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Thema: Die Deutschen nach 1945 in Danzig

  1. #51
    Forum-Teilnehmer Avatar von waldkind
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    Standard Fragen und Mitgefühl

    Zitat Zitat von Martschinke Beitrag anzeigen
    die Russen haben nach der Eroberung von Danzig und Umgebung alle Männer zwischen 16 + 60 Jahre aus ihren Häusern geholt und in Sammel-Lager gebracht. Danach wurden sie sortiert. Einige überlebten das Lagerleben unter freien Himmel. Sie kamen danach nicht frei, sondern in Tranzporte nach Rußland zur Zwangsarbeit. Andere wurden durch Todesmärsche oder Zwangsarbeit getötet. Nur wenige Männer überlebten.
    ....Das Leben nach 1945 war für die Deutschen so grausam wie
    es kaum in Büchern beschrieben worden ist.
    Lieber Martschinke,
    du hast mir hier eine Frage beantwortet, die ich nicht laut gestellt hatte. Ich fragte mich, es wird immer von den Kindern und den Frauen gesprochen, nicht aber von den Männern. Was war mit den Männern? Anstatt diese Frage laut zu stellen, hatte ich mir eine Antwort selber zusammen gereimt im Stillen.

    Als ich ein kleines Mädchen war - ihr wisst ja kleine Mädchen stellen gerne Fragen - schrie mich ein Mann an "Vergasen sollte man euch alle". Obwohl ich seine Worte nicht verstand, wusste ich instinktiv, dass ich ihm außer Reichweite gelangen musste, damit er nicht auf mich einschlagen konnte. Wieder stellte ich dumme Fragen. Ich fragte meinen Bruder, was "Vergasen" bedeutet. Nachdem ich es begriff, geschah dreierlei. Erstens wurde mir klar, dass ich keine Fragen stellen durfte, zweitens hatte ich seit diesem Tag Atembeschwerden. Drittens ich verlor mein Vertrauen in die Welt der Erwachsenen. (Ich bin Jahrgang 1960).
    Wie gut, dass es heute Menschen gibt, die Fragen beantworten, obwohl ich sie nicht laut gestellt habe. Nur so kann ich lernen die Fragen, die ich hatte, doch noch zu stellen ohne dass sie mir den Atem nehmen.

    Vor einigen Wochen hatte ich ein Gespräch mit einem Leiter einer russlanddeutschen Gemeinde. Er sagte, die Russen, die zu ihm kommen, sind alles Kinder und Enkel von Deutschen, die nach dem Krieg Zwangsarbeit leisten mussten. In Russland waren es nur Deutsche, sagte er, in Deutschland sind es nur Russen. Und so haben sie gar keine Heimat. Mir kam dieses Gefühl irgendwie bekannt vor. Eigentlich waren mir diese Zusammenhänge über dem Kopf klar. Nach diesen Beiträgen hier im Forum merke ich, dass zwischen Kopf und Herz doch noch ein großer Unterschied ist. Mit dem Kopf kann man vieles sich erklären. Doch nur im Herzen entsteht Mitgefühl und Liebe.

    Ich danke dir Martschinke für deinen Beitrag. Miriam

  2. #52
    Forum-Teilnehmer Avatar von wenzkauer
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    Hallo Jutta, Regina, Heinz, Erhart, Martschinke und Rudi !!
    Ich hatte für eine Woche keinen Zugriff auf´s Internet, und möchte mich gerade bei Euch mit großem Respekt für Eure Beiträge bedanken. Viele meiner Anverwandten, die bestimmt ähnliches erlebt haben, hatten sich niemals mit mir darüber unterhalten. Ich kann es nun gut verstehen- man wollte mich als Kind damit nicht belasten und das blieb dann wohl so bis heute.........
    Viele Begebenheiten innerhalb unserer Familie kann ich durch Eure Beiträge nun besser verstehen und wenn ich noch Fragen habe, werde ich mir diese sehr gut überlegen.

    Wir sprechen hier oft vom "Vererben" - ich meine damit nicht materielles - und so schmerzhaft vieles in zu diesem Thema hier im Forum auch ist, aber schon meine Kinder stellen Fragen an mich, wie z.B. "wieso bist Du, Papa, zur Hälfte Kaschube ??? " und genau dort beginnt es, die Kinder dafür zu interessieren und die richtigen Antworten zu geben, um dann eben alles Geschehene nicht vergessen werden zu lassen.

    Einen schönen Sonntag wünscht Michael

  3. #53
    Administratorin Avatar von Beate
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    Standard

    Ihr Lieben, danke Euch allen für Eure Schilderungen. Dass Ihr Euch dazu überwunden habt. Wenn ich sehe, welch unglaublichen seelischen Ballast Eure Generation in sich trägt, womöglich nie darüber spricht, erschüttert mich das. Ich hoffe, Ihr könnt vielleicht zu Hause oder mit Freunden darüber reden oder es aufschreiben, es muss doch verarbeitet werden. Es kann leider nichts ungeschehen gemacht werden, aber vielleicht kann man es erleichtern, ein wenig verarbeiten. Ich wünsche es von Herzen.

    Liebe Grüße Beate:heart:

  4. #54
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    Standard Rußlanddeutsche

    Auch wenn es nichts mit Danzig zu tun hat , möchte ich noch etwas zu Miriams Beitrag sagen . Die Vorfahren der Rußlanddeutschen wurden einst vom Zaren Peter dem Großen und dann besonders von der Zarin Katharina der Großen in das damalige Russische Reich geholt . Sie hatten es im Laufe der Zeit meist zu Reichtum und Wohlstand gebracht , zumal ihnen auch große Vergünstigungen gewährt wurden .
    Mit der Revolution nach dem I. Weltkrieg änderte sich die Situation grundlegend für sie . Es kam zu den üblichen Enteignungen und der Zwangskollektivierung und dann - in der Phase der politischen Verfolgungen Ende der 30-iger Jahre - zu Massenhinrichtungen aller politisch unliebsamen "bürgerlichen und reaktionären Elemente" , wobei auch die dort lebenden Deutschen in großem Umfang betroffen waren . Mit dem Kriegsbeginn ( 1941 ) wurden alle Deutschen auf Stalins Befehl aus ihren Siedlungsgebieten deportiert ( zumeist nach Sibirien und in die asiatischen Sowjetrepubliken ) , wobei die Familien auseinandergerissen wurden . Es wurde zum Zwecke einer großangelegten Zwangsarbeit eigens eine sogenannte "Armija Trud" ( Arbeitsarmee ) gebildet , in der die dort unter äußerst harten Bedingungen arbeitenden Menschen bis zur physischen Vernichtung Zwangsarbeit leisten mußten . Auch noch viele Jahre nach dem Krieg gab es immer noch diese Arbeitsarmee bis zu Stalins Tod . Das System ließ es einfach nicht zu , diese Arbeitssklaven in ein halbwegs normales Leben zu entlassen . Das Benutzen der deutschen Sprache war den Deutschen in der Sowjetunion streng untersagt . Das erklärt auch , daß viele der jetzt in Deutschland lebenden Rußlanddeutschen Probleme mit der deutschen Sprache haben .
    Soviel nur als Hinweis zu dieser Sache .
    Viele Grüße Rudi

  5. #55
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    Wir sprechen hier oft vom "Vererben" - ich meine damit nicht materielles - und so schmerzhaft vieles in zu diesem Thema hier im Forum auch ist, aber schon meine Kinder stellen Fragen an mich, wie z.B. "wieso bist Du, Papa, zur Hälfte Kaschube ??? " und genau dort beginnt es, die Kinder dafür zu interessieren und die richtigen Antworten zu geben, um dann eben alles Geschehene nicht vergessen werden zu lassen.

  6. #56
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    Zitat Zitat von J.Langfuhr Beitrag anzeigen
    Wir sprechen hier oft vom "Vererben" - ich meine damit nicht materielles - und so schmerzhaft vieles in zu diesem Thema hier im Forum auch ist, aber schon meine Kinder stellen Fragen an mich, wie z.B. "wieso bist Du, Papa, zur Hälfte Kaschube ??? " und genau dort beginnt es, die Kinder dafür zu interessieren und die richtigen Antworten zu geben, um dann eben alles Geschehene nicht vergessen werden zu lassen.
    Irgendwie komme ich mit der Zitiertechnik noch nicht zurecht, denn dieser Text ist natürlich von Wenzkauer. Ich möchte daran anschließen und vorsichtig fragen: wie haben die Familien mit kaschubischen Wurzeln die Zeit nach 45 erlebt und offensichtlich überlebt. Bei meinen späteren Besuchen nach unserer Flucht 1945 war ich über die relativ große Zahl von Familien gleichen Namens im Telefonbuch von Danzig, Oliwa, Gdynia und Groß Katz erstaunt. Meine 1958 ausgesiedelten Großeltern haben die Gräuel der ersten Tage und Monate nach Einmarsch der Sowjetarmee 45 erlebt und auch davon berichtet. Danach muss sich die Lage für sie gebessert haben, sodass sie am Ende ihres Lebens eher bedauerten, nach Westdeutschland gegangen zu sein.

    J. Langfuhr

  7. #57
    Forum-Teilnehmer Avatar von wenzkauer
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    Hallo J. Langfuhr , hallo in die Runde

    Vielleicht kann jemand das folgende bestätigen oder auch sehr gerne richtigstellen. Ich habe es so aus meiner Kindheit verstanden:
    Katholische Kaschuben sollen mehr den Polen zugewandt gewesen sein,
    evangelische mehr den Deutschen, das würde in meiner katholischen Familie auch erklären, weswegen soviele ihre Höfe nach 1945 behalten durften und nicht vertrieben wurden. Diese Bauernhöfe wurden dann später sogar an die Kinder vererbt. Ich habe in Wenzkau viele Verwandte, die fast kein deutsch konnten.
    Ich würde mich sehr freuen, wenn jemand hier im Forum dazu mehr weiß.

    Grüße Michael

  8. #58
    Forum-Teilnehmer Avatar von Heibuder
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    Zitat Zitat von J.Langfuhr Beitrag anzeigen
    Irgendwie komme ich mit der Zitiertechnik noch nicht zurecht, denn dieser Text ist natürlich von Wenzkauer. ...
    Hallo, J. Langfuhr, schau noch mal hier nach:
    http://forum.danzig.de/showpost.php?p=9211&postcount=1
    Es grüßt der Heibuder!

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  9. #59
    Forum-Teilnehmer Avatar von waldkind
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    Hallo Rudi, liebe Forumsmitglieder,
    danke für den geschichtlichen Hintergrund. Ich selber ließ ihn wegen "Thema verfehlt" weg. Aber Hintergrundinformationen sind durchaus wichtig.
    Für mich hat die Geschichte der Deutschlandrussen sehr wohl etwas mit Danzig zu tun. Zarin Katharina II. war Tochter eines preußischen Gouverneurs, sie holte insbesondere Deutsche, vor allem Lutheraner aus Westpreußen und Danziger nach Russland. Diese "Ausländerpolitik" wurde von den Zaren Paul I. und Alexander I. weitergeführt. Auch in der Zeit von Enteignungen, Deportationen und Vertreibungen mussten deutschstämmige Wehrpflichtige in der russischen Armee kämpfen. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden die Deutschen auf Liquidierungslisten erfasst und in Arbeitslager nach Sibirien und Kasachstan verschleppt. Natürlich kam es dadurch zur Flucht von Russlanddeutschen ins Deutsche Reich. Die am Ende des II.Weltkrieges von den Russen gefangen genommenen Deutschen, die vor dem Krieg in Russland lebten, in der Armee dienten und ins Deutsche Reich geflohen waren, wurden als Deserteure nach dem Militärgesetz bestraft. Darunter befanden sich ja sicher auch Danziger.

    Zu den Russlanddeutschen zähle ich auch diejenigen Deutschen, die Ende des Krieges gefangen genommen und nach Russland deportiert wurden, die keine russische Vorgeschichte hatten, fünfzig Jahre in Russland lebten und nun nach Deutschland einwanderten. Diese Entwicklung sehe ich für ursprünglich Danziger Deutsche als schwierig an,
    weil sie, wenn sie in Deutschland sind noch lange nicht in einer "ursprünglichen Heimat" angekommen sind. Wie die Stadt Danzig selber mit dieser Frage umgeht weiß ich nicht, ob sie Lösungen oder Überlegungen dafür hat. Vielleicht kennt sich jemand hier im Forum mit dieser Frage aus?
    Liebe Grüße, Miriam.

  10. #60
    Forum-Teilnehmer Avatar von Heibuder
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    Zitat Zitat von Ohrscher 33-46 Beitrag anzeigen
    ...in einem Beitrag zwischen mehreren Zitaten etwas antworten...
    Öffne mit <zitieren> das Gesamtzitat:
    [ quote=Name;7024].....Beitragstext.......[ /quote]

    Kopiere in diesem Gesamttext an den Anfang und das Ende eines Satzes oder Absatzes,
    den Du kommentieren willst, wieder diese eckigen Klammern und
    bilde so Teilzitate nach folgendem Muster:

    [ quote=Name;7024].....Beitragstextteil 1......[ /quote]

    Schreibe hier Kommentar zu Beitragstextteil 1

    [ quote=Name;7024].....Beitragstextteil 2.......[ /quote]

    Schreibe hier Komentar zu Beitragstextteil 2

    [ quote=Name;7024].....Beitragstextteil 3.......[ /quote]

    Schreibe hier Kommentar zu Beitragstextteil 3

    usw. usw.

    Wichtig! Allen überflüssigen Text vor und hinter den quote-Klammern der Teilzitate löschen,
    einschließlich der Anfangs- und End-Quoteklammern des Gesamtzitats!
    Vor dem Abschicken mit <Antworten> noch einmal alles mit <Vorschau> überprüfen!
    Es grüßt der Heibuder!

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  11. #61
    Forum-Teilnehmer Avatar von Regina
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    Glocke Danziger und Kaschuben

    Hallo Michael,
    Danziger und Kaschuben ist etwas ganz anderes.Ich glaube nicht, dass vor dem Krieg in Danzig viele Kaschuben wohnten, auch jetzt nicht.
    Das die evangelischen Kaschuben nach Deutschland durften und die katholischen hier bleiben konnten stimmt nach meiner Meinung nicht. In meiner Familie gibt es keine Kaschuben und wir sind evangelisch und trotzdem sind wir leider hier geblieben. Die Kaschuben wurden nicht rausgeschmissen weil die polnisch sprachen. Sie wohnen in ihrer schoenen Kaschubei, haben ausser der polnischen Sprache noch ihre kaschubische
    Sprache, kaszubischen Schulen, Traditionen, eigenen Ehrgeiz und bald werden sie auch ein eigenes Fernsehen haben.
    Waehrend des Krieges sind viele Kaschuben eingezogen worden und nach dem Krieg, wenn es jemanden hier nicht mehr gefallen hat konnte er sich um eine Einwanderung nach Deutschland bemuehen und dann sind sie mit ganzen Familien dahin gefahren. Aber das war nur eine Zeit lang. Spaeter
    reichte es nicht nur bei der Wehrmacht gewesen zu sein, man musste noch beweisen, dass man eine deutsche Abstammung hat. Ich habe eine
    Bekannte Kaschubin. Ihre Familie hatte vor dem Krieg eine Gaensezucht in der Naehe von Karthaus. Sie sagte, dass sie vor dem Krieg Polen waren, ab dem Krieg Deutsche, nach dem Krieg wieder Polen. Die ganze Zeit lang hatten sie die Gaense und es ist ihnen immer gut gegangen. Nur wie die Russen reinkamen haben sie alles aufgegessen (ich wollte hier ein anders Wort schreiben) aber die sind bald Richung Westen weitergegangen.
    Herzliche Gruesse
    Regina

  12. #62
    Forum-Teilnehmer Avatar von Peter von Groddeck
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    Zitat Zitat von Peter von Groddeck Beitrag anzeigen
    Zarin Katharina II. war Tochter eines preußischen Gouverneurs,
    Hallo Miriam,
    Zarin Katharina II war geb. Prinzessin Spohie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst. Das Herzogtum Anhalt gehörte nicht zu Preußen.
    Gruß Peter
    Geändert von Helga +, Ehrenmitglied (19.05.2009 um 02:54 Uhr)

