Aus „Unser Danzig“, 20.02.1967, Nr.4, Seite 11

Die Einlager Schleuse
von Helmut Porsch

Die Schleusenanlage in Einlage an der Weichsel mit den zwei Schleusenkammern, zwei Drehbrücken und ihren gepflegten Parks war seit dem Durchstich bei Schiewenhorst / Nickelswalde im Jahre 1896 das Verbindungsstück zwischen dem großen Strom und der Toten Weichsel, 18 km vor Danzig.

In der Schleusenkammer für die Schifffahrt war eine große gusseiserne Tafel eingemauert mit der Aufschrift „Erbaut unter der Regierung Kaiser Wilhelm II. von 1894 bis 1896“.

Majestätische“ Namen trugen auch die Ausflugsdampfer, die zwischen Danzig und der näheren Umgebung verkehrten und dabei auch die Einlager Schleuse passierten. Von Schöneberg an der Weichsel kommend, liefen schon vor sechs Uhr „Diana“ und „Kaiser“ in die Schleuse ein, worauf wenig später „Kronprinz“ und „Oberon“ von Grenzdorf, „Prinz Heinrich“ und „Adjutant“ von Stutthof, „Brunhilde“ und „Augusta“ von Tiegenhof folgten. Sie alle waren beladen mit den Früchten und weiteren Erzeugnissen des Danziger Werders.

Während die Dampfer von den Schleusenwärtern und -meistern schnell abgefertigt wurden, saßen die Marktfrauen und Händler unten in den Passagierräumen und unterhielten sich bei Kaffee und Machandel. Nach dem Durchschleusen ging es sodann in voller Fahrt zum Markt, denn jeder wollte seine Ware zuerst verkaufen. Abends kamen die Schiffe dann wieder zurück, Die „Diana“ und „Kaiser“ gehörten stets zu den letzten.

Viele Musikdampfer mit Ausflüglern passierten alljährlich die Schleuse Einlage in Richtung Kahlberg - Helgoland - Elbinger Weichsel, Cadinen. Dazu wurden Mondscheinfahrten nach Nickelswalde und Schiewenhorst durchgeführt. Beim Einlaufen in die Schleuse wurde dann immer ein flotter Marsch gespielt.

Auch Frachtensegler, Lommen und Oberländer, die in Richtung Elbing/Königsberg fuhren sowie Schlepper und Raddampfer mit ihren Kähnen in Richtung Warschau/Krakau benutzten die Schleuse, genauso wie die Kähne, die über den Bromberg-Kanal nach Berlin unterwegs waren.

Wer von denen, die am großen Strom der Weichsel wohnten, hat ihnen nicht nachgesehen, den Flößern mit ihren Holztraften und den Strohbuden darauf? Sie kamen von den Nebenflüssen der Weichsel aus Galizien und den russischen Wäldern. In Einlage war dann die Talfahrt zu Ende. Unterhalb der Schleuse wurden die Holzflöße von Schleppern zusammengestellt und zu den Holzfeldern und Sägewerken nach Danzig geschleppt. Dort wurden die Stämme dann auf Überseeschiffe verladen.

Wenn der Winter seinen Einzug gehalten hatte, kam auch die Schifffahrt zum Erliegen. Dann dampften die zwölf großen Eisbrecher aus Plehnendorf in den Einlager Hafen. Die Eistore wurden darauf geschlossen, und nun hielt auch die Schleuse ihren Winterschlaf, wenn sie nicht gerade überholt werden musste. War aber im Frühling das große Eistreiben vorbei und hatten die Eisbrecher ihre Arbeit getan, - oft mussten sie bis Bromberg und Thorn das Eis auf der Weichsel aufbrechen -, eröffnete die „Diana“ dann wieder ein neues Schifffahrtsjahr.

Zu Ende des Krieges ist auch dort ein Stück Romantik versunken. Zwischen den beiden Schleusenkammern war ein Friedhof angelegt worden, und viele, die auf der Flucht vor den Russen waren sowie Ortsbewohner haben dort ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Alle, die diese Schleuse einst bedient und gepflegt haben, mussten damit auch ihr Liebstes verlassen und ebenfalls auf die Flucht gehen. Heute sind sie in alle Winde zerstreut, wenn nicht schon - die Heimat im Herzen - verstorben.

-----

Die Veröffentlichung dieses Artikels erfolgte mit freundlicher Genehmigung des "Bundes der Danziger" in Lübeck.

Weitere Verwendungen / Veröffentlichungen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung durch den Rechteinhaber:
Bund der Danziger
Fleischhauerstr. 37
23552 Lübeck

Bei vom Bund der Danziger genehmigten Veröffentlichungen ist zusätzlich ist die Angabe "Übernommen aus dem forum.danzig.de" erforderlich.

-----

Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang