Guten Abend an die Interessierten,
Ich habe diesen Bericht in meinem Sammelsorium entdeckt, habe ihn bereits Jahrzehnte, weiß aber leider nicht, wer ihn geschrieben hat. Ich finde, er passt hier ins Forum. Ich habe den Text so abgeschrieben, wie er ist, auch wenn sich heute in der Orthographie einiges geändert hat.
Alte deutsche Weihnachtsbräuche aus dem Osten
"Durch einen geheimnisvollen Zauber lebt die alte Heimat besonders stark wieder auf, wenn wir das Schönste aller Feste nach alter Sitte feiern. Überall erklingt das Heimweh mit seinem bittersüßen Gefühl der Sehnsucht und der Liebe zur Kindheit und Heimat. Mit seinen wehmütigen Erinnerungen an heimatliche Arbeit und heimatliche Bräuche, an die Gemeinsamkeit mit Verwandten und Nachbarn, an die vertraute heimatliche Landschaft.
In Ostpreußen und im Danziger Werder waren die Brummtopfspieler zu Hause. Ursprünglich stellten sie die „Weisen aus dem Morgenlande“ dar. Der Brummtopf war ein kleines, selbstgebasteltes Lärminstrument, meist hergestellt aus einem kleinen Faß, das mit einer Schweinsblase oder Leder überzogen war. An einem Ende wurden Pferdehaare durchgezogen, die zwei Kinder hin- und herzogen, und dadurch entstanden wilde Brummtöne. Oft hatte man auch noch Schellen an das Fässchen gehängt, damit die „Musik“ noch lauter wurde. Selten zogen nur drei Kinder durch das Dorf; meist kamen mehrere zusammen, die sich bunt kostümiert hatten. In manchen Gegenden hatten drei Kinder weiße Hemden an und auf dem Kopf Papierkronen oder hohe spitze Mützen, sie stellten die „Weisen“ dar. So zogen sie von Haus zu Haus und leierten mit eintöniger Stimme ein Gedicht, bis sie Pfefferkuchen und andere Leckereien bekamen. Es waren immer die gleichen Verse:
„Wir kommen hierher ohn’ allen Spott,
Einen schön’n guten Abend geb’ Euch Gott.
Einen schön’n guten Abend, eine fröhliche Zeit,
Die uns der Brummtopf hat bereit’.
Wir wünschen dem Herrn ein’n gedeckten Tisch,
auf allen vier Ecken ein’n gebratnen Fisch.
Und in der Mitte eine Kanne mit Wein,
dass der Herr und Frau können lustig sein.
Wir wünschen der Frau eine goldene Kron’
Und übers Jahr einen kleinen Sohn.
Wir wünschen dem jungen Herrn ein Pferd ganz blank,
Daß er kann reiten das Feld entlang.
Wir wünschen dem Fräulein ein goldenes Penal,
im nächsten Jahr einen jungen General.
Wir wünschen der Köchin einen roten Rock,
Im nächsten Jahr einen Besenstock.
Wir wünschen dem Knecht eine Peitsche in die Hand,
Daß er kann treiben die Schwein’ aufs Land.
Wir wünschen dem Stubenmädchen ’n Paar weiße Strömp,
Daß sie sich kann putzen, wenn der Freier kömmt.“
Die Oberschlesier „begießen den „Wurm“ zu Weihnachten. Das ist ein sehr alter Brauch. Das heißt: Man hebt einen kräftigen und scharfen Korn, eine Quartelgallone, weil das den bösen Wurm im Leib, von dem alles Übel kommt, für das ganze Jahr vernichtet.
Vor Weihnachten feierte man in Schlesien den Barbaratag. St. Barbara ist die Schutzheilige der Bergleute. Am 4. Dezember – dem Barbaratag – schneidet man Zweige von Kirschbäumen, die dann Weihnachten in leuchtender Blüte stehen.
Etwas ganz besonders Hübsches sind die Krippen in den Nußschalen. Man schnitt ein Stück des Mittelteiles der Schale sehr vorsichtig heraus, nahm den Kern heraus, und in diese Aushö(h)lung setzte man Maria mit dem Kind und Joseph. Diese Kunstwerke waren manchmal aus Papier, aber oft auch aus Holz, ganz fein geschnitzt. Die Nüsse konnte man mit Silber oder Gold bronzieren. So ein schlesisches Nußkripperl hing in vielen Häusern, und sicher haben es manche wie einen Talisman mit auf die Flucht genommen.
In Niederschlesien aß man Weihnachten die herrliche süße Mohnspeise. Sie war der Höhepunkt der leiblichen Genüsse am Heiligen Abend. Es war weichgekochter Mohn mit Rosinen und süßer Sahne.
Im Sudetenland gab es wunderschöne geschnitzte Weihnachtskrippen, die sich von Generation zu Generation vererbten und immer reicher ergänzt wurden. Da im Erzgebirge die Holzschnitzer zu Hause waren, kann man noch heute viele dieser Meisterwerke der Schnitzkunst in großen Museen bewundern.
Ungezählte Menschen mussten Haus, Hof und Heimat verlassen. Grenzen trennten sie von allem, was ihnen lieb geworden war. Aber, wenn die Kerzen am Weihnachtsbaum im goldenen Licht schimmern, dann wandern die Gedanken über alle von Menschen gesetzten Grenzen hinweg in die alte Heimat und alles lebt wieder, wenn die alten Lieder erklingen, wenn die alten schönen Festbräuche wieder erwachen, wenn das Unverlierbare, das wir in uns tragen und das uns kein äußeres Geschick rauben kann, in altem hellen Glanz erstrahlt."
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Ich wusste nicht, was "Penal" bedeutet, habe diese Definition dafür gefunden: "Penal war ein französisches Volumen- und Getreidemaß unterschiedlicher Größe".
Lieben Gruß
Inge-Gisela