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Thema: Judenstrand in Zoppot

  1. #1
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard Judenstrand in Zoppot

    Schönen guten Abend,

    Samuel Echt schrieb in seinem Buch "Die Geschichte der Juden in Danzig" auf Seite 180:

    "Für die Danziger Juden war der Besuch Zoppots im Sommer 1938 unmöglich geworden. Wer aus liebgewordener Gewohnheit dennoch auf die herrlichen Wälder und den weiten Strand nicht verzichten wollte und unter Vermeidung der öffentlichen Badeanstalten und des eingezäunten Judenstrandes in offener See badete, lief Gefahr belästigt zu werden."

    Ich hatte bisher noch nie von einem eingezäunten "Judenstrand" in Zoppot gehört. Wo war dieser und von wann bis wann existierte er? War dieser Judenstrand den Zoppotern bekannt?
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  2. #2
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    Standard AW: Judenstrand in Zoppot

    Also es gab dort niemals einen eingezäunten Judenstrand mein Vater stammt aus Zoppot
    und war dort von 1927-1945.
    Wie kommt ihr bloß auf soetwas?

    LG Marion Reeske

  3. #3
    Radaune-Wolff

    Standard AW: Judenstrand in Zoppot

    Hallo Wolfgang!

    Durch Zufall habe ich eine Zoppoterin kennengelernt welche bei mir direkt in der Nachbarschaft lebt. Gestern haben wir uns unterhalten und da sind wir auch auf den Zoppoter Badestrand zu sprechen gekommen. Ich habe sie dann gefragt ob sie was von dem Judenstrand weiß. Sie hat mir gesagt sie weiß da nichts. Und Zoppot ist lange eine Ausnahme gewesen bei der offenen Verfolgung und Diskrimierung weil die Auslandsurlauber nicht verschreckt werden sollten.

    Hast Du da noch was erfahren können wo dieser Judenstrand gewesen sein soll?

    Viele Grüße von Eberhard

  4. #4
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: Judenstrand in Zoppot

    Schönen guten Morgen,
    hallo Eberhard,

    nein, ich habe bisher keine weiteren Informationen, wo dieser "Judenstrand" gelegen haben könnte. Der von mir zitierte frühere Danziger Lehrer Samuel Echt ist jedoch in seinen Aussagen sehr zuverlässig, sodass ich es für sehr wahrscheinlich halte, dass es diesen Judenstrand gegeben hat.

    Massive Diskriminierungen für die Danziger Juden gab es aber auch an den anderen Badestränden. Zumindest in Brösen und Glettkau wurden schon 1937 für Juden Verbote ausgesprochen, nach denen sie dort nicht mehr (bzw. nur noch an einem einzigen Spätnachmittag in der Woche) baden durften.

    Deine Zoppoter Nachbarin hat Recht: Um negative Auswirkungen auf den Tourismus zu vermeiden -man war auf Devisen dringend angewiesen- wurden die Zoppoter Juden lange Zeit in der Öffentlichkeit nicht so diskriminiert, verfolgt und misshandelt wie ihre Danziger Leidensgefährten. Noch vor dem Krieg erging vom Reichsaußenministerium die Anweisung, mit den öffentlichen Judenverfolgungen in Zoppot aufzuhören.
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  5. #5
    Radaune-Wolff

    Standard AW: Judenstrand in Zoppot

    Hallo Wolfgang!

    das hört sich sehr wissend an was Du schreibst. Aber von generellen Badeverboten für Juden habe ich noch nichts gehört. Und auch nicht dass das Reichsaußenministerium noch zu der Zeit wo der Freistaat Danzig existierte dort irgendjemand Anweisungen erteilen konnte. Hast Du Belege für was Du schreibst oder kannst Du Quellenhinweise geben?

    Viele Grüße von
    Eberhard

  6. #6
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    Standard AW: Judenstrand in Zoppot

    Hallo zusammen,
    Frank Bajohr spricht in seinem Buch "Unser Hotel ist judenfrei, Bäderantisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert", Fischer Tabu 15796, S. 126, davon, dass "der nationalsozialistisch geführte Freistaat Danzig in Erwartung "reichsdeutscher" Touristen seine Und Strände, namentlich das bekannte Seebad Zoppot für jüdische Gäste gesperrt" hat.Bajohr fährt fort: "Aufgrund von Devisenproblemen blieb jedoch der erhoffte Zustrom aus dem Reich aus, was die Einwohner Zoppots mit einem ironischen "Ein Volk, ein Reich, ein Kurgast" quittierten.b
    Der vorzeitige Entzug aller Konzessioen des Linienbusunternehmens von Conrad, Schüler und Co zum 1.10.1938, Nachfolgefirma von Weichbrodt und Schlawjinski, die seit spätestens 1931 u.a. Linien vom Heumarkt nach Bohnsack und Stutthof befuhr, mit der Begründung, in der Firma stecke noch jüdisches Kapital, passt doch ins Bild. Diese beiden Linien wurden seitdem von der Danziger Elektrische Straßenbahn A.G. befahren, deren Hauptanteilseigner vermutlich die NSDAP war.

    vielleicht passt´s: "Zudem waren die Bemühungen, die ausgeschlossenen jüdischen Gäste durch eine neue Gästeklientel zu ersetzen, nicht überall erfolgreich. So hatte beispielsweise der nationalsozialistisch geführte Freistaat Danzig in Erwartung "reichsdeutscher

  7. #7
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: Judenstrand in Zoppot

    Schönen guten Morgen,

    ich bin nach Belegen bzw. Quellenhinweisen für meine Behauptungen gefragt worden. Ich schrieb " Zumindest in Brösen und Glettkau wurden schon 1937 für Juden Verbote ausgesprochen, nach denen sie dort nicht mehr (bzw. nur noch an einem einzigen Spätnachmittag in der Woche) baden durften." Dazu habe ich bisher noch nichts Schriftliches gefunden. Näheres dazu im Thema Diskriminierung jüdischer Mitbürger in den Volksbadeanstalten.

    Desweiteren schrieb ich: "Noch vor dem Krieg erging vom Reichsaußenministerium die Anweisung, mit den öffentlichen Judenverfolgungen in Zoppot aufzuhören". Mit der Machtergreifung der Nazis in Danzig 1933 übte die Reichsregierung einen immer stärker werdenden Einfluss auf die Regierungsgeschäfte aus. In der Regel stimmte sich Gauleiter Albert Forster, ein fanatischer und glühender Bewunderer Hitlers, in der Reichskanzlei oder auf dem Obersalzberg mit Hitler ab. Als NSDAP-Gauleiter bestimmter er zwar nicht direkt die Regierungsgeschäfte, aber zumindest nach der Ablösung des Senatspräsidenten Hermann Rauschning durch Arthur Greiser war sein Einfluss auf den Senat in vielen Punkten bestimmend. Er selber sagte dazu bereits 1933 dem polnischen Journalisten Paciorkowski: "Als Sie vor einem Jahr in Danzig waren, hat die Partei um die Macht gekämpft. Es war logisch, daß nach dem Wahlsieg die Partei die Führung des Staates übernahm."

    Trotzdem nahm das Deutsche Generalkonsulat eine wichtige Rolle im politischen Tagesgeschehen ein. Es berichtete an das Auswärtige Amt über aktuelle Entwicklungen und Geschehnisse worauf sich dieses -häufig wenn es sich um Vorgänge mit außenpolitischer Relevanz handelte- einschaltete. Albert Forster vertrat gegenüber den jüdischen Mitbürgern einen kompromisslosen Kurs und so wandten sich Vertreter des Fremdenverkehrs an das Deutsche Generalkonsulat das am 15.07.1935 folgendes Telegramm an das Auswärtige Amt sendete:

    ==========
    An zwei aufeinanderfolgen Sonntagen drangen teilweise uniformierte Trupps von etwa 30 Personen in die öffentlichen Badeanstalten Glettkau, Brösen und Heubude, hefteten an weit sichtbarer Stelle das Plakat "Die Juden sind unser Unglück" und belästigten Badegäste. Diese Maßnahmen, die naturgemäß bei weiterer Fortsetzung, insbesondere in Zoppot, schwere wirtschaftliche Folgen für Bäderbesuch erwarten lassen, haben bei der Judenschaft Danzigs größte Erregung hervorgerufen, die politisch und wirtschaftlich besonders im jetzigen kritischen Augenblick ernste Gefahr darstellt. Gauleitung soll trotz Vorstellung seitens des Senatspräsidenten und Propagandaabteilung nicht eingegriffen haben. Ich bitte in geeignet erscheinender Weise dahin zu wirken, daß dieses gefährliche Treiben sofort eingestellt wird.
    Radowitz
    ==========

    Am 17.07. übersandte das Auswärtige Amt mit der Bemerkung "Sofort!" eine Abschrift des Telegramms dem Verbindungsstab der NSDAP "zur gefälligen Kenntnis und mit Anheimstellen der weiteren Veranlassung". Senatspräsident Greiser erhielt daraufhin eine Eingabe "alle antijüdischen Maßnahmen im Interesse des Fremdenverkehrs" zu untersagen. Davon wurde das Generalkonsulat informiert, das über diesen Vorgang wiederum an das Auswärtige Amt berichtete.
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  8. #8
    Radaune-Wolff

    Standard AW: Judenstrand in Zoppot

    Hallo Wolfgang!

    Danke für Deine Zitate, die das alles für mich ein bißchen aufhellen. Versteh mich bitte aber nicht falsch, ich hätte gerne aber auch ein paar nachvollziehbare Quellenangaben. Woher hast Du Dein Informationen bzw. woraus hast Du zitiert?

    Da wir ja leider niemand mehr fragen können, der das hätte uns beantworten können brauchen wir solche Quellenangaben. Vielleicht ist das aber auch eine Chance das man sich nicht mehr nur darauf verlässt was man selber gesehen hat oder glaubt das man gesehen hat, sondern das man auch mal auf das schaut, was schritlich hinterlassen worden ist.

    Viele Grüße von
    Eberhard

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