Nach vielen Jahren habe ich wieder einmal die kleine Mappe herausgeholt, die die wenigen Schriftstücke aus dem Nachlass meiner Mutter zum Inhalt hat. An sie selbst erinnere ich mich nur schwach, aber die wenigen Jahre, die ich mit ihr hatte, hinterließen intensive Erinnerungen. Nicht, dass es nur der Dialekt war, den sie wie einen Mantel an- und ablegen konnte, oder das Schimpfen auf Polnisch oder Russisch, welches sie zum Spass manchmal losließ, auch war es ihr gutes und herzliches Wesen und die vielen Geschichten, die sie uns am Bett zur Guten Nacht erzählte. Eine davon, die von der Piepmaus Triena, die über die Weichsel schwimmen wollte, habe ich zumindest im Groben noch im Ohr, obwohl meine Mutter nun schon seit fast 40 Jahren unter der Erde liegt.
Als ich auf diese Seite stieß ( welch Glück, dass es heute das Internet gibt ), konnte ich auch einen Blick in das Einwohnerverszeichnis von Zoppot werfen. Dabei stellte ich fest, dass ihr Mädchenname im Raum Danzig / Zoppot / Gotenhafen sehr selten war, und ich hoffe darauf, trotz der vielen Jahre doch noch das eine oder andere von meiner Familie zu erfahren.
Die Familie Bisewski ( ab 1941 Bissing ) muss schon recht früh in Zoppot gewesen sein. So heirateten die Eltern meines Großvaters ( Joseph Julius Bizewski und Christiana Martha Pieper ) am 17.11.1895 in Zoppot. Mein Großvater, Leo Franz Bisewski wurde am 02.10.1901 dort gebohren. Er heiratete im August 1923 Martha Daum und hatte mit ihr 2 Kinder: meine Mutter Erika Bisewski ( 24.10.1924 in Zoppot ) und ihren Bruder Helmut ( 13.04.1931 ).
Sie besuchte 1931 bis 1939 die Volksschule in Steinfleiß und wechselte dann zur Handelsschule in Danzig Herrengarten. Von 1939 bis 1942 ging sie auf die kaufmännsche Berufssschule in Zoppot.
1941 wurde der Familienname eingedeutscht. Aus Bisewski wurde Bissing.
Von 1940 bis 1945 arbeitete sie als Sekretärin beim Marinearsenal in Gotenhafen und war dort zuletzt einem der dortigen Leiter als persönliche Sekretärin zugeteilt.
Kurz vor der Besetzung durch die Russen, wurde sie nach Hamburg versetzt. Der erste Fluchtversuch am 14.03.1945 misslang, weil ihr Schiff ( T3 ) auf eine Mine lief und sank. Sie verlor dabei ihre gesamte Habe.
Am 20.03. verließ sie ( wie ist nicht bekannt ) Gotenhafen und meldete sich am 26.03. in Hamburg beim NTI, wo sie einen weiteren Marschbefehl nach Kopenhagen erhielt ( ich fand die beiden Fahrkarten vom April 1945 ).
Meine Mutter wohnte bis 1943 in Zoppot ( vermutlich Adolf-Hitler-Str. 847 ), von da an in Gotenhafen, Horst-Wessel-Str. 5 / 2.OG und Horst-Wessel-Str. 28 bei Hansen
Einige Jahre lebte sie in Bayern, kam dann 1954 nach Bremen, wo ihr Bruder und ihre Eltern waren. Dort heiratete sie meinen Vater und verstarb 1969.
Durch den Krieg ist kaum etwas an Unterlagen geblieben. Es existieren keine persönlichen Bilder oder Gegenstände aus der Zeit. Darum habe ich mich gefreut, hier zumindest ein paar Bilder von dort zu finden, ein Einwohnerverzeichnis und einen alten Stadtplan. Es ist ein wenig wie Schatzgräberei, und die Belohnung ist dann die Entdeckung eines Namens.
Herzliche Grüße aus Bremen,
Dieter