Bohnsack im Herbst 1996

Bohnsack (Sobieszewo) ist ein armes Dorf. Über die Pontonbrücke von Danzig kommend fällt der erste Blick auf die neue Ziegelkirche. Zur Rechten findet sich ein kleiner Kiosk, um ihn herum einige Männer, Bierflaschen in der Hand, möglicherweise arbeitslos. Ein kleiner Spaziergang durch das Dörfchen in Richtung Schiewenhorst (Swibno) führt links zum neuen polnischen Friedhof, sehr gepflegt, aber doch ein wenig nüchtern wirkend. Auf der anderen Straßenseite ein kleiner Bäckerladen, der bereits mittags geschlossen ist. Erst nach dem Ortsausgang, dann bereits wieder inmitten üppiger Natur weicht die ein wenig unterschwellig vorhandene Beklemmung.

Die Strasse in die andere Richtung führt nach Östlich Neufähr. Ein Spaziergang ermöglicht zur Linken stets den Blick auf die Tote Weichsel, zur Rechten lichtet sich der Baumbestand. Geduckte, vom Wind zerzauste Kiefern ziehen sich mühsam die Dünen hoch. Vereinzelt alte Fischerkaten hinter verfallenden Zäunen, kaum aus hohem Gras herausragend. Frische Wäsche flattert im Wind, an Kurenwimpel erinnernd. Alte Frauen, in ausgetretenen Schlorren, Kopftuch tragend, im aussichtslosen Kampf gegen Unkraut in Gemüsebeeten. Sträunende Katzen, argwöhnisch den Fremden beäugend, wälzen sich im warmen Dünensand. Irgendwo wohnt hier noch eine alte Deutsche, die ich aber nicht finden kann.

Ich fahre weiter. Weiter nach Schiewenhorst. Vielleicht komme ich irgendwann noch einmal hierher.