SS Prozess in Itzehoe Holstein

[ursula paradies]

zur Zeit läuft ein Nazi Verfahren gegen eine 95 jährige Damen.
Sie soll in Stutthof als Schreibkraft gearbeitet haben.
Hoffentlich wird sie freigesprochen.
Gruß Ursula

[Sonde]

Hallo Ursula,

wieso soll sie freigesprochen werden? Die Frage ist doch eher, weshalb sie erst kürzlich angeklagt wurde. Welchen Sinn hat denn eigentlich eine so späte Anklage?

VG
Daniel

[Molenfeuer]

Manchmal reibe ich mir die Augen.

Im 3. Reich wurden Personen, die dem Staat unangenehm waren, weggefangen und in Konzentrationslager gesteckt.

Als die Rüstungsindustrie um 1940 Arbeitskräfte brauchte ließ `man` sie frei und verpflichtete sie zum Dienst in der Kriegsrüstung – sie nähten z.B. Hitzedämmmatten, aus Asbest, für die U-Boote. Das Rohmaterial „Asbest“ lieferte die USA.
So erging es meinem Nachbarn. Er fühlte sich schuldig – hat er durch seine Tätigkeit den Krieg verlängert? Was wäre aus ihm geworden, wenn er der Dienstverpflichtung nicht nachgekommen wäre?

Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages berichtet in der Dokumentation (WD1 – 463/09) „Zur NS-Vergangenheit von Mitgliedern des Deutschen Bundestages und Angehörigen der
Bundesregierung“.
Auf mehreren Seiten werden NSDAP-Mitglieder aufgelistet, die einer NS-Organisatin angehörten und später, nach 1945, für eine Partei / Fraktion MdB waren. Dar unten war auch ein Danziger, darum berichte ich HIER, und ein Gauhauptstellenleiter. Alle bekamen später gute Pensionen - auch für ihre Jahre als MdB`s.

[Lavendelgirl]

Lieber Hans-Werner,

nicht nur im Bundestag oder als Politiker.
Auch Richter und Staatsanwälte wurden überwiegend nach dem Krieg übernommen, sei es beim Bundesgerichtshof, Verfassungsschutz etc.
Beispielhaft seien Dr. Kurt BODE, NS-Generalstaatsanwalt und der Dr. Hans-Werner GIESECKE, Kriegsrichter genannt.

Sie waren u.a. beteiligt an den Todesurteilen für die Verteidiger der Polnischen Post in Danzig.

Beide machten später Karriere in der Justiz der Bundesrepublik Deutschland, ohne jemals belangt worden zu sein.

Aber so ist es, die „Großen“ lässt man laufen, die „Kleinen“ werden gehangen!

Viele Grüße,
Frank

[Herbert Claaßen]

Ende des Krieges war die hier angeklagte Dame gerade 17 Jahre alt.
Welche Schuld könnte diese blutjunge Schreibkraft bis dahin wohl auf sich geladen haben? -was eine Anklage nach 78 Jahren rechfertigen würde.
Viele Grüße,
Herbert

[ursula paradies]

Hallo Molenfeuer, Hallo Lavendelgirl,
Eure Beiträge sind zutreffent. Eine Schreibkraft hat die Gesetze nicht gemacht. Außerdem war sie minderjährig. Wenn Erwachsene was sagen, haben Kinder zu gehorchen. Man hat öfters von Todesmäschen aus Stutthof gelesen. Was hat die polnische Post damit zu tun?
Gruß Ursula

[Lavendelgirl]

Hallo Ursula,

erst einmal kenne ich die Anklageschrift nicht!

War die „Dame“ eine zivile Angestellte, oder gehörte sie auch zur Wachmannschaft?
Wenn sie zur Wachmannschaft gehört hat, sieht der Sachverhalt ganz anders aus.

Die Polnische Post hat dahingehend mit Stutthof zu tun, weil aus dem Lager in Danzig-Neufahrwasser Gefangene abgestellt wurden, welche das Massengrab für die hingerichteten Verteidiger der Post ausheben mussten und die Leichen dann regelrecht verscharren mussten.

Anschließend wurden diese zum größten Teil ebenfalls erschossen.

Lagerleiter vom Lager in Neufahrwasser war der Max PAULY, wobei er gleichzeitig, zunächst kommissarisch, auch die Leitung im Lager Stutthof hatte!

Viele Grüße,
Frank

[Sonde]

Hallo zusammen,

handelt es sich bei der Angeklagten um die ehemalige Stenotypistin des Lagerkommandanten Paul Werner Hoppe, Imgard F., geb. D.? Falls ja, dann lautet hier die Anklageschrift "Beihilfe zum Mord".

https://www.sueddeutsche.de/politik/...hter-1.5460406

VG
Daniel

[Molenfeuer]

@ Hallo Frank!
Das Hamburger Abendblatt berichtete vor einem Jahr auf der Regional-Seite-Pinneberg - „76 Jahre danach: Klage gegen KZ-Schreibkraft in Stutthof erhoben“.

Zitat
Kreis Pinneberg. Sie war Schreibkraft in einer Maschinerie des Grauens: Die Staatsanwaltschaft in Itzehoe hat gegen eine 95-jährige Seniorin aus dem Kreis Pinneberg Anklage erhoben, die zwischen 1943 und 1945 im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig tätig und Sekretärin des Lagerkommandanten war. 76 Jahre später wird ihr nun Beihilfe zum Mord in mehr als 10.000 Fällen vorgeworfen. In weiteren Fällen bleibt es bei einer Beihilfe zum versuchten Mord. usw.

[RRose]

Guten Abend ,

Das alles ist ein ganz heikles Thema. Aber ich stimme da voll und ganz Herbert und Ursula zu. Ich kann es auch nicht verstehen, dass eine damals 17 Jährige jetzt angeklagt wird.

Ein ähnlicher Prozess wird ja gerade gegen einen 101 Jährigen (angeblich soll er Wachmann in Sachsenhausen gewesen sein) in Brandenburg geführt.
Ich habe in dem diesem Fall einen Kommentar eines Anwalts gehört, dass er keine Verurteilung wünscht. Es soll vielmehr ein Zeichen gesetzt werden.

Ich sehe immer parallelen mit den Menschen, die an der innerdeutschen Grenze erschossen wurden.
Die Mauerschützenprozesse wurden zum Teil alters- und krankheitsbedingt eingestellt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Mauers...BCtzenprozesse

Warum wird es nicht auch in diesem Fall gemacht?

Es ist so schrecklich, was damals geschehen ist, aber die beiden jetzt Angeklagten sind einfach nur Bauernopfer

[Lavendelgirl]

Hallo zusammen,

das Verfahren muss strafrechtlich gesehen eröffnet werden, denn der Straftatbestand Mord verjährt nicht.
Wie Richter und Staatsanwälte letztendlich im Verfahren damit umgehen, steht auf einem anderen Blatt.

Einen schönen Tag wünsche ich euch,
Frank

[ursula paradies]

Hallo liebe Leute,
schön Eure Meinungen zu lesen. Aber Leute die schon mit einem Fuß im Grabe stehen. macht das alles keinen Sinn.
Die Geschichte von der polnischen Post ist mir bekannt. Danzig war Freistaat? War die Post früher deutsch?
Liebe Grüße Ursula

[Belcanto]

Zu 5, ich möchte mich der Meinung von Herbert anschließen. Leider hat die Regierung der BRD, es nach dem Krieg versäumt, die wahren Kriegsverbrecher vor Gericht zu stellen und zu verurteilen. Ein Globke und anderen höherrangige Nazi- Größen, fanden sehr schnell wieder einen lukrativen Posten. Ja, Mord verjährt nicht, aber 77 Jahre nach Kriegsende eine 95 anzuklagen, ist für mich eine reine Alibifunktion.