Heute, am 16.12.2023, schloss meine 94-jährige Mutter Ruth Bachmann nach langem schwerem Kampf für immer ihre Augen.
Sie wurde am 06.10.1929 in Danzig-Langfuhr, im Johannistal 4, in der Wohnung ihrer Eltern Arnold Schneider und Hulda Woyke geboren. 15-jährig ging sie im Januar 1945 alleine auf die Flucht. Ihr langer Weg nach Bayern führte sie über Dresden wo sie am Stadtrand die britischen Bombenangriffe erlebte. Nach dem Krieg traf sie ihre Mutter und weitere Familienangehörige im zum Flüchtlinglager umfunktionierten KZ Dachau wieder. Ihr Vater kam aus dem Krieg nicht mehr zurück. 1952 heiratete sie jung meinen Vater Siegfried Naujocks und hatte vier Kinder mit ihm. Später heiratete sie ein zweites Mal.
Meine Mutter litt fast ihr ganzes Leben unter sehr schmerzhaftem Rheuma der zu Knie- und Ellbogenprothesen und steifen Handgelenken führte. Als ich sie vor etwa 14 Jahren fragte ob sie mit mir in ihre alte Heimat ziehen wolle, zögerte sie nicht lange und sagte ja. Im September 2011 war es dann soweit. Mein Haus in Prinzlaff / Przemysław war fertig und sie konnte ihre neue Wohnung beziehen. Hier genoss sie ihren Lebensabend, arbeitete im Garten, war sehr aktiv. Bis sie im Mai 2018 einen schweren Schlaganfall erlitt den sie seinerzeit trotz aller Befürchtungen nicht nur überlebte sondern sich von ihm sogar recht gut erholte. Seitdem litt sie jedoch unter zunehmenden physischen Einschränkungen die sie nur mit Pflegehilfe bewältigen konnte. Mitte des Jahres begann sie bettlägerig zu werden, ihr Allgemeinzustand verschlechterte sich zusehends. In den letzten Monaten war praktisch eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung und Pflege erforderlich.
Nun ist sie erlöst. Ihr ganzes Leben -bis auf ihre glücklichen Kindheitstage in Danzig- war geprägt vom Verlust der Heimat, von familiären Dramen, von Schicksalsschlägen, Krankheit, in den letzten Jahren aber auch von glücklichen Momenten in ihrer alten Heimat.
Ich habe meiner Mutter noch kurz vor ihrem Tod den sie selber nahen sah, eine gute Reise gewünscht, und ich sagte ihr, sie selbst werde nach ihrem Ableben weiterleben: In uns, in ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln.
Wolfgang