Guten Tag in die Runde,
kleine Geschichte vorab (damit man die Zusammenhänge versteht). Ich habe einen alten Freund (alt im Sinne von sehr langjährig). Piotr ist sein Name. 1956 in Gdańsk geboren, 1980 zum Studium und aus politischen Gründen nach Hamburg, später nach Berlin ausgewandert. Piotrs Eltern haben vor etwa 20 Jahren ein Haus geerbt. Da kenne ich die Details nicht. Soweit ich weiß, Piotrs kinderlos verstorbene Tante und Onkel. Die lebten in der ulica Wrocławska, dem ehemaligen Orselnweg. Vor etwa zehn Jahren verstarb Piotrs Mutter, vor etwa vier Jahren auch sein Vater. Nun hat Piotr das Haus geerbt. Piotr hatte nach seinem Umzug nach Deutschland eigentlich nicht mehr viel mit Polen und Danzig am Hut. Ein oder zwei Besuche im Jahr bei seinen Eltern. In dieser Zeit gab es die für mich immer etwas skurille Situation, dass Piotr, der in Danzig geborene Pole, mich, den damals noch in Berlin lebenden Deutschen, vor seinen Besuchen in Danzig fragte, was es dort Neues gäbe. Denn meistens war ich viel besser informiert als er. Seine Besuche intensivierten sich in den jeweils letzten Lebensmonaten seiner Mutter und seines Vaters. Piotr wusste zuerst nicht so recht, was er mit dem Haus machen soll, vor drei Jahren entschloss er sich, es zu behalten und sogar relativ aufwändig zu renovieren. Nun ist auch er vom Danzig-Fieber erfasst. Er reist sehr regelmäßig alle vier bis sechs Wochen für mindestens ein langes Wochenende dorthin. Dem nun durchgehend von Berlin fahrenden Berlin-Gdynia-Express sei Dank.
Beim Aus- und Aufräumen hat er im Haus in der recht umfangreichen Bibliothek seiner Eltern ein Buch gefunden (sein Vater sprach auch sehr gut Deutsch) mit diesem Stempel drin:
Man darf annehmen, dass die Durchnummerierung der Gebäude nach dem Krieg nicht geändert wurden. Piotrs Haus hat die Nummer 5, die Nummer 30 ist also ein Gebäude etwas weiter in der Straße. Wie genau das Buch von Nummer 30 in Nummer 5 kam, wissen wir beide nicht.
Piotr schickte mir dieses Foto vor etwa vier Wochen (wissend, dass ich in meiner eigenen Familiengeschichte ganz viel auch dank des Danzig-Forums recherchieren konnte) und fragte mich, ob ich etwas über diesen Alfred Hahn herausbekommen könnte. Ich weiß inzwischen, dass er Pianist war und wohl 1947 in Magdeburg verstorben ist. Ich konnte Piotr dann noch mit den Eigentumsverhätnissen über »seine« Nummer 5 aufkären. Familie Barth, vermutlich nach Ende des Krieges nach Salzgitter verzogen (Richard Barth ist, soweit ich weiß, noch 1944 in Danzig verstorben).
Hat irgendwer aus dem Forum mit der Nachbarschaft um den Orselweg zu tun? Meine Suche hier im Forum hat diesbezüglich nicht viel ergeben.
Damit es Interessierten etwas leichter fällt, hier der Link zu Google Streetview in der Straße und hier zu Google Maps. Lustig – wie ich gerade sehe – dass die Google-Streetview-Aufnahme offenbar gemacht wurde, als Pior im Frühjahr 2014 mit der Renovierung begann. Er ließ zwei große Durchbrüche im Erdgeschoss vornehmen und einen vom Vater gebauten Terrassenanbau zum Garten wieder abreißen.
Aktuellere Fotos des Hauses und des Gartens gibt es in meinem Blog. »Sommerresidenz« deswegen, weil Piotr mich schon vor zwei Jahren fragte, ob ich mir vorstellen könne, im Sommer in Danzig zu leben und sein Haus, das er teilweise als Gästewohnung vermieten möchte, zu verwalten. Ob da was draus wird, steht jetzt völlig in den Sternen, weil ich mich mehr oder minder fest entschlossen habe, Polen im nächsten Jahr wegen der politischen Entwicklungen hier im Lande wieder zu verlassen.