Hallo,
da meiner Familie im Zuge der Flucht keinerlei Dokumente geblieben waren, wusste ich bislang nicht einmal gesichert, wie mein Ur-Großvater hieß. Die einzige Möglichkeit bestand für mich in der Einsicht der Geburtsurkunde meines Großvaters, geb. 1911. Aber: Was tun? Bin frühestens nächstes Jahr in Danzig, kann kein Polnisch usw. Dazu Aussagen wie: "Die melden sich sowieso nicht" oder "Wenn Du Geld überweist, siehst Du das nie wieder". Kurz: Ziemlich aussichtslos!?
Nun überlegte ich, wie ICH gerne um etwas gebeten werden würde. Als erstes einmal natürlich in meiner Sprache. Also verfasste ich in Deutsch ein persönliches, höfliches Schreiben (kein Formschreiben aus irgendeinem Forscherforum) an das Standesamt in Praust. Dann bat ich die Mutter einer Klassenkameradin meines Sohnes, die polnische Wurzeln hat, meine Worte ins Polnische zu übersetzen. Dann unterschrieben, eine Kopie meines Familienstammblatts und Persos als Legitimation dazugelegt und mit einem ganz normalen Brief nach Praust geschickt. Etwa 1,5 Wochen später erhielt ich eine nette Email (polnisch): Es läge etwas vor, ich solle doch 5 Zloty (€ 1,52 !!) überweisen... Kann DAS was sein? Kurz hier im Forum nach Auslandsüberweisung gefragt, dann angewiesen und eine entsprechende Antwortmail, natürlich wieder in Polnisch (es langte diesmal der Google-Übersetzer), an die Sachbearbeiterin (Standesbeamtin?) gesandt und dann zugegebenerweise mittelschwer euphorisch abgewartet.
14 Tage später erhielt ich ein Einschreiben mit Rückschein (frankiert mit 7,50 Zloty). Inhalt: Eine einwandfreie DINA3 - Kopie der Beurkundung der Geburt meines Großvaters durch den Standesbeamten in Praust von 1911! Mit Stempel und Unterschrift des heutigen STA, also sogar eine beglaubigte Kopie! Ihr könnt Euch meine Freude vorstellen. Endlich kenne ich den Namen meines Urgroßvaters und meiner Urgroßmutter. (Leider ohne deren Geburtsdaten, aber man kann ja nicht alles haben )
Fazit: Nett schreiben, möglichst in der Landessprache verfassen und etwas Geduld haben. Zumal das Ganze eigentlich auch noch ein Verlustgeschäft für das Prauster Standesamt war und das alles für mich absolut nicht selbstverständlich ist... Dazu die Gewissheit: Nette Menschen gibt es überall!
Ich hoffe, ich habe Euch nicht gelangweilt. Meine Intention ist nur, andere zu ermutigen. Die ganze "Aktion" hat gerade mal 5 Wochen gedauert und nicht mal € 5,- gekostet.
Lieben Gruß aus Kaltenkirchen
Michael