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Thema: Felix Wetzel: Die Heringstonne

  1. #1
    Forum-Teilnehmer Avatar von Rudi Bellon, + 24.08.2010
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    Standard Felix Wetzel: Die Heringstonne

    Bollermann ist alt geworden.
    De Fiess im Süden,Kopp im Norden,
    so spuckt er´n Priem in´n Bodensee,-
    doch kein Pomuchel kommt in die Höh´.
    Der Föhn, der macht ihn bräjenklietrich,
    die Knie werden weich und miekrich,
    die Ohren wollen auch nicht mehr,
    das aber stört ihn garnicht sehr,
    denn was man hört,is meistens Mist,
    weil´s nicht zu Haus gewachsen ist.
    Wie frieher auf de Lange Brick
    hält ihn der Schniefke jung zum Glick,
    und den Machandel riecht er weit
    wie einst in seiner besten Zeit.
    So laatscht er heut zum Hafen runter,
    die Möwchens kreichen laut und munter
    und fliegen übers Schwäb´sche Meer.
    Die luft,die riecht nach Öl und Teer,
    und auf dem Gleis am Güterwagen-
    es ist zu schön,um´s laut zu sagen-
    da sieht er eine Heringstonne!
    Und Bollermann schlürft voller Wonne
    den salz´gen Heringsduft,so ölig.
    Da weitet sich die Brust so selig,
    die Augen werden klein und naß.
    Er glaubt sich in de Hopfengass´!
    Ihm ist´s wie wenn die Englein singen
    und ihm den Danz´ger Himmel bringen.
    Ganz klar hört er der Heimat Ruf.-
    Die Heringstonn´dies Wunder schuf!
    Sie zeigt ihm Springer auf Langgarten,
    wo ihm Welutzke möcht erwarten.
    Sie bringt zum Fischmarkt ihn zurück,
    und ganz verklärt wird da sein Blick.
    Voll Wonne er die Tonne streichelt,
    weil seine Nas´sie so umschmeichelt.
    Er setzt sich zu ihr,Teet-a-Teet.
    Nicht weit von ihm ein Bochert geht
    mit seinem Schleiserchen,tipp,topp,
    n´Pferdezagel auf´m Kopp,
    mit enge Bixen,rote Lippen.
    Sie stößt ihn plötzlich in de Rippen,
    verzieht de Flunsch dazu sehr häßlich:
    "Hier stinkt´s nach Hering!Pfui,wie gräßlich!
    Das riecht doch wirklich hundsgemein!"
    Sie hakt bei dem Bochert ein,
    und laatscht hinweg auf ihre Schlorrn.
    Doch Bollermann springt auf voll Zorn.
    Man sieht,wie er nach Worten ringt:
    "Wat seegt de Pirz-der Hering stinkt?
    Du hast de Neese wohl voll Schnodder!
    So´n ungewaschenes Lachodder,
    das will wohl mit seinem Siessen
    de schöne Heringsluft vermiessen?
    Ei er dir-kiek mal einer an!
    So´n Heringsfaß erzählen kann,
    wie schön es einst in Danzig war,
    wovon ich all dreizehn Jahr!
    Dat ist der scheenste Duft auf Erden!
    Er läßt de Wiest zur Heimat werden.
    Bind dir´n Fizzel vor de Nees!"
    Und Bollermann wird aasig bees,
    er ruft ihr nach,die Brust voll Groll:
    "Geh Du man tanzen Roch und Roll!
    Fijulig lehn man Deine Schulter
    an Deinem Leschak,olles Zulter,
    und laß Dir lernen Geographie!
    Was´n Hering is,begreifst sonst nie!"
    Moi Gommasdoch,wer wird so brillen!
    Er holt anstatt Beruhigungspillen
    aus seiner Fupp die Schniefkedos´
    und zieht den Tabak durch de Nos:
    Hatschi!-ertönt´s mit alter Kraft,
    und aller Zorn ist weggerafft.
    Drauf setzt er sich am Tonnchen nieder,
    die schönen Träume kommen wieder.
    Er ist all wieder fünfundzwanzig
    wie an der Mottlau im alten Danzig.-
    Da steht er und wartet bei Sturm und Wind,
    bis alle Danziger wieder zu Hause sind.

    Von Felix Wetzel
    _______________________
    Gruß Rudi

  2. #2
    Aussie

    Standard Ja, so'n Tonnchen hat es in sich

    Hallo Rudchen,
    Schoenes Gedicht. Vielen Dank!!
    Halt es mal fest, damit es nicht auch noch verschwinded!
    Herzliche Gruesse,
    Christa.

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