Kirchner: EDIAC

[Peter von Groddeck]

Liebes Forum,
heute gebe ich eine Buchempfehlung bei der ich mir lange überlegt habe, ob ich das tue, da mir die politischen Aussagen des Buches nicht gefallen. Es handelt sich um das Buch EDIAC oder die Stadt in den Sternen von Dietrich A. H. Kirchner in zwei Bänden mit 1375 Seiten, ISBN 978-3-86634-934-6.
Dietrich A. H. Kirchner berichtet als Autobiografie über seine Erlebnisse als 13/14-jähriger Junge in Danzig in den Jahren 1944/45. Die Erlebnisse sind als Roman geschrieben und offensichtlich durch viele Erfindungen ergänzt und mit einer übertriebenen Liebesgeschichte angereichert. Trotzdem ist es spannend, das Buch zu lesen, da man das Danzig dieser Zeit miterlebt. Für mich persönlich war es interessant, da auch mein Onkel General von Groddeck erwähnt wird. Nur darf man sich von den politischen Aussagen nicht einlullen lassen.
Gruß Peter

[Wolfgang]

Schönen guten Nachmittag,
hallo Peter,

Du hast mich neugierig gemacht. Das Buch ist schon bestellt...

Habe ja momentan auch genug Zeit zum Lesen: Arbeit, Hausbau, Forum, Danzig-Fahrten usw. usw. lassen noch genug Spielraum um einen 1.400-Seiten-Wälzer durchzuschmökern

[Wolfgang]

Schönen guten Nachmittag,

der Autor des Buches hält in Kressbronn (am Bodensee) Vorlesungen ab. Näheres dazu unter http://www.schwaebische.de/lokales/r...d,4138099.html

[Wolfgang]

Schönen guten Abend,

das Buch bzw. die zwei Bücher liegen bereits eine Weile bei mir und wann immer ich Zeit habe -leider ist sie kurz bemessen- schnappe ich mir den ersten Band und fange an zu lesen. Wenn man sich einmal an die Neigung des Autors gewöhnt hat, so manche Schilderung in nicht immer sofort verständlichen Schachtelsätzen auszudrücken, dann wird dieser Schmöker sogar gut lesbar.

Leider habe ich gerade erst einmal gut 200 Seiten "geschafft", aber ich möchte trotzdem einen ersten Zwischenbericht geben. Der Autor muss ein extrem gutes Gedächtnis (oder eine blühende Phantasie) besitzen, möglicherweise sogar beide Eigenschaften in einer sehr guten Kombination. Er schildert seine Jugenderlebnisse in phaszinierender Detailtreue, obwohl nicht ganz klar ist, was nun tatsächlich war. So ist z.B. der denunzierende Nazi-Blockwart Kramer aus der Melzergasse nicht im Einwohnerbuch zu finden und auch andere Personen konnte ich nicht ausfindig machen.

Trotzdem: Der 1931 in Danzig geborene Autor nimmt uns mit auf seine Streifzüge durch die Stadt und alleine das ist schon großartig. Wenn ich mir vorstelle, wieviele ältere Danziger es auch heute noch gibt, die genauso reiche Erinnerungen haben, diese erzählen könnten -und dies nicht tun- überkommt mich Wehmut. Denn wenn das alte Danzig eines Tages der Vergessenheit anheim fallen sollte, dann liegt das sicherlich nicht am Interesse derjenigen die wissen wollen, sondern daran, dass es zu wenige authentische Informationsquellen gibt.

Dietrich Kirchner zeigt, dass spannendes Erzählen möglich ist. Das fast 1.400 Seiten starke Werk wird leider aufgrund seines relativ hohen Preises -49,90 Euro- kaum den Leserkreis finden der ihm gebührt.

Nach 200 Seiten ist natürlich nur ein erstes Urteil möglich. Entsprechend meines Lesefortschrittes werde ich weiter berichten.

[Poguttke]

Roman von Dietrich A.H.Kirchner

"...Apollo helfe mir,
ich will von Danzig singen
und es mit Ehren
an die Sterne bringen,
dahin es auch gehört..."

Nach "Das blühende Danzig" von Georg Greflinger aus Regensburg anno 1646

Kirchner hat dieses Buch geschrieben, nachdem er ein Leben lang erfahren mußte, dass viele Menschen Verbrechen wie die Vertreibung von Millionen Deutschen nicht nur verdrängen und bagatellisieren, sondern sogar für gerechtfertigt und gut halten. Dieses ist, wie wir auch an der Wiedererstarkung von Stalinismus, Hitlerismus und Fundamentalismus in einigen Teilen der Welt erkennen können, eine gefährliche Entwicklung gegen den Frieden auf der ganzen Welt, der wir nur entgegen wirken können, wenn wir uns ausdrücklich für den Frieden und die Gewaltlosigkeit einsetzen und wenn alle ohne Unterschied ihre Untaten offen legen und bekennen.

Kirchner zählt als gebürtiger Danziger und "waschechter" Kaschube wie Günter Grass zur Urbevölkerung des Weichseldeltas und möchte mit diesem Buch dazu beitragen, dass nie wieder geschieht, was hier beschrieben wird.

ISBN 978-86634-934-6
www.projekte-verlag.de

[Wolfgang]

Schönen guten Morgen,

leider komme ich nicht dazu, das Buch in einem Stück zu lesen. Gerade mal rund ein Drittel des zweibändigen Werkes ist geschafft. Nach wie vor ist es spannend zu lesen, aber einige kleine Kritikpunkte seien erlaubt.

Ich weiß nicht so recht, was ich von dem Buch halten soll. Ein Märchen für Erwachsene das sich im damaligen realen Danzig , teils jedoch mit abstrusen (nichtsdestotrotz recht spannender) Phantasien abspielt? Mich berühren mitunter breit ausgetretene kindlich-feuchte Phantasien sich innig liebender Kinder (oder sollte man schon sagen "werdender Jugendlicher"?) die sich teils über viele Seiten hinweg erstrecken, manchmal eher peinlich. Das Lektorat des immerhin fast 50,00 Euro teuren Buches scheint -wenn überhaupt vorhanden- sehr hurtig gearbeitet zu haben. Neben einem manchmal etwas unbeholfenen Schreibstil trüben viele grammatikalische Unstimmigkeiten und Rechtschreibfehler das Gesamtbild.

Ich hoffe, das Buch noch in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen auslesen zu können. Weitere ergänzende Eindrücke werde ich dann hier schildern.

Viele Grüße
Wolfgang