Ja, und wie ging die Sache nun weiter:
Die goldene Zeit und die Unschuld der Götter geht zu Ende
Die Edda erzählt uns von einer lange vergangenen verlorenen goldenen Zeit, mit unschuldigen
Göttern; das war eine Zeit gewesen, als die Götter der Sonne und dem Mond ihren Platz ange-
wiesen, und den Lauf der Sterne geregelt hatten; sie hatten damals der Nacht und dem Neumond
ihre Namen gegeben und die Zeiten geordnet; um das alles abzusprechen, trafen sich die Götter
regelmäßig auf dem Idafeld. Kurz danach folgte dann die Schöpfung der Zwerge. Die Götter
schafften sich damals Schmelzhütten, um, mittels dieser, dann eiserne Werkzeuge herzustellen, wo-
bei man das benutzte Metall zwar als Gold bezeichnete; aber dass wird vermutlich nur ein Synonym
für den großen Nutzen der verarbeiteten Metalle gewesen sein; da man das weiche Gold eigentlich
nicht für harte Werkzeuge verwenden konnte. Dieses goldenen Zeitalter wurde dann durch die An-
kunft drei bestimmter Frauen aus Jötunheim abrupt beendet. Nun setzten sich die Götter wieder
auf ihre Stühle, und beratschlagten, wie man wieder Ordnung in die Streitereien bekommen könnte.
Das ganze Elend kam vermutlich in die Welt der Götter, als die angekommenen Frauen mit ihrer
Goldgier das vordem friedliche Leben der Götter in eine erste Katastrophe stürzten. Es ist daher
sehr wichtig, dass, geich nach dieser friedlichen goldenen Phase die Zwerge auf der Erde erschei-
nen, welche das begehrte Gold aus der Erde holen müssen; diese Zwerge nutzten nun oft die Gier
der drei Riesenfrauen nach Gold für ihre eigenen Zwecke aus; damit war also das goldene göttliche
Zeitalter für immer, durch die weibliche Gier der drei Thursentöchter nach Macht und Reich-
tum beendet worden; welch eine Ironie; das goldene Zeitalter der Götter wurde ausgerechnet durch
Gold beendet. Aber diese drei Thursentöchter aus Riesenheim, sind auch genau jene drei Nornen
(Zeitgöttinen), welche Yggdrasil pflegen; die reale Weltzeit konnte also erst nach dem Ende der
goldenen göttlichen Zeit beginnen. Dass, durch das Gold, auch das Böse in die Welt gekommen
ist, und damit die Unschuld verloren ging, sagt uns auch der Wöluspa:
Da wurde Mord in der Welt zuerst,
Da sie mit Gabeln die Goldstufe (Gullweig) stießen,
In der hohen Halle die hell brannten.
Dreimal verbrannt ist sie, dreimal neu geboren,
Oft, unselten, doch lebt sie noch.
Als die Zwerge all ihr Gold in der hohen Halle (Walhalla) schmolzen, da kam sofort auch das
Böse in die Welt; der oben erwähnte Mord ist aber nur ein poetischer Ausdruck für das Gold, was in
die Welt kam, und was, die Götter dreimal versuchten, wieder aus ihr zu verbannen; wobei durch
den Nachsatz von oft und unselten wohl gesagt werden soll, dass man das Selbe auch noch später
immer wieder erfolglos versucht hatte. Ebenso kam damals auch der erste Krieg durch das Gold in
die Welt der Götter; dieser war wohl der Wanenkrieg, welcher aber noch mit einem Friedens-
schluss endete; infolge dessen musste der Wanenherrscher Niördhr mit seinen beiden Kindern
Freyr und Freyja als Geiseln zu den Asen gehen. In diesem sogenannten Frodisfrieden, wurde der
ganze Goldschatz der Asen vom Zwerg Andwari mit einem Fluch belegt, der auch noch jedem
späteren Besitzer einen sicheren Untergang bringen sollte. Da wir aber sonst nichts weiter über die-
sen ersten Krieg lesen können, können wir hier nur über den Friedensschluss und dessen Bedingun-
gen berichten. Während dieser Friedensschluss den laufenden Krieg beendete, hatte sich schon bald
wieder ein neuer Konflikt entwickelt, dessen Ursachen allerdings schon in der dunkelsten Vergan-
genheit lagen; es war dies nämlich der immer währende Gegensatz zwischen den Asen und den
Riesen gewesen, also der grundsätzliche Gegensatz zwischen guten und bösen Mächten; dieser
Gegensatz war auch nicht mit einem Friedensschluss beizulegen, denn, er war ja von einer so
grundsätzlichen Natur, dass er immer wieder zu neuen Auseinandersetzungen zwischen diesen
beiden Mächten führen musste. Diesen Kampf hätten die Götter aber auf lange Sicht gewinnen
können und müssen, wenn sie nicht inzwischen selber auch der Sünde verfallen wären. Aber in
der Welt der Götter hatte ja das Böse, durch das Gold, auch immer weiter an Macht gewonnen, wie
man an den folgenden Versen sehen kann:
Da gingen die Berater zu den Richterstühlen,
Hoch heilige Götter hielten Rat,
Wer mit Frevel hätte die Luft erfüllt,
Oder den Riesen Odurs Braut gegeben?
