Ergebnis 1 bis 9 von 9

Thema: Auswanderer in fünfjähriger Odyssee / Das Schicksal der Danziger Juden

  1. #1
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
    Registriert seit
    10.02.2008
    Ort
    Prinzlaff/Przemysław
    Beiträge
    9,722

    Standard Danziger Juden: Auswanderer in fünfjähriger Odyssee

    Aus "Unser Danzig" 1960, Ausgaben 21-24


    Auswanderer in fünfjähriger Odyssee
    Ein Kapitel aus der Geschichte der Danziger Juden
    Tatsachenbericht von ROBERT SANDER


    ("Unser Danzig", Nr.21, 05.11.1960, Seiten 7-8)

    I.
    In der Freien Stadt Danzig befanden sich bei Ausbruch des Polenkriegs 1939 rund 1.300 Juden. In Friedenszeiten sollen die beiden Danziger Synagogengemeinden rund 6.000 Seelen gezählt haben. Nachdem wichtige Bestimmungen der deutschen Juden-Rassengesetzgebung auch im Freistaat Gesetz geworden waren, steigerte sich die Auswanderung der Juden, namentlich nach Polen, derartig, dass der Senat etwa 1938 einen Ausschuss "zur Förderung der jüdischen Auswanderung" ins Leben rief. Oktober 1939, nachdem mit dem ersten deutschen Kanonenschuss auf die Westerplatte der Freistaat zu existieren aufgehört hatte, wurde der Verfasser dieses Tatsachenberichtes zum Sachbearbeiter dieses ihm unbekannten Ausschusses berufen. Bis dahin kannte er die Danziger jüdischen Gesetze und Verordnungen nur ganz oberflächlich aus der Tagespresse. Seine Bedenken, ob er zur Arbeit in diesem Ausschuss geeignet sei, wurden von Regierungsdirektor Walter Hildebrandt mit dem Hinweis beschwichtigt, der Senat wolle die Judenfrage so human als nur möglich lösen und es sei besser, sie würde von einem früheren Redakteur der "Danziger Neuesten", als von einem vom "Stürmer" Verseuchten bearbeitet. Das ließ sich hören. Der Verfasser war damals vom Danziger Senat zwangspensioniert nach abgelehnter "Gleichschaltung".

    Nach der Besetzung Danzigs blieben alle Gesetze und Verordnungen des Freistaats noch bis Mitte 1940 in Kraft und sollten dann erst durch die reichsdeutschen Bestimmungen ersetzt werden. Also liefen auch Aufgaben und Arbeit des Ausschusses zur Förderung jüdischer Auswanderung in der bisherigen Form weiter. Den Nazi-Parteistellen war eine solche Judenpolitik sehr lästig, sie wollten eine Gewaltlösung. Der berüchtigte Berater Forsters, Löbsack, wollte alle Juden in Viehwagen packen, Stroh genüge, und dann nach Polen abschieben. Das war in den Wintertagen der großen Kälte, als die deutsche Front vor Moskau im Eise erstarrte. Nach einer von Löbsack gemachten Angabe wünschte Reichsstatthalter Forster zu melden: "Mein Führer, Danzig ist die erste deutsche Großstadt, die ganz 'judenrein' ist". Der Hinweis auf die noch in Kraft bestehenden Danziger Gesetze empörten den Schrumpfgermanen, wie wir den fanatischen, verunglückten Lehrer wegen seiner Erscheinung nannten, die er in wallender Pelerine zu verbergen pflegte. Er konnte aber nichts machen. Was "nach Polen" in Wahrheit bedeutete, war damals ganz unklar.

    In meiner Ausschuss-Praxis sah ich mich bald vor das gesamte Danziger Judenproblem gestellt, denn die in der Synagogengemeinde Vereinigten benötigten so ziemlich alles. Die SS hatte sie aus den Wohnungen vertrieben, sie wollten leben und essen, die Bankkonten waren gesperrt, die Wertsachen abgeliefert, aller Besitz enteignet. Es herrschte eine unvorstellbare seelische und körperliche Not. Wenn ich geglaubt hatte, nur Auswanderungen zu bearbeiten, so belehrten mich die vielen anderen Dinge eines Besseren, für die sich niemand sonst als "zuständig" erklärte. Die Nazibonzen kannten bei Juden nur Achselzucken, Grob- oder Rohheit. Es würde hier zu weit führen, zu schildern, wie die Probleme lagen und wie sie gelöst werden mussten. Wie erst in der Milchkannengasse, später in einem großen Speicher in der Mausegasse Ghettos mit mehreren hundert Bewohnern eingerichtet, Gemeinschaftsküchen gegründet wurden; darüber habe ich in einer Denkschrift berichtet, die im Archiv in Jerusalem liegt. Es kamen Tage sorgenvoller Zusammenarbeit mit dem Vorstand der Synagogengemeinde. In diesem muss ich vornehmlich zwei Männer nennen: Schneidermeister David Jonas und Fabrikbesitzer, vorher Redakteur Saly Lewinsohn, beide mir aus jahrelanger Berufs- und Sportarbeit wohlbekannt als rechtliche alte Danziger.

    Auswandern ! Das wollten damals so ziemlich alle Danziger Juden. Aber wohin? Mit welchen Mitteln? Einzelauswanderung war von vielen, die ein Ziel und Reisemittel hatten, durchgeführt oder im Gange. Wohlhabende hatten nicht erst gewartet, ihren Besitz in "Arisierungen" schwinden zu sehen. (Dabei machten verschiedene Nazigrößen recht üble Figur, aber ein gutes Geschäft.) Im Ausland waren schon die Ankers, Jewelowski, um einige zu nennen, eine Mittelschicht war ihnen gefolgt. In jenen Tagen erfolgten Einzelauswanderungen von etwa 200 Menschen. Sie gingen in damals noch neutrales Ausland: über Genua nach südlichen Ländern, vielfach China, und über Amsterdam nach England, Schweden und den USA. Die Verhandlungen mit den Danziger Konsulaten dieser Länder waren nicht immer leicht, spielten sich aber ein. Nur auf dem italienischen Konsulat saß eine Schar hochnäsiger Faschisten, denen erst mal klargemacht werden musste, dass Juden auch Menschen seien, worauf sie dann manierlicher, dienstlicher wurden. Die jüdischen Auswanderer konnten ihre Restgulden noch bei der Bank von Danzig in Devisen umwechseln, allerdings gegen eine Provision von 25 Prozent. Man hielt so was für "smart", die Betroffenen empfanden solches Geschäftsgebaren als Erpressung, aber sie waren machtlos, ihre Schiffskarten erforderten Devisen. Die Bank brachte die Devisenbeute auf ein Judenkonto, aus dem u. a. die Ghettokosten bestritten wurden. Leider hat das Konto auch anderen, sehr persönlichen Zwecken dienen müssen.

    Wenn dann die fertigen Papiere, Unbedenklichkeits- und Devisenbescheinigungen mit viel Stempelei geholt wurden, ist manche Träne geflossen. Der Wunsch für bessere Tage draußen wollte nicht recht von den Lippen. Man gab ein Land auf, das Generationen geliebte Heimat gewesen war. Da fragte man sich immer wieder: warum weist ein Staat solche anständigen, gebildeten Menschen vor seine Türe, statt sie zu Mitarbeitern zu machen? Vergebliches Grübeln! Damals wussten wir noch nicht, dass über uns Deutschen sich die rohe Gewalt schon zusammenballte.

    Für die letzten tausend konnte es nur noch die gemeinsame Fahrt geben. Noch waren sie Danziger mit eigenen Pässen. Aber die Zeit drängte, in wenigen Monaten waren sie von den "Reichsgermanen" aufgesogen. Und was würde dann kommen? Mit dem Vorstand der Gemeinde wurde hin und her erörtert, Fühler wurden ausgestreckt.

    Da brachten im November 1939 Jonas und Lewinsohn ein Projekt in mein Büro, das geeignet schien, unsere Aufgabe schnell und gründlich zu lösen. Ein Wiener Speditionsunternehmen bot den Transport von tausend Menschen von Danzig nach Haifa an: Mit der Eisenbahn nach Wien, dann zu Schiff Donauabwärts bis Pressburg und dann vom noch neutralen Rumänien mit griechischen Schiffen nach Israel. Das war die so lange schmerzlich gesuchte Gelegenheit! Sofort wurden Verhandlungen eingeleitet, die Wiener erwiesen sich als seriöse Leute, ihr Chef, Kommerzienrat Storfer, brachte detaillierte Kostenanschläge nach Danzig. Doch ein Devisenbetrag von 100.000 Dollar wurde errechnet für Transport, Verpflegung und Landungsgeld der Menge in Israel, dessen englische Mandatsregierung 10 Pfund je Person verlangte.

    Das Projekt schien geldlich unmöglich, die Danziger Gemeinde war bettelarm. Wenn einer helfen konnte, dann konnten es nur die USA sein. Deren jüdische Hilfsaktion, der sogenannte Joint, hatte ihr Europabüro damals in Amsterdam. Sogleich wurde dort durch Danziger, in Holland lebende Juden Verbindung gesucht und gefunden, doch der Bescheid fiel wenig verheißungsvoll aus. Die Yankees waren schwierig, sie wollten in erster Linie polnische und lettische Juden herausbringen, dann erst kämen Danziger heran, denen es doch im Vergleich zu anderen noch gut ginge. Unbedingt müsse ein Danziger zu direkten Verhandlungen mit dem Joint nach Amsterdam kommen.


