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Thema: Christuskirche (Geschichte)

  1. #1
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    Standard Christuskirche (Geschichte)

    Liebe Forumteilnehmerinnen und Forumteilnehmer,

    ich stelle euch der deutschsprachigen Version des Textes über ehem. Christuskirche zur Verfügung.

    In der Zukunft dieses Text, wie auch alle andere, die jetzt nur auf polnisch an der Internetseite www.dolnywrzeszcz.pl präsentiert sind, wurden übersetzt. Bis dahin aber versuche ich mindestens einige Texte früher zugänglich zu machen.

    Ich warte auch auf ihre Hinweise, Erinnerungen oder Fragen, die ehem. Christuskirche betreffen.

    Jan Daniluk vel Hagelsberger (daniluk.jan@gmail.com)
    ________________________

    Christuskirche / Kirche des Hlg. Andrzej Bobola


    Die Kirche, die sich heute an der Mickiewicz-Strasse (ul. Mickiewicza, ehemaliger Bärenweg) befindet, wurde in Jahren 1913-1916 nach Entwurf von Herman Phlebs (Professor der Technischen Hochschule) im Neobarockstil erbaut. Die Kirche war Antwort auf die steigende Zahl der Bewohner dieses Stadtteils. Die gesamten Kosten (Kauf des Grundstücks und Errichtung) betrugen 255 000 Mark.


    Das Projekt unterschiedet sich von anderen Sakralbauten dieser Zeit in Pommerelen, weil man damals meistens Kirchen im neugotischen Stil baute. Die Christuskirche hat eine Galerie, einen Chor und einen Keller; sie ist 43 Meter lang, 25 Meter breit und 20 Meter hoch. Die Gestalt der Kirche, die umliegende Bebauung (damals noch niedrig und vereinzelt) überragte und wurde - neben der evangelischen Lutherkirche und der katholischen Herz-Jesu-Kirche – ein drittes Wahrzeichen von Langfuhr. Aber im Gegenteil zu den beiden genannten Kirchen, die mit schlanken spitzen Türmen gen Himmel ragten, stellte der massive Kuppelturm der Christuskirche eine wirkungsvolle Abwechslung im Stadtbild dar.


    Der Innenraum sah damals natürlich anders als heute aus. Außer solchen Elementen wie z. B. die Gemälde mit den Heiligen, anders sind die Farben, die man heute in der Christuskirche bewundern kann. Im Gegenteil zum Gelb, Beige und Weiß, welche heute im Innenraum dominieren, in der Zeit, wenn die Kirche den Evangelischen gehörte, waren die Wände und die Decke weiß und grau, und die Schmuckelemente und andere Baudetails - blau und matte-rot, dunkelgrün und braun. Die wertvollste Ausstattung, die wir noch heute sehen können, ist die Orgel (1915-1916, Prospekt im Neubarockstil, 27 Stimmen) und die wertvolle Cadiner Majolika (im Altarraum).

    Der Grundstein wurde am 4. Juni 1913 gelegt. Die Einweihung fand am 31. Juli 1916 statt. An dieser Feierlichkeit nahm unter anderen der Kronprinz Wilhelm mit seiner Ehefrau - die Kronprinzessin Cäcilie - teil. Die Christuskirche verdankte ihr einen Taufstein, zwei prachtvoll Gestaltete Bibelausgaben - eine für die Messe, eine weitere zum Gebrauch in der Kanzlei - sowie sonstige Förderung, wie z. B. ein besonders reich geschmücktes Mittelfenster (in der Taufkapelle) mit dem Wappen der Kronprinzessin Cäcilie, aus dem ein Rosenstrauch herauswuchs, der die Namen der kronprinzlichen Kinder trug. Unglücklicherweise überstand dieses Element bis unserer Zeit nicht mehr.


    Am 6. August 1916 begannen regelmäßige Gottesdienste, mit welcher Abhaltung der damalige erste Vereinsgeistliche des Westpreußischen Provinzialvereins für Innere Mission und spätere Geistliche der Christusgemeinde, Pfarrer Alfred Semrau (Semmrau), beauftragt wurde. Erst nach einem Jahr (1. September 1917) ist um die Christuskirche eine selbständige Christusgemeinde gegründet worden, durch Abzweigung des rechts des Bahndammes Danzig - Zoppot gelegenen Teiles Langfuhrs von der Lutherkirche. Ein Monat später, d. h. am 21. Oktober 1917, wurden die kirchlichen Leiter gewählt (u. a. Max Witt, der Gutsbesitzer aus der Gelände zwischen Saspe und Brösen) und durch sie am 27. November 1917 der Pfarrer der Gemeinde – schlicht der oben erwähnte Alfred Semrau.


    Dolny Wrzeszcz entwickelte sich damals schnell, die Bewohnerzahl stieg. Bei Gründung der Gemeinde im Jahre 1919 lag die Einwohnerzahl bei 7000 bis 8000 - nach sechs Jahren betrug die Anzahl der Seelen, die zu der Gemeinde gehörten, über 4000 Menschen mehr (von ca. 8000 auf ca. 12000 im Jahre 1925). Es war eine der nach Einwohnerzahl größten protestantischen Gemeinden in der Freistadt Danzig. Ein reges kirchliches und kulturelles Leben blühte schnell auf und zeigte, wie groß das Bedürfnis nach einem evangelischen Gotteshause in Langfuhr gewesen war. Mit Entwicklung des Stadtteiles stieg die Zahl der bei der Gemeinde funktionierenden Organisationen. Die erste war die schon September 1917 organisierte Frauenhilfe, welche bald über die anderen dominierte. Am Anfang der 20er Jahren funktionierten schon drei Chöre (für Kinder, für Jugendliche und für Erwachsene), und solche Organisationen, wie z. B.: Gemeindemännerverein, Treubund, kirchlicher Orchesterverein, Bezirkshelfer- u. Bezirkshelferinorganisation. Im Laufe der Zeit wurden auch einen Kindergarten und eine Kindertagesstätte gegründet. Der Gemeinde-Kirchenrat kaufte auch Eigentum für seine Tätigkeit - z. B. von der Abbegg-Stiftung die Parzellen Nr. 15 und 16 an der John-Gibsone-Strasse (heute Krzemieniecka-Strasse, ul. Krzemienieckiej).

    Die ständig steigende Zahl der Gläubigen offenbarte die Notwendigkeit nach der Berufung eines zweiten Geistlichen. Für einige Zeit half Pfarrer Vorweg, aber er musste bald aufgeben, weil dieser Nebenerwerb ihm zu stark aufgenommen hat; er hatte eine Familie zu unterhalten, sowie eine andere Arbeit. Nach ein Paar Jahren langwieriger Korrespondenz zwischen der kirchlichen Gemeinde und dem Senat der FSD (es ging vor allem um die Frage der Deckung der Hälfte der Vergütung eines neuen Geistlichen durch den Senat) gelang es, die Erlaubnis zu erzielen. Im Oktober 1924 war nach Langfuhr Pfarrer Franz Petzold (aus Rochlitz, nahe Leipzig) gekommen, der am 1 Januar 1925 offiziell zum neuen, zweiten Geistlichen der Christusgemeinde ernannt wurde. Bemerkenswert ist dass die heilige Messe an diesem Tag sehr feierlich war und dieses Ereignis erregte ganz große Interesse im Stadt und wurde in der Presse stark kommentiert. Petzold verließ Langfuhr vier Jahre später und Werner Hahn (aus Instenburg, Ostpreußen, heute Oblast Königsberg) ersetze ihm. Wir wissen nicht, wer in dieser Zeit der zweite Geistliche war (wahrscheinlich immer noch der erwähnte Semrau?). Im Jahre 1931 kam ein neuen Pfarrer – Ernst Heicht. Bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges kam es noch zu einer weiteren Veränderung – Werner Hahn wurde von Specht ersetzt.

    Bedenkenswert ist, dass die erste bezeugte Nachricht über das Pastorat (Pfarrhaus), welche bis heute in unmittelbarer Nachbarschaft der Kirche steht, erst mit der Person des ober erwähnten Werner Hahns, der da lebte, erscheint. Ein genaues Datum der Errichtung dieses Baus ist nicht bekannt. Es ist ein Dokument erhalten geblieben, aus welchem klar hervorgeht, dass ganz am Anfang die Priester der Christuskirche kein eigenes Pfarrhaus hatten, sondern Wohnungen mieten mussten, die sogar außerhalb der eigenen Gemeinde lagen. Diese Situation änderte sich erst im Jahre 1922, wenn die Gemeinde das Gebäude des ehemaligen Militärkasinos der Kaserne des Kommunikationsbataillons geerbt hat. Das Gebäude stand am damaligen Brösener Weg, heute Chrobry-Strasse (ul. Chrobrego). Da wurde eine Wohnung für den Pfarrer (damals immer noch Alfred Semrau) errichtet, für den Pfarrereiangestellten, für die Schwester und ein kleiner Saal für die Gemeinde. Später, nach Verlegung des Sitzes des Pfarrers zum Bärenweg, wurde die Wohnung am Brösener Weg immer noch von der evangelischen Gemeinde benutzt - dort lebte der zweite Pfarrer.

    Wenn man die Geschichte der Christuskirchebeschreibt, kann man eins der wichtigsten - betrachtet man die Schwung - Ereignisse aus der Geschichte der Kirche vor dem zweiten Weltkrieg nicht übersehen. Es geht um die Hochzeit des Albert Forster, des Leiters der NSDAP in der Freien Stadt Danzig, und des späteren Gauleiters von Danzig, mit einer Danzigerin, Getrude Deetz, die am Sonntag, dem 12. Mai 1934, stattfand. Die standesamtliche Hochzeit des Paares fand drei Tage früher in Berlin statt (selbst Adolf Hitler war der Brautführer). An der kirchlichen Hochzeit nahm (genau in der Christuskirche) die Elite der lokalen Zweigstelle der NSDAP teil, mit u. a. Rudolf Hess. Die Feier wurde mit Schwung veranstaltet - von Pracht angelockt kamen Reihen von Danzigern sie zu sehen, und sie wurde - wie es einfach herauszukriegen ist - durch die NSDAP als eine großartige Gelegenheit ausgenutzt, um ihre (stetig wachsende) Kraft und Einigkeit zu zeigen.

    Der Krieg ging mit der Kirche gnädig um. Als die Rote Armee im März 1945 Danzig angegriffen hat, wurde in Innern der Kirche ein provisorischer Lager für deutsche Kriegsgefangene gegründet. Ganz schnell, am 9. April, erschien in Langfuhr Jesuit Brunon Pawelczyk, um schon zwei Tage später in der Kirche zu leben. Am 15 April 1945 fand die Einweihung des Gotteshauses, diesmal katholisch, statt.

    Die ehemalige Christuskirche (jetzt Kościół p. w. św. Andrzeja Boboli) gehört bis heute zu den Jesuiten und dient als Hauptkirche für die katholische Gemeinde (parafia św. Krzyża); es ist eine so genannte „große Kirche”, im Gegenteil zu dem zweiten Gotteshaus in der Gemeinde - „kleine Kirche” (ehemalige Kreuzkirche – heute Kościół p.w. św. Krzyża).

  2. #2
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    Standard AW: Christuskirche (Geschichte)

    Zitat:
    "Wir wissen nicht, wer in dieser Zeit der zweite Geistliche war (wahrscheinlich immer noch der erwähnte Semrau?)."

    Nach einem im Danziger Hauskalender 1957, S. 51 wiedergegebenen Gemeindeverzeichnis der ev. Kirche Danzigs nach dem Stand vom Jahre 1927 war Lic. Alfred Semrau (geb. 1882, wohnhaft Heeresanger 3) 1. Pfarrer und Franz Petzold (geb. 1886, wh. Bärenweg 11) 2. Pfarrer.

  3. #3
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    Standard AW: Christuskirche (Geschichte)

    Vielen Dank, Rüdiger!

    Immer etwas neues für meine Forschungen.

    Viele Grüße,
    Hagelsberger

  4. #4
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: Christuskirche (Geschichte)

    Schönen guten Morgen,
    hallo Jan,

    vielen Dank für Deine interessanten Berichte! Vor ein paar Tagen lief ich an der Christuskirche vorbei und nahm mir vor, nach Informationen zu suchen. Nun wurde ich ohne große Suche fündig. Nochmals danke!

    Viele Grüße von Saspe nach Langfuhr!
    Wolfgang
    -----
    Das ist die höchste aller Gaben: Geborgen sein und eine Heimat haben (Carl Lange)
    Zertifizierter Führer im Museum "Deutsches Konzentrationslager Stutthof" in Sztutowo (deutsch/englisch)
    Certyfikowany przewodnik po muzeum "Muzeum Stutthof w Sztutowie - Niemiecki nazistowski obóz koncentracyjny i zagłady"

  5. #5
    Forum-Teilnehmer Avatar von buddhaah
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    Standard AW: Christuskirche (Geschichte)

    Hagelsberger,

    Bitte schau in deinem Gmail-Postfach nach. Ich habe Dir eine Email geschickt.

    Gruss,

    Michael

  6. #6
    Forum-Teilnehmer Avatar von KurtW, +10.11.2011
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    Standard AW: Christuskirche (Geschichte)

    Habe mit großem Interesse den Bericht gelesen. Ich habe ganz inder
    unmittelbaren Nähe zur Christuskirchegewohnt, im Hildebrandtweg.
    Ich bin in der Christuskirche im Jahre 1943 gemeinsam mit meiner Schwester konfirmiert worden; ich meine von Pfarrer Hahn.
    Im Jahre2OOO habe ich meine Heimat besucht, war auch im Haus
    meiner Eltern im Hildebrandtweg 23 (Eckhaus), leider war derZugangin die Christuskirche gesperrt, habe damals natürlich auch Fotos gemacht. Ich werde alle Beobachtungen weierbeobachten.
    Viele Grüße KURT WWEEGE

  7. #7
    Forum-Teilnehmer
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    Themenstarter

    Standard AW: Christuskirche (Geschichte)

    Hallo, KurtW

    ich freue mich, dass Du Interesse an der Christuskirche hast. Wolltest Du vielleicht nicht, ihre Erinnerungen aus der Kindszeit in Langfuhr für uns (d.h. Schöpfer der Internetseite Dolny Wrzeszcz) aufzeichen..? Wir vorbereiten ein Buch über Langfuhr ("Nieder"-Langfuhr, d.h. Dolny Wrzeszcz: also Neuschottland, Brunshof, Kleinhammer, "Neu"-Langfuhr, Reichkolonie, dazu auch Saspe) und jede Informationen, Erinnerungen und Berichte, sogar die kleinste, sind für uns wichtig.

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