  13. #63
    Forum-Teilnehmer Avatar von Peter von Groddeck
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    Nun hat das mit dem Zitieren wieder nicht geklappt

  14. #64
    Forum-Teilnehmer Avatar von wenzkauer
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    Hallo Regina,

    Danke für Deine Antwort. Bei meinen Besuchen als Kind in den 60-er und 70-er Jahren in Zoppot ( Bieschkes) blieb sehr vieles in meinem Gedächtnis, weil sie alle deutsch sprachen. Die andere Seite der Familie - die Kaschuben in Wenzkau (Gdanietz) - sprachen nur polnisch und das verstand ich nicht. Somit fehlt mir heute vieles, um es in den Zusammenhang zu bringen. Mit den noch lebenden Anverwandten in Wenzkau kann ich mich leider nicht verständigen, aber mit den in Zoppot Lebenden habe ich regelmäßigen Kontakt.
    Es ist ziemlich problematisch, in diesen gemischten Familien die Geschichte einigermaßen zu verstehen.

    Liebe Grüße an die andere Seite der Ostsee,
    Michael

  15. #65
    Forum-Teilnehmer Avatar von waldkind
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    Zitat Zitat von Peter von Groddeck Beitrag anzeigen
    Hallo Miriam,
    Zarin Katharina II war geb. Prinzessin Spohie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst. Das Herzogtum Anhalt gehörte nicht zu Preußen.
    Gruß Peter
    Hallo Peter,
    ich sagte ja nicht Sophie Auguste Friederike sei preußische Prinzessin gewesen, sondern "Zarin Katharina II. war Tochter eines preußischen Gouverneurs", hätte gerne geschrieben: Tochter des Fürsten Christian August von Anhalt-Zerbst. Führt nur bissl weit weg vom Thema, dachte ich. Der Fürst war königlich-preußischer Generalfeldmarschall unter Friedrich II., vorher preußischer Gouverneur von Stettin. In Stettin muss dann wohl ein königlich-preußisches Regiment gestanden haben. Bin aber keine Militärfachfrau. Miriam

  16. #66
    Forum-Teilnehmer Avatar von Peter von Groddeck
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    Hallo Miriam,
    danke für diese Informationen.
    Gruß Peter

  17. #67
    Forum-Teilnehmer Avatar von Heinzhst
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    Zitat Zitat von wenzkauer Beitrag anzeigen
    Konntet Ihr Deutschen Euch treffen, Kontakte halten oder war das alles verboten ???Die Familie wohnte in der Georgstraße 13 ( liegt die in Oliva ???).

    Viele Grüße von Michael
    Hallo Michael, die Georgstraße ist in Oliva.

    Ein öffenliches deutsches Leben gab es nach der Besetzung nicht.
    Also keine deutsche Schulen, Presse, kulturelle Veranstaltungen oder deutsche Andachten in der Kirche.

    Privat haben wir untereinander Kontakt gehalten. Wir haben uns gegenseitig besucht, plachandert und deutsche Bücher ausgetauscht.

    Anfang der 50-ziger Jahre gab es auch wieder deutsche Fime in den Kinos.
    Zu erst DDR-Filme und später aus Österreich und der BRD. Die Filme waren im Originalton mit polnischen Untertiteln, die haben wir dann fleißig besucht.

    Viele Grüße, Heinz

  18. #68
    Forum-Teilnehmer Avatar von Heinzhst
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    Hallo Miriam, du bekamst ja schon einige Antworten auf deine Fragen.

    Ich möchte hier noch zum Thema Schule antworten.
    Wir deutsche Kinder wurden sprichwörtlich ins"kalte Wasser" geworfen.
    Wir waren dann ca. vier bis sechs deutsche kinder unter dreißig oder vierzig
    polnische in der Klasse. Die Lehrer waren Polen und unterrichteten in polnischer Sprache.
    Wir saßen einfach da und haben auf die Pause oder das Unterrichtsende gewartet.
    Langsam lernte man dann die Sprache und konnte am Unterricht teilnehmen.
    Die Lehrer verhielten sich unterschiedlich uns gegenüber. Die meisten neutral, einige feindlich und andere waren uns behilflich.

