Aus „Unser Danzig“ Nr. 16 vom 20.08.1964, Seiten 11-12

Im Kalender „Danziger Heimat" für 1961 ist von Gert. Schoenhoff eine Zusammenfassung von Aufzeichnungen aus den alten Kirchenbüchern von Käsemark gebracht, die von 1653 bis 1889 reichten. Die weiteren wesentlichen Geschehnisse der evangelischen Kirchengemeinde von Käsemark wurden von dem Verfasser dieses Beitrages auf Grund eigenen Erlebens, an Hand von Aufzeichnungen und Berichten seiner Eltern und Mitgliedern der Kirchengemeinde festgehalten. Ein Gemeindemitglied, Schneidermeister Büttner, der jetzt in Simmersfeld, Krs. Calw, wohnt, hat rege am Leben der Kirchengemeinde teilgenommen und die meisten Vorgänge miterlebt. Max Boenchendorf selber wurde am 7. Februar 1883 in Schmerblock geboren, von Pfarrer Friedrich Gottlieb Adolph Mündt getauft und 1898 von Pfarrer Robert Eisner eingesegnet. Er heiratete 1908 und übernahm von seinem Vater dessen Grundstück in Schmerblock, das er bis zur Vertreibung am 14. April 1945 bewirtschaftete. Sein Vater war von 1891 bis 1914 Kirchenältester.

Aus der Kirchenchronik von Käsemark
Von Max Boenchendorf

1893 wurde der Friedhof vergrößert. Ein Stück Land vom Grundstück Hermann Hornemann wurde angekauft und durch Erdlieferungen der Grundbesitzer der Kirchengemeinde auf die Höhe des alten Friedhofes angeschüttet.
1895/96 wurde die Kirche eingerüstet, die Außenwände teilweise ausgebessert, Kirche und Zifferblatt der Uhr erhielten einen neuen Anstrich, über dem hinteren Eingang neben dem Turm war ein früher angebrachter Spruch vermauert; er wurde wiederhergestellt (Ps. 84,2 und 3a).
Nach der Weichselregulierung von 1891 bis 1895, wobei der Damm in Käsemark zurückverlegt wurde, ging ein Teil der landwirtschaftlich benutzten Fläche in die Außendeiche auf den Fiskus über, so auch die Hälfte von dem Pfarrdorf, das seinerzeit mit Erbbaurecht auf dem Kirchengrundstück aufgebaut war. Die Gebäude mussten abgebrochen werden und wurden als Käsemarker Kolonie an der Schmerblocker Grenze wieder aufgebaut. Der Fiskus weigerte sich nun, die Hufenumlage, die seit alten Zeiten an die Kirche gezahlt wurde, von dem Grundbesitz in der Kirchengemeinde zu zahlen. Von Pfarrer Eisner wurde ein Prozess durchgeführt, der fünf Jahre dauerte. Der Fiskus wurde verurteilt, die Hufenumlage zu zahlen. Es wurde nun ein feuersicherer Schrank angeschafft, in dem die wichtigsten Akten und die Abendmahlgeräte aufbewahrt wurden. Diese Akten sollten nach 1920 noch mal eine sehr wichtige Rolle spielen.
1899 wurden von Konsul Heinrich Brandt, Danzig, zwei bunte Kirchenfenster geschenkt mit biblischen Figuren: Johannes der Täufer und Petrus mit dem Himmelsschlüssel.
1901/02 stiftete Frau Caroline Jäger durch Testament vier bunte Kirchenfenster, zwei ohne Figuren hinter dem Altar und zwei mit Figuren: Paulus gestützt auf ein Schwert und der Herr Jesus am Jakobsbrunnen. Ein großer Teppich und eine Altar- und Kanzelbekleidung wurden auch gestiftet. Der Leichenwagen mit den Geschirren für vier Pferde wurde der Kirche übereignet und im Speicher auf dem Pfarrhof untergebracht. Es war bisher üblich, dass der Leichenwagen der Frau Jäger, bespannt mit vier Rappen vom Sattel gefahren, den Verstorbenen zum Friedhof brachte. Da noch ein altes Fenster bis zur Kanzel blieb, stiftete der Gemeinde-Kirchenrat dieses Fenster. Es waren Pfarrer Eisner, H. Boenchendorf, G. Schwartz, H. Spode, W. Dirksen und H. Hornemann.
1903 kam dann noch ein buntes Fenster von den Geschwistern E. Krause, Frau Hornemann, Frau Eisenblätter und Frau Diegel hinzu.
1904 wurde das Dach des Kirchturmes repariert, die Kugel von der Kirchturmspitze herabgenommen und neu vergoldet. Die Kugel wurde geöffnet und eine Kapsel mit Urkunden und Geldmünzen darin vorgefunden. Eine neue Urkunde und Geldmünzen wurden hinzugetan und die Kapsel wieder in die Kugel hineingelegt.
1903-1905 wurde im Zuge der Schmerblocker Trift zum Schusterkrug ein Damm durch die tote Weichsel geschüttet und damit der direkte Zugang zur Fährstelle Schönbaum geschaffen. Die Erde wurde dem alten Weichseldamm entnommen, der ja jetzt bis zu einer bestimmten Höhe keine Bedeutung mehr hatte, über den Damm führte nun die Straße zur Fähre Schönbaum und die Geleise der Westpreußischen Kleinbahn. 1905 eröffnete die Westpreußische Kleinbahn ihren Betrieb von Danzig nach Steegen, Stutthof und Tiegenhof. Nach Herrn Pfarrer Robert Eisner kam Herr Pfarrer Lippke September 1906 nach Käsemark.
1909-1910 wurde die Sakristei an der Kirche abgebrochen und ein Gemeindesaal angebaut, der heizbar war. Wenn mehr als 5 Grad Frost waren, wurde der Gottesdienst im Gemeindesaal abgehalten.
1914 im September ging Pfarrer Lippke nach Reichenberg, Danziger Niederung.
1915 kam Pfarrer Klotz nach Käsemark. Er wurde im Kriege als Militär-Pfarrer eingezogen. Am 18. August 1917 musste noch eine Glocke abgeliefert werden. Sie läutete noch eine Viertelstunde, wurde dann zerschlagen und in Stücken vom Turm geworfen.
1919 am 10. Oktober ist Pfarrer Klotz verstorben und auf dem Friedhof in Käsemark begraben.
1920 wurde der Freistaat Danzig gegründet. Pfarrer Dr. theol. Bruno Eisner kam mit seiner Familie im Juli nach Käsemärk von Turse, Krs.Dirschau, das an den Polnischen Korridor gekommen war. Der Fiskus der Freien Stadt Danzig weigerte sich nun, die Hufenumlage an die Kirchenkasse zu zahlen. Mit Klagedrohung und Hinweis auf den Prozess mit dem früheren Fiskus verlangte dieser die Auslieferung der Prozessakten. Ihm wurde nur Einsichtnahme gestattet, und daraufhin wurde die Hufenumlage gezahlt.
1922 wurde eine neue Glocke für die im Kriege abgelieferte angeschafft.
1926 Ende Dezember setzte der Staat die Dampffähre Rothebude ein, deren Betrieb bis zum März 1945 aufrecht erhalten wurde.
1927-1928 wurde eine neue Orgel angeschafft, und Altar, Kanzel, Taufstein und Chor erhielten einen neuen Anstrich mit weißem Japanlack, wodurch die Schnitzerei erst zum Vorschein und zur vollen Geltung kamen. Preis 16.000 Gulden. 1929 traf ein kalter Blitzstrahl die Kirche, der aber wenig Schaden anrichtete.
1931 ging im Januar Pfarrer Eisner mit seiner Familie nach Salzwedel in die Lüneburger Heide; ihm war die Verschönerung unserer Kirche zu verdanken. Der Nachfolger war Pfarrer Löffler, der aber nur drei Jahre, bis 1934, in Käsemark gewesen ist.
1935 kam Pfarrer Epp nach Käsemark und verwaltete die Pfarrstelle. 1941 wurde er als Pfarrer nach Tuchel berufen. Dann blieb die Pfarrstelle verweist; der Pfarrer aus Gottswalde hatte die Vertretung.
Seit Gründung der Freien Stadt Danzig hatte die Fähre Käsemark-Rothebude eine steigende Bedeutung erhalten, da die Dirschauer Brücke in den Polnischen Korridor übergegangen war. Omnibusse Danzig - Tiegenhof und Postbusse nach Marienburg fingen an zu verkehren. Dazu steigerte sich der Autoverkehr von Jahr zu Jahr.
1939 wurde an der alten Chausseestelle eine Schwimmbrücke erbaut, die im Winter bei Frost und Eisgang eingezogen wurde.
1944 wurde Ende Oktober, als die Flüchtlingstrecks über Brücke und Fähre kamen, im Speicher auf dem Pfarrhof von der NSV eine große Küche eingerichtet, wo die Flüchtlinge verpflegt wurden.
1945 am 11. März setzte starker Fliegerbeschuss ein mit Bomben und Bordwaffen, der besonders in Letzkau, Käsemark und Klein-Zünder viel Schaden anrichtete. In Käsemark wurde die Post sehr beschädigt, und sämtliche Telefon- und elektrische Leitungen wurden zerschlagen, wodurch jeder Verkehr und Betrieb aufhörten. Die Küche auf dem Pfarrhof wurde durch eine Bombe zerstört, und auch die Kirche wurde in Mitleidenschaft gezogen. An den Fenstern und an der Orgel wurde großer Schaden angerichtet.
1945 vom 14. bis 17. April mussten Käsemark und Schmerblock von der Zivilbevölkerung geräumt werden. Die Einwohner wurden auf die Flucht über See geschickt. In den letzten Kriegstagen ist dann noch das Pfarrhaus abgebrannt und dadurch altes Aktenmaterial vernichtet worden.

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Viele Grüße aus dem Werder
Wolfgang