ihrer Mutter bei den sechs kleinen Geschwistern helfen konnte.
    Mein Mann arbeitete nun in Lauenburg am Landratsamt und meine Stelle im Krankenhaus als Nachtschwester verdanke ich einem Unfall meiner Tochter Gretel. Diese hatte sich beim Kartoffeldurchdrehen durch den Fleischwolf den Finger böse verletzt. Am nächsten Morgen ging ich mit ihr ins Krankenhaus. Sie wurde vom Chefarzt behandelt und bei einem Gespräch stellte sich heraus, dass auf der Entbindungsstation eine Nachtwache fehlte. So hatte ich auch eine Arbeit.
    Meine Mutter hatte ich schon aus Zoppot geholt. Ich fand sie wie ein verscheuchtes Wild im Keller. Auf dem Bahnhof wäre sie beinahe unter den Zug gekommen, weil sie ihren ersparten Zucker in den Zug gereicht hatte und der Zug abfuhr. Die Züge waren alle so überfüllt, dass es an ein Wunder grenzte, war man einen Platz bekam. Nun, jetzt zwei Plätze zu bekommen, war beinahe unmöglich. In Gotenhafen gelandet, kamen wir nicht weiter. Schließlich gelang es mir durch die Fürsprache des Kommandanten, noch auf einen überfüllten Lastauto unterzukommen und so landeten wir in Lauenburg. Noch zweimal fuhr ich nach Tiegenhof, um Lebensmittel aus dem Keller zu holen, denn meine Tochter Gretel wurde noteingesegnet (??? G.d.V.). Ein letztes Mal fuhr ich mit meinem Mann zusammen nach Tiegenhof. Alles war verwüstet. Wir befanden uns im Niemandsland. Die Betten des Krankenhauses auf der Straße, die Instrumente hatte man herausgeworfen. Die Zentralheizung in unserem Haus war durch den starken Frost geplatzt und die Decke und die Lampen hingen tief herunter. Als wir von dieser Fahrt zurückkamen, weigerte ich mich, noch einmal dorthin zu fahren. Denn diese Fahrten waren ein zu großes Risiko. Als ich auf einer dieser Fahrten in Danzig auf dem Bahnhof stand, erkannte ich auf dem anderen eine Frau aus einem Dorfe, wo ich in meiner letzten Hebammenzeit (während der letzten Kriegsjahre war ich in Tegenhof Hebamme gewesen) viele Kinder geholt hatte. Von ihr erfuhr ich, dass alle Kinder auf der Flucht erfroren waren und man die kleinen Leichen zum Zug hinausgeworfen hatte. Die vielen Mütter hatten somit so viel Schmerz ihre Kinder bekommen, ich als die Hebamme hatte ihn doch geholfen und das alles nur, damit sie nun alle umkommen mussten?! Wo war denn da noch Gott?
    Ende Kapitel 15

  17. #17
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    Kapitel 16
    Das Kriegslazarett in Lauenburg wurde plötzlich geräumt und es ergossen sich Wagen und ganze Marschkolonnen zerlumpter, abgekämpfter Soldaten in die Stadt. Eines Nachts zogen auf diese alle ab und es blieb eine bedrohende unheimliche Stille zurück. Am nächsten Tag zogen die Russen mit ihren Panzern ein. Den Sprit der Brennerei hatte man noch auf Lastwagen geladen, es war aber nicht mehr geschafft, diese abzutransportieren. Das war schlimm. Die Russen fielen darüber her und der größte Teil war betrunken. In diesem Zustand zündeten sie die Stadt an allen vier Ecken an. Blutrot war der Himmel. Dazu noch Detonationen in der Zündholzfabrik, wo die Russen den gesamten Zündstoff angesteckt hatten. Da sich niemand auf die Straße kaum ans Fensterwaffe, wussten wir auch nicht, was eigentlich draußen vorging, sondern konnten es nur vermuten. Und nun ergoss sich den ganzen Tag eine Horde von Russen in die Wohnungen. Es wollte gar nicht aufhören. Die einen hatten wir gerade besänftigt und zur Tür hinausgeschoben, da polterten und hämmerten schon die nächsten an die Tür. Wodka, Wodka, Uhriii, Uhrii und Frau, Frau war in ihren wenigen Worte. Und wehe, wer ihn nichts geben konnte. Da wurden sie wütend und fingen an, das Mobiliar zu zertrümmern. An Schlaf war nicht zu denken. Die Tür schlugen ganz ungeduldige mit den Stiefeln ein. Da sie auch vor meinen Mädels nicht Halt machen wollten, ging ich nicht immer dazwischen. Einmal bekamen wir unerwartet Hilfe, als ein russischer Oberst in die Wohnung kam. Er hatte einen Revolver und hielt die ganze Nacht die ankommenden Russen in Schach. Die Stromversorgung war auch ausgefallen.
    In alldem Grauen fehlte jedoch nicht ein echtes menschliches Erlebnis. Eines Abends kamen zwei Russen herein. Als sie die vollen Bücherschränke meines Schwagers entdeckten, waren sie begeistert und als der eine dann das Klavier meiner Schwester sah, kannte ihre Freude keine Grenzen. Es stellte sich heraus, der eine Musik studiert hatte und der andere versenkte sich in die französische Literatur. Der eine Russe setzte sich ans Klavier und die ganze Nacht klang sein Spiel, wie das Zeichen einer besseren Welt. Beide riefen uns, den großen Häuserblock, in dem die Wohnung lag, zu verlassen. Die nachfolgenden Russen zerstörten mit einigen Kolbenhieben die ganzen Saiten des Klaviers. So schwierig ist nun für immer.
    Bald darauf gingen wir alle ins Krankenhaus. Ich wurde dort Hebamme und war die einzige in Stadt und Land. Alle anderen Hebammen waren geflohen. Mein Mann, der nebenher immer beim Roten Kreuz gearbeitet hatte, bekam eine Stelle als Sanitäter bei den Juden. Diese waren aus dem Konzentrationslager entlassen worden und wurde nun im Krankenhaus gepflegt. Meine Schwester arbeitete als Krankenpflegerin auf einer chirurgischen Station. Meinen Schwager legte man wegen seines schweren Herzfehlers zu den Kranken. Meine alte Mutter kam in die Nähstube. Gretel (13 Jahre) und Dorle (10 Jahre) arbeiteten auf der Kinderstation und Hans machte die Gelegenheitsdienst. Alles tat man, um gesichert zu sein und essen zu bekommen. Wer nicht arbeitete, bekam auch nicht zu essen.
    Alle Stationen waren überfüllt, die Korridore so belegt, dass man kaum durchkam. Ist ein altes Kriegsgesetz, das nach Einnahme der Stadt, diese 24 h den Soldaten gehört. So schreckten die Russen vor nichts zurück, ob alte Frau oder kleines Mädchen, nichts war vor ihnen sicher.
    Dorle und Gretel schnitt ich die Zöpfe ab, steckte sie in Jungenskleider, die ich für Hans auf Aufwachs gekauft hatte und gab ihnen Jungennamen. Auf diese Weise hoffte ich, sie sicher über die Straße zu bekommen und es gelang mir.
    Kinder wurden geboren, aber die Mütter hatten durch die Strapazen und die seelischen Erschütterungen keine Milch und es war nirgends welche zu bekommen. So verhungerten die Kinder. Damals lernte ich ohne Licht, ohne Heizung, ohne Wasser auszukommen. Neue Medikamente kamen nicht und will dem Vorrat musste gespart werden. So machte sich bei der Mangel bemerkbar und viele Krankheiten konnten nicht behandelt werden. Ich lernte, dankbar zu sein, wenn nachts der Mond schien und sich bei den Geburten sein Licht hatte. Man lernte, mit dem einfachsten zu arbeiten und sich mit kleinen Dingen zu behelfen. Wir mussten mit wenig auskommen und waren anspruchslos.
    Dann erkranken meine drei Kinder an Scharlach und kamen ins Infektionshaus.
    Ende Kapitel 16

  18. #18
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Liebe Leser,
    nunmehr möchte ich doch beginnen, einige Foto der Lebenserinnerungen meiner Vorfahrin beizufügen. Da ich dies erstmalig mache, kann es sein, dass nicht auf Anhieb alles klappt. Ich bitte daher um Verständnis.

    Das erste Bild zeigt Prof. Dr. Paul Dahms
    Die sichtbaren Punkte auf dem Bild sind Einschusslöcher. Die Russen dachten, der abgebildete Herr wäre ein Aristokrat. ...eine herrschaftliche Erscheinung war der Gelehrte schon.

    http://forum.danzig.de/asset.php?fid...8&d=1474028691
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  19. #19
    Forum-Teilnehmer Avatar von sarpei
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    ... und bei aller Wertschätzung der 'historischen Lochung' ist es immer wieder überraschend, was sich aus solchen Bildern alternativ machen lässt:

    Name:  Dahms, Paul - retouch.jpg
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    Viele Grüße

    Peter

  20. #20
    Forum-Teilnehmer Avatar von Witz5
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Liebe Leser, hier ein weiteres Foto, diesmal der Familie H. und P. Dahms

    v.l.n.r.
    Henriette Amalie Dahms, geborene Schuricht (10.9.1834 in Danzig – 1.11.1907 in Danzig)
    Otto Hermann Dahms (1830 in Danzig – 31.10.1904 in Danzig)
    Paul Dahms (6.3.1866 in Danzig – 21.12.1922 in Zoppot)
    Hendrika Alida Dahms, geborene Skorka ( 4.6.1869 in Danzig-2.1.1955 in Frankenberg / Eifel)
    vorn: die Zwillinge Johanna und Henrika



    http://forum.danzig.de/asset.php?fid...8&d=1474290618

  21. #21
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    Liebe Leserschaft,
    erneuter Versuch....sorry
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  22. #22
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Kapitel 17
    Als ich sie am anderen Tag, es war ein Karfreitag, durch das Fenster sah (besuchte dürfte ich sie als Hebamme nicht), weinte Dorle. Man hatte ihnen die Haare ganz kurz geschoren. Jedem, der Fieber hatte, wurden die Haare abgeschoren. Ich tröstete sie und sagte: "ihr sieht aus wie Osterhäschen." Kurz darauf klagte mein Mann, er fühle sich nicht wohl. Die Pflege bei den Juden war für ihn nicht leicht. Sie sahen aus wie lebendige Leichen, nur Haut und Knochen und allein die Augen verrieten, das Leben in ihnen war. Jeden Tag starben über 20, weil sie das bessere Essen nicht vertragen konnten. Sie hatten den Flecktypus ins Krankenhaus eingeschleppt. Die Leichen, die sich von einigen Tagen ansammelten, wurden auf Lastwagen geladen und in Massengräber geschüttet. Das Befinden meines Mannes hatte sich verschlechtert und unser Stationsarzt stellte Flecktypus fest. Mein Mann kam in ein anderes Haus. Ich war erschüttert, als ich ihn heimlich besuchte. Er lag auf Stroh und fremde Menschen hatten ihm seine Nachthemd ausgezogen. Nach zehn Tagen starb er. Durch eine meiner Patientinnen bekam ich einen einfachen Holzsarg, eine Rarität in jeder Zeit und er wurde alleine in einem Friedhofsgang begraben und kam nicht in ein Massengrab. Plötzlich fühlte ich mich nicht wohl. Der Arzt stellte Diphtherie fest, trotzdem ich schon einmal eine Diphtherie gehabt hatte. Es war noch die Diphthrieserum da und ich bekam sofort eine Spritze. Dann kam ich in ein anderes Haus. Meine Kinder waren inzwischen entlassen worden und wurden von meiner Mutter betreut. Als der russische Major, der das Gesundheitswesen in Lauenburg unter sich hatte erfuhr, dass ich Diphtherie hatte, kam er zu mir und sagte:" Du krank wie kostet das?" Gleich verordnete er Diphthrieserum und da er kein Arzt war, eine solche Überdosis, dass daran ein Pferd eingegangen wäre. Der hinzu kommen der Arzt wusste nicht, was er machen sollte. Als er dem Major sagte, dass ich bereits eine Spritze habe, beruhigte sich dieser und schrieb kurzerhand die „Pferdekurdosis" auf meine Temperaturkurve. Dazu hatte er als Verwaltungsbeamter gar keine Befugnis. Von meiner Krankheit behielt die eine Schlucklähmung zurück und konnte nur noch im Sitzen schlafen. Noch heute verschlucke ich mich oft. Mithilfe von Vitamin B und Traubenzucker kamen schnell wieder hoch. Dann bekamen Gretel Typhus und mein Gedanke war nur: "was kommt noch alles?". Als Gretel auch dieses überwunden hatte, stellte sich eine Gelbsucht ein.
    Meine Kräfte ließen langsam nach. Ich merkte, dass ich die viele Arbeit auf der Station nicht mehr lange aushalten würde, denn die Stationsschwester war auch an Typus erkrankt. Die Arbeit mit dem Stationsarzt David Klebanow, der auch aus dem KZ entlassen war, ging sehr gut. Es war ein nettes Hand in Hand arbeiten. Er erklärte zwar, dass er durch die lange Zeit im KZ raus wäre, doch stellte mit staunend fest, dass er ein großes Wissen besaß und sehr geschickt war. Später erfuhr ich, dass er Professor war. Mit solch einem Menschen zusammen zu arbeiten, machte Freude. Er veranlasste die polnische Oberschwester, meinen Kindern öfter essen zuzustecken. Seit sie krank gewesen waren konnten sie aus Schwäche nicht arbeiten und bekamen also auch nichts zu essen. Als wir uns trennten, rief er mich noch einmal zurück und sagte: "Frau Scharmer, ich habe noch etwas Zucker und Seife für Sie. Sie werden es auf ihrer Flucht brauchen können." Zucker und Seife waren damals eine große Kostbarkeit. Ich fragte ihn, warum er das täte, da doch seine Frau und seine Kinder im KZ umgekommen wären. Er erwiderte: "was du nicht willst, das man dir tut, das fügt auch keinem anderen zu!"
    Im Herbst 1945 trat ich mit meinen Kindern die Flucht nach dem Westen an. Ich wurde einem Zug mit kommunistischen Insassen zur Betreuung der Frauen und Kinder mitgegeben, die operiert waren oder vor der Entbindung standen. Der Mann einer Patientin war Kommunist und da die Frau kurz vor der Entbindung stand, wurde ich dem Zug beigeordnet. Eine zweite Patientin kam auch mit, sie hatte von einem Kaiserschnitt noch eine ziemliche Wunde. So ging die Fahrt bis zum polnischen Gebiet gut, dort ging die Plünderei los. Da wir ein kommunistischer Zug waren und auch die polnische Bewachung hatten, wurde unser Zug durchgeschleust mit der Angabe, dass keine Menschen drinnen waren.
    So hieß es, die Ruhe bewahren und es war schwer, da die kleinen Kinder durch die lange Fahrt schon recht unruhig waren, und zum anderen Angst bekamen durch die Wehschreie der geplünderten und gepeinigten Menschen außerhalb des Zuges. Es war, als ob man in einen Hexenkessel hineingeraten war. Weiter ging die Fahrt, schließlich blieb der Zug stehen und wir kamen in einem Barackenlager unter. Dort bekamen wir zu essen. Dort erwarteten wir die Eltern und Schwestern der einen Patientin. Die Schwester war aus England gekommen mit reichlich englischen Papieren, aufgrund dieser Papiere gelang es uns über die weiteren Grenzen, englisches Gebiet (englische Besatzungszone a.d.V.) und nachher auch in die amerikanische Zone zu kommen. Zwischendurch ging ich in ein Krankenhaus in einer Stadt, die wir durchquerten. Ich ging mit Gretel zu einer Ärztin, denn die überstandene Gelbsucht warf noch ihre Schatten hinter sich; dort bekamen sie Essen.
    Da, auf einmal liefen mir die Tränen, endlich wieder zu essen! So gab uns die Ärztin noch die Reste, die sie hatte, für Gretel mit.
    Meine Mutter und Schwester waren in Lauenburg / Pommern zurückgeblieben, weil meine Schwester von ihrem Mann immer noch keine Nachricht hatte, den die Russen verschleppt hatten und sie nur so Nachricht bekommen konnte. Es gab keine Zeitung, noch Radio oder eine Nachrichtmöglichkeit, höchstens durch Erzählungen von Menschen, die zufällig den Weg gekreuzt hatten und auf diese Weise erfuhr sie eines Tages, dass ihr Mann am Wegesrand umgekommen war.
    Ende Kapitel 17

  23. #23
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    Liebe Leserschaft, weitere Bilder...
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  24. #24
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    Todesanzeige von Dr. Paul Dahms
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  25. #25
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    Kapitel 18
    In Lauenburg sah es traurig aus. Die Fensterscheiben waren durch die von den Russen angezündete Spritfabrik gesprungen. Die Türen waren kaputt, jeder konnte in jedes Haus gehen, wohin er wollte. Die Möbel waren heraus geschleppt und wurden zu Heizmaterial zerschlagen. Radio, Telefone waren durch das Fenster herausgeworfen worden. Kleidungsstücke lagen durchwühlt, zerrissen und beschmutzt überall herum. Menschenleichen lagen wie tote Pferde lange Zeit auf der Straße. Es war ein Chaos. Nach sechs Wochen Fahrt landeten wir endlich in Marburg bei meiner Freundin, die ich seit meiner Tätigkeit in der Marburger Universität/Frauenklinik kannte. Trotzdem wir recht verkomme aussahen, nahm sie uns herzlich auf. Nach einigen Tagen in ging es weiter zu meiner Tante in Berlin nach Wetzlar. Als wir vor der Tür standen, erkannte sie uns nicht, so elend waren wir. Auf der Straße hatten mich Fürsorgerinnen angehalten, sie hatten die Aufgabe, erkennbare Flüchtlinge zu wiegen und zu messen, um eine Liste zusammenzustellen. Diese wurde für Amerika gemacht, so waren es die Vorarbeiten des Marschallplans, der uns Deutschen wieder auf die Beine half. Von Wetzlar fuhr ich nach einigen Tagen nach Frankenberg, wo ich vor meiner Heirat Kreisfürsorgerin gewesen war. Als ich über die Eder - Brücke ging, um meine alte Wirtin aufzusuchen, hatte ich nur einen Wunsch. Ach, wenn das Haus wenigstens steht und nicht zerbombt Ist! Dann ging ich schnell, um es noch zu sehen, dann wieder Angst es könnte nicht mehr stehen, und ging langsam und es stand noch ohne Schaden. Es kam mir wie ein Gottesgeschenk vor. Wie empfing mich die Frau Neuschäfer! Ich musste in ihrem Bett schlafen, ich sollte mich richtig ausruhen und sie legte sich auf ein recht kurzes Sofa. Richtig ausruhen sollte ich mich. Nach einigen Tagen sagte sie, ob ich wieder arbeiten wollte. Wie sollte ich Arbeit finden? Da erzählte sie mir, dass die Kreisfürsorgerin Fräulein Adams von den Amerikanern nach Darmstadt ins Lager gebracht worden war. Dies hängt mit der so genannten Entnazifizierung zusammen, die die Bevölkerung durch so genannte Spruchkammern durchschleuste und die Personen, die in führenden Stellen gewesen waren und schon war allein deshalb in der Partei der Nationalsozialisten gewesen sein mussten, einfach ins Lager brachte bis ihre Tätigkeit recht scharf überprüft worden war. So ging ich eines Tages auf das Landratsamt in Frankenberg. Die Amerikaner hatten das Gesundheitswesen unter sich, der Leiter war ein Amerikaner, aber ein gebürtiger Frankfurter. Ich wurde freundlich empfangen. Als er erfuhr, dass ich früher hier Kreis Fürsorgerin gewesen war und die Gegend gut kannte, setzt er mich schnell wieder in meine frühere Arbeit ein. So fuhr ich frohen Mutes wieder nach Wetzlar zu meinen Kindern, die ich dort gelassen hatte. Meine Tante hatte keine Kinder und während meiner Abwesenheit meine Kinder ins Waisenhaus nach Klein Rechenbach bei Wetzlar gebracht. Ich wanderte hin, das sah ich, sie bekamen satt zu essen und ein eigenes Bett. So ging es nach Frankenberg zu meiner neuen Arbeit. Ich wohnte wieder bei meiner alten Wirtin Frau Neuschäfer. In Frankenberg erfuhr ich, dass es dort einen Kindergarten, vielmehr ein Kinderheim auf der Burg gab. Die Leiterin Tante Loucie nahm die Kinder unentgeltlich auf, so waren wir wenigstens an einem Ort wieder zusammen. Wie war ich froh! Es wurde auf Manieren geachtet, sie mussten ordentlich essen, all dies nach der schweren Zeit kam es mir für die Kinder wie ein Paradies vor. So konnte ich mich ganz meiner Arbeit widmen. Es entwickelte sich mit Tante Loucie eine Freundschaft. Da keine Gesetze mehr galten und ein ziemliches Durcheinander war, so entwickelte sich die Unzucht sehr. Was sie (die notdürftige Polizei) erhaschen konnte, steckte sie ins Gefängnis. So wurden allerhand Menschen zusammen gesteckt: Schuldige, unschuldige, gebildete und Herumtreiber mit Verbrechern. Da kam der Kreisarzt als eines Tages und beauftragte mich mit der Geschlechtskrankheitenfürsorge. Nun hieß es oft, in das Gefängnis zu wandern, mit der eingesetzten Gendarmerie zusammen zu arbeiten. Da kann man nur sagen, was ist der Mensch für eine Bestie! Schließlich, als eines Tages das Militärlazarett aufgelöst wurde, gelang es mir, die Strohsäcke der Soldat für das Gefängnis zu bekommen, damit die dortigen, die von Läusen nur so wimmelten, heraus geschmissen wurden. Aber noch was anderes geschaut: auch die Schwestern des Lazarett zogen weg und da sie in Privathäusern untergebracht waren, bekam ich eine Wohnung. Nun konnte ich mit meinen Kindern zusammenziehen und zwar wurde mir auch vom Lazarett das Mobiliar überlassen (da waren Betten mit Matratzen und Bettwäsche, Tische, Nachttische, Stühle, Schränke, Decken, auch Geschirr) wie reich ich auf einmal war! Da, wie ich die Wohnung zum Einzug reine mache, steht in der Flur Tür meine Schwester! Sie hatte durch das Rote Kreuz meine Adresse erfahren und sie war nun in der Zeit auch geflohen und mit meiner Mutter in Minden gelandet. Da die Wohnung groß und auch Inventar vorhanden war, zogen meine Mutter und Schwester zu mir.
    Ende Kapitel 18

  26. #26
    Forum-Teilnehmer Avatar von sarpei
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    Hallo Frank,

    als Ergänzung zu deinem Beitrag #24 hier eine Meldung der Danziger Allgemeine Zeitung.

    Name:  Dahms - reduced.jpg
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    Möglicherweise hast die sie ja noch nicht in deinem Fundus.


    Viele Grüße

    Peter

  27. #27
    Forum-Teilnehmer Avatar von Witz5
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Kapitel 19
    Doch wieder wusste eine Schwierigkeit überwunden werden. Man bekam seine Lebensmittel nur auf Lebensmittelkarte und alles auf die Zuteilung war so knapp, dass man davon eigentlich nicht existieren konnte. Nun kamen meine Mutter und meine Schwester und den gab man keine Lebensmittelkarte mit der Begründung, sie hätten ja nicht um Zuzug zu gebeten und wo sie sich denn so lange auf der Landstraße herumgetrieben hätten. Das waren die Worte des damaligen Landrats Geschwind. Schließlich erbarmte sich das Rote Kreuz und gab ihnen zu essen. Die Flüchtlinge wurden damals nicht gerne gesehen. Man behandelte sie schlecht. Ihre Wohnverhältnisse waren zum größten Teil nicht menschenwürdig, das Essen war knapp und nun noch so viele Esser mehr, ein schweres Problem. Auch trumpften manche Flüchtlinge auf, was auch zu verstehen ist. So bildeten sich zwei Parteien, deren Feindseligkeiten nur die Zeit überbrücken konnte. Auch die Mentalität der Sudetendeutschen, Ungarn und Hessen ist eine so verschiedene.
    So, nun war das neue Heim geschaffen. Da auch das Kriegslazarett in der Schule aufgelöst war, begann wieder die Schule und langsam, leider recht langsam, kam es wieder zu vollem Schulbetrieb. Die Lehrkräfte wurden teilweise von der Spruchkammer freigesprochen. Leider gab es zu viele Denunzianten, die alles noch erschwerten und Wahrheit und Lüge wurde mit einem Kopf durcheinander geschmort.
    Für verzweifelte Menschen gab es nur zwei Möglichkeiten. Entweder, war alles egal und sie hatten keinen inneren Halt mehr und rutschten ab oder sie rangen sich durch, um die Achtung vor sich selbst nicht zu verlieren. So ist es zu verstehen, dass es damals viele gestrauchelte Menschen gab. Damals, als ich in meiner Ausbildung in München zur Gesundheitsfürsorgerin lebte, empfand ich die Gesetze als überflüssig und überspitzt und nun musste ich immer wieder aufgrund der Gesetze handeln.
    Nach ca. zwei Jahren trennten sich unsere Haushalte. Es war gut so, denn jeder suchte sich zu verbessern. Meine Mutter und meine Schwester zogen auf die Burg in das evangelische Pfarrhaus und ich mit den Kindern in eine kleinere Wohnung. Ich gab meine Fürsorgetätigkeit auf, um mich mehr meinen Kindern widmen zu können. So nahm ich wieder meine alte Hebammentätigkeit auf. Eines Tages gelang es mir, ein Grundstück zu erwerben. Nun gab es viele Schwierigkeiten mit den Behörden, die dem Bau vereiteln wollten, weil sich der Architekt mit dem Leiter des Kreisbausamtes nicht gut stand. Es war nach Nervenaufreibend, man versuchte mich bei dieser Sache auszuspielen. Doch der Bau gelangt. Trotz Missgunst und Schikanen hatten wir endlich wieder ein eigenes Heim. Nach mehreren Operationen nun alleine-wie herrlich! Auch meine Tätigkeit als Hebamme hatte sehr zugenommen. Ich hatte ein kleines Zimmer eingerichtet, wo ich die Patienten empfing und Mutterbetreuungsstunden abhielt. Mein Beruf füllte mich ganz aus, wenn auch die ärztlich schief ansah. Besonders ein Dr. wählt (Geburtshelfer) sah meine Tätigkeit mit schrägen Augen an. Es war nicht leicht und doch ich ging von dem Prinzip aus, den Patienten zu helfen, das war das oberste Ziel. War ich doch selbst eine Frau. So rieb ich mich auf, andauernd diese Feindseligkeiten des Arztes und der große Betrieb!
    Eines Tages musste sich in die Universitäts - Augenklinik. Man steckte mich ins Bett. Netzhautblutungen, Gefahr mein Augenlicht zu verlieren! Ich musste noch einmal in die Universitäts - Augenklinik eine neue Netzhautblutung, nun war das Augenlicht nur noch 20 %. Ich gab meinen Beruf schweren Herzens auf! Er war mir doch alles gewesen! Ich wurde eine Schwerbeschädigte und konnte keine Schwarzschrift mehr lesen. So musste ich die Blindenschrift lernen und trotz meines Alters gelang es mir. So hat das Schwere auch sein Gutes. So hatte ich Zeit, Bücher zu lesen, die ich nach Wunsch und umsonst aus der Marburger Blindenstudienanstalt bekam. Dasselbe auch mit Tonbändern. Es war eine schöne und wertvolle Sache, die mir in diesem Ausmaße nie hätte kaufen können. Auch meine Arthritis machte mir zu schaffen. Der Körper war verbraucht. Die Flucht, wo ich lange zu tun hatte mit meinen Hungerödemen, wo das Wasser bis zum Nabel reichte, hat den Körper beansprucht. Aus meiner Hebammentätigkeit ist noch etwas zu berichten.
    Ende Kapitel 19

  28. #28
    Forum-Teilnehmer Avatar von Witz5
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Kapitel 20
    Als ich vom Amerikaner wieder als Kreisfürsorgerin eingesetzt wurde, sah ich nach 15 Jahren meine Patientin von der ersten Kreisfürsorgerinnenzeit wieder. Aus den Kindern waren Mütter geworden, aus den Müttern Großmütter und immer wieder und immer wieder ergab es sich, dass, wo im Haus ein sauberer Geist herrschte, war aus den Kindern was geworden. Die Schlichtheit und Einfachheit hatte gesiegt. Und nun in meinen Hebammen war ich bei Ihnen, als sie ihre Kinder bekamen. In meinem Beruf hatte ich viele Frauen aus den verschiedenen Völkern entbunden und ihre Menschlichkeit kennen gelernt. Jetzt kamen Flüchtlinge, es war ganz was anderes. Nicht alleine die überstandenen Strapazen und seelischen Belastungen kamen dazu-sie wirkte sich auf die ganze Schwangerschaft und auf die Entbindung aus-auch die Stillfähigkeit ließ nach. Jetzt kamen auch die ersten Industrieansiedlungen nach Frankenberg mit ihrer Akkordarbeit am Webstuhl. Die Frau wurde das Objekt des Verdienstes. Mangelnder Schutz des Mutterschutzgesetzes ließen mich immer wieder mit Sorge eine solche Patientin betreuen und alle Sinne waren weiter angespannt, um eine Katastrophe bei den Patientinnen zu vermeiden. Man wollte davon nichts wissen, man ging sogar davon aus, den Hebammen größere Bezirke zuzuteilen und die Hebammen zum motorisierten, damit wurde aber die schnelle Hilfe für die Mütter herabgesetzt, weil die Entfernungen mit den verschiedenen Wegen und Steigungen, wie Witterung nicht eine schnelle Hilfe sicherten. Auf diese Weise wollte man die Entbindungen mehr in Kliniken gekommen. Auch nahm man den Hebammen das Recht, bei einer anämischen Blutung eine Spritze zu machen. Es musste erst ein Arzt geholt werden, trotzdem bei einer anämischen Blutung die Frau ohne Hilfe in nur einigen Stunden tot ist. Doch nun, nach sieben Jahren, hat sich das alles schon sehr gerächt, wie alles was recht ist. Da die Hebammen weniger Patienten haben, lernen Sie den Beruf nicht mehr. So haben Hebammenlehrinstitute keine Schülerinnen. Aufgrund der Auslandshilfe (Völkeraustausch) lernen viele Ausländer. In der Praxis machen sie aber nur noch die Pflege der Patientinnen, alles andere nicht mehr. Und nun geht die Not in den Kliniken los. Alleine durch den Zug in die Klinik, geht ein Teil der Zusammengehörigkeit in der Familie verloren, was zu dem Glück und Verbundenheit notwendig ist. Die Verantwortung einer für den anderen geht verloren.
    Meine Kinder wurden immer größer.
    Dorle heiratet nach Brome bei Hannover. Hans machte sein Abitur, studierte Theologie, sattelte um und wurde Lehrer und heiratete. Gretel sattelte auch um und ist auch Lehrerin geworden. So trafen sie an sich alle wieder in meinem Häuschen. Aber es wurde immer schwerer, es allein zu bewirtschaften. Gartenhilfskräfte sind bei dem Mangel kaum zu bekommen und nur für so viel Geld. So habe ich mein Häuschen im Frühjahr 1962 verkauft und ich zog nach Marburg. Nun ging es auf Reisen nach Holland zur Tulpenblüte. Dies mit Hans zusammen, wie der "Arkadia“ mit der Grekline eine Ostseekreuzfahrt nach Danzig, Gedingen, Zoppot, nach Finnland, nach Helsinki, nach Schweden, nach Stockholm, nach Dänemark, nach Kopenhagen, wie war das schön! Und im Herbst nach Italien. Was hatte ich für herrliche Eindrücke.
    Ende der Aufzeichnungen von um 1963!
    Ende Kapitel 20
    Es folgen weitere Fotos und Dokumente.

  29. #29
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Liebe Leser,
    folgendes Bild zeigt die Lehrerschaft des Realgymnasium Zoppot nach einem Rodelwettbewerb um 1918 (?).
    Dr. Paul Dahms erkennbar mit dem Spitzbart in der Mitte des Bildes, links neben ihn Dr. Kulke, sein Vorgänger im Amt als Direktor. Er ist im 1. Weltkrieg gefallen.
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  30. #30
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Aus dem Zoppoter Adressbuch:
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  31. #31
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Liebe und interessierte Leserschaft,
    wie versprochen, nun einige Bilder aus den Lebenserinnerungen (Hefter) von Johanna Scharmer, geborene Dahms. Damit erhalten die Geschichten und Darstellungen auch Gesichter.
    Die Bilder zeigen das Ehepaar Hubert Kliegel (Stadtförster von Kolberg -sieht er nicht toll aus!) und seine Frau Mathilde, geborene Skorka (Schwester der Mutter Alida).
    Johanna Dahms mit Dienstfahrzeug als Gesundheitsfürsorgerin in Wetzlar.
    Die Kinder von Johanna Scharmer, geborene Dahms. Gretel, Dora, Hans.
    Die Mutter von Johanna, Alida Dahms, geborene Skorka.
    Weitere Lebensdaten im Eröffnungskapitel unter Personenregister.
    Weitere Bilder folgen. Nunmehr wäre ich auch neugierig auf Eure Reaktion auf die Geschichte von Johanna und eventl. Hinweise...Freundliche Grüße FRANK
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  32. #32
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Hubs, Fehler bei den Bildern...
    die junge Frau auf den Bildern ist Johanna als junges Mädchen. Ihre Mutter Alida hier:
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  33. #33
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Hallo Witz5,

    ich habe hier die ganze Zeit interessiert mitgelesen.
    Wirklich toll sind diese Lebenserinnerungen einer Frau!
    Hier und da hat sich ein kleines Übertragungsfehlerchen eingeschlichen.
    Mit der Hilfe eines Mods (vielleicht Beate) sollte der eine oder andere Beitrag überarbeitet werden.

    SC

  34. #34
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Die Zwillinge Johanna und Hendrika Dahms:
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  35. #35
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Liebe Leser,
    noch einige Fotos:

    Die Zwillinge Hans und Dora Scharmer (Kinder von Johanna Scharmer, geborene Dahms und Richard Scharmer).
    Zweites Bild Richard Scharmer und drittes Bild das Haus der Familie Scharmer in Tiegenhof.
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  36. #36
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Liebe Leser,
    die Autorin ihrer aufregenden Lebenserinnerungen, die wir begleiten durften und die vom Kindesalter bis ins hohe Alter, hier im hohem Alter.
    Langsam schließt sich der Kreis von Kleinkind zum Greis.
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  37. #37
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Liebe Leser,
    ich möchte doch anmerken, dass die Tochter von Johanna Scharmer, Dora eine Initiative startete, mit dem Ziel eine Gedenktafel am ehemaligen E - Werk Tiegenhof beim Kleinbahnhof zu enthüllen. Dies geschah dann auch am 7.4.2004 auch unter Beteiligung ehemaliger Häftlinge des KZ. Sie war auch Stifterin der Gedenktafel. Zu sehen in diesem Forum unter Gedenktafel-Stutthof.
    Einige Bilder:
    Die Mutter von Johanna, Alida Dahms und die Todesnachricht (Annonce) aus der Zeitung "Unser Danzig". Leider auch dabei die Todesannonce der Tochter von Johanna, Gretel, die mit ihrem Mann bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen sein soll. Anbei auch zwei Ansichtskarten aus dem Ort Tiegenhof.
    Schönen Feiertag FRANK
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  38. #38
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Lieber Frank,

    habe die Berichte von Anfang an mit großem Interesse gelesen. Danke, dass wir an Leben und Schicksal von Johanna Dahms Anteil nehmen durften!
    Herzlich J.Langfuhr

  39. #39
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    Daumen hoch AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Liebe Leser,
    mit folgendem Bild möchte ich meinen Beitrag zu "Danziger Persönlichkeiten" erst einmal abschließen. Über das Wirken und Schaffen von Dr. Paul Dahms könnt Ihr über Suche in diesem Forum mehr und ausführlicheres erfahren. Über seine Nachfahren und Verwandten konnten wir Dank der Lebenserinnerungen seiner Tochter Johanna viel erfahren.
    Das Bild zeigt ein Treffen von Johannas Sohn Hans mit meinem Vater im vergangenen Jahr. Beide habe sich seinerzeit das erste Mal gesehen und getroffen. Sie wohnten nur wenige Kilometer auseinander. Der Eine, östlich der Elbe, der Andere westlich. Sie wussten nicht´s voneinander und erst die Einheit Deutschland´s machte dieses Treffen möglich. Also, die Einheit war nicht nur was für die große Politik, sondern in erster Linie auch die Möglichkeit, liebe Verwandte wieder zu sehen. Was für ein Tag, heute, vor 26 Jahren!!!
    Ein Erfolg auch meiner Ahnenforschung. Wobei ich mich ausdrücklich für hilfreiche Tipps und Anregungen aus diesem Forum bedanke. Auch Euch habe ich zu verdanken, dass es schon mehrere Treffen gab, neben diesen Treffen von Hans Scharmer und meinem Vater, weitere Familientreffen in Wentorf und Reinbek bei Hamburg, Kiel usw. . Auch dies ist ein lohnendes Ziel von Ahnenforschung!!! Und ich mache weiter.
    In diesem Sinne grüßt freundlich
    Frank Dahms
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  40. #40
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Hallo Frank,

    herzlichen Dank für diese großartige Geschichte!

    Schöne Grüße aus dem Werder
    Wolfgang
    -----
    Das ist die höchste aller Gaben: Geborgen sein und eine Heimat haben (Carl Lange)
    Zertifizierter Führer im Museum "Deutsches Konzentrationslager Stutthof" in Sztutowo (deutsch/englisch)
    Certyfikowany przewodnik po muzeum "Muzeum Stutthof w Sztutowie - Niemiecki nazistowski obóz koncentracyjny i zagłady"

  41. #41
    Forum-Teilnehmer Avatar von Ute Marianne
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Hallo Frank,


    Dies war ein schoener Lebensbericht und ich mußte mehrfach schlucken. Ja die Ahnenforschung bringt mach schöne Überraschung und Zusammenführungen.

    Solche Erlebnisse hatte ich auch schon aber auch traurige.


    Gruß Ute

  42. #42
    Forum-Teilnehmer Avatar von Felicity
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Lieber Frank ! Danke, genau wie Ute musste ich auch einige Male schlucken. Wir alle, von der Erlebnisgeneration, hatten so allerhand durchgemacht. Habe selbst drei Buecher geschrieben und im ersten vieles beschrieben was wir duchgemacht haben. Sie sind aber nur in englischer Sprache zu haben und ich werde sie auch nicht uebersetzen.Auch glaube ich, ist es besser diesen Zeiten Ruhe zu geben und nicht immer wieder allea aufwuehlen. Da ist ja schon eine Generation darueber hinweggekommen. Liebe Gruesse von der Feli von Down Under.

  43. #43
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Witz 5 #31 Gerhard Jeske informiert: Auf dem Friedhof bon Prangenau gibt es heute nich eine Grabstätte mit dem Namen " Nörrenberg"

  44. #44
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Witz 5 #31 Jeske informiert: Entschuldigung, es gab wieder bei diesem Text Tipfehler, aber nicht nur , manchmal schalten sich englische Buchstaben ein. Hier ist der originale Text. Auf dem Friedhof von Prangenau gibt es heute eine Grabstätte mit dem Namen " Noerenberg"

    Karin Langereih hatte vorbildlich viele Namen auf den Prangenauer Friedhof aufgeschrieben. Dort sind auch etliche Bekannte von mir beerdigt worden.
    Aber die Familie Noerenberg kannte ich nicht. Deshalb setze ich bei Herrn Naujocks im Facebook vier Fotos ein. ( Im Forum habe ich bisher keinen Zugang)
    Freundliche Grüße sendet aus Hamburg Gerhard Jeske

  45. #45
    Forum-Teilnehmer Avatar von Witz5
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Liebe Leserschaft,
    leider war ich in letzter Zeit kaum noch im Forum, geschweige habe mich mit einem Artikel an der Diskussion beteiligt.
    Es hatte gesundheitliche Gründe. Auch meine Forschung nach Ahnen ist, wie schade, etwas eingeschlafen.
    Nun geht es mir wieder besser und ich beginn wieder mit der Suche nach interessanten, lustigen und traurigen Geschichten meiner Vorfahren.
    An dieser Stelle habe ich ja über Dr. Paul Dahms geschrieben, die Lebensgeschichte von seiner Tochter niedergeschrieben.
    Gestern habe ich im Internet gefunden, dass die Tante Mathilde (Ehefrau vom Oberförster Hubert Kliegel), von der Johanna geschrieben hat, sich im April 1952 in Oberbiel (Hessen) verstorben ist. Lt. Sterberegister, starb sie durch Tod durch Ertrinken. Ich glaube, sie gehört auch zu den Opfern beider Weltkriege, der ihr alles nahm. Hab und Gut, schlimmer, auch Mann und Kinder. Was muss diese arme Frau gelitten haben! Nun ist sie hoffentlich mit ihren Lieben wiedervereint.

  46. #46
    Forum-Teilnehmer Avatar von Witz5
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    Standard AW: Lebenserinnerungen von Johanna Scharmer, gebn. Dahms, Tochter von Dr. Paul D

    Der Oberförster Hubert Kliegel ist tatsächlich und lt. Sterberegister am 14. März 1948 in Wetzlar an einer Eitrigen Bauchfellentzündung gestorben.

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