    Für meinen ersten polnisch gesprochenen Satz bekam ich ein kräftige Ohrfeige- es war die erste und einzigste in meinem Leben.
    Der Lehrer fragte mich etwas und weil ich ihn nicht verstand sagte ich: "Nie rozumie po Polsku." Das heißt:"Ich verstehe nicht polnisch."

    Ab 1947 hatte ich keine Sprachprobleme mehr. Ich habe Hauptschule, Mittelschule und Berufsschule locker bewältigt.

    Nun wünsche ich eine gute Nacht
    Heinz

  19. #69
    Forum-Teilnehmer Avatar von wenzkauer
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    Danke Heinz und Hallo ins Forum,
    ich möchte einige Schlüsselerlebnisse erzählen, die mich als Kind während den Reisen nach Danzig sehr beeindruckt haben. Meine Oma nahm mich das erste mal 1969 auf die Reise in die Heimat mit. Wir fuhren mit der Bahn von Mainz nach Sopot und waren 27 Stunden ( ja, 27 ) unterwegs. In Sopot angekommen, bezogen wir direkt am Bahnhof ein Zimmer bei Tante Minna, sie muß wohl eine Verwandte gewesen sein. Nun besuchten wir täglich Deutsche bzw. Polen und spätestens dann merkte ich, es sind doch recht viele. Wir fuhren nach Neustadt mit der Bahn, nach Schöneck mit dem Bus, zusammen mit Hühnern, Hasen und Ferkeln. Das Paket für Onkel Joseph in Wenzkau kam zum Glück vorher an und wir hatten deutschen Kaffee und Schokolade. Er bedankte sich natürlich, meinte aber das Zeug in der Plastiktüte hätte komisch geschmeckt. Chio Chips zum knabbern kannte er nicht und kippte sie ins kochende Wasser.
    Während einer späteren Reise mit dem Auto, wurde uns dieser Kombi von Joseph vollgeladen mit selbstgemachter Wurst, Käse, ganze Schinken und Eier. Ein polnischer Zöllner an der Grenze bei Stettin sagte dazu; wir haben den Krieg gewonnen und ihr schleppt das, was ich mir nicht leisten kann auch noch nach Deutschland. Mein Vater sagte noch, er könne sich gerne etwas nehmen, aber da waren zuviele Augen.
    Sollten wir uns nun gerade nach der Geschichte von 1945 dafür schämen?
    Viele Grüße Michael

  20. #70
    Forum-Teilnehmer Avatar von waldkind
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    Standard Schule für Deutsche; Dank an alle

    Hallo Heinz,
    so ähnlich hatte ich mir die Situation auch vorstellen können. Danke für deine Schilderung. Da hast du erstaunlich schnell Polnisch gelernt. Ob ein Überlebensmechanismus einen dazu befähigt so schnell zu lernen? Ich war in meiner Jugend eine Weile in Frankreich, sprach aber kein Französisch. Da war mein erster Satz "Je ne parle pas Francais". Ich bekam keine Ohrfeige und spreche immer noch nicht französisch.
    Bei dieser Gelegenheit habe ich noch einmal gesehen wie viele Fragen ich anfangs hatte. Inzwischen habe ich sehr viel dazu gelernt. Ich habe mir auch ein Buch gekauft, in dem Betroffene ihre Erlebnisse aus jener Zeit schildern. Davon kann ich immer nur ein oder zwei Berichte lesen, dann bin ich erst mal erledigt.

    Ich möchte an dieser Stelle noch einmal meine Dankbarkeit ausdrücken an alle, die sich hier an diese Gespräche beteiligen, an die Älteren für die Berichte, an die Jüngeren, die ihr Interesse bekundet haben. Damit ist für mich ein bisher unerklärbares Gefühl von Schrecken und Grauen in mir, ausgelöst durch das Jahrzehnte andauernde Schweigen in unserer Gesellschaft und einer eigenen Sprachlosigkeit, die ich mir bisher nicht erklären konnte, greifbar und verstehbar. Ich kann mit dem Thema einfacher umgehen, ältere Menschen auch in meinem Umfeld daraufhin ansprechen. Ich stelle fest, sie alle erzählen bereitwillig und offen darüber. Das ist für mich eine neue und begrüßenswerte Situation. LG Miriam

  21. #71
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Zitat Zitat von Joniszus Beitrag anzeigen
    Nun werde ich einmal versuchen, wieder das Fahrwasser zu finden und die angefangene Geschichte zu Ende zu bringen.
    Hallo Erhart,

    zuallererst: Ein ganz, ganz großes Dankeschön für Deinen Bericht!!!

