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Thema: Marienkirche in Danzig

  1. #1
    Anonymus

    Standard Marienkirche in Danzig

    Die Danziger Marienkirche (Ober-Pfarrkirche) enthält viel Wunderbarliches, davon weit und breit erzählt wird. über Sankt Hedwigs Kapelle, andere sagen vor der Kapelle der elftausend Jungfrauen, ist ein Schnitzbild des gekreuzigten Heilandes von unübertrefflicher Schönheit und grausenhafter Wahrheit. Der Künstler, der dieses Bild fertigte, hatte, wie die Sage geht, sich einen schönen Jüngling gewonnen und ihn an sich gelockt mit mancherlei Verheißung, darunter auch die, ihm seine Tochter, die der Jüngling liebte, zur Frau zu geben, habe ihn aber, um ein wahrheit- und lebendigtreues Vorbild für sein Kunstwerk zu haben, erst betäubt und dann an ein Kreuz geschlagen, sein Sterben beobachtet und dann sein Gebilde vollendet. Da nun aber über den Tod des Geliebten auch der Tochter Herz brach, erfaßte die Reue den Künstler, und er endete sein Leben durch Selbstmord.

    Ein Tabernakelschrein umschließt in derselben Kirche ein wundersam liebliches Tonbild der heiligen Jungfrau. Der Künstler, der dasselbe fertigte, tat dies im Gefängnis, wo er auf den Tod saß. Als er sein Bild vollendet hatte, sandte er es dem Rate der Stadt als ein Andenken für die Marienkirche. Wer das Bild sahe, wurde von seiner Schönheit und dem jungfräulichen Liebreiz ergriffen, den es zeigte. Da meinten die Väter der Stadt, und alles Volk meinte das gleiche, dieser Künstler sei ein Mann, den ein frommer und hoher Geist beseele und dem sein Vergehen müsse verziehen werden. Solches ist denn auch geschehen, und der Künstler hat nachher noch lange in Ehren gelebt.

    Wie im Münster zu Straßburg, so auch in der Pfarrkirche zu Danzig [lat. Gedanum] war ein treffliches Uhrwerk, das hatte ein Meister aus Nürnberg gefertigt, der hieß Hans Düringer. Zwei große Scheiben zeigten Sonnen-, Planeten- und Mondeslauf, des Tierkreises Bilder und die heiligen Feste und Zeiten. Wandelnd traten, in sinnreichen Bildnissen ausgedrückt, die Evangelien von Sonntag zu Sonntag vor die Augen der Frommen. Die zwölf Apostel schritten im Kreise hervor, die Tagesstunden bezeichnend; über ihnen schlugen Adam und Eva auf Glocken, die Stunden und Viertelstunden anzuzeigen, und auch die Jahreszeiten waren künstlich vorgestellt. Herrlich war das Werk im Gange und die Bewunderung aller Welt. Da geschah, was auch in Straßburg sich begab. Der Neid erwachte, der Künstler sollte kein zweites Werk solcher Art vollbringen - er ward geblendet - gab vor, im Uhrwerk noch etwas nachsehen zu müssen, ward hineingeführt, hemmte durch einen einzigen Griff für immer des Werkes Gang und stürzte sich vom Turme herunter.

    Der Marienkirche höchster Stolz und höchster Schmuck ist ein Gemälde des Jüngsten Gerichts, vollendet von den Künstlerhänden der berühmten Maler Johann van Eyck und seines Bruders Georg. Dieses herrliche Bild hatte der Papst für Rom bestellt, aber der Himmel bestellte es für Danzig. Ein Seeräuber erbeutete das Schiff, auf dem es nach der Heiligen Stadt befördert werden sollte, aber ein Danziger Schiffahrer, der mit dem Seeräuberschiff in Kampf kam und es eroberte, gewann es für sich und schenkte es seiner Vaterstadt. Andere sagen, jenes holländische Schiff sei gescheitert und das Bild samt seiner Kiste fern im Meere schwimmend von einem Danziger Schiffer aufgefunden worden. Der König von Frankreich habe vergebens eine Tonne Goldes für das Bild geboten.

    Auch versteinertes Brot wird in der Marienkirche zu Danzig gezeigt, und geht davon mehr als eine Sage. Einmal habe zur Zeit großer Hungersnot ein Mönch ein Brot in der Kutte getragen, und ein hungernd Weib habe ihn für ihr verschmachtendes Kind um ein Brotsamlein angefleht, er aber habe gesagt, er trage kein Brot, er trage nur einen Stein, und da sei über den Notschrei der Frau das Brot alsbald zu Stein geworden.

    Aber es wird auch gesprochen, daß eine reiche Danziger Frau in der Zeit derselben Hungersnot ihr schönes und sehr geliebtes kleines Kind, da es sich verunreinigt hatte, weil Tuch und Schwamm ihr nicht sanft und weich genug für des Kindes zarte Haut gewesen, mit Semmelkrumen abgeputzt habe, da wäre ihr unter der Hand die Krume zu einem rauhen Steine geworden, der des Kindes Haut blutrünstig gerissen, daß es an der nimmer heilenden Wunde gestorben, worüber die Mutter in Wahnsinn verfallen.

    Ganz ähnlich wie die von dem Brotstein des Danziger Mönchs lautet auch eine Sage vom Brotstein im Kloster Oliva (berühmt durch den Friedensschluß 1660) nahe bei Danzig, allwo der Brotstein noch hängt und außer der einen noch manche andere Sagen von ihm erzählt werden. Er soll sogar noch wie Brot riechen.


    Ludwig Bechstein, Deutsches Sagenbuch, Leipzig 1853

  2. #2
    Forum-Teilnehmer
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    Standard Das jüngste Gericht ?

    Hallo, lieber Ohrscher, ist es das jüngste Gerücht, daß das berühmte Bild in der Danziger Marienkirche von van Eyck gemalt wurde ? Ich meine mich ganz genau zu erinnern, daß ich schon in der Schidlitzer Mädchenvolksschule gelernt habe, daß Hans Memling der Maler ist. Lag der Fehler bei Bechstein, wollte er uns ein Märchen erzählen? oder bin ich auf dem flaschen Dampfer, Gruß renate

  3. #3
    Forum-Teilnehmer Avatar von Heibuder
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    Zitat Zitat von ada.gleisner Beitrag anzeigen
    ...Hans Memling der Maler ist. Lag der Fehler bei Bechstein, wollte er uns ein Märchen erzählen?...
    Steht doch drunter: Deutsches Sagenbuch!
    Natürlich hast Du Recht, Renate. Das 0riginalgemälde hängt im Danziger Nationalmuseum, in der Marienkirche eine Kopie!
    mehr hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Das_J%C...ans_Memling%29

    Es grüßt der Heibuder!

    "Erinnerungen sind Wärmflaschen fürs Herz." (R.Fernau)

  4. #4
    Anonymus

    Standard

    Zitat Zitat von Heibuder Beitrag anzeigen
    Steht doch drunter: Deutsches Sagenbuch!
    Natürlich hast Du Recht, Renate. Das 0riginalgemälde hängt im Danziger Nationalmuseum, in der Marienkirche eine Kopie!
    mehr hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Das_J%C...ans_Memling%29
    Hallo Renate und Heibuder, liebe Danziger Freunde.

    Beide Gemaelde - Original und Kopie - habe ich mir angesehen. Hierbei kam mir jedesmal ein Spruch in den Sinn, den ich entweder selbst gehoert, oder nur irgendwo gelesen habe. Der Spruch: "Es wird sein, Heulen und Zaehneklappern!" Hieraus meine Frage: Koennte dieser Spruch dem Gemaelde zugeordnet werden? (bin gespannt auf eine Antwort)

    Viele Gruesse
    Ohrscher Siegfried

  5. #5
    Moderatorin Avatar von Helga +, Ehrenmitglied
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    Zitat Zitat von Ohrscher 33-46 Beitrag anzeigen
    Es wird sein, Heulen und Zaehneklappern!" Hieraus meine Frage: Koennte dieser Spruch dem Gemaelde zugeordnet werden? (bin gespannt auf eine Antwort)
    Ist das nicht aus der Bibel. Beschreibung der Hölle?
    Viele Grüße
    Helga

    "Zwei Dinge sind unendlich, die menschliche Dummheit und das Universum, beim Universum bin ich mir aber noch nicht sicher!" (Albert Einstein)

  6. #6
    Moderatorin Avatar von Helga +, Ehrenmitglied
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    Standard

    Doch nicht Hölle, aber Bibel:

    . Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben;
    wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden.
    Und den unnützen Knecht werft in die Finsternis hinaus;
    da wird sein Heulen und Zähneklappern.

    MATTHÄUS 25,14-30
    Viele Grüße
    Helga

    "Zwei Dinge sind unendlich, die menschliche Dummheit und das Universum, beim Universum bin ich mir aber noch nicht sicher!" (Albert Einstein)

  7. #7
    Anonymus

    Standard

    Zitat Zitat von Helga Beitrag anzeigen
    Doch nicht Hölle, aber Bibel:

    . Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben;
    wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden.
    Und den unnützen Knecht werft in die Finsternis hinaus;
    da wird sein Heulen und Zähneklappern.

    MATTHÄUS 25,14-30
    ..........das ist es! Danke Helga

    Viele Gruesse
    Ohrscher Siegfried

  8. #8
    Forum-Teilnehmer Avatar von Heibuder
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    Standard biblisches Rentnerschicksal!

    Zitat Zitat von Helga Beitrag anzeigen
    ...
    Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben;
    wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden.
    Und den unnützen Knecht werft in die Finsternis hinaus;
    da wird sein Heulen und Zähneklappern...
    Daher hat er das ... unser Finanzminister!
    Den Bibelspruch muß er wohl an der Wand seines Büros hängen haben!
    Es grüßt der Heibuder!

    "Erinnerungen sind Wärmflaschen fürs Herz." (R.Fernau)

  9. #9
    Forum-Teilnehmer
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    Standard

    Zitat Zitat von Ohrscher 33-46 Beitrag anzeigen

    Beide Gemaelde - Original und Kopie - habe ich mir angesehen. Hierbei kam mir jedesmal ein Spruch in den Sinn ... Der Spruch: "Es wird sein, Heulen und Zaehneklappern!" Hieraus meine Frage: Koennte dieser Spruch dem Gemaelde zugeordnet werden? (bin gespannt auf eine Antwort)

    Viele Gruesse
    Ohrscher Siegfried
    Dankeschön für die interessante Frage.

    Eigentlich kann man das „Heulen und Zähneklappern“ u.a. in dem von Helga dankenswerterweise benannten Gleichnis vom ungetreuen Schalksknecht (s. a. Matthäus 24, 51) dem Memling-Gemälde nicht zuordnen.

    Memling beschreibt in seinem Gemälde das sogenannte Jüngste Gericht, also nach christlichem Glauben das Ende der Welt, in dem die einen in das Paradies, die anderen in die Hölle gehen. Hölle dürfte aber schlimmer werden als nur Heulen und Zähneklappern. Für Interessierte ist näheres dazu im letzten Buch des Neuen Testaments, also in der Apokalypsis, nachzulesen. Warnung: Nichts für schwache Nerven !

    Das Gleichnis vom ungetreuen Knecht betrifft dagegen nicht die Hölle, sondern das irdische Leben. Es verspricht - einfach gesagt - Heulen und Zähneklappern denjenigen, die nicht stets tätig und fleißig sind sondern faul herumhängen und das ihnen anvertraute Gut nicht mehren und daraus keinen Gewinn machen.

    Noch kurz die eher nüchternen Fakten zu Memlings Bild außerhalb der Sage:

    Das Bild wurde 1473 durch einen kriegerischen Einsatz eines Danziger Schiffes unter dem Kommando von Paul Beneke in einem Hansekrieg mit England von einem ebenfalls kriegerisch gerüsteten Schiff unter burgundischer Flagge erbeutet. Die Befrachter des gekaperten Schiffes/Auftraggeber waren Florentiner Kaufleute. Einer davon ist mit seiner Frau auf der Außenseite der Altarflügel des Bildes dargestellt.
    Geändert von Marc Malbork (12.03.2008 um 21:20 Uhr)

  10. #10
    Anonymus

    Standard

    Zitat Zitat von Rüdiger Beitrag anzeigen

    Memling beschreibt in seinem Gemälde das sogenannte Jüngste Gericht, also nach christlichem Glauben das Ende der Welt, in dem die einen in das Paradies, die anderen in die Hölle gehen. Hölle dürfte aber schlimmer werden als nur Heulen und Zähneklappern. Für Interessierte ist näheres dazu im letzten Buch des Neuen Testaments, also in der Apokalypsis, nachzulesen. Warnung: Nichts für schwache Nerven !
    .....und damit belassen wir es dann auch. Bleibt mir nur noch zu danken, mit der Bemerkung: "Wieder etwas dazu gelernt!"

    Viele Gruesse nach Berlin
    Ohrscher Siegfried

  11. #11
    Forum-Teilnehmer Avatar von Uschi Danziger
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    Standard AW: Marienkirche in Danzig

    Hallo, Forumer,

    Neues über
    Memling in der Kirche oder im Museum? Diskusion über „Das jüngste Gericht“;

    http://trojmiasto.wyborcza.pl/trojmi...niejszego.html
    Übersetzung:
    Wenn Hollywood den Film "Armagedon by Memling" drehte, in dem die Rede sagen würde, das Ende der Welt werde in Danzig beginnen, aus der halb gebrochenen Rüstung von Michelangelo, dann würden wahrscheinlich Massen aus der ganzen Welt zu uns kommen.
    Dorota Karaś: Aus Anlass der Idee, ein Museum in der St. Mary's Basilica in Danzig zu bauen, kommt es zu einem Streit darüber, wo das "Endurteil" von Hans Memling stehen sollte. Was denkst du darüber?

    Jacek Friedrich *: - Die Diskussion zu diesem Thema wird seit vielen Jahren geführt. Wahrscheinlich fand Ende der 1990er Jahre eine Debatte zu diesem Thema im Ostseekulturzentrum in Danzig statt. Dann wurde mir klar, welche Emotionen dieses Thema hervorruft. Zu dieser Zeit stießen zwei Optionen aufeinander. Museologen und Kunsthistoriker waren der Meinung, dass das Gemälde im Museum bleiben sollte. Aus offensichtlichen Gründen glaubten die Vertreter der Kirche, dass es zurückgegeben werden sollte. Ich wurde in meiner Umgebung zu einem schwarzen Schaf, weil ich damals behauptete, der Ort des "Jüngsten Gerichts" sei in der Marienkirche.
    Warum sollte Memling in die Kirche zurückkehren?

    - Ich habe dann vorgeschlagen, dass das Memling-Triptychon wiederkommen sollte, aber als Höhepunkt eines langfristigen Prozesses zur Wiederherstellung des Kircheninneren sein historisches Erscheinungsbild. Zu dieser Zeit dachte ich, dass etwas in der St. Mary's Church, einem Phänomen Nordeuropas, geschaffen werden könnte - ein Museum für spätmittelalterliche Kirchenkunst mit einer Reihe antiker Altäre, von denen viele trotz der Verluste während des Zweiten Weltkriegs überlebten. Memling sollte ihren Platz unter ihnen haben. Diese Idee wurde jedoch von beiden Seiten abgelehnt. Niemand hat nach einem Ausweg gesucht, der dem Kunstwerk und der Öffentlichkeit zugute kommt.

    Uschi Danziger

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