Guten Tag zusammen,
ich möchte über eine jüdische Familie in Stutthof berichten. Vielleicht erhält sie so ihr Gesicht in der Dorfgemeinschaft zurück. Leider wird die Familie nicht in den Büchern von Günter Rehaag erwähnt, auch nicht in seinen Karten verzeichnet. Mein Wissensstand ist relativ dürftig, aber möglicherweise ergeben sich durch diesen Beitrag weitere ergänzende Infos.
Ich schreibe folgend meinen Kenntnisstand nieder und bitte um Verständnis für die bruchstückhafte Schilderung, aber ich wollte mich daran halten, wie es mir erzählt wurde. Das Jahr kann ich leider nicht eingrenzen.
Eine ehemalige Dorfbewohnerin erinnert sich an eine jüdische Familie mit Familiennamen Lieb, die ein Bekleidungsgeschäft in der Schulstraße Ecke Poststraße führte. Die Eheleute hatte eine kleine Tochter namens Antonia. Bei Lieb gingen nur wenige Stutthöfer einkaufen. "Wer zum Juden kaufen ging, auf den zeigten die Leute mit dem Finger", sagte die Zeitzeugin. Außerdem wurde Kunden angedroht im "Stürmerkasten", direkt gegenüber des Lieb-Ladens, veröffentlicht zu werden. Die Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäftsleute sind ja hinlänglich bekannt! "Herr Lieb wurde mit Frau und Kind in einer 'Nacht und Nebelaktion' abgeholt", erinnert sich die Zeitzeugin. Die Abführung von Lieb war damals Dorfgespräch. Also wussten es wohl alle Bewohner. Von Parteinahme für Lieb ist der Zeitzeugin nichts bekannt, nur so viel, dass es einige Kunden gab, die am Abend heimlich bei der Familie Lieb einkaufen gingen. Es soll lt. einer anderen Zeitzeugin noch einen Kontakt in Danzig zu Frau Lieb gegeben haben. Bei diesem Kontakt soll die Frau Lieb gewarnt haben, mit ihr Kontakt zu haben sei gefährlich. Frau Lieb trug einen Judenstern. Das Geschäft der Lieb übernahm dann die Familie Antony, die direkt nebenan schon ein Lebensmittel/Milch-Geschäft führten. Die Textilien der Familie Lieb übernahm Heinrich Thiessen, der auch ein Textil-Geschäft in der Poststraße führte.
Soweit erst einmal.
Herzliche Grüße
Uwe