Am 13. Juli 1935 erschien in den Danziger Neuesten Nachrichten:


"Hof"-Theater
Sommerliche Tee-Ernte in der Altstadt

Also mit meine Ollsche hab ich ja vleicht ne Oper jehabt! Eiweih! Auf unser ganzes Änd hahm de Leit dem Klamauk mit anjeheert. Bald das Ieberfallkommando hahm se alarmiert, wie meine Ollsche da auf unsern Hoff mit mich Freilicht-Fästspiele auffiehrt und mir mit'n Klammerbeitel pudert. Äbarm Se sich!

Und wowejen? Weil se meint: ich mäcker, dabei mäckert sie! Stand doch die Woch soviel im Blatt von Vähaftungen, nich wahr? Sowas jeht ein' doch im Kopp rum. Klar! Und wie ich nu so jedankenvoll an unsern Äckspind steh und aufmach und werd' hinter den ollen Porzellanpudel mich das Machandelbuddelchen vorlangen, um einen zu vähaften, was dänken Se? Kemmt se Ihn' anjebraust, haut de Schranktier zu, beklämmt mich dem Daumen, jibbt mich en Stanixel,mit dem Schmeling zu tun jehabt hätt, schließt ab und sticht sich dem Schlissel inne Schirzentasch. Nu reden Sie! Prost!

Wie ich nu anfang zu mäckern und sag: Was das heißen sollt, und ob ma nich mal mehr en Kleinen vähaften kennt, das weer ja diräkt um auf de Beime zu klättern, da mäckert sie ja nu nich zu knapp retuhr: ich sollt bloß keine Teene nich riskieren von wejen "vähaften", aber von wejen aufe Beime klättern, das kennt ich gleich hahm! Ich sollt mich de Leiter aus'n Holzstall nehmen und aufn Hoff hinten auf jen ollen Lindenbaum raufer kraufen und Lindenblieten zum Tee sammeln fierm Winter, wer weiß, was noch kommen teet, und ich sollt jefällichst nich son mochumsches Jesicht machen, dalli, dalli, sonst macht se morjen nochmal -zum vierten Mal!- zu Mittach langjekochten Kumst. Na, was soll ich viel reden - der Kliejere jibbt nach. Ich also eierboßich wie sone Bräms' warraftich auf jen Lindenbaum raufer zu de "Teeärnte", västehn Se. Und wie ich da oben hucken tu, seh ich, wie se unten mit de Piestanjewskesche anjekeicht kemmt mit'n Waschkorb voll Laken und Bättzieje und was weiß ich und wird die unten aufhängen zum Trocknen. Nu is doch bei uns hinten jen Schuppen, wissen Se doch. Wo jen Ställmacher frieher seine Remis' hätt'. - Oberchen, langen Se doch mal das Ziehgarrenkistchen her. - Nei, Ziehgarr will ich nich, lassen Se zu, ich will bloß zeijen, wie und wo.

Also sehn Se, meine Härren, wänn hier der Fuchsientopp mein Lindenbaum is, dänn is hier de Ziehgarrnkist jen Schuppen, und ich huck nu hier eierboßich auf den Zweich hier und reiß jene Lindenblietenkreeten ab, derweil steht hier aufe Ziehgarrenkist - also auf jen Schuppen - jen Kanarjenvogelzichter von uns hinten und teert jemietlich sein Dach. Prost!

Wie ich nu seh, dass er miteins sich aufrichten tut und aus de Wästentasch seine Schniefkebuddel vorholt und ne Pris' Tobback nimmt, sag ich: "Du, August, kannst mich auch en Prischen jeben, ich hab mir so aufjeribbelt, das beruhicht bisschen!".

"Aber, jewiss, Franzchen", meint er, "jeteilte Freid is doppelte Freid!" - is doch en trautster Kärl - und dänn meint er: "Pass auf, fang de Buddel auf, ich schmeiß se dich raufer!" War ja garnich hoch zu schmeißen, weiter nuscht jefeehrliches bei. Und so schmeißt er ganz jemietlich. Tja, von wejen! Was nu kam, kann ma garnich so fix äzeehlen, wie's passiert is. Das missd ma eijentlich im Film im Kientopp vorfiehren. Also, wie jesaacht, er schmeißt. Aber ob der Schussel nu väjässen hätt, dem Proppen richtich wieder inne Schniefkebuddel reinzumachen oder sonst was, kurzum ich werd die kreetsche Buddel so deicht vor mein Jesicht wollen auffangen, da hätt ich all de Augen und de Nas' voll, kann nich mehr kicken, muss niesen wie son Maschinenjewehr, will nach mein Lindenast greifen, ach ja doch, greif vorbei und schon komm ich Ihn' runterjeschorrt aus de bliehende Linde auf jen frischjeteertes Dach infamtjes, kuller mir da durch jen heißen Teer wie son Klops im Stoßbrot, reiß im Kullern noch jen halbvollen Teereimer mit und im neechsten Mommang lieg ich warraftich hier im Aschbächer - das heißt also in meine Ollsche ihren Waschkorb - und wribbel da mang die feichte Laken und Nachtjacken und was weiß ich rum wie son besoffnes Spijänst, und das backt alles an von wejen den Teer, und de Piestanjewskesche kricht ihre Zuständ und schreit nach de Feierwehr, und aus alle Fänster kicken de Leit und schreien, und mein Hund Brummer, der da am Holzstall jelejen hätt und jepännt hätt inne Sonn', dem is jen Teereimer natierlich aufem Hinterteil jekippt, und das Vieh dreht sich da wie son värickt jewordner Pralineeh rum und jibbt Teene von sich wie son torpediertes Saxophon, wie er sein schwarzlackierten Zagel sieht, hurrjees, hurrjess, äbarm Se sich, der Aufstand.

Was nu meine Ollsche tat? Tja, meine Ollsche - "Ehret de Frauen, se flächten und weben, himmlische Rosen ins irdische Leben!" saacht Schiller. Der hätt ne Ahnung!

Wissen Se, wie se mich "himmlische Rosen im irdischen Leben" flächten tat? - Wissen Se nich? - Na, dänn werd ich's Se gleich väraten. Sehr einfach: sie stand doch da ausjeräckt auf de Fußbank und klammert grad en Nätzhämd von mich anne Lein an. Wie ich nu da - "Was kemmt dort von der Heeh" - ihr frischjeteert sozusagen zu Fießen fallen tu, was tut sie?: dreht sich um, kickt mir so liebreich an wie son gallensteinkranker Keenichstijer, und schon is se runter und haut mir mit'n vollen Klammerbeitel vleicht eins auf meine schwarzlackierte Schusterkugel, dass ich miteins en ganzes Planetarjum - i, was sag ich! - dem ganzen Stärnhimmel vonnen nerdlichen und siedlichen Erdball um meine Fisionomie rumschwirren seh, wie ich umkippt. Das lätzte, was ich heert, war bloß noch das eine Wort aus en Fänster vonne Nachbarschaft "Knockaut!"

Aber die Wiederbelebungsväsuche waren äfolchreich. Mit Pitroljum! Kenn' Se sich ja vorställen wie se mir und mein Hund damit abjerubbelt hahm, das war doch fier ihr und de Piestanjewskesche diräktemang en sadistisches Vägniejen, uns damit das olle Feiltuch und de Pitroljumkann de Fläcken auszureiben. Der ganze poetische Lindenduft war gonn. Bloß Teer und Pitroljum! Pitroljum und Pitroljum! Der Hoff, de Wohnung, der Hund, de ganze Wält - ein Jestank! Äntschuldjen Se all das harte Wort, aber so war es! Unter de bliehende Linde!

Wie se aber nu dabei mäckert: "Nu hab ich aber bald de Nas' voll!", da mäckert ich dreibastisch retuhr: "Meinst vleicht, ich hab nich de Nas'voll?"