    ("Unser Danzig", Nr.22, 20.11.1960, Seite 8)
    II.
    Guter Rat war teuer. Einen Juden hätte die Gestapo aus Danzig nicht herausgelassen, weil dieser dann "Gräuelpropaganda" betreiben würde. Das war wohl das schlechte Gewissen! Gehandelt werden musste jedoch. So kam ich der an mich gerichteten dringenden Bitte nach, die heikle Mission in Amsterdam zu übernehmen, obwohl ich mir sagte, dass es mir, dem Nichtjuden, kaum gelingen würde, was anderen in Amsterdam bisher nicht gelungen war.

    Was alles an Bemühungen folgte, bis ich die holländische Grenze überschreiten konnte, mag übergangen werden. Weihnachten 1939 verlebte ich, aus der Kriegsverdunkelung kommend, im strahlenden, noch unversehrten Amsterdam. Lange Verhandlungen mit dem Joint Chef Colonel Troper folgten. Erst war er schwierig, aber schließlich sah er ein, dass den Danzigern gleich geholfen werden musste, sollte es nicht zu spät sein. Ein Memorandum, das ich ihm überreichte, wirkte, auch dass ich als Christ mich für seine Glaubensgenossen einsetzte. Hocherfreut konnte ich nach Danzig berichten, die 100.000 Dollar ständen an neutraler Stelle in Rumänien zur Verfügung, mit den Reisevorbereitungen könnte sofort begonnen werden.

    Als ich wieder nach Danzig zurückkam, fand ich die Synagogengemeinde in freudiger Erregung. Mich rührte es tief, als mir Jonas sagte: "Wir haben im Tempel für Sie gebetet!" Die nun folgenden Wochen der Vorbereitung und Erwartung brachten viel Aufregung. Alle wollten mit in die ungewisse Ferne, Israel faszinierte sie. Die Wiener Gesellschaft hatte aber, durchaus verständlich, einen Riegel vorgeschoben: Reisen sollte nur, wer vom Arzt kräftig für einen Land- und Seetransport erklärt würde, der auf vier bis sechs Wochen angenommen wurde. Gewiss waren die Ärzte bereit, bei ihren Attesten so weit als möglich zu gehen. Es blieben aber noch hilflose Alte, denen die Aufnahme auf die Reiseliste versagt werden musste. Da gab es wieder Kinder, die erklärten, wenn unsere alten Eltern nicht mit können, dann bleiben wir auch hier. Was sich da alles in meinem Büro in der Passage abgespielt hat an Tränen, Beschwörungen, ist schwer zu beschreiben.

    Im April 1940 standen auf der Passagierliste etwa 750 Auswanderer. 250 verblieben in Danzig, auf die kurz eingegangen werden muss. Zu den Nichtreisefähigen kamen aber auch Gesunde, die zur Mitfahrt nicht zu bewegen waren. Da gab es solche, die die Seefahrt scheuten und lieber nach dem von Danzig leichter zu erreichenden Warschau-Praga wollten, wo sie vorwärtszukommen hofften. Unter ihnen mancher orthodoxe Jude, der den imperialistischen Zionismus in Israel verwarf. Da waren aber auch jene alten Danziger, die sich von der Heimat einfach nicht losreißen konnten. "Mein Vater, mein Großvater waren Danziger, nun liegen sie in Stolzenberg (Judenfriedhof). Ich habe nie einem was getan, die Nazi werden mir auch nichts tun!" Soviel Vertrauen entwaffnete. Wie ist es getäuscht worden!

    Endlich kam der Tag der Abreise. Er war gründlich vorbereitet. Ein Sonderzug mit Wagen dritter Klasse, angehängt mehrere Güterwagen für Großgepäck, stand auf dem Fernbahnsteig des Hauptbahnhofs bereit. Für jeden waren die Abteile und Plätze eingeteilt, Arzt und Schwestern waren beim Transport. Leiter der Fahrt war der junge Rabbiner Bieler, der seine Geige nicht vergaß. In einer guten Stunde war alles untergebracht. Abschiedstimmung, Tränen, Ernst. Da gingen einige SS-Männer den Zug entlang, machten ihre geistreich sein sollenden Redensarten über den Abschied. Wenn noch ein Koffer oder eine Tasche vor einem Abteil stehengeblieben waren, spielten sie damit Fußball und traten sie auf die Schienen (es fehlte später fast ein Dutzend). Die Juden sahen diese letzte Rohheit auf Danziger Boden mit eisernem Schweigen. Wir anderen schämten uns.

    David Jonas, der soviel für die Auswanderung getan hatte, widerstand meiner oft wiederholten Mahnung, mit hinauszuziehen und alle Danziger nach Israel zu führen. "Ich habe noch 200 alte Glaubensgenossen zu betreuen, ich versprach ihnen, sie nicht zu verlassen!" Solche Kameradschaft soll nicht vergessen sein. Kein Nazi hat dem Wackeren gedankt, die Gestapo schleppte ihn mit anderen nach Theresienstadt. Von dort sandte er noch einen Kartengruß und kündete -humoristisch, auch dort müssten "Hosen geflickt" werden. Dann war nichts mehr von ihm zu hören. Der alte Fußballcrack aus dem Danziger Sportklub hatte Rückgrat. Er hat das Kriegsende in Theresienstadt noch erlebt, um dann, entkräftet, dem Typhus zu erliegen.

    Vom großen Danziger Transport kamen nur recht dürftige Nachrichten. In Pressburg musste drei Wochen auf die Ausfahrt gewartet werden. Dann hörte unsere Verbindung auf, und zwar für lange Monate, bis eine ganz undeutliche Kunde von den Reisenden aus - Mauritius kam. Dann schwieg wieder alles, durch den Kriegslärm drang nichts zu uns.

    Erst nach Jahren war Näheres zu erfahren. Fünf Jahre blieben die Teilnehmer des Transportes, die diese Zeit durchhielten, unterwegs, während nur mit ebenso vielen Wochen gerechnet worden war. Zu den 750 Danzigern kamen in Pressburg noch weitere 350 Juden hinzu. Dort blieb der Transport zunächst liegen, denn die gecharterten Griechendampfer waren noch nicht da, und als sie endlich kamen, hatten sie keine Einrichtungen für Massentransporte, die daher erst gezimmert werden mussten. Über das weitere Schicksal gibt der in der nächsten Ausgabe folgende Bericht eines Teilnehmers Kunde.

    In Danzig selbst war als wesentliche Aufgabe nur noch die soziale Betreuung der jüdischen Mitbürger in dem Ghetto in der Mausegasse geblieben. Die Gestapo "bearbeitete" dann die Judenfrage. Sie "löste" sie durch mehrere Einzeltransporte, die angeblich nach Riga und Theresienstadt gingen, von denen aber nie wieder etwas gehört wurde. Ein kleiner Teil von etwa 50 Juden, meist arisch versippt, wohnte unter Leitung von Justizrat Fürstenberg in zwei Häusern am unteren Teil der Mausegasse, bis das Unheil über Danzig kam. Der alte Fürstenberg ist heil geblieben, er lebt heute hochbetagt in Hamburg.

    Zu der Angabe von rund 6.000 Seelen der Danziger Synagogen-Gemeinden in Friedenszeiten im vorangegangenen ersten Teil dieses Berichtes wird von unterrichteter Seite mitgeteilt, dass nach den Volkszählungen verschiedener Jahre die Angehörigen mosaischen Glaubens folgende Zahlen umfassten: Im Jahre 1880: 2.736; am 01.12.1910: 2.717; am 01.11.1923: 7.282; am 31.08.1924: 9.239; am 18.08.1929: 10.448. Der starke Anstieg nach 1923 ist aus dem Zuzug von polnischen Juden zu erklären, der sich nach 1929 um mehrere Tausend vermehrte. Eine starke Abwanderung bis 1939 ließ die Zahl erheblich sinken.


    ("Unser Danzig", Nr.23, 05.12.1960, Seite 6)
    Der letzte Teil des Tatsachenberichtes bringt von einem Teilnehmer die Geschichte über die Irrfahrt der Danziger Juden, die mit einem größeren Transport im August 1940 Danzig mit dem Ziel Palästina verließen, dort aber erst fünf Jahre später nach einem längeren Aufenthalt auf der Insel Mauritius im August 1945 eintrafen.

    Am 26. August 1940 gegen 11 Uhr vormittags hatten wir wieder einmal im Speisesaal des jüdischen Gemeindehauses in der Milchkannengasse eine Versammlung, um uns über Verhaltungsmaßnahmen usw. während der Reise auszusprechen, als sich die Tür öffnete und der Oberscharführer Abromeit erschien, der uns kurz erklärte, dass wir uns am Nachmittag um 3 Uhr auf dem Rangierbahnhof in Altschottland einzufinden hätten, um die Reise anzutreten. Viele, die an ein Gelingen der Fahrt nicht mehr glaubten, hatten an der Versammlung nicht teilgenommen, und so mussten die Gruppenführer von Haus zu Haus laufen, um jeden einzelnen zu benachrichtigen.

    Da uns das Fahren mit der Straßenbahn verboten war, mussten wir, mit unseren Rucksäcken beladen, zu Fuß nach Altschottland pilgern; die Koffer wurden von einem Pferdewagen in den Wohnungen eingesammelt und nachgebracht.

    Als Reiseleitung hatten wir Rabbiner Dr. Bieler, Alfred Hirsch, Saly Lewinsohn und Siegfried Segal. Als Arzte waren uns die aus Deutschland angeforderten Dr. Soberski, Breslau, und Dr. Weile, Berlin, mitgegeben worden, da der einzige noch in Breslau weilende Arzt Dr. Kurt Rosenthal für die zurückbleibenden Mitglieder der jüdischen Gemeinde benötigt wurde. Als Apotheker fungierte Heinz Lindemann, Sohn des verstorbenen San.-Rats Lindemann aus Zoppot.

    In Bratislawa vereinten wir uns mit einem aus der Tschechoslowakei und einem aus Österreich kommenden Transport und wurden auf vier Donauschiffen untergebracht. Diese hatten nicht genügend Unterbringungsmöglichkeiten, so dass der größte Teil der Reisenden auf den nackten Schiffsplanken schlafen musste.

    Wir fuhren die Donau entlang bis nach Tulcea (Rumänien) wo uns ein Motorboot der Gestapo erwartete, um unsere schnellste Übersiedlung auf drei ausrangierte griechische Frachtschiffe zu überwachen.

    Wir Danziger, die Tschechen und ein Teil der Österreicher kamen auf das unter Panamaflagge fahrende Schiff "Atlantic", die restlichen Teilnehmer wurden auf zwei in der Ausstattung ähnlichen Schiffen untergebracht. Sofort bei Betreten unseres Schiffes war uns klar, dass es sich um ein Spiel mit dem Tode handelte, denn wir befanden uns auf einem vollkommen verwahrlosten, mindestens 30 Jahre im Dienst stehenden Kasten, der nicht einmal Funktelegrafie hatte, um im Notfall Hilfe herbeizurufen; auch reichte der Platz nicht aus, um die Passagiere einigermaßen menschenwürdig unterzubringen.

    Wir betraten die Schiffsplanken am 14. September, konnten jedoch erst ca. vier Wochen später am 7. Oktober auslaufen, nachdem im Innern und auf den Decks des Schiffes Holzverschläge errichtet worden waren, in denen wir wie die Heringe aneinandergepresst schliefen, und nachdem der für die Reise allernötigste Proviant herbeigeschafft worden war. Die sanitären Anlagen waren auch nicht für die Menge der Passagiere ausreichend, ebenso fehlte genügend Trinkwasser, sodass wir unterwegs gezwungen waren, schlechtes Wasser zu trinken, wodurch Typhus ausbrach, der mehrere Fälle mit tödlichem Ausgang zur Folge hatte.

    Unsere Einreise nach Palästina solle illegal erfolgen, da wir keine Einreiseerlaubnis hatten. Durch einen Sabotageakt des griechischen Schiffskapitäns, eines alten Menschenschmugglers, der in Palästina schon mehrmals bestraft worden war und nun befürchtete, bei nochmaligem Gefasstwerden eine hohe Strafe zu erleiden, gerieten wir im Mittelmeer infolge Kohlenmangels in höchste Seenot, sodass wir gezwungen waren, alle nur verfügbaren Holzteile des Schiffes zu verfeuern, um das Schiff wenigstens in langsamer Fahrt zu halten. Unser einziges Glück war, dass kein Sturm ausbrach, sonst wären wir rettungslos verloren gewesen.

    Am 12. November sichteten uns endlich englische Kriegsschiffe und erlösten uns aus unserer Not, indem sie veranlassten, dass unser Schiff durch einen Schlepper nach Limasol auf der Insel Cypern eingebracht wurde. Hier wurden unsere Pässe, die sich bei unserer Reiseleitung in Verwahrung befanden, von den englischen Behörden beschlagnahmt, auch mussten wir unsere letzten Ersparnisse - wir hatten aus Danzig nicht mehr als 3,85 Dollar mitnehmen dürfen - opfern, um uns neue Lebensmittel und die zur Weiterfahrt benötigte Kohle zu beschaffen.

    Unter englischer Flagge, mit einer englischen Prisenmannschaft an Bord, setzten wir am 23. November unsere Reise fort und gingen am nächsten Tage im Hafenbecken von Haifa vor Anker, wo wir auch die beiden anderen Frachtschiffe vorfanden. Hier erfuhren wir aber, dass die Palästinaregierung uns nicht in das Land lassen wolle, sondern beabsichtige, uns in eine andere britische Kolonie zu deportieren. Zu diesem Zweck war bereits ein riesiger Truppentransporter, die "Patria", bereitgestellt, die unsere Überführung vornehmen sollte.

    Die Überleitung auf die "Patria" begann mit den beiden anderen Schiffen, deren Passagiere auf Barkassen und Flößen hinübergeschafft wurden. Gerade als von unserem Schiff der erste Transport abgegangen war und ein zweiter folgen sollte, ereignete sich eine Katastrophe. Durch einen Sabotageakt von Passagieren der anderen Schiffe legte sich die "Patria" plötzlich auf die Seite und versank innerhalb von Sekunden. Mehr als 200 Personen, darunter auch Danziger, die sich bereits an Bord der "Patria" befanden, kamen hierbei ums Leben.

    Wir mussten nun weiter auf unserer "Atlantic" bleiben, bis wir am 5. Dezember, nach vorheriger Impfung und Entlausung, in das Internierungslager Atlith in Palästina eingeliefert wurden. Von dort wurden wir am 9. Dezember, nachdem ein Versuch, passiven Widerstand zu leisten, zusammengebrochen war - wir rührten uns nicht von unseren Schlafpritschen -, auf zwei holländische Truppentransporter überführt.

    Unser Abtransport ging auf Militärlastwagen vor sich, auf denen wir, die Männer zum größten Teil nackt, nur mit Schlafdecken bekleidet, zum Haifaer Hafen geschafft wurden. Das ganze Lager Atlith war während dieser Aktion von englischem Militär umstellt und die Autostraße vom Lager zum Hafen dicht von Truppen umsäumt, sodass es für uns keine Fluchtmöglichkeit gab. Unser Gepäck, das wir im Lager Atlith bereits ausgehändigt erhalten hatten, mussten wir zurücklassen. Es wurde von den arabischen und englischen Lagerbeamten eingesammelt und auf Lastautos zu unseren Schiffen gebracht, wo es wahllos in die Laderäume geworfen wurde.

    Unsere beiden neuen Schiffe "Johann de Witt" und "Nieuw Zeeland" reisten in einem von englischen Schiffen begleiteten Geleitzug, und am 26. Dezember erreichten wir unseren Bestimmungsort: die im Indischen Ozean gelegene Insel Mauritius.

    In Mauritius wurden die Männer in einem bereits von Napoleon erbauten Gefängnis in Einzel- und Doppelzellen, die Frauen zu ca. 30 Personen in neben dem Gefängnisgelände gelegenen, jedoch durch eine hohe Mauer getrennten Holzbaracken untergebracht. Wir Männer durften uns auf dem Gefängnisgelände frei bewegen, hatten jedoch zuerst keine Verbindung zu unseren Frauen.

    Gleich bei unserer Ankunft wurde bei verschiedenen Personen Typhus festgestellt, der bald zu einer förmlichen Epidemie ausartete, sodass wir in den ersten Tagen bereits mehrere Tote zu beklagen hatten. Unter den ersten Toten befanden sich von den Danzigern der Bernsteinhändler Max Kurnik und eine Schwester des früheren Kinovorführers der "Ufa" Emil Michaelson.

    Unser Gepäck war in große, auf dem Gefängnisgelände befindliche Schuppen gebracht worden und wurde dort von uns aussortiert, da bei unserer Austreibung aus Palästina unsere Koffer ohne unser Dabeisein gewaltsam geöffnet und deren Inhalt durcheinandergeworfen worden war. Bei der Sortierung mussten wir feststellen, dass uns ein erheblicher Teil unserer letzten Habseligkeiten geraubt worden war. Die Palästinaregierung leistete uns später hierfür einen Schadenersatz von nur ca. 18 Prozent des Wertes.

    Sofort nach unserer Ankunft separierten sich die einzelnen Transportgruppen voneinander, sodass es der Lagerverwaltung gegenüber je eine Gruppe Tschechen, Österreicher und Danziger gab. Politisch bildeten sich jedoch Gruppen nach ihrer früheren Staatsangehörigkeit. Die aus Danzig kommenden Polen schlossen sich mit denen der österreichischen Gruppe zusammen, und wir 159 Danziger gründeten eine "Gruppe der Danziger Staatsbürger", deren Vorstand aus den Herren Harry Gabrielski, Erwin Czarlinsky, Erich Kunz und Walter Abramsohn bestand.


    ("Unser Danzig", Nr.24, 20.12.1960, Seite 10)
    Auf der Insel Mauritius befand sich ein Konsulat der polnischen Exilregierung in London, mit dem wir uns in Verbindung setzten und um Wahrnehmung unserer Interessen
    baten. In einem Brief schilderten wir unsere Lage und überreichten auch eine Darstellung der Danziger Rechtsverhältnisse. Unser Hauptinteresse lag darin, wieder in den Besitz unserer durch die palästinischen Behörden beschlagnahmten Pässe zu gelangen, um als neutrale Ausländer aus dem Lager entlassen zu werden und später einmal unsere Identität nachweisen zu können. Als wir von dem Bestehen einer Vereinigung der Danziger Bürger unter der Leitung des früheren Senators Dr. Bernhard Kamnitzer in den Vereinigten Staaten von Nordamerika erfuhren, riefen wir auch seine Hilfe an.

    Dr. Kamnitzer wies uns den Weg zu dem früheren Senatsrat Ernst Berent in England, den wir von unseren Verhandlungen mit der polnischen Exilregierung in Kenntnis setzten und um Hilfe bei der Beschaffung unserer Pässe baten. Von ihm erhielten wir die Mitteilung, dass in England bereits eine Vereinigung der Danziger unter der Leitung des früheren Redakteurs der "Danziger Volksstimme", Erich Brost, bestand. Erich Brosts persönlichen Bemühungen verdanken wir es, dass wir nach einer von ihm veranlassten Demarche der polnischen Botschaft bei der Palästinaregierung endlich in den Besitz unserer Pässe und auch zu finanzieller Unterstützung von in Not geratenen Mitgliedern unserer Gruppe gelangten.

    Unsere Lebensverhältnisse auf der Insel waren nicht zu rosig, da wir in einem Internierungslager eingeschlossen waren und dadurch keine Möglichkeit hatten, etwas für unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Zwar hatte die Insel subtropisches Klima, und es ließ sich an den Stätten, an denen ansässige Engländer und Franzosen sich aufhielten, einigermaßen gut leben, unsere Unterkunft befand sich jedoch an einem kleinen, in einem Talkessel, nur von Eingeborenen bewohnten Ort Beau Bassin, der als Brutstätte für Moskitos bekannt ist, und so erkrankten ca. 80 Prozent der Lagerbevölkerung an Malaria und anderen tropischen Krankheiten.

    Dazu kam, dass unser seelischer Zustand sehr bedrückt war, da wir ständig die Besetzung der Insel durch die vorrückenden Japaner befürchten mussten und über das Lagerradio laufend Schreckensnachrichten über das Ergehen unserer in der Heimat verbliebenen Anverwandten erfuhren. Außerdem wurde in jedem Jahr der Indische Ozean von einem Zyklon, einem dem Taifun ähnlichen Wirbelsturm, der sich mit rasender Geschwindigkeit vorwärtsbewegt und selbst Schiffe und Häuser, die in seinen Bereich gelangen, erbarmungslos vernichtet, heimgesucht. In einem Jahre unseres Aufenthaltes richtete er auf der Insel einen ungeheuren Schaden an, so dass Tausende der Bewohner obdachlos wurden; unser Lager blieb jedoch wie durch ein Wunder verschont.

    Während unseres Aufenthaltes brach auf der Insel auch eine Epidemie spinaler Kinderlähmung aus, sodass unser Lager von der Außenwelt isoliert werden musste. Trotzdem hatten auch wir drei Fälle, darunter einen mit tödlichem Ausgang, zu beklagen. Von der Krankheit befallen wurde auch der kleine Sohn Edgar des Danziger Oskar Grau. Unsere Lebensmittelversorgung war infolge der kriegerischen Ereignisse auch nicht geregelt und gesichert, da viele Geleitzüge ihr Ziel nicht erreichten. Daher mussten diejenigen, die nicht durch Verwandte oder Freunde von auswärts mit Geld- oder Lebensmittelsendungen unterstützt wurden, buchstäblich hungern.

    Die finanzielle Unterstützung der polnischen Exilregierung kam uns daher mehr als gelegen, konnten wir dadurch doch wenigstens etwas zur Verbesserung unserer Lage beitragen. Im Lager gab es eine Kantine, in der man für gutes Geld verschiedenes kaufen konnte, auch hatten wir inzwischen die Erlaubnis, in gewissen Zeiträumen das Lager für einen halben Tag verlassen zu können, sodass wir uns hierbei, was wir benötigten, mitbringen konnten.

    Als wir unsere Pässe zurückerhielten, verlangten wir von der polnischen Exilregierung deren Verlängerung, was diese jedoch mit dem Bemerken, wir würden neue Pässe erhalten, ablehnte. Die polnische Exilregierung sandte uns dann Formulare zum Erhalt von polnischen Pässen, die wir jedoch ablehnten. Wir bestanden auf unseren Anspruch, als Danziger Bürger unsere eigenen Pässe erhalten zu müssen, was uns schließlich auch zugebilligt werden musste.

    Zum Erhalt der neuen Pässe mussten wir neue Passbilder beibringen; die Kosten wurden durch eine Spende der Vereinigung der Danziger in Amerika aufgebracht. Wir gelangten jedoch niemals in den Besitz dieser neuen Pässe, da wir im August 1945 von der englischen Regierung aus unserer Haft entlassen und geschlossen auf einem Truppentransporter nach Palästina gebracht wurden, wo wir uns in alle Winde zerstreuten.

    Auf unserer Rückreise hatten wir noch ein letztes Todesopfer zu beklagen. Die greise Mutter des früheren Rechtsanwalts Herbert Lewy, der bereits vor dem Kriege aus Danzig nach Palästina ausgewandert war, starb an Bord und wurde in das Meer versenkt.

    An Bord des Rückfahrschiffes befanden sich Beamte der UNRRA, die sich derer, die nicht in Palästina zu bleiben beabsichtigten, annahmen. Nach unserer Ankunft in Haifa am 26. August 1945 überführten sie eine Gruppe von Weiterwanderern, unter denen sich auch die Ehepaare Max Rhode und Siegmund Szereschewski, früher Neufahrwasser, Sally Bieber und Jakob Tuchler, früher Stadtgebiet, sowie Frau Meta Jantzen, früher Danzig, befanden, in das in der Nähe von Suez gelegene UNRRA-Lager El Shatt, wo sie auf ihre Einreisegenehmigung in die von ihnen gewünschten Länder warten konnten. Alle übrigen Mitglieder unserer Gruppe wurden von den jüdischen Einwanderungsbehörden in Palästina über das ganze Land verteilt, um sich erst einmal vier Wochen von ihren Leiden zu erholen, bevor sie den Ernst des im Lande herrschenden täglichen Lebens zu kosten bekamen.



    ("Unser Danzig", Nr.22, 20.11.1960, Seite 8)
    Anhang: Verordnungen zur Auswanderung
    Im Zusammenhang mit der Auswanderung der jüdischen Mitbürger aus Danzig wurden verschiedene Verordnungen erlassen. Auf Grund der Verordnung zur Förderung und Sicherstellung der jüdischen Auswanderung aus dem Gebiet der Freien Stadt Danzig vom 3. März 1939 (GBl. S. 89) bildeten zur Sicherstellung und Förderung der jüdischen Auswanderung aus Danzig alle Juden, die Danziger Staatsangehörige oder Eigentümer von Grundstücken im Gebiet der Freien Stadt Danzig waren, einen Haftungs- und Gewährsverband. Die Haftung dieses Verbandes erstreckte sich auf alle Aufwendungen, die zur Förderung der jüdischen Auswanderung aus Danzig gemacht wurden. Dementsprechend unterlag das gesamte inländische Vermögen der Mitglieder des Verbandes einem Verfügungs- und Veräußerungsverbot. Der Senat bestellte einen Beauftragten für den Verband.

    Laut Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Förderung und Sicherstellung "der jüdischen Auswanderung aus dem Gebiet der Freien Stadt Danzig vom 3. März 1939 (GBl. S. 89) unterlagen Wertpapiere von Mitgliedern des Haftungs- und Gewährsverbandes dem Depotzwang bei einer Devisenbank. Bewegliche Gegenstände des persönlichen Gebrauchs und des Hausrates, die nicht Luxusgegenstände waren, waren von dem Verfügungs- und Veräußerungsverbot befreit. Verfügungen im Rahmen einer angemessenen Lebensführung oder des regelmäßigen Geschäftsverkehrs bedurften keiner besonderen Genehmigung durch den Beauftragten des Senats.

    Nach der zweiten Verordnung zur Durchführung der VO über Förderung der jüdischen Auswanderung aus Danzig vom 17. März 1939 (GBl. S. 123) hatten Beamte und Behörden, die an Verfügungen über jüdische Vermögen mitzuwirken hatten, nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, ob einer der Beteiligten Jude war. Verträge über Grundstücke und Rechte an Grundstücken konnten von Juden vor Erteilung der Ausnahmegenehmigung des Beauftragten geschlossen werden mit der Maßgabe, dass ihre Wirksamkeit von der nachträglichen Erteilung dieser Genehmigung abhängig war.

    Die dritte Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Förderung und Sicherstellung der jüdischen Auswanderung aus dem Gebiet der Freien Stadt Danzig vom 3. März 1939 vom, 3. Mai 1939 (GBl. S. 259) bestimmte, dass der Beauftragte des Senats einen Plan zur Heranziehung der Mitglieder des Gewährsverbandes zur Aufbringung der für die Auswanderung benötigten Mittel aufstellen sollte. Im Rahmen dieses Planes konnte der Beauftragte gegen die Mitglieder Haftungsbescheide erlassen, gegen die innerhalb von zwei Wochen Beschwerde an den Senat zulässig war. Mitglieder, die ihren Wohnsitz im Auslande hatten, mussten dem Beauftragten des Senats auf dessen Verlangen einen Inlandsvertreter bestellen. Leistungen, die auf Grund des Haftungsbescheides geschuldet wurden, konnten im Verwaltungswege erzwungen werden. Die Beitreibung dieser Leistungen wurde der Steuerverwaltung übertragen, die sie nach den Vorschriften des Steuergrundgesetzes durchzuführen hatte.

    Auf Grund der Verordnung betr. Ausgleichszahlungen beim Erwerb von Vermögenswerten der Juden vom 1. Juni 1939 (GBl. S. 295) wurde der Senat ermächtigt, zugunsten des Staates von Erwerbern jüdischer Vermögenswerte Ausgleichszahlungen zu erheben. Die Grundbuchämter wurden verpflichtet, zur Sicherung des Anspruchs auf Zahlung der Ausgleichszahlung Sicherungshypotheken auf Grundstücke in das Grundbuch einzutragen. Sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber von jüdischen Vermögenswerten waren zur Anzeige an den Senat verpflichtet, wenn der Wert über 1.000 Gulden lag.


    Aus „Unser Danzig“, Ostern 1961, Nr.7, Seite 11

    Das Schicksal der Danziger Juden

    In Nr. 21/1960 von „Unser Danzig“ war mit einem ausführlichen Bericht begonnen über das Schicksal der jüdischen Mitbürger Danzigs und anschließend über die Auswanderung eines Teils von ihnen, der eine fünfjährige Irrfahrt überstehen musste, bis er nach Israel gelangte. Der Verfasser des ersten Abschnitts war 1939 als Sachbearbeiter für jüdische Fragen in Verbindung mit dem „Ausschuss für jüdische Auswanderung“ eingesetzt und hat daher aus eigenem Wirken die Geschicke der Danziger Synagogen-Gemeinde kennen gelernt. Zur Vervollständigung seines ersten Berichtes und vor allem zur Klärung der damaligen Verhältnisse und der Zusammenhänge, wie sie durch das Buch von Professor Burckhardt, dem letzten Hohen Kommissar des Völkerbundes in Danzig, „Meine Danziger Mission“ aufgedeckt sind, hat er uns einen weiteren Artikel zur Verfügung gestellt, mit dessen Abdruck nachstehend begonnen wird.

    In Deutschland war von 1933 ab die Arier-Gesetzgebung im Gange, die 1937 in die berüchtigten Nürnberger Gesetze mit entsprechenden Kommentaren (!) mündete, deren furchtbare Folgen heute bekannt sind. Die Verfassung der Freien Stadt Danzig, garantiert durch den Völkerbund in Genf, stand solchen Ausnahme- und Rassegesetzen entgegen. Nur durch eine Verfassungsänderung hätte man in Danzig die Nürnberger Gesetze einführen können. Dazu aber gehörte eine Zweidrittelmehrheit im Volkstag, und die blieb den Nazis in der Wahl 1935 trotz maßloser Agitation versagt, von 72 Mandaten hatten sie 42. Forster, der beim Verkünden seiner Wahlniederlage einen Weinkrampf hatte, verlangte dennoch vom Senat von 1938 ab immer wieder die Nürnberger Gesetze.

    In Burckhardts Erinnerungen „Meine Danziger Mission" erfährt zum erstenmal die Öffentlichkeit, dass Danzigs Judenproblem letzten Endes zwischen Berlin und Berchtesgaden, zwischen Hitler und Göring entschieden wurde. Der Völkerbund hatte es längst aufgegeben, seinen Verpflichtungen für Danzig nachzukommen; hätte er rechtzeitig der Opposition den Rücken gestärkt, statt sie fallen zu lassen, wäre manches anders gekommen. Er setzte lediglich einen Dreier-Ausschuss unter Edens Leitung ein, der froh war, die Danziger Konflikte direkten Verhandlungen zwischen Deutschland und Polen zu überlassen. Und da warf Hitler den stärkeren Schatten. In der Judenfrage verwies Hitler, der wahnsinnige Hasser und Ausrotter, Göring, der nur wirtschaftlich operieren wollte, auf den zweiten Platz. Es ist das Verdienst Burckhardts, der im April 1937 bei Hitler in Berchtesgaden war, vermittelnd auf die außenpolitischen Folgen hingewiesen zu haben, die in Danzig eintreten müssten, wenn die Rassengesetze kämen. Damals schien ein wertvoller Zeitgewinn erreicht, und Forster, der Soldat Hitlers, wurde zurück gepfiffen.

    Die von Burckhardt geführte Intervention des Völkerbundes führte zur Gründung jenes wohl als Unikum zu benennenden Ausschusses für Auswanderung, der eigentlich nur Zeitgewinn bedeutete. Die Danziger Gesetze blieben von 1939 nach der Einverleibung Danzigs in das „Dritte Reich“ noch bis Mai 1940 in Kraft. Bis dahin musste jede freiwillige Auswanderung getätigt sein, zu der die Vorsteher der Synagogen-Gemeinde in einer Versammlung 1938 im Tempel alle aufriefen, die es irgend könnten, so rasch als möglich. Damals gingen fast 3000 polnische Juden zurück nach Polen, vorzugsweise nach Lodz und Warschau. Wie sie dort endeten, weiß man heute.

    In Danzig operierte der Senat mit Juden-Verordnungen, die von 1938 ab in Kraft traten, meist mit ihrer Verkündigung. Sie können nicht alle wiedergegeben werden. Eine der ersten Maßnahmen war die Entziehung der Approbation für jüdische Ärzte, desgleichen für Juristen, die Arierbestimmungen für Beamte und Lehrer, die Vermögens-Beschlagnahmen, die Entjudung der Danziger Wirtschaft, die Löschungen jüdischer Werte in den Grundbüchern, die Meldepflicht für Gold und Pretiosen und anderes mehr. Was in Deutschland geschehen war, wurde langsam auf den Freistaat übernommen. Jede dieser Verordnungen war verfassungswidrig. Der Völkerbund, der Garant der Verfassung, griff nicht ein! Der Greiser-Senat wollte die Verfassungswidrigkeit natürlich nicht anerkennen, seine Verordnungen erklärte er, „entsprechen einem seit langem eingebürgerten Volksempfinden und verwandeln usance-mäßiges Recht in formales Recht!“

    Das Schwerwiegendste, die Nürnberger Gesetze mit ihren Diskriminierungen bis zur Ausrottung der Juden, standen Anfang 1939 schon bevor, angetrieben durch antisemitische Hetze von Gauleiter Forster. Der war Günstling Hitlers und behauptete in seinen Brandreden stets, im Auftrag des „Führers“ zu sprechen, was wohl auch glaubhaft war. An massiven Angriffen auf den Völkerbund, den er gerne eine freimaurerisch-jüdische Schwatzbude nannte, ließ er nichts fehlen. Der Greiser-Senat war wirtschaftlichen Einwendungen nicht ganz so unzugänglich wie Forster, hinter dem sein unheimlicher Einbläser Löbsack, ein verwachsener früherer Lehrer und Fanatiker, der „Goebbels von Danzig“ (auch Schrumpfgermane genannt), stand. Im Presseamt des Senats konnte man darüber manches hören, auch über die Wettkämpfe der beiden Gegner Forster und Greiser um die Gunst des Führers. Und der war für bedingungslose Judenausrottung mit wechselnden Stimmungen, die niemand voraussehen konnte.

    Es ist ein Verdienst Burckhardts, nachgewiesen zu haben, wie das Danziger Problem, und darin besonders die Judenfrage, bei Hitler gelagert hat. Der Völkerbund konnte sich die unaufhörlichen Verfassungsbrüche (die Nürnberger Gesetze wurden auch für Danzig am 21. November 1938 verkündet und Forster hatte seinen Triumph) nicht gefallen lassen, wollte er nicht den letzten Kredit verlieren. Das Ermächtigungsgesetz, mit dem der Senat operierte, sah vor, dass der Volkstag auf Antrag binnen drei Monaten über Verordnungen befinden konnte. Stimmte er bei, dann wurde die Verordnung Gesetz und verfassungsmäßig. Aber auch dann war noch die Zustimmung des Völkerbundes einzuholen. Dem Senat wurde dieser Weg, der den Verfassungsstreit formal beendet hätte, nahe gelegt. Doch zu einem solchen Beschluss hätte eine Zweidrittelmehrheit gehört, und die hatten die Nazis nie erreicht. Dann möge man den Volkstag auflösen und Neuwahlen ausschreiben, die Anfang 1939 hätten steigen können - Forster versprach das auch, aber dann sagte er nein. Er hatte sich davon überzeugt, dass solche Wahlen seiner Partei nur Mandate gekostet, vielleicht sogar die einfache Majorität erschüttert hätten. Zu tief hatte die Nazi-Wirtschaft mit dem Gulden, die Brutalität gegen die Juden, die Plünderungen der Kristallnacht, die Bevölkerung erschüttert. Die Opposition wartete nur auf solche Wahlen, die ein Stimmungsbarometer für ganz Deutschland werden konnten. So hatte das Danzig-Problem und in ihm die jüdische Rassenpolitik mit ihren Erniedrigungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit das Weltinteresse. Denn schon zogen am polnischen Himmel jene Wolken auf, die sich so furchtbar über der Welt entladen sollten. Einen Prestigeverlust konnte Hitler in Danzig nur fürchten, Forster musste auf der Stelle treten. Der Senat führte seine Judenverordnungen zwar durch, ließ sich aber Zeit. Der deutsche Angriff auf Polen im September 1939 brachte dann alles zum Einsturz: den Freistaat und seine Verfassungskämpfe.

    Nach der vorangegangenen maßlosen Hetze trat ein Stillstand ein, der sich heute aus den Vorgängen und Verhandlungen auf höherer politischer Bühne erklärt. Etwa 2000 Glieder der Danziger Synagogen-Gemeinde mit Danziger Pass (die polnischen, die 1937 noch 3700 zählten, waren seitdem wieder nach Polen abgewandert) waren noch vorhanden. Sie waren größtenteils auswanderungsbereit, die meisten aber alt und mittellos in erbarmungswürdiger Lage, andere wieder in rührendem naivem Vertrauen auf den Völkerbund, der es nicht zulassen könne, dass sie, Danziger seit Jahrhunderten, die niemals jemand zu nahe getreten seien, jämmerlich zugrunde gingen. Der Freistaat hatte mit dem ersten Schuss der „Schleswig-Holstein“ auf die Westerplatte aufgehört. Reichsstatthalter Forster hatte die Garantie des Völkerbundes für erloschen erklärt und dessen Hohen Kommissar Burckhardt in zwei Stunden aus dem Danziger Gebiet ausgewiesen. Auf Forster war auch die weitere Durchführung der Judengesetze übergegangen.

    Auf dem Gebiet der Emigration hatte der eingesetzte „Ausschuss für jüdische Auswanderung“ tüchtige Arbeit, denn die Synagogengemeinde war in voller Bewegung. Noch konnten jüdische Danziger in den ersten Kriegsmonaten 1939/40 über neutrale Staaten, Holland, Rumänien, Schweden, Italien, ihre westlichen Ziele, die bis zu den Vereinigten Staaten, Kanada, Argentinien, ja zu den Straits-Settlements (Ansiedlungen an der Meeresstraße von Malakka), besonders Shanghai, gingen, erreichen. Die Danziger Pässe galten noch und wurden respektiert. Die Ein- und Durchreise-Visa für die neutralen Staaten auf den Danziger Konsulaten, die Zollabfertigung des Flüchtlingsgepäcks, verlief auch glatt, wenn die Auswanderung durch den „Ausschuss“ bescheinigt war.
    Der Winter 1939/40 brachte eine stattliche Zahl von jüdischen Einzel- und Gruppenauswanderungen. Es kann wohl gesagt werden, dass mit geringen Ausnahmen alle Leistungsfähigen abwanderten, übrig blieben die Alten, die Armen und die Hilflosen, und jene, die immer noch nicht glauben mochten, dass ihnen in ihrer Vaterstadt, über die der Völkerbund die Hand hielt und in der sie viele Beweise der Sympathie erfuhren, das Ärgste geschehen könne. Die Vertrauensseligen! Es war in dieser Zeit sogar möglich, bei der Gestapo, die in der bisherigen polnischen Passstelle Neugarten (vorher Provinzialschulverwaltung) ihr Handwerk betrieb, Einsicht für die jüdische Auswanderung zu erwecken. Das beweist der Fall des jüdischen Kaufmanns Ernst Goldstein, Inhaber der Feldbahnfirma Höhne in Oliva. Der hatte seine Auswanderungspapiere über Triest in Händen, als er am Abend vor seiner Abfahrt von der Gestapo unter der Beschuldigung der Nürnberger „Rassenschande“ verhaftet wurde. Es war übler Klatsch, wohl auch Ärger über erfolglose Erpressung dabei. Der Hinweis darauf, dass die Nürnberger Gesetze zur Zeit der angeblichen Straftat in Danzig nicht bestanden und dass die anderen Umstände die Sachlage äußerst zweifelhaft erscheinen ließen, machten auf den Kommissar Eindruck. Der Einwand, dass es doch besser sei, auch arbeitssparend, den Beschuldigten auswandern zu lassen, wofür die Genehmigung des „Reichsstatthalters“ bereits vorliege, wirkte bei dem Kommissar, er verfügte die Haftentlassung, und am nächsten Morgen verließ Goldstein mit seinen gepackten Koffern Danzig.


    Aus „Unser Danzig“, 20.04.1961, Seiten 8-9

    Das Schicksal der Danziger Juden

    Es könnte noch mehr davon geschrieben werden, dass Danziger Dienststellen im Rahmen der Judenverordnungen, die hart genug waren, keine besonderen Schwierigkeiten machten. So gaben Danziger Banken Beträge von beschlagnahmten Bankkonten frei, wenn die Notwendigkeit für die Lebensführung durch den „Ausschuss“ bescheinigt wurde. Die Staatsbank verkaufte an Auswanderer auch Devisen gegen Gulden, war aber so geschäftstüchtig dabei, 25 Prozent der Geldsummen auf ein besonderes Konto, das „Judenfonds“ genannt wurde, einzuziehen. Der sollte der Unterhaltung der noch in Danzig lebenden Juden dienen, und aus diesem, der zeitweilig auf 5 Millionen stieg, wurde dann geschöpft.

    Diese Zeit einer zwar traurigen, aber doch geordneten Abwicklung näherte sich bald ihrem Ende. Oberstleutnant der Schutzpolizei Hans Griep war die Mitteilung zu verdanken, dass sich Anfang 1940 im Polizei-Präsidium ein besonderer SS-Stab für Emigrationen von Juden und Polen niedergelassen habe. Bei einer daraufhin dort erfolgten Vorsprache konnte herausgehört werden, dass nach Ablauf der Danziger Gesetze im Sommer 1940 ganz erhebliche Änderungen in der Judenfrage bevorstanden, die offenbar an die SS überging. Von dieser Sachlage wurde die Synagogengemeinde unterrichtet.

    Neben der Auswanderung wurde die soziale Versorgung und Ernährung der noch in Danzig lebenden Juden mit Danzig-Pass Aufgabe des „Ausschusses“, bald sogar dessen Hauptarbeit. Der unselige Löbsack war hier der Parteitreiber. Er beschlagnahmte im Herbst 1939 kurzfristig für seine Zwecke das jüdische Aschenheim-Stift am Heumarkt. Als Ersatz wurde ein großes leeres Haus mit Hintergebäuden in der Milchkannengasse eingerichtet. Kaum war dies erfolgt, da erhob wieder Löbsack Parteigeschrei. Es ginge nicht, dass. Juden in einem schönen Hause in Stadtmitte wohnten, außerdem brauche er es für Parteigenossen, die aus dem Reiche zugezogen waren. Wieder wurde geplant und beraten, bis in einer entlegenen Gasse der Speicherinsel, der Mausegasse, ein fünfstöckiger alter Speicher mit mächtigen Mauern und kleinen Lukenfenstern als Ghetto umgebaut werden konnte. Der war solange Arbeitsdienstlager gewesen und im Kriege leer geworden. Mit 40 000 Danziger Gulden wurde der Speicher hergerichtet. Er hatte Wasser, Gas, Kanalisation, elektrisches Licht, kleinere und größere Räume an den langen Korridoren, eine Zentralküche mit Essraum, der auch als Tempel benutzt wurde, die Büros der Synagogenverwaltung. Zwei Straßenaufgänge mit breiten Treppen führten in die Geschosse, ein kleiner Hofraum war gartenmäßig eingerichtet und ermöglichte Aufenthalt im Freien. Nur brachten die dicken Mauern und kleinen Fenster viele Ungelegenheiten, es fehlte das Sonnenlicht, es war düster mit jener in Danzig so bekannten Speicherluft, und in den Räumen herrschte meist künstliches Licht. Hier wurde alles gesammelt, was in Danzig von der 1937 über 7000 Köpfe starken Synagogengemeinde noch verblieben war. Immer mehr Juden wurden aus ihren Stadtwohnungen verdrängt, oft brutal in wenigen Stunden, und flüchteten in die Mausegasse. Die lag abgelegen, die meisten Danziger hatten von ihr wenig Ahnung; dort sind, außer einigen von Rowdys eingeworfenen Fensterscheiben, keine Störungen eingetreten. Die schweren Eichentore der Eingänge wurden bei Dunkelheit geschlossen und mit Sperrbalken gesichert. Trotzdem richtete die Gemeinde noch einen Wachdienst ein, der Verbindung mit dem Überfallkommando hatte, das aber nie beansprucht wurde.

    Die Mausegasse war zwar eine unendlich traurige Lösung. Viel unterschied sie sich nicht von einem freiwilligen Gefängnis. Die Juden mussten den diffamierenden Zions-Stern anlegen, gingen damit so wenig als möglich und meist erst bei Beginn der Dunkelheit auf die Straße. Was mit dem Stern und der äußeren Kenntlichmachung der Juden beabsichtigt gewesen ist - in Danzig ist es ziemlich fehlgeschlagen. Juden mit dem Stern sind nur wenig belästigt worden, haben aber manches Wort des Bedauerns in der Bevölkerung vernommen. Eine Insassin der Mausegasse berichtete mit Rührung, sie habe in einem Laden mit ihrem Stern hinten gestanden und sei von der Inhaberin aus der Menge hervorgeholt worden: die Juden (die nicht die vollen Lebensmittel-Karten der Bevölkerung erhielten) seien doch so bedrängt. In der Käuferschar war kein Widerspruch zu solcher Ansicht.

    Das Leben im Ghetto war trostlos in seiner Abgeschlossenheit von Personen und Dingen, die einmal das Leben bedeutet hatten. Alle sehnten sich hinaus. Die sonnenlosen kalten Räume hinter den dicken Mauern vermehrten trotz recht guter Möbelausstattung bei manchen Versuchen, sie behaglich zu machen, doch das Unbehagen. Man sah viele bleiche Gestalten in ihre Mäntel gehüllt. Der Bezug von Zeitungen und Post war im Ghetto normal, auch Wirtschaft und Verpflegung mit ärztlicher Versorgung klappten unter der umsichtigen und energischen Leitung von Frau Frieda Jonas, da die Danziger Lieferanten pünktlich waren. Die Betriebskosten der Mausegasse, vom Vorsteher der Synagogengemeinde, Schneidermeister David Jonas, monatlich berechnet und vom Ausschuss nachgeprüft, erforderten 40 000 bis 45 000 Mark im Monat und wurden auf den „Judenfonds“ angewiesen. „Wir Juden sind Staatspensionäre geworden“ sagte mal Jonas, der zu bitterem Humor neigte.

    Die Gesamtzahl der in der Synagogengemeinde listenmäßig geführten Glieder, die der Gestapo auf ihre Mahnung mitgeteilt wurden,
    betrug im Winter 1940 etwas über 1100. Sie verkleinerte sich fast täglich durch Abwanderungen, aber diese ließen sehr nach; es wurde klar, dass die eigenen finanziellen Kräfte erschöpft waren. Die jüdische Jugend unter 25 war fast restlos verschwunden, aber sehr viele Alte waren geblieben, die Älteste zählte 92 Jahre. Wollte man die von allen ersehnte Auswanderung im Rahmen der Danziger Gesetze lösen, dann war nur noch wenige Monate Frist.

    Was möglicherweise von Forster und seinen Vasallen geplant wurde, enthüllte in diesem Winter der fanatische Löbsack. Alle Juden müssten nach Polen verschwinden, ein Güterzug mit Stroh genüge (es war bitterkalt!). Der Gauleiter lege Wert auf die Meldung beim Führer: „Danzig ist judenrein, die erste deutsche Großstadt ohne Juden“. Bei der Mentalität Hitlers hätte er damit den gewünschten Eindruck gemacht. Gewaltakt war daher in Danzig zu befürchten. Doch nichts erfolgte, vielleicht hatte sogar Löbsack die Unmenschlichkeit seines Planes, mit dem er sich bei Forster beliebt machen wollte, doch eingesehen.

    Damals stand bereits fest, dass „Joint“, die jüdisch-amerikanische Hilfsorganisation, mit der der Verfasser Weihnachten 1939 in Amsterdam darüber verhandelte, 100.000 Dollar für eine Massenauswanderung möglichst aller Danziger Juden über Wien, Constanza nach Israel bereitstellen würde. Die Vorbereitungen hatten eingesetzt. Die Kostenhöhe war zum Teil durch das englische Missbehagen an Osteinwanderung nach Israel, über das England die-Hand hielt, veranlasst.

    Je Auswanderer wurde ein Vorzeigegeld von 10 engl. Pfund verlangt. Dadurch war für eine Weile eine Massenauswanderung finanziell stark gefährdet, ebenso durch die in Amsterdam zunächst vorhandene Ansicht, den Danziger Juden ginge es relativ gut, den polnischen müsse eher geholfen werden. Dies konnte widerlegt werden.

    In Danzig blieben in dem leer gewordenen Ghetto Mausegasse noch etwa 150 Juden: hauptsächlich ganz Alte, ärztlich nicht mehr für transportfähig erklärte, die ihr Schicksal beklagten. Eine alte Frau, die erklärte, sie wisse, dass sie unterwegs sterben werde, wollte dennoch mit. Da sei sie bei den Ihren, und dann möge man sie ins Meer senken. Ihr Wunsch war unerfüllbar, aber sie hat ihren letzten Gang noch nach Stolzenberg auf den Friedhof der Synagogengemeinde antreten können.

    Zu diesen Alten traten jene Unentwegten, die alle Warnungen in den Wind schlugen in ihrem entwaffnenden Vertrauen auf Menschlichkeit, Gesetzlichkeit und Schutz durch den Völkerbund, der, keine Gewalttat gegen Danziger Juden zulassen würde. Ihnen erschien ein Asyl in Israel wesentlich unsicherer. Ihr Wortführer war Erich Ruschkewitz, jahrelang Mitarbeiter der „Volksstimme“ und später Redakteur eines Gemeindeblattes der Synagogengemeinde. Der hatte von einem Gestapomann die Zusicherung, man würde ihm über Holland nach Spanien zu seinem Bruder verhelfen; die Fahrt nach Israel erschien ihm daher Umweg. Auch er hat den Weg der Anderen gehen müssen!

    In kameradschaftlicher Treue verblieb beim Häuflein der Danziger in der Mausegasse das Ehepaar David und Frieda Jonas, er, der Vorsteher der Gemeinde, und sie, die Leiterin der Wirtschaft. Die Führung der Auswanderer zu übernehmen, lehnte er ab. „Mein Platz ist hier. Ich habe es den Alten versprochen, die hier bleiben müssen, und verlasse sie nicht.“ Der Brave ist in Theresienstadt gestorben, seine Witwe hat die Leidenszeit überstanden und lebt heute in Frieden in Haifa.

    Ein Jahr später war das Ghetto Mausegasse leer. Man hörte von kleineren Transporten nach Theresienstadt, Riga, aber nie wieder kam eine Kunde nach Danzig. Vom Haus in der Mausegasse blieben bei Danzigs Zerstörung 1945 nur Brandtrümmer.

    Unendliches Leid brachte der Nazismus über die Juden, aber die Danziger Variante zeigt einige Lichtstellen. Es fehlte, sicher gegen den Willen der Nazipartei hinter Forster, die brutale schonungslose Ausrottung, die in Deutschland den Nürnberger Gesetzen folgte. Diese Gesetze kamen erst spät in den Freistaat, eigentlich erst mit dessen Ende und wurden so zögernd angewandt, dass noch Zeit blieb, Hunderte von Unschuldigen einem Schicksal zu entziehen, das damals, in seiner ganzen Schrecklichkeit noch nicht zu erkennen war.

    Der damalige Hohe Kommissar des Völkerbundes in Danzig, der Schweizer Professor Burckhardt, hat über seine Mission in Danzig, die uns Oppositionellen die erhoffte Unterstützung nicht zukommen ließ, berichtet, und vieles ist klarer geworden. Wir wissen heute, wie das Danziger Judenproblem mit den Nürnberger Gesetzen die internationale Lage beeinflusste, dass Burckhardt bei Hitler in Berchtesgaden war und den Wahnsinnigen bewegte, in der Danziger Judenfrage kurzzutreten. Wir kennen heute die Vermittlungsversuche bei Greiser, der die wirtschaftliche Bedeutung der Juden für den Freistaat besser erkannte als der sture Forster. Diese Machtkämpfe, bei denen Greiser unterlag, wirkten sich nach unten aus und verschafften Zeit und Gelegenheit zu Lösungen, die ganz wider Willen von Forster und Löbsack geschahen. In Danzig, der alten fortschrittlichen Hochburg, hat der Nationalsozialismus wohl eine Majorität, aber keine entscheidende Bedeutung gehabt.

    Nach 20 Jahren kann man den Ablauf, den das Judenproblem in Danzig nahm, auf einzelne Ereignisse zurückführen: auf den Flug Burckhardts mit Forster am 10. August 1939 nach Berchtesgaden, bei dem Hitler veranlasst wurde, in der Danziger Judenfrage zurückzuhalten, auf den mutvollen Vorstoß des Sprechers der Synagogengemeinde Senatsrat Ernst Berent (heute in London im Council of Jews from Germany) bei Senatspräsident Greiser, der den Juden günstige Auswanderungsbedingungen versprach, was zur Einsetzung eines besonderen Förderungsausschusses führte. Auf die Information Ende 1939 von Oberstleutnant Griep, die über die Existenz eines besonderen SS-Stabes zur Judenbeseitigung informierte und Tempo und Umfang der späteren Arbeit mit ermöglichte.

    In New York ist eine Geschichte der Juden von Danzig aus der Feder von Sam Echt, einst Rektor der jüdischen Schule, im Werden. Es ist zu hoffen, dass sie die Zusammenhänge weiter klärt.

    Der Eichmann-Prozess
    Hier und da wird in der Presse von einem Unbehagen über den Eichmann-Prozess in Jerusalem gesprochen, da zu befürchten sei, dass er eine schwere Belastung für das deutsche Volk mit sich bringen könnte. Das müssen wir auf uns nehmen und durchstehen. Diese Prüfung wird auch ihre gute Seite haben. Es ist sehr leicht möglich, dass in dem Eichmann-Prozess so manches zur Sprache kommt, was diesem oder jenem nicht gerade angenehm sein dürfte. Wenn dabei einiges aufgedeckt wird, was bis heute im Dunkel blieb, so wird dadurch die letzte Reinigung erfolgen können. Wird dies erreicht, so ist das Verfahren auch für uns nicht nutzlos gewesen.

    Auch Bundeskanzler Dr. Adenauer gab in einer Erklärung im Fernsehen dem Wunsche Ausdruck, dass im Eichmann-Prozess die volle Wahrheit ans Licht kommt.

    Der Verteidiger Eichmanns, der Kölner Rechtsanwalt Dr. Servatius, äußerte sein Befremden, dass in Bonn versucht werde, den Fall Eichmann als eine rein kriminelle Angelegenheit darzustellen. Im Gegensatz dazu halte er die politische Seite des Prozesses für entscheidend. Im Zusammenhang mit der Kostenfrage verwies Servatius auf den großen Aufwand, der amtlichen Bonner Beobachtergruppe, die aus acht Personen bestehe, in teuren Hotels wohne, eigene Chauffeure und Fernschreibleitungen besitze. Die Verteidigung dagegen verfüge nur über einen Assistenten und eine Sekretärin, die alle in einer billigen Pension wohnen.sowieso nicht dreinreden.

    -----

    Die Veröffentlichung dieses Artikels erfolgte mit freundlicher Genehmigung des "Bundes der Danziger" in Lübeck.

    Weitere Verwendungen / Veröffentlichungen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung durch den Rechteinhaber:
    Bund der Danziger
    Fleischhauerstr. 37
    23552 Lübeck

    Bei vom Bund der Danziger genehmigten Veröffentlichungen ist zusätzlich ist die Angabe "Übernommen aus dem forum.danzig.de" erforderlich.

    -----

    Viele Grüße aus dem Werder
    Wolfgang
    -----
    Das ist die höchste aller Gaben: Geborgen sein und eine Heimat haben (Carl Lange)
    Zertifizierter Führer im Museum "Deutsches Konzentrationslager Stutthof" in Sztutowo (deutsch/englisch)
    Certyfikowany przewodnik po muzeum "Muzeum Stutthof w Sztutowie - Niemiecki nazistowski obóz koncentracyjny i zagłady"

  2. #2
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
    Registriert seit
    10.02.2008
    Ort
    Prinzlaff/Przemysław
    Beiträge
    9,722

    Themenstarter

    Standard

    Schönen guten Abend,

    Allen die sich intensiver mit der Geschichte der Juden in Danzig und dem Untergang der jüdischen Gemeinde befassen möchten, seien folgende Publikationen empfohlen:

    Erwin Lichtenstein: "Die Juden der Freien Stadt Danzig unter der Herrschaft des Nationalsozialismus", herausgegeben in der Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlunden des Leo-Baeck-Instituts, Verlag J.C.B. Mohr, Tübingen, 1973

    Erwin Lichtensein: "Bericht an meine Familie / Ein Leben zwischen Danzig und Israel", Luchterhand, 1985

    Samuel Echt: "Die Geschichte der Juden in Danzig", Rautenberg-Verlag, 1972

    Diese Bücher sind leider nur noch antiquarisch zu erwerben oder in Bibliotheken auszuleihen. Sie geben ein umfassendes und außerordentlich detailreiches Bild der Geschichte der Danziger Juden bis hin zum Terrorregime der Nazis und der Zerstörung der jüdischen Gemeinde.
    -----
    Das ist die höchste aller Gaben: Geborgen sein und eine Heimat haben (Carl Lange)
    Zertifizierter Führer im Museum "Deutsches Konzentrationslager Stutthof" in Sztutowo (deutsch/englisch)
    Certyfikowany przewodnik po muzeum "Muzeum Stutthof w Sztutowie - Niemiecki nazistowski obóz koncentracyjny i zagłady"

  3. #3
    Forum-Teilnehmer Avatar von MueGlo
    Registriert seit
    11.03.2010
    Ort
    Potsdam
    Beiträge
    1,032

    Standard AW: Danziger Juden: Auswanderer in fünfjähriger Odyssee

    Moin, Wolfgang,

    danke für die Veröffentlichung des Berichtes und der für die Literaturhinweise.

    Beste Grüsse,

    Rainer MüGlo

  4. #4
    Gast
    Registriert seit
    20.05.2008
    Ort
    Wiesbaden/Addis Ababa
    Beiträge
    503

    Standard AW: Danziger Juden: Auswanderer in fünfjähriger Odyssee

    ich kann mich da nur anschliessen, ein toller bericht und die passende ergänzung zu samuel echt, vor allem aber zur danziger staatsangehörigkeit und den aktivitäten in dieser richtung, denn da liegt für mich noch einiges im dunkeln.

  5. #5
    Forum-Teilnehmer Avatar von Oliva +19.08.2018
    Registriert seit
    20.10.2010
    Ort
    Oberbayern
    Beiträge
    20

    Standard AW: Auswanderer in fünfjähriger Odyssee / Das Schicksal der Danziger Juden

    Auswanderung oder Vertreibung Danziger Juden
    Vielen Dank für den ausführlichen Bericht. Ich kann mich noch an zwei jüdische Firmen erinnern.
    Das Kaufhaus Sternfeld, Langgasse Ecke Wollwebergasse und die Schokoladenfabrik Anglas in Olivia.
    Für diese Firmen wurden sogenannte "Treuhänder" eingesetzt. Wohin die Inhaber hingekommen sind
    entzieht sich meiner Kenntniss. Vielleicht weiß jemand etwas über den Verbleib.Auch der Arzt meiner
    Mutter Dr. Van der Reis mußte vorzeitig aus dem Dienst scheiden und Danzig verlassen.
    Grüße vom Jochem ein Danziger in Oberbayern.

  6. #6
    Forum-Teilnehmer
    Registriert seit
    30.01.2009
    Beiträge
    273

    Standard AW: Danziger Juden: Auswanderer in fünfjähriger Odyssee

    Guten Abend zusammen,
    vielen Dank, Wolfgang, für den Abdruck von Sanders Bericht aus "Unser Danzig", eine wichtige Quelle und Ergänzung zu den Büchern von S. Echt und E. Lichtenstein. Der Bericht enthält zahlreiche Details, die man bei Echt und Lichtenstein so nicht findet, z.B. Beispiel die anschauliche Schilderung der Verhältnisse und der Geschichte des Hauses in der Mausegasse, das Sander zurecht als "Ghetto" bezeichnet.
    Kritisch zu Sanders Bericht: Ich bin mir nicht sicher, dass die heutige zeitgeschichtliche Forschung zu einer derart judenfreundlichen Sicht auf die nichtjüdische Danziger Bevölkerung kommt, wie Sander; Stichworte z.B.: Synagogenbrand, antisemitisch motivierte Plünderungen, Profiteure von "Arisierungen".
    (Oliva: Zu den antisemitischen Vorgängen um das Kaufhaus Sternfeld s. die entsprechenden Themen hier im Forum).
    Kritisch zu Sanders Bericht noch, wie überhaupt zur gesamten Literatur über die Danziger Judenverfolgung: Die Schicksale der Personen, die nicht jüdischer Konfession waren, die aber auch in Danzig unter die Judenverfolgung gefallen sind, nämlich die Schicksale nichtjüdischer Ehepartner, oder die Schicksale der Personen mit nur einem oder zwei jüdischen Vorfahren in der Eltern- oder Großelterngeneration - die meisten Christen - finden keine Erwähnung. Bis heute hat die Forschung sich mit ihnen noch nicht beschäftigt.
    Trotzdem: Sanders Bericht als historische Quelle hochinteressant und wichtig.

  7. #7
    Gast
    Registriert seit
    20.05.2008
    Ort
    Wiesbaden/Addis Ababa
    Beiträge
    503

    Standard AW: Danziger Juden: Auswanderer in fünfjähriger Odyssee

    Ja das ist leider richtig Ulrich, die KZ - Insassen werden eigentlich komplett den Juden zugeschrieben, obwohl dies beileibe nicht stimmt. Es waren auch viele darunter die gegen das System waren. In dieser linken Zeitung aus den neuen Ländern (Name entfallen) gab es mal vor Jahren einen hochinteressanten Bericht über ein KZ in welchem auch einige Danziger inhaftiert waren, unter anderem eine Frau aus Danzig, die in der Rüstung gearbeitet hat und sich verweigerte.

  8. #8
    Forum-Teilnehmer
    Registriert seit
    30.01.2009
    Beiträge
    273

    Standard AW: Danziger Juden: Auswanderer in fünfjähriger Odyssee

    Hallo Poguttke,
    ich glaube, deine Zustimmung - die sich an dieser Stelle ja eigentlich nur auf ein Randthema bezieht - beruht zum Teil auf einem Missverständnis. Ich wollte nicht sagen, wie du meine Bemerkung vielleicht verstanden hast, dass man den verfolgten Juden zu Unrecht auch politisch Verfolgte zurechnet, sondern, dass man - der rassischen Verfolgerlogik folgend - versäumt hat, den verfolgten Juden die antisemitisch Verfolgten Nicht(glaubens)juden an die Seite zu stellen. Die Judenverfolgung war, auch in Danzig, wie man heute sagen würde, eine "ethnische Säuberung", Ehepartner von (Konfessions)juden, die selbst keine (Konfessions)juden waren, oder Nicht(konfessions)juden - also zumeist (Konfessions)christen - wenn sie nur einen einzigen jüdischen Eltern- oder Großelternteil hatten, waren von den antisemitischen Maßnahmen auch betroffen. Ich will also nicht sagen, dass der Kreis der von den antisemitischen Massnahmen Betroffenen eigentlich kleiner war, als man glaubt, sondern im Gegenteil, dass er eigentlich größer war, als man glaubt.
    Schönen Gruß
    Ulrich

  9. #9
    Forum-Teilnehmer Avatar von cortés
    Registriert seit
    12.12.2011
    Ort
    Berlin
    Beiträge
    243

    Standard AW: Danziger Juden: Auswanderer in fünfjähriger Odyssee

    Wiebke Lohfeld hat in einer Übersicht einige Fakten zur "Auswanderung" jüdischer Mitbürger zusammengetragen, denen die Flucht nach Shanghai gelang:

    http://www.exil-archiv.de/grafik/the...t-shanghai.pdf

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •