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Thema: Was Danziger Kinder früher spielten

  1. #1
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard Was Danziger Kinder früher spielten

    Aus „Unser Danzig“ Nr. 7 vom 05.04.1964, Seite 14

    Was Danziger Kinder früher spielten
    Von Erich Freiwald

    Der Frühling ist dem Kalender nach längst da, aber die Kühle draußen lässt uns wenig ins Freie. Da sitzt man lieber am geheizten Ofen und träumt von vergangen Zeiten, als man noch jung und ohne Sorgen in seiner Heimat spielen konnte; Spiele, die heute niemand mehr spielt oder kennt. Gerade Danzig hatte seine speziellen Spiele für die Kleinen und Kleinsten. Wer kennt heute noch das „Klippchen-Spiel“? Längst vergessen! Dieses Spiel gab es meines Wissens nach nur in Danzig. Jeder Junge, der etwas auf sich hielt, spielte es mit mehr oder weniger Meisterschaft. Dazu gehörte ein „Klippchen“. Ein Stück Holz wurde viereckig geschnitten und an den Enden zugespitzt. Auf die glatten Flächen wurden Striche oder römische Ziffern eingekerbt, die die Anzahl der Schläge wiedergaben, die der Schläger auszuführen hatte. Es gab in Klippen reine Meisterwerke, große, die mit ungeheurer Wucht durch die Luft sausten, kleine, die zierlich und schön die Luft durchsurrten wie ein Maikäfer. So manche Fensterscheibe wurde im hitzigen Spiel zertrümmert, darum gestatteten die Hauswirte das Spiel nicht in der Nähe ihres Hause, ja, es gab Schutzmänner, die das „Klippchen“ beschlagnahmten. Jedenfalls spielten wir lieber „Klippchen“ als Kullerreifen, was nur für die kleinen und ängstlichen Kinder war.


    Wer etwas Geld hatte von Vater oder Mutter, der kaufte sich „Kugeln“, auch Murmeln genannt, in den Geschäften, wovon es herrliche Exemplare gab. Den größten Wert hatten die Glaskugeln, von uns „Glaser“ genannt, die glitzerten so schön in der Sonne, die einfachen Kugeln, aus Ton angefertigt, galten ein oder zwei Punkte; denn nach Punkten wurde gewertet. Es galt nun, diese Kugeln in eine kleine „Kaule“ mit dem Zeigefinger hineinzurollen. Wer eine ins „Kauldien“ gebracht hatte, konnte diese in seinen Besitz nehmen. Wir hatten kleine und größere Beutelchen aus grober Leinwand voll. Es wurde getauscht und gekuppelt wie auf der Börse. Kein Auto oder Fuhrwerk störte unser Spielen, nur die Hauswirte schimpften über die herausgerissenen Steine, wo wir unser „Kaulchen“ gemacht hatten. Das Fußballspiel war noch ziemlich unbedeutend und zum Teil auch unbekannt bei uns Kindern.

    Gerne brachten wir auch das Röllchen des „Diabolo-Spiels“ in die Luft, es gab dabei manch blaues Auge auf unnatürliche Art. Mit den Mädchen war auch gut zu spielen im Kreise. Was gab es da nicht für eine Fülle von Melodien, die meistens rhythmisch die einzelnen Bewegungen andeuteten. Von „Mariechen saß auf einem Stein“ über „Ziehe durch!“ bis „Wir treten auf die Kette“ war es eine Fülle von Liedern, die auch in den Pausen in der Schule unser Spiel waren. Wir Jungen fanden es selbstverständlich, mit den Mädchen zusammen im Kreise zu spielen, wenn gerade kein Junge zu einem mehr männlichen Spiel zu haben war.

    Im Herbst war dann die Zeit gekommen, wo wir „Drachen fliegen“ gingen. Dazu machte uns der Vater mit seinen geschickten Händen einen Bogendrachen oder einen sechs- oder vierkantigen bunten Drachen. Dazu gehörte viel Erfahrung, denn das „Gebinsel“ musste peinlich genau stimmen, sonst „schoss“ der Drachen. Einen ganzen „Besenstiel“ voll Band (Bindfaden) gewickelt, ging es auf die Höhen, meistens auf den Stolzenberg, wo der Wind stark und günstig war. Der Drachen stieg dann auch zu unserer Freude so hoch, dass wir Kinder ihn nicht mehr halten konnten und er an einen Baum oder einen Strauch festgebunden wurde. Dann gab es auch die jugendlichen Räuber, Jungen aus Schidlitz oder Ohra, die unsern Drachen uns wegzunehmen gedachten, wenn der Vater nicht dabei war, dann erscholl der Ruf: „Roll ihm Bodd!“ Der Bindfaden wurde durchgeschnitten, und der Drachen flog weit in oder auf die Dächer der Häuser der Stadt.

    Doch weiter zu unsern Spielen. Wer kennt noch das „Penschen“? Mit einem Metallplättchen oder gar einem Dittchen wurde gegen die Wand gepenscht, d.h. geworfen, die Entfernungen zwischen den zwei oder drei oder vier Plättchen wurde genau mit der Spanne der Hand oder dem Knöchel gemessen und der Siegerpreis verteilt. Das ging oft sehr hitzig zu, und nicht selten kam es zu einer „Klopperei“. Ziesebohnen spielen. Was war denn das? Ziesebohnen waren Buschbohnen mit mehr oder weniger schöner Musterung, mit Flecken oder Streifen, je mehr schöne Muster drauf waren, desto größer war der Wert derselben. Das Spiel war ein Ratespiel. Wenn der Platz an der Markthalle vom Unrat geräumt wurde, dann lagen oft solche „Ziesebohnen“ auf der Erde herum, und wir konnten sie uns kostenlos erwerben.

    Solche Spiele spielte man als Junge nur in Danzig, und darum sollte das einmal hier wieder erzählt werden, was Danziger Jungen oder Bengels vor etwa 50 oder 60 Jahren auf der Straße spielten. Am warmen Ofen denkt man gerne daran und ist stolz darauf, dass man als Danziger Junge einmal etwas anderes gespielt hat, als anderswo in deutschen Landen.

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    Die Veröffentlichung dieses Artikels erfolgte mit freundlicher Genehmigung des "Bundes der Danziger" in Lübeck.

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    Viele Grüße aus dem Werder
    Wolfgang
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    Das ist die höchste aller Gaben: Geborgen sein und eine Heimat haben (Carl Lange)
    Zertifizierter Führer im Museum "Deutsches Konzentrationslager Stutthof" in Sztutowo (deutsch/englisch)
    Certyfikowany przewodnik po muzeum "Muzeum Stutthof w Sztutowie - Niemiecki nazistowski obóz koncentracyjny i zagłady"

  2. #2
    Forum-Teilnehmer Avatar von Familie Lowitsch
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    Standard AW: Was Danziger Kinder früher spielten

    Wer etwas Geld hatte von Vater oder Mutter, der kaufte sich „Kugeln“, auch Murmeln genannt, in den Geschäften, wovon es herrliche Exemplare gab. Den größten Wert hatten die Glaskugeln, von uns „Glaser“ genannt, die glitzerten so schön in der Sonne, die einfachen Kugeln, aus Ton angefertigt, galten ein oder zwei Punkte; denn nach Punkten wurde gewertet. Es galt nun, diese Kugeln in eine kleine „Kaule“ mit dem Zeigefinger hineinzurollen. Wer eine ins „Kauldien“ gebracht hatte, konnte diese in seinen Besitz nehmen. Wir hatten kleine und größere Beutelchen aus grober Leinwand voll. Es wurde getauscht und gekuppelt wie auf der Börse.
    Das kenn ich auchWir spielten als Kinder besonders gern am Rügener Ostseestrand mit "Buckern" (so wurden die Murmeln genannt). Dort im nassen, feinen Ostseestrand ließen sich wunderbare Murmelbahnen (der Könner integrierte diese in eine Kleckerburg) bauen. Aber auch die Variante mit einer Bahn, an deren Ende ein Loch,vorzugsweise mit dem Hacken mittels Drehung um die eigene Achse in den Boden gebort, als Ziel.
    Wer kennt noch das „Penschen“? Mit einem Metallplättchen oder gar einem Dittchen wurde gegen die Wand gepenscht, d.h. geworfen, die Entfernungen zwischen den zwei oder drei oder vier Plättchen wurde genau mit der Spanne der Hand oder dem Knöchel gemessen und der Siegerpreis verteilt. Das ging oft sehr hitzig zu, und nicht selten kam es zu einer „Klopperei“.
    und auch dies Spiel, allerdings vozugsweise mit flachgeschlagenen Kronverschlüssen, kenne ich unter dem Namen "Pimpern". die Herstellung der Utensilien war dabei nicht immer ungefährlich, da irgend jemand auf die Idee kam, die Kronverschlüsse auf das Gleis der Eisenbahn zu legen, um sich das mühsame Breitklopfen zu ersparen.
    es grüßt Mandy aus dem Brandenburger Forrest
    "Wer sagt: Hier herrscht Freiheit, der lügt, denn Freiheit herrscht nicht."Erich Fried

  3. #3
    Forum-Teilnehmer
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    Standard AW: Was Danziger Kinder früher spielten

    Liebe Danzigfreunde,
    mein älterer Bruder ist noch 1942 in Langfuhr geboren Ich erst 1946 in Rosstock. Mich wundert ,dass bei der Aufzählung der Spiele das Brumkreisel-
    spielen nicht erscheint. Oder spielte man es gar nicht?
    Geigersohn

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