Hallo,
hier einmal das Protokoll (ein Stück davon) der Roten Armee über Stutthof:
Protokoll der technischen Expertise über das SS-Konzentrations-
lager Stutthof, 14. Mai 1945.
Wir, Ingenieur Major Iwan Alexandrowitsch Fjodorow, stellvertre-
tender Stabsschef der 57. Gomelsker Ingenieur- und Pionierbrigade
Rotes Banner, und Hauptmann Georgi Sergejewitsch Kapustin, Ad-
jutant des Befehlshabers der Ersten Abteilung des Brigadestabs, ha-
ben im Auftrag des Kriegsrats der 48. Armee eine Untersuchung des
SS-Lagers Stutthof durchgeführt, bei der wir folgendes ermittelt ha-
ben:
Die Deutschen begannen im Jahre 1939 mit dem Aufbau des Kon-
zentrationslagers Stutthof. Bis 1941 gab es im Lager insgesamt etwa
15 Holzbaracken des Standardtyps sowie die erforderlichen kleinen
Gebäude für die Wachmannschaft.
Anfangs war das erwähnte Lager für politische Gefangene bestimmt.
Mitte 1942 begann man das Lager in scharfem Tempo zu erweitern,
und Ende 1944 wies dieses bereits folgende Gebäude auf:
Holzbaracken: 60 Stück;
Ziegelbaracken: 12 Stück;
Baracken für Wach- und Dienstpersonal: 17 Stück;
Magazine: 11 Stück;
Werkstätten: 5 Stück;
Fabrikgebäude: 7 Stück.
Jede Wohnbaracke des Standardtyps kann normalerweise 450 Per-
sonen aufnehmen, was bedeutet, daß die Häftlingsbaracken bei nor-
maler Belegung 450 x 72 = 32.400 Menschen fassen konnten. In
Wirklichkeit wurden nach Angaben des ehemaligen Häftlings
Woźniak, eines Polen, in den Baracken jeweils 800 bis 1000 Men-
schen zusammengepfercht. Folglich betrug die ungefähre Anzahl der
im Lager Internierten 60 + 12 x 800 = 62.000 bis 72.000 [sic].
In den Wohnbaracken waren drei Stockwerke hölzerner Pritschen
errichtet worden; es gab getrennte Zimmer für die Wachmannschaft
sowie gemeinsame Waschräume und Toiletten. Die Waschräume und
Toiletten in den Baracken funktionierten nicht, da der Bau des Ka-
nalisationsnetzes noch nicht abgeschlossen war.
Aus einem Modell, das in der Kanzlei des SS-Lagers Stutthof vorge-
funden wurde, läßt sich schließen, daß das Lager zu einem erhebli-
chen Teil noch unvollendet war; es war nämlich vorgesehen, die An-
zahl der Wohnbaracken auf 180 zu erhöhen, wobei der neue Lager-
teil im Gegensatz zum alten aus Ziegeln gebaut werden sollte.
Der Aufbau und die Erweiterung des Lagers sowie der Bau der Fa-
brikgebäude wurden von Häftlingen verrichtet.
Auf dem Gelände des alten Lagers waren zwei Fabrikgebäude fertig
errichtet und in Betrieb genommen, während drei weitere noch un-
vollendet waren; auf dem Gelände des neuen Lagers waren zwei
Fabrikgebäude fertiggestellt, jedoch noch nicht in Betrieb.
Zum Zeitpunkt unserer Besichtigung gab es in den Fabrikgebäuden
keinerlei Geräte zur Produktion. Laut der Aussage des ehemaligen
polnischen Lagerhäftlings Woźniak wurde die Einrichtung im Janu-
ar 1945 abmontiert und weggeschafft.
Das ganze Lagergelände war von einem Stacheldrahtzaun umgeben.
Um den Wohnbezirk des Lagers herum gab es einen getrennten Sta-
cheldrahtverhau, der auf Isolatoren aus Porzellan angebracht war;
der Draht stand unter Starkstrom. Auf der Barackenseite befand sich
vor diesem ein zusätzlicher, drei Meter hoher Stacheldraht.
Bei der Planung und Errichtung des Lagers, insbesondere des
Wohnbezirks, wurden überhaupt keine Einrichtungen zum Schutz
vor Feuersbrünsten und keine sanitären Installationen errichten, die
sonst bei allen Gebäuden obligatorisch sind. Offene Latrinen ohne
Wände und Dach, alle in nur zwei bis drei Meter Entfernung von
den Baracken, verbreiteten über das gesamte Lagergelände einen
durchdringenden Gestank. Der Abstand zwischen den Baracken be-
trug 10 bis 15 Meter.
Zum Zeitpunkt der Inspektion des Lagers waren von den 72 beste-
henden Wohnbaracken 30 niedergebrannt.
Tschü........