Von Zorn bezwungen zögerte Thor nicht,
Er säumt selten wo er solche vernimmt:
Da schwanden die Eide, Wort und Schwüre,
Alle festen Verträge jüngst erdacht.
Wir wollen hier diese rätselhaften Worte etwas genauer erläutern: Als die Götter damals Mid-
gard und Walhall erschaffen hatten, da riefen sie einen Baumeister (namens smidhr), der ihnen
in eineinhalb Jahren eine feste Burg gegen die Bergriesen und Hrimthursen erbauen sollte, für
den Fall, dass diese über Midgard in ihr Reich einbrechen würden. Aber dieser Baumeister ver-
langte dafür Freyja zur Frau, und Mond und Sonne noch als Lohn dazu. Die Asen versprachen
nun dem Baumeister den geforderten Lohn, wenn er diese Burg innerhalb eines Winters erbauen
könnte; wenn aber am ersten Sommertag noch irgend etwas an der Burg fehlen würde, so sollte er
überhaupt keinen Lohn bekommen; nebenbei dürfte er sich bei dem Bau auch von Niemand helfen
lassen. Als sie dem Baumeister diese harten Bedingungen stellten, da verlangte dieser, dass ihm we-
nigstens sein Pferd Swadilfari helfen dürfen solle; und, Loki war der Meinung, dass man dem
Baumeister dieses auf jeden Fall erlauben müsse. Also startete der Bau ab dem ersten Wintertag;
tagsüber setzte der Baumeister Stein auf Stein, und in der Nacht holte er wieder neues Material mit
seinem Pferd heran. Für die Asen erschien es als ein großes Wunder, wie das Pferd ganze Felsen auf
einmal heranzog; wobei der Baumeister sogar dreimal soviel Arbeit wie sein Pferd verrichtete. Als
nun der Sommer nahte, beschleunigte der Baumeister den Bau so sehr, wie es irgend ging; drei Tage
vor Sommeranfang war dann die Burg so groß und stark, dass ihr kein Angriff hätte mehr schaden
können, es musste nur noch das Burgtor fertig gebaut werden. Nun setzten sich die Götter zusam-
men, und warfen sich gegenseitig vor, dass man ja versprochen habe, Freyja nach Jötunen zu ge-
ben, und Mond und Sonne gleich noch mit dazu; man würde so eine Göttin verieren und den gan-
zen Himmel verderben. Da einigte man sich darauf, dass die ganze Schuld für diesen ungünstigen
Vertrag mit dem Baumeister einzig bei demjenigen liegen würde, dem man bisher auch schon alles
in die Schuhe geschoben hatte, nämlich bei Loki, Lauseyjas Sohn. Man beschloss deshalb, dass
Loki eines ganz üblen Todes sterben müsse, wenn er diesen Vertrag mit dem Baumeister nicht
wieder rückgängig machen könne. Und, weil die versammelten Götter alle auf den armen Loki ein-
drangen, gab er sich am Ende geschlagen, und versprach, alles so zu arrangieren, dass der Baumeis-
ter um seinen sicheren Lohn kommen würde. Als nun der Baumeister an diesem Abend mit seinem
Ross neue Steine holte, da wieherte am nahen Waldrand eine hübsche Stute (der verwandelte Loki)
nach dem Pferd des Baumeisters. Der Hengst konnte und wollte nun einfach nicht mehr arbeiten,
und zerriss seine Stricke, und rannte hinter der Stute hinterher. Der Baumeister rannte nun die ganze
Nacht hinter seinem Pferd hinterher, um es wieder einzufangen. Das ganze Versteckspiel dauerte
nun die ganze Nacht an, ohne dass ein einziger Stein transportiert worden wäre. Weil nun aber keine
Steine mehr in der Burg waren, konnte der Baumeister am folgenden Tag auch nicht mehr weiter
bauen; nun wurde dem Baumeister klar, dass man ihn hier ausgetrickst hatte, und, dass er nun wohl
auch keinen Lohn für seine ganze Mühe bekommen würde; nun geriet er in eine sehr große Wut.
Die Asen hatten aber inzwischen gemerkt, dass es sich bei ihrem Baumeister eigentlich um einen
Bergriesen handelte, und beachteten die Verträge mit diesem nicht mehr; trotzdem oder gerade des-
wegen bekamen sie nun eine große Angst vor ihrem ehemaligen Baumeister, und riefen Thor mit
seinem Hammer Miölnir zur Hilfe. Thor bezahlte nun den versprochenen Baulohn auf seine speziel-
le Art, indem er den Bergriesen in kleine Stücke zerschlug, und diese dann nach Niflhel warf. Zwi-
schen dem verwandelten Loki und dem Pferd des Baumeisters war es in jener Nacht aber auch zu
einem Kontakt gekommen, welcher dann nach einer Zeit zu einem Füllen führte, welches grau aus-
sah, und acht Beine hatte; in diesem Pferd erkennen wir nun das sätere Reittier von Odin, mit dem
Namen Sleipnir; das beste Pferd, was die Götter und die Menschen jemals gesehen haben. Bei dem
betrogenen Baumeister handelt es sich eigentlich um den Winter selbst, und sein Pferd Swadilsari
(Eisführer) symbolisiert hier wahrscheinlich den eisigen Nordwind; somit handelt es sich bei dem
Bollwerk gegen die Eisriesen wohl eher um eine Eiswand, welche im Sommer unter normalen Be-
dingungen sowieso wieder weg getaut wäre, weshalb der Baumeister mit der Sonne und dem Mond,
auch das Licht und die Wärme von den Asen nehmen wollte. Also hätte die Burg, welche zum
Schutz der Götter dienen sollte, über kurz oder lang zu ihrem sicheren Untergang geführt. Wenn
nun des Baumeisters Hengst also der Nordwind gewesen sein soll, so musste die verwandelte Loki-
stute, als sein Gegenspieler zwangsläufig der warme Südwind sein. Die sich nachlaufenden Pferde
im Wald stellen somit den Wechsel und Wandel der Winde beim Anbruch des Frühjahres dar. In ih-
rer Angst vor dem unheimlichen Baumeister rufen nun die Götter den sommerlichen Thor mit sei-
nem Hammer (dem Gewitter, was es im Winter eigentlich nicht gibt); selbiger zerstört nun mit eini-
gen Blitzschlägen und einer nachfolgenden Wärme alles, was vom winterlichen Eis noch übrig war.
Bis an diesen Punkt kann man den Mythos wahrscheinlich noch auflösen, aber viel weiter kommen
wir hier dann nicht mehr. Odins windschnelles Pferd ist also von zwei gegensätzlichen Winden ge-
zeugt worden, und seine acht Beine sollen wahrscheinlich die acht Hauptwinde der Windrose dar-
stellen; seine graue Farbe stellt eine Mischung zwischen schwarzen südlichen Feuerwind und dem
weißen kalten Nordwind dar.
LG Arndt