    Wir haben in unserem Forum einige veröffentlichte Erlebnisberichte, aber ich kann mich an keine erinnern, in denen so berichtet wurde wie Du es getan hast.

    Sachlich, kurz, bündig, zutiefst persönlich, berührend, nicht wertend. Wie schwer mag es sein, über all das so zu schreiben?!

    Das Leben aus Kindessicht wird deutlich, der Überlebenskampf, ohne ausschmückende Worte. So hast Du es erlebt, so war es, so brutal. Diese Kindheitserlebnisse prägen ein Menschenleben.

    Nochmals: DANKESCHÖN! Wenn Berichte helfen, die Vergangenheit und seine Folgerungen zu verstehen, dann sind es Erlebnisberichte wie von Dir.
    -----
    Das ist die höchste aller Gaben: Geborgen sein und eine Heimat haben (Carl Lange)
    Zertifizierter Führer im Museum "Deutsches Konzentrationslager Stutthof" in Sztutowo (deutsch/englisch)
    Certyfikowany przewodnik po muzeum "Muzeum Stutthof w Sztutowie - Niemiecki nazistowski obóz koncentracyjny i zagłady"

  22. #72
    Forum-Teilnehmer Avatar von jonny810
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    Daumen hoch Ein Dankeschön

    Hallo Wolfgang,

    ich möchte mich für die Bewertung meines Erlebnis-Berichtes ganz

    herzlich bedanken.

    Sie ist wohltuend, und sicherlich schwergewichtig für mich.

    Dann, wenn sie von jemandem kommt, der sich im Schreiben auskennt.

    Ich wünsche deiner Frau und dir noch einen schönen Tages-Ausklang.

    Erhart
    Es grüßt herzlich, Erhart vom Schüsseldamm.
    "Nec Temere - Nec Timide"
    Eine Freundschaft ist das, was man aus ihr macht. EKJ

  23. #73
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Zitat Zitat von Joniszus Beitrag anzeigen
    Dann, wenn sie von jemandem kommt, der sich im Schreiben auskennt.
    Ich wünsche deiner Frau und dir noch einen schönen Tages-Ausklang.
    Schönen guten Abend,
    hallo Erhart,

    ich kann lesen. Und ich kann versuchen zu verstehen. DU hast es verstanden zu schreiben, DU hast fertig gebracht, Kindheitserlebnisse und -eindrücke ungefiltert und in klaren Worten "zu Papier" zu bringen. Abhängig von Schreibweise und Stil wirken Erlebnisberichte mehr oder weniger intensiv, manchmal beklemmend.

    Aus Deinem Bericht war Distanz zu spüren. Eine Distanz die Dich -so empfand ich es zumindest- nicht verleitete, emotional wertend zu schreiben. Nach meiner Meinung entfalten solche Schilderungen die größte Wirkung: So war es, Fakt, Punkt!

    Und, was dem Hinterfragenden, dem Nachgeborenen, dem Wissbegierigen wichtig ist: Dein Bericht -bei all Deinem persönlichen Empfinden, Deinen persönlichen Eindrücken- steht da wie in Stein gemeißelt. Er ist so hinzunehmen wie er ist, es gibt kein Bezweifeln.

    Ich kann versuchen nachzuempfinden, wie schwierig es ist, über all das zu schreiben, worüber man eigentlich Stillschweigen bewahren möchte. Meine Bitte (an Dich und andere Ältere) ist trotzdem über den eigenen Schatten zu springen und (mehr) zu berichten.

    Übrigens, gerade sprach ich mit meiner Frau. Sie flog heute Nachmittag von München aus nach Danzig. Am Freitag werden wir wieder (in Danzig) zusammen sein.
    -----
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