Wer möchte solche Erlebnisse mit Ryanair machen?
Mittwoch, 07. April 2010, nachts
Heute muss ich wieder zurück nach Deutschland. Eine gute Woche in Danzig ist vorüber. Ich schaute gerade im Internet nach. Die Rynair-Maschine von Frankfurt-Hahn nach Danzig ist mit Verspätung gestartet, sie soll mich auf dem Rückflug mitnehmen.
In der Abenddämmerung war Nebel aufgezogen. Er zeigte sich als langsam von Nordwesten heranziehende Wand von der die abendliche Sonne langsam aufgesogen wird. Nebel! Wenn er zu dicht aufzieht wird der Flughafen geschlossen. Aber noch ist der "International Airport Gdansk" in Betrieb. Und Ryanair ist in Hahn zum Flug nach Danzig aufgebrochen. Zeit also, mich zum Flughafen zu begeben. Es wird sowieso nur ein kurzer Abschied von Danzig sein, nächste Woche bin ich ja schon wieder hier.
Meine Frau fährt mich zum Flughafen, der Nebel wird dichter. Aber der Flugverkehr läuft noch. Ich verabschiede mich von Kinga, gehe durch die Controllen, warte am Abfluggate. Dort wird auf dem Monitor eine Verspätung angezeigt. Ich warte, warte, warte. Keine weiteren Informationen per Lautsprecher oder am Monitor. Ich rufe meine mittlerweile wieder zu Hause angekommene Frau an die mir sagt, Flughafen Hahn und der Danziger Flughafen brächten auf ihren Internetseiten die Information, dass die Maschine nicht in Danzig landen werde sondern nach Posen umgeleitet sei.
Ich versuche, an nähere Informationen zu kommen. Am Monitor wird weiter angezeigt, der Flug werde mit Verspätung stattfinden. Auf dem Rollfeld ist aber keine Ryanair-Maschine zu sehen. Es ist kein einziger Flughafen-Angestellter an irgend einem Abfluggate zu finden. Als ich versuche, an der Gepäckcontrolle Informationen zu erhalten, werde ich herrisch mit einer wegscheuchenden Handbewegung und "Go, go, go!" davongejagt.
Ich rufe wieder meine Frau an. Sie hat auf dem Posener Flughafen jemanden telefonisch erreicht (der "International Airport Gdansk" hebt nicht ab oder ist besetzt) und dort wurde ihr gesagt, die gelandeteten Passagiere würden nun per 5-stündiger Busfahrt nach Danzig gebracht. Aber was in Danzig geplant sei, könne sie nicht sagen...
Endlich, kurz vor 22:00 Uhr die Ansage, die Flüge nach Hahn und Oslo seien gestrichen. Bitte Gepäck abholen und zum Ryanair-Informationsschalter gehen. Ich habe glücklicherweise nur Handgepäck dabei, gehe zielstrebig zu den fünf oder sechs Schalter von denen aber nur zwei besetzt sind. Ich bin vielleicht der zwanzigste in der Reihe, hinter mir drängen sich vielleicht 150 Passagiere, die den Flug umbuchen möchten. Erstes Schreien von Kleinkindern, dann lauthalse Proteste geduldig Wartender gegenüber Dränglern und Drückern. Die zwei Damen am Schalter sitzen hinter dicken Glasscheiben, telefonieren, betrachten interessiert das Gedrängele und Geschubse vor ihren dicken Glasscheiben.
Nun ja, ich bin etwa der Zwanzigste, es wird also nicht lange dauern. Es passiert im Winterhalbjahr alle Nas lang, dass der Flughafen wegen Nebels dicht gemacht wird. Die zwei Damen müssten also Erfahrung haben. Es tut sich aber nichts. Sie telefonieren, schauen in ihre Computermonitore, unterhalten sich angeregt. Nach einer guten halben Stunde sind vielleicht vier, fünf Tickets umgeschrieben. Hinter mir warten noch 150-200 Flugpassagiere. Es geht aber noch immer nicht weiter. Die Leute werden ungeduldiger, Geschubse, Gedränge nehmen zu. Das Geplärre kleiner Kinder wird lauter. Niemand sonst vom Flughafenpersonal ist zu sehen. Es gibt keine Informationen. Eine Stunde ist vergangen. Vielleicht weitere vier, fünf Tickets sind umgeschrieben. Die meisten Wartenden sind sehr geduldig. Hinter mir eine dicke Frau, die wie verrückt drückt und presst und sich an mir vorbeidrängeln will. Aber mit meinen über hundert Kilo habe ich einen breiten Rücken und kann gegenhalten. Mütter versuchen entnervt ihre Kinder zu beruhigen. Die zwei Damen hinter den dicken Glasscheiben tun ihren Dienst. Routiniert, gelangweilt, desinteressiert, langsam.
Es sind jetzt bald zwei Stunden vergangen in der ich -als anfangs Zwanzigster- stand. Jetzt sind vielleicht noch drei, vier Leute vor mir. Ich bekomme mit, dass es Verständigungsschwierigkeiten gibt. Manche Deutsche sprechen kein englisch, polnisch auch nicht, aber es gibt stets freundliche Polen, die übersetzen. Jetzt bin ich so dicht am Schalter, dass ich mitbekomme, was gesprochen wird. Frankfurt-Hahn morgen? Da geht kein Flug. Am Freitag alles besetzt, am Samstag wird auch nicht geflogen, am Sonntag kann ebenfalls nichts angeboten werden. Frühestens Montag Nacht. Andere Flüge? Nein! Umweg fliegen über andere Flughäfen? Ja, aber erst in den nächsten Tagen und nur gegen Bezahlung. Ich sehe, wie große Euro-Scheine gezückt werden.
Aus dem Hintergrund werden Rufe laut? Man solle fragen, in welches Hotel man gehen könne, welche Unterstützung es gebe. Antwort: Wer übernachten will muss sich selber ein Hotel suchen. Der Ticketschalter könne nur neue Tickets verkaufen oder umbuchen. Neben mir eine Familie, die beratschlägt was sie tun sollen - sie haben kein Geld mehr dabei.
Kurz nach Mitternacht, eigentlich wäre ich jetzt der Nächste am Schalter, habe ich genug. Ich weiß, dass ich frühestens am Montag oder Mittwoch einen Ersatzflug angeboten bekäme. Ich gehe zum Taxistand, fahre nach Saspe zurück, buche im Internet einen teuren Flug mit der Lufthansa kommenden Sonntag, einen preiswerten gibt's leider nicht mehr. Wie ich dann nach Hahn komme wo mein Wagen steht, weiß ich noch nicht.
Fazit: Ich bin jetzt mit Ryanair fast 100 Mal nach Danzig geflogen. Meist klappte es recht gut. Meine Frau hatte weniger Glück, aber auch sie wurde dann per Bus von Posen nach Danzig gekarrt. Aber JEDER der mit Ryanair einen Flug bucht, sollte stets ein paar hundert Euro einkalkulieren, die er im Falle eines Flugausfalles benötigt. Denn Ryanair bietet in Notfällen praktisch keinen Service an, sondern versucht an der Notlage ihrer Passagiere den großen Reibach zu machen. Wer nicht eine Woche auf dem Flughafen verschimmeln will, muss einen anderen Flug buchen und da schlägt Ryanair gnadenlos und unbarmherzig mit von Vielen als wahnsinnig empfundenen Preisen zu. Service? Null! Die Bereitschaft irgendwie zu helfen? Nicht erkennbar! Das gleiche gilt für den "International Airport Gdansk". Auch dort vollkommene Ignoranz, nullkommanull Bereitschaft auch nur den kleinen Finger für gestrandete Passagiere zu rühren.
Die Kombination aus null Service von Ryanair und Unwillen sowie ans Chaos grenzendern Unfähigkeit des Danziger Flughafens führen dazu, dass sich Fluggäste überlegen sollten, ob sie nicht mit mittlerweile ebenfalls recht preisgünstigen Linienfluggesellschaften fliegen wollen. Ich fliege jedenfalls schon seit einer ganzen Weile nicht nur mit Ryanair sondern auch mit der Lufthansa.