Schönen guten Abend/Morgen,
im Rahmen der Festlichkeiten der Deutschen Woche lief die Fregatte Karlsruhe der Deutschen Bundesmarine Danzig an. Sie liegt in Neufahrwasser, im Hafenbassin.
Ich weiß nicht, ob und wann Schiffe der Bundesmarine bereits in Danzig waren. Aber es ist auf jeden Fall etwas ganz Besonderes wenn ein deutsches Kriegsschiff in Neufahrwasser, in unmittelbarer Nähe der Westerplatte, festmacht. Die Vergangenheit ist noch immer überall gegenwärtig, in den geographischen Begebenheiten, in Denkmälern, in der Erinnerung, im Gedenken. Ich habe darauf geachtet, ob es vielleicht kritische Stimmen zu diesem Besuch gibt, aber nichts, absolut gar nichts war zu vernehmen.
Bereits am Mittwoch hatte ich im Shakespeare-Theater Gelegenheit mit Besatzungsmitgliedern der "Karlsruhe" zu sprechen. Sie sagten, sie seien auf diesen Besuch vorbereitet worden, ihnen sei ausführlich die Geschichte Danzigs und des Weltkriegbeginns vermittelt worden.
Die "Karlsruhe" war vor ihrer Fahrt nach Danzig in der Ägäis unterwegs, in einer humanitären Aktion in der sie Flüchtlinge rettete. Es war eine Friedensmission und es ist einfach eine wunderbare Sache, dass sie nun auch in einer -wenn auch sehr unterschiedlichen- Friedensmission in Danzig weilt. Sie war und ist Botschafterin eines in Europa verwurzelten Deutschlands das gutnachbarschaftliche Beziehungen zu Polen festigen möchte. Und dies wurde mit einer polnisch-deutschen Torte (eines von vielen guten Symbolen) gleich am Eingang gezeigt:
Danzig ist etwas Besonderes, etwas ganz Besonderes! Aber wem erzähle ich das? Hier sind Freiheits- und Widerstandswille besonders stark ausgeprägt. Und vielleicht auch gerade deswegen wird dieser symbolhafte Besuch der Karlsruhe so positiv aufgenommen.
Es gab am (gestrigen) Donnerstag einen Empfang auf der Fregatte Karlsruhe zu dem der Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen Dr. Carsten Sieling, Alexia Sieling und der Schiffskommandant Fregattenkapitän Matthias Schmitt Gäste eingeladen hatten, die sich für gute deutsch-polnische Beziehungen einsetzen. Anlass waren die Jubiläen der 40-jährigen Städtepartnerschaft Bremen-Danzig und 25 Jahre deutsch-polnischer Nachbarschaftsvertrag.
In bewegenden und immer wieder beifallunterbrochenen Ansprachen des Fregattenkapitäns Schmitt, des Senatspräsidenten Sieling und des Danziger Stadtpräsidenten Adamowicz schlugen alle drei Redner einen Bogen von der Vergangenheit in die Gegenwart, zeigten auf, wie gut das Verhältnis der beiden Staaten zueinander geworden sei. Insbesondere wurden auch die hervorragenden Beziehungen zwischen Bremen und Danzig gewürdigt. Diese beiden Städte begründeten die erste Partnerschaft zwischen einer polnischen und einer (west-) deutschen Stadt. In den Reden wurde hervorgehoben, dass es Kontakte zwischen Menschen waren, die die Voraussetzungen schufen um dorthin zu kommen wo wir heute sind.
Es waren ehrliche Worte, begeisternd, bewegend, nachdenklich machend. Sie wurden stets von einer hervorragenden Dolmetscherin in die jeweils andere Sprache übersetzt.
(Foto von links nach rechts: Fregattenkapitän Schmitt, Senatspräsident Sieling, Dolmetscherin (pardon, ich kenne ihren Namen nicht), Danzigs Stadtpräsident Adamowicz, Generalkonsulin Pieper)
Für mich war es ein tief bewegender Besuch. Natürlich weiß ich über die Geschichte Bescheid. Natürlich kenne ich auch viele Befindlichkeiten hier lebender Polen. Und als ich heute Abend nach Hafeneinlasskontrolle bei Dunkelheit die am Kai liegende Fregatte Karlsruhe sah, gingen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Etwas Beklommenheit, überlagert aber durch tiefe Zufriedenheit, dass ein solcher Besuch heute möglich ist. Die Wache am Schiff, junge Soldaten, Spalier stehend, grüßénd, der junge Schiffskommandant, seine Offiziere, seine Uffze, die Mannschaften, alles perfekt, trotzdem entspannt, freundlich. Ich war hin und her gerissen, und finde selbst jetzt nicht die richtigen Worte um das zu schildern was mich bewegte.
Aus Bremen war eine große Besuchergruppe anwesend. Viel Lokalprominenz, etliche sich seit vielen Jahren für eine gute Städtepartnerschaft engagierend. Mit dem Bremer Bürgerschaftspräsidenten Christian Weber sprach ich. Generalkonsulin Cornelia Pieper beehrte den Empfang. Und viele weitere sowohl Danziger als auch Bremer Persönlichkeiten fanden sich, kamen miteinander ins Gespräch.
Es waren Repräsentanten aus Politik und gesellschaftlicher Gruppen denen ein gutes Verhältnis zwischen Deutschland und Polen eine Herzensangelegenheit ist.
Ein emotionaler Höhepunkt war das feierliche Zeremoniell des Einholens der Bundesflagge. Die Wache trat bei strömendem Regen an (die Gäste befanden sich im nahen Trockenen), ein Trompeter blies die deutsche, danach die polnische Nationalhyme -beide wurden von den Gästen und Soldaten gesungen-, und dann wurde die Bundesflagge eingeholt. Für alle Gäste war es bewegend, und Allen wird dieser Moment unvergesslich sein, als die beiden Nationalhymnen an Bord der deutschen Fregatte gesungen wurden.
Kurzes Fazit: Es ist selbst heute noch etwas Außerordentliches wenn ein deutsches Kriegsschiff in Danzig einläuft. Und es ist einfach grandios, dass dies heute praktisch durch die Bank weg positiv aufgenommen wird. Für mich persönlich war dieser Empfang einer der Höhepunkte die ich in den letzten Jahren hier erlebte.
Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang