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Thema: Ostermontagsbräuche: Smigus Dyngus

  1. #1
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard Ostermontagsbräuche: Smigus Dyngus

    Ostermontagsbräuche: Smigus Dyngus

    Montag, 01. April 2002, vormittags

    Ich war schon gestern gewarnt worden vor einem Brauch, der immer am Ostermontag begangen wird: Das Bespritzen von Straßenpassanten und Spaziergängern mit Wasser. Wenn es nur beim Bespritzen bliebe... – den Kindern und Jugendlichen mit Wasser gefüllten Plastikflaschen ist ja leicht auszuweichen, aber was ist, wenn ganze Gruppen, bewaffnet mit Mottlauwasser gefüllten Zehnliter-Eimern die Strassen durchstreifen?

    Der polnische Fernsehsender TVN steht mit Übertragungswagen vor dem Artushof, eine Standkamera ist auf den Neptunsbrunnen ausgerichtet. Techniker eilen hin und her, Kameraleute suchen die besten Einstellungen, eine Moderatorin hantiert mit dem Mikrofon und der Regisseur spricht ohne Ende in ein Handy. Eine Polizeistreife hält gebührenden Abstand, wartet ab. Was wird hier vorbereitet?

    Den Übertragungswagen verlassen mehrere junge Männer, grell bunt gekleidet, gelbe und rote Farben wiegen vor. Mit Wassereimern und Spritzpistolen gehen sie zum Neptunbrunnen, überwinden das Gitter, schöpfen Wasser. Die Moderatorin spricht mit ihnen. Leute bleiben stehen, schauen zu, vermuten, dass die Männer vom Brunnen aus Passanten bespritzen sollen und das Fernsehen dann die Reaktionen einfangen wird. Aber alle Vorbeikommenden machen um Neptun einen großen Bogen, gesellen sich in sicherem Abstand zu den bereits Wartenden. Plötzlich laute Rufe, Gesänge, Gejohle. Es schallt aus Richtung Grünes Tor. Und da kommen sie auch schon aus der Röpergasse. Erst Einzelne mit Kübeln in jeder Größe, dann mehr und immer mehr. Sie kommen ins Laufen, stürmen auf uns zu. Wir retten uns die Treppen hinauf zu den Häusern gegenüber dem Artushof, nehmen Schutz hinter den Beischlägen. Ich stehe direkt unter dem Eingang der „Deutschen Bank 24“. Nun sind sie fast auf unserer Höhe und dann erfolgt schlagartig ein Richtungswechsel. Die Gruppe, nein, die Heerschar von über hundert Jugendlichen rast zum Neptunbrunnen, kreist ihn ein. Und dann werden die hinter dem Gitter gefangenen Wasserspritzer selber zu Opfern des Brauchs. Aus unzähligen Eimern ergießt sich ein Wasserschwall nach dem anderen auf die Buntgekleideten. Die Kameras laufen. Die Opfer schreien, wollen über die Absperrung flüchten und werden von den frontal auf sie gerichteten Wassermassen zurück geworfen. Als alle Eimer leer sind, ziehen die Jugendlichen weiter, wahrscheinlich um irgendwo Wasser nachzufassen. Die Moderatorin interviewt nun ihre wassertriefenden Kollegen, die sich schütteln und frierend zum Übertragungswagen streben.

    Es hat Spaß gemacht, aus sicherer Entfernung zuzusehen.
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    Das ist die höchste aller Gaben: Geborgen sein und eine Heimat haben (Carl Lange)
    Zertifizierter Führer im Museum "Deutsches Konzentrationslager Stutthof" in Sztutowo (deutsch/englisch)
    Certyfikowany przewodnik po muzeum "Muzeum Stutthof w Sztutowie - Niemiecki nazistowski obóz koncentracyjny i zagłady"

  2. #2
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    Standard AW: Ostermontagsbräuche: Smigus Dyngus

    Ostermontag, 16. April 2001

    Da ich meinen Kindern schon einiger male von "Smingus Dingus" erzählt hatte, wollten sie es auch einmal erleben und so verabredeten wir uns mit Freunden in Karpacz (in unmittelbaren Nähe von Schneekope) im Hotel „Karolinka“. Als wir dort ankamen, lag da noch Schnee und meine Kinder meinten, dass es wohl diesmal ausfallen wird wegen der Witterungsverhältnisse. Tatsächlich, am Ostermontag war ein richtiger Schneesturm und man konnte gar nicht rausgehen. Das hielt aber unsere Freunde nicht ab, ihre Tradition zu pflegen. So wurde ich nicht nur von meinen Kindern, sondern auch von den Erwachsenen mit Wasser geweckt.
    Wie man es sich vorstellen kann, ist man da im Nu wach. Ich wollte es natürlich nicht auf mir sitzen lassen und stürmte ins Bad um ein Wasserglas zu füllen. Es entstand eine regelrechte Wasserschlacht und das im ganzen Apartment. Nachdem sich die Erwachsenen beruhigt haben und Frieden schließen, sind die Kinder und Jugendlichen erst recht in Fahrt gekommen und so ging die Wasserschlacht unter ihnen in den Hotelfluren weiter.
    Mein Sohn, der sich doch noch nicht so recht traute, weil er dachte, die Mädchen werden sauer, setzte sich im Treppenhaus auf eine Couch und dachte, ihm könne nichts passieren, da er sich nicht daran beteilige. Falsch gedacht – plötzlich kam von oben ein Wasserschwall. Die Mädchen hatten einen Eimer Wasser über ihn ergossen. Da stand er nun wie der begossene Pudel. Nachdem er sich umgezogen hatte, war er auch nicht mehr zu halten.
    Den ganzen Vormittag hallte durch die Flure ein Gekreische und Gekicher.
    Als ich mein Zimmer verließ, hatte ich das Gefühl, durch Wattenmeer zu laufen. Die Teppiche „schwammen“, die Wände waren alle nass. Ich war selber erstaunt, dass das Hotel es zuließ.

    Mein Sohn erzählte mir später, dass so gegen 15 Uhr der Portier kam und meint, jetzt könnte man es doch langsam ausklingen lassen (normalerweise ist gegen Mittag Schluß). Solch eine Reaktion hat er nicht erwartet und eher mit Schimpfe gerechnet. Noch ein neues Erlebnis.

    Jahr darauf sind wir noch mal hingefahren. Diesmal war ein herrliches Frühlingswetter und die Wasserschlachten fanden Draußen statt.

    Viele Grüße
    Magdalena

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