Die Schulen in Steegen
von Max Büchau (+)
(aus den Tiegenhöfer Nachrichten 1996)
Das Schul- und Bildungswesen in Steegen war für ein Dorf von etwa 2000 Einwohnern nach der Gründung des Freistaates Danzig doch schon ziemlich gut entwickelt, es gab die Waldschule, Steinschule, Bergschule und Fortbildungsschule.
Die Waldschule:
Das zweistöckige Rotsteingebäude befand sich in der Nähe des "Kurhotels" von Heinrich Wienß, an der Seestraße, umgeben vom Wald - daher der Name. Hier war das Privatgymnasium des Dr. Sahner untergebracht. Dr. Sahner war ein drahtiger, braungebrannter Mann mit einem Monokel im rechten Auge und wurde allgemein im Steegener Volksmund "Afrikaner" genannt, denn er war bis in die Zeit des ersten Weltkriegs hinein der Direktor des Gymnasiums in Windhuk, der Hauptstadt von Deutsch-Südwestafrika gewesen. Als Lehrer an dieser Schule waren die Brüder Rudolf und Martln Kamick aus Elbing, sowie Fräulein Mandig tätig. Diesen Lehrkräften hat Steegen viel Gutes und Schönes zu verdanken. Sie gründeten an der Schule eine Wandervogelgruppe, organisierten in jedem Jahr am Steegener Strand die Sonnenwendfeiern, woran die Bevölkerung regen Anteil nahm. Dazu verschönerten sie oft mit ihren Vorträgen und feinen Liedern mit Geigen- und Gitarrenbegleitung Feste und gesellige Abende. Auch sind die hin- und mitreißenden Reden des Dr. Sahner den noch lebenden Schülern und Gästen in lebhafter Erinnerung. Als Dr. Sahner die Schule für andere Aufgaben verließ, übernahm Frau Thiel die Leitung der Waldschule. Als neue Lehrkraft wurde zudem noch Lehrer Fritz Preugschat berufen.
DIe Stalnschule und die Bergschule:
Die achtklassige evangelische Volksschule war in diesen Gebäuden untergebracht. Diese Schule besuchte auch ich von 1924 bis 1932. Als Schulleiter fungierten in dieser Zeit Hauptlehrer Prauke, Rektor Alterrsdorf und Rektor Tümmler. In den einzelnen Fächern unterrichteten Konrektor Fuhlbrügge, Oberlehrer Pahnke, und die Lehrer Dunke, BufIe, Köller und Stachel. Letzterer war gleichzeitig gewählter Abgeordneter im Danziger Magistrat. Für den Sport waren die Lehrer Hallmann und Döbler verantwortlich, die Lehrerinnen Fräulein Zwirn und Fräulein Harfarth für die Handarbeitsstunden bei den Mädchen. In den Sommermonaten des Jahres wurden die Schulsportwettkämpfe durchgeführt. Sie bestanden aus 100 bzw. 75 Meterlauf, Weitsprung und Schlagballweitwurf, sowohl für die Mädchen wie für die Knaben. Da es in Steegen einen ausgebauten Sportplatz des Turn- und Sportvereins gab, wurden diese Wettkämpfe des Kreises in Steegen durchgeführt. An den Wettkämpfen nahmen folgende Volksschulen teil:
Vogelsang, Bodenwinkel, Stutthof, Steegen, Junkeracker, Pasewark, Nickelswalde, Freienhuben, Steegenerwerder, Glabitsch und Fischerbabke. All diese Schulen reisten mit der Kleinbahn an und wurden am Wettkampftag in der "Gaststätte Eugen Wichmann“ verpflegt. Die lehrer fungierten als Starter, Zeitnehmer und Schiedsrichter; ferner trugen sie die Leistungen der Mädchen und Knaben in die Wettkampflisten ein. Wer im Dreikampf 40 Punkte erreichte, erhielt eine Ehrenurkunde. Natürlich gab es auch Mannschaftswettbewerbe wie Völkerball, Tauziehen und Staffelläufe.
Für die Staffelläufe hatte die Schulleitung des Senats einen Wanderpreis gestiftet: Es war eine Nationalfahne des Freistaates, auf rotem Tuch mit dem Danziger Wappen und an einem gelben Eichschaft befestigt. Diese Fahne wurde der Volksschule überreicht, die die meisten Staffelsiege errang. Einige Male hat diese Fahne in der Bergschule in Steegen einen Ehrenplatz gehabt.
Die Fortbildungsschule:
Diese war eine Einrichtung für Lehrlinge der Steegener Handwerksbetriebe und diente den Lehrlingen zur Weiterbildung, um bei der Gesellenprüfung gut gerüstet zu sein. Es konnten aber auch Schulentlassene, die noch keine Lehrstelle hatten, an diesen Abendschulungen teilnehmen. Auch ich habe 1932 bis 1933 in Ermangelung einer Lehrstelle an dieser Weiterbildung teilgenommen. Die Unterrichtsstunden fanden abends in dem Gebäude der Bergschule statt. Lehrer waren zu meiner Zeit Rektor Tümmler und Lehrer Schumann. Unterrichtet wurde in Staatsbürgerkunde, Buchführung und Geschichte.
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Anmerkung: Die "Tiegenhöfer Nachrichten" werden jährlich vom "Gemeinnützigen Verein Tiegenhof - Kreis Großes Werder e.V" herausgegeben. Nähere Infos zum Verein und den Tiegenhöfer Nachrichten sind zu finden unter: www.tiegenhof.de