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Thema: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

  1. #1
    Forum-Teilnehmer Avatar von Wolfram
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    Standard Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Hallo liebe Danzigfreunde,

    im September hatte ich eine fünftägige Reise nach Danzig unternommen
    und möchte einige Erlebnisse schildern, mit der Hoffnung dem Forum was Interessantes
    beizusteuern.

    Für meine Tochter wollte ich als Mitbringsel ein Paar Ohrringe kaufen. Es gibt ja
    Schmuckläden in der Innenstadt wie Sand am Brösener Strand. Ich hätte mich einen
    ganzen Tag lang mit der Auswahl beschäftigen können, doch erfolgte der Kauf
    recht kurzentschlossen am Eingang der Jopengasse, gleich gegenüber dem
    Zeughaus. Ein Herr, schätzungsweise um die 60 Jahre, bediente mich. Ich versuchte
    mich halb auf deutsch und halb auf englisch verständlich zu machen. Er antwortete
    aber gleich mit einer sauberen deutschen Aussprache. Ich fragte natürlich, warum
    er so fließend meine Muttersprache sprechen könne, worauf er antwortete, dass
    er vor einigen Jahren als Aussteiger Deutschland verlassen hätte, um sich in dieser
    wunderschönen Gegend anzusiedeln. Er meinte, die Lebensqualität sei höher
    als in seiner alten Heimat.
    Das Gespräch war leider sehr kurz. Ich hätte gerne noch weiteres von ihm erfahren.
    Ich kann auch nicht sagen, ob der Herr noch alte Wurzeln in dieser Stadt besitzt.

    Der mutige Schritt dieses Mannes hat mich nachdenklich gestimmt. Ist die Auswanderung
    nach Danzig für einen Deutschen eine attraktive Option?

    Ich persönlich würde total an den Sprachschwierigkeiten scheitern. Dann war mir
    in der Stadt der hohe Aufwand für den Schutz der Bewohner vor Kriminalität
    aufgefallen. Die Wohnungstür unserer Ferienwohnung glich einer Tresortür.
    Wie ist es aber wirklich um die Sicherheit bestellt? Was muss man als Bewohner befürchten?

    Mir sind natürlich auch die vielen Bettler aufgefallen. Das sind schon alles Dinge, die mich
    bedrücken würden, wenn ich die Probleme ständig vor Augen hätte.

    Was sagt Ihr, liebe Forumgäste, zu meinen Gedanken?..............................

  2. #2
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Schönen guten Abend,
    hallo Wolfram,

    dieses Thema, also Deine Eindrücke in "Heiße Diskussionen"?

    In meinen Augen ist da gar nichts heiß daran. Es sind Fakten. Trotzdem: "Lebensqualität höher als in seiner alten Heimat..." - hm, gut, es ist immer eine Frage wie man Lebensqualität definiert.

    Es gibt rationale Beweggründe, die alte Heimat Deutschland zu verlassen und irrationale. Sagen wir mal so: Mit großer Wahrscheinlichkeit überwiegen die irrationalen Beweggründe bei Manchen die sich hier niederlassen. Oder man hat eben seine Wurzeln hier und das hat dann auch etwas Irrationale an sich. Oder man hat einen polnischen Ehepartner.

    Tresortür, Sicherheit, Bettler: Vor zehn Jahren sah hier so manches anders aus. Im Vergleich dazu hat sich mittlerweile Revolutionäres angebahnt. Trotzdem: My home is my castle - und wenn ich es schützen könnte wie seinerzeit so manche Grenze abgeriegelt wurde: Ich würde nicht einen Moment zögern. Sicherheit ist relativ. Aber ich lebte eben einmal in Württemberg. Und dort auch noch in einer Gegend, wo Autos und Haustüren nicht unbedingt abgeschlossen wurden, wo Muttchens argwöhnisch hinter Gardinen saßen und jeden Schritt eines Fremden beobachteten und im Zweifelsfalle die Polizei anriefen.

    Das wäre hier undenkbar. Die Polizei Dein Freund und Helfer? Allein der Gedanke daran wird hier von den Meisten als vollkommen abwegig angesehen. Jeder hat eben seine eigenen Erfahrungen aus der Vergangenheit. Und dabei ist eben auch zu berücksichtigen, welche Massstäbe angelegt werden. Und diese Massstäbe sind von Bundesland zu Bundesland erfahrungsgemäß sehr unterschiedlich. Trotzdem fühle ich mich hier im Großen und Ganzen sicher.

    Viele Grüße von Einem der sich im Werder angesiedelt hat
    Wolfgang
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  3. #3
    Forum-Teilnehmer Avatar von Wolfram
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    Themenstarter

    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Hallo Wolfgang,

    mit Dir hat ein "Experte" geantwortet, der sich auskennt.
    Mein Beitrag ist unter "Heiße Diskussion" wohl nicht ganz richtig
    angesiedelt. Aber ich wußte nicht wo hin damit.
    Als Moderator kannst du den Beitrag auch gerne verschieben, dorthin
    wo er besser aufgehoben ist.

    Ich hatte eingangs nicht die finanzielle Seite des Lebens in Polen angesprochen.
    Mit einer deutschen Rente kann man sich in Polen bestimmt mehr leisten, als
    in Deutschland.
    Ich habe folgende Erfahrung gemacht:
    Essen in einer guten Gaststätte mit einem Bier: 10,- €
    Straßenbahn: -,70 €
    Miete: weiß ich nicht.


    Aber die Stadt würde mir ehrlich gefallen, zumal es mich immer schon
    zum Wasser gezogen hat.

  4. #4
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    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Hallo, ich habe vor einigen Jahren mal ein dreiviertel Jahr in Danzig gelebt. Ein Frühjahr, einen ganzen Sommer und einen Herbst. Eigentlich wollte ich deutlich länger dortbleiben, aber im Winter empfand ich die Stadt als völlig Öde. Es ist sehr, sehr kalt und windig, einfach total ungemütlich. Vieles was Sommers geöffnet hat, ist dann geschlossen.

    Ich bin in dieser Zeit gar nicht groß rausgekommen aus Danzig, höchtens mal mit dem Schiff. Der Straßenverkehr rund um die Stadt ist wirklich eine absolute Katastrophe. Stau, viele Unfälle, rücksichtslose Fahrer, schlechte Straßen.

    Die Stadt ist (vor allem ausserhalb der Saison) im Vergleich zu Deutschland sehr billig. Gemietet hatte ich nur ein Zimmer in einer WG mit drei Leuten. Dies war in Top Altstadtlage, kostete nur 60€ monatlich. Energie, Wasser, Straßenbahnkarten, alles kostet nur wenig.

    Gewöhnliche regelmäßige Aktivitäten kosten nur einen Bruchteil. Eintritt ins Schwimmbad 0,40€. Eintritt ins Kino 2,00€

    Mit der Zeit lernt man auch die wirklich guten und günstigen Kneipen Abseits der touristischen Pfade kennen. Für 5 € kann man in einem ordentlichen Restaurant speisen und trinken. Alle weiteren Waren des täglichen Bedarfs sind sowieso sehr günstig.

    Ich spreche schlecht Polnisch, kann mich aber verständigen, einkaufen, nach dem Weg fragen. Aber im Grunde braucht man gar kein Polnisch zu sprechen, um in der Stadt zu leben. Mit Englisch kommt man bestens zu recht.

    Obwohl ich immer wieder gewarnt wurde, erlebte ich gar keine Kriminalität. Gerade im Vergleich zu Hamburg erscheint mir die Stadt deutlich sicherer. Ein breites, vielschichtiges kriminelles Milieu wie in deutschen Großstädten scheint gar nicht zu existieren.

    Geld lässt sich im Winter kaum verdienen. Viele machen im Sommer genug Geld um den Winter komfortabel zu leben.

    Dennoch: auf Dauer wird die Stadt ziemlich langweilig. Wenn der Dominikanermarkt vorbei ist und September einkehrt, wird’s regelrecht Öde.

    Das breite kulturelle Angebot westeuropäischer Städte fehlt völlig. Konzerte, Veranstaltungen, ein regelmäßiges breites Kulturleben wie in Deutschland gibt es nicht. In die Stadt kehrt einfach Alltag ein.

    Auch werden auf Dauer einige Nachteile polnischer Lebensart deutlich. Einmal hatte ich z.B. Zahnschmerzen. Die Behandlung erfolgte nur gegen Zahlung eines dicken Schmiergeldes und ganz ohne Rechnung.

    Was will man den ganzen Tag machen? Ich lebte von Erspartem, arbeitete also nicht. Zum hundertsten mal die Kirchen erkunden? Schon wieder den Hafen besichtigen? Andere Deutsche treffen, die ähnlich angeödet sind? Deutschland mit seinem gesellschaftlichen Leben ist weit weg.

  5. #5
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Schönen guten Abend,

    es ist interessant, wie unterschiedlich Danzig wahrgenommen werden kann...

    Jeder Einzelne von uns kommt mit unterschiedlichem Wissen, mit unterschiedlichen Erfahrungen, Vorstellungen und Erwartungen nach Danzig. All das prägt unsere Sichtweise.

    Ich möchte einige im letzten Beitrag getroffene Aussagen nicht unwidersprochen lassen. Ich möchte ganz bewusst nicht Fakten bringen, sondern mein persönliches Empfinden darlegen.

    Zitat: "ich habe vor einigen Jahren mal ein dreiviertel Jahr in Danzig gelebt. Ein Frühjahr, einen ganzen Sommer und einen Herbst. Eigentlich wollte ich deutlich länger dortbleiben, aber im Winter empfand ich die Stadt als völlig Öde. Es ist sehr, sehr kalt und windig, einfach total ungemütlich. Vieles was Sommers geöffnet hat, ist dann geschlossen."

    Meine Antwort: Ich empfand die Stadt nie als öde. Ja, es mag kalt und windig sein, aber was der Eine als ungemütlich empfindet, sieht der Andere als angenehm frisch. Im Sommer -heute war so ein Spätsommertag- ist die Stadt überlaufen, Touristen überall, Rummelplatz pur! Die Stadt findet wieder zu sich und zu ihrer Identität wenn all dieser Klamauk vorbei ist. Zu gehören natürlich auch die Besucher, aber der ganze geschäftstüchtige Rummel der um sie gemacht wird -und den manche Touristen schätzen- der ist nicht unbedingt angenehm.

    Zitat: "Ich bin in dieser Zeit gar nicht groß rausgekommen aus Danzig, höchtens mal mit dem Schiff. Der Straßenverkehr rund um die Stadt ist wirklich eine absolute Katastrophe. Stau, viele Unfälle, rücksichtslose Fahrer, schlechte Straßen."

    Meine Antwort: Ja, das ist eben Danzig . So sehen es die Danziger selbstkritisch selber: Katastrophe, Stau, Unfälle, rücksichtslose Fahrer, schlechte Straßen und unendlich viel mehr Und doch möchte kaum einer von ihnen diese Stadt mit irgend einer anderen tauschen

    Zitat: "Die Stadt ist (vor allem ausserhalb der Saison) im Vergleich zu Deutschland sehr billig. Gemietet hatte ich nur ein Zimmer in einer WG mit drei Leuten. Dies war in Top Altstadtlage, kostete nur 60€ monatlich. Energie, Wasser, Straßenbahnkarten, alles kostet nur wenig."

    Meine Antwort: Ich weiß nicht wann das war, aber allgemein wird Danzig von seinen Einwohnern und mittlerweile auch von vielen Besuchern als ungeheuer teuer empfunden. Dies bezieht sich auch auf Energie und Wasser. Auch die Nahverkehrskosten rasen in die Höhe.

    Zitat "Dennoch: auf Dauer wird die Stadt ziemlich langweilig. Wenn der Dominikanermarkt vorbei ist und September einkehrt, wird’s regelrecht Öde."

    Meine Antwort: Stadt ist Stadt, und manche empfinden das als Mäusekäfig. Aber man kann ja auch raus. Ab jetzt, ab Ende August, wird's lebenswert. Ich brauche nicht Jubel, Trubel, Heiterkeit um glücklich zu sein. Mir reicht das kulturelle Erbe, die Landschaft, die Natur, die Ruhe. Es gibt Unendliches zu entdecken und wer willens ist zu entdecken, tja, dem wird es nie langweilig werden.

    Zitat: "Obwohl ich immer wieder gewarnt wurde, erlebte ich gar keine Kriminalität. Gerade im Vergleich zu Hamburg erscheint mir die Stadt deutlich sicherer. Ein breites, vielschichtiges kriminelles Milieu wie in deutschen Großstädten scheint gar nicht zu existieren."

    Meine Antwort: Wer keine Kriminalität erlebt, sieht sie häufig auch nicht. Ich kenne Gegenden in der Stadt, in der ich garantieren kann, dass nächtliche Besucher unliebsame Erfahrungen machen. 100%-ig!!! Die Kriminalität -vor allem (Trick-)Diebstähle, Betrügereien und Überfälle- hat sich zwar deutlich verbessert, aber sie ist nach wie sehr hoch, vor allem dort wo die Polizei nicht permanente Präsenz zeigt. Heute, zum Beispiel, war ich am Langen Markt in einer Wechselstube, gab 75 Banknoten -es waren 100% fünfundsiebzig Banknoten- zum Wechseln und die junge Dame dort zählte nur 73. Wie sie es schaffte, zwei Banknoten verschwinden zu lassen, weiß ich nicht. DAS ist mir zwar das erste Mal passiert, aber das was in früheren Jahren so manchem Forumteilnehmer geschah, füllt ganze Bände an Geschichten.

    Zitat: "Geld lässt sich im Winter kaum verdienen. Viele machen im Sommer genug Geld um den Winter komfortabel zu leben."

    Meine Antwort: Geld lässt sich außerhalb der Tourismusbranche auch im Winter verdienen. Und das was man im Sommer verdient, reicht ganz, ganz selten aus um im Winter komfortabel damit leben zu können.

    Zitat: "Das breite kulturelle Angebot westeuropäischer Städte fehlt völlig. Konzerte, Veranstaltungen, ein regelmäßiges breites Kulturleben wie in Deutschland gibt es nicht. In die Stadt kehrt einfach Alltag ein."

    Meine Antwort: Pardon, nun harter Widerspruch! Bereits in früheren Jahren zeigte ich immer wieder auf wie reich das kulturelle Angebot ist. Ob Museen, Theater, Konzerte, Kleinkunst, Galerien: Es wird UNGEHEUER viel geboten und JEDEN Tag und JEDEN Abend, ob sommers oder winters, finden sich so viele interessante Verantstaltungen -viele kostenlos-, dass man gar nicht weiß, wo man zuerst hingehen soll. Ich kann mir absolut nicht vorstellen, wie dieses auch schon früher vorhandene Angebot übersehen werden konnte.

    Zitat: "Auch werden auf Dauer einige Nachteile polnischer Lebensart deutlich. Einmal hatte ich z.B. Zahnschmerzen. Die Behandlung erfolgte nur gegen Zahlung eines dicken Schmiergeldes und ganz ohne Rechnung."

    Meine Antwort: "Polnische Lebensart"? "Schmiergeld"? Das polnische Gesundheitsystem krankt einfach. Das hat mit "polnischer Lebensart" nichts zu tun, sondern schlichtweg damit, dass das polnische Sozialsystem chronisch unterfinanziert ist. Aber wo soll das Geld herkommen. JEDER Arzt MUSSTE auch schon in der Vergangenheit für Privatbehandlungen eine Rechnung ausstellen. Heute MUSS er einen elektronisch erstellten Kassenbeleg aushändigen. Und natürlich hat man die Möglichkeit, dies bei einer deutschen Versicherung einzureichen (auch wenn dies mitunter nur einem kleinen Teil erstattet wird). Übrigens, wer keinen Krankenversicherungsschutz für Auslandsreisen abschließt sollte wissen, dass dies Risiken mit sich bringt.

    Zitat: "Was will man den ganzen Tag machen? Ich lebte von Erspartem, arbeitete also nicht. Zum hundertsten mal die Kirchen erkunden? Schon wieder den Hafen besichtigen? Andere Deutsche treffen, die ähnlich angeödet sind? Deutschland mit seinem gesellschaftlichen Leben ist weit weg."

    Meine Antwort: Wer nach Danzig kommt, sollte wissen warum. Er sollte wissen, was er vorhat, womit er sich beschäftigt, was er sehen will. Er sollte auch wissen worauf er sich einlässt. Ich habe hier Deutsche kennen gelernt, die gescheitert sind. Aber diese kamen schon gescheitert her. Die hier länger lebenden Deutschen, sowohl Arbeitnehmer als auch Ruheständler, sind hier kaum angeödet sondern integriert. Sie wissen was sie tun, sie langweilt nichts, und die meisten sind recht glücklich hier. Und: Das gesellschaftliche Leben in Deutschland mag zwar weit weg sein, aber das polnische ist ganz nah...

    Wirklich interessant, wie sich Empfindungen und Erfahrungen unterscheiden können...

    Viele Grüße aus dem Werder
    Wolfgang
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  6. #6
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    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Ausländer in Danzig treffen sich übrigens hier

    https://www.facebook.com/groups/531664423515010/

    und einen deutschen Stammtisch scheint es auch zu geben

    https://www.facebook.com/events/181320025369459/

  7. #7
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Schönen guten Morgen,

    es viele Möglichkeiten, Deutsche in Danzig zu treffen. Meines Wissens nach findet z.B. seit Jahren nach wie vor jeden ersten Mittwoch im Monat, 18:00 Uhr, im "Swojski Smak" (ul. Heweliusza 25/27 / Nähe Shoppingcenter Madison) ein deutsch-polnischer Stammtisch statt. Aber es muss ja nicht unbedingt ein "Deutschen-Treffpunkt" sein. Hier lebenden Deutschen läuft man sowieso früher oder später fast automatisch über den Weg. Es ist schon sehr reizvoll, auch einen polnischen Bekannten- und Freundeskreis aufzubauen.

    Ohne Bekannte, Freunde, ohne soziales Umfeld und ohne die Stadt und deren Angebot zu kennen kann es auf längere Zeit schon recht einsam und langweilig werden. Aber es ist möglich, relativ schnell Kontakt zu finden, da viele Polen gerade Ausländern gegenüber sehr aufgeschlossen sind.

    Viele Grüße aus dem Werder
    Wolfgang
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  8. #8
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    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    "Polnische Lebensart" ist anders als deutsch aber nicht viel. Ist gemütlicher, mehr Familie aber wenn ist anders dann weil kein Geld.

    "Schmiergeld" bei Arzt ist heute nicht mehr. Wenn dann gibt Probleme mit Prokurator. Aber wenn schnelle Behandlung bei Specialist dann oft privat oder warten. Wenn in Krankenhaus schnelle Operation, dann vielleicht noch Schmiergeld. Aber das ist sehr gefährlich, weil Arzt ist schnell in Gefängnis kommt.

    Winter ist schön und nicht öde. Ist kalt, aber in Deutschland nicht kalt und kein Wind?

    Theater und Konzerte gibt viel und vieles nicht teuer, aber wenn kein Geld dann nicht möglich. Aber viel auch nicht kostet.

    Gruß von Stogi / Heubude
    Romek

  9. #9
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    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Romek, nun frage ich mich: wie haben denn unsere Eltern in Danzig gelebt!
    Was hat Erich Normalbewohner so gemacht? Damals, als Danzig eine deutsche Stadt war?
    Doch nicht viel anderes als es heute die Menschen tun, die ihr Leben in Danzig zubringen.
    Also mein Papa Erich hat, wenn möglich, tagsüber seine Arbeit gemacht. Abends mit seinem Vater und Freunden Karten gespielt.Das tat er gern, wie ich so von den Geschwistern hörte. Ab und an wurde ein Jungchen losgeschickt, eine Kanne Bier zu holen.Wir hatten es nicht weit, Reimanns Bierstuben waren im Haus. In die Kneipe ging er wohl eher sonntags, wenn die Mutter ihn in die Kirche schickte.Manchmal konnte er das geschickt einfädeln.Dann stand er auch stundenlang am Wasser und angelte.Der Bruder wusste schon, wo er die Stulle hinbringen musste, wenn es bisschen länger dauerte.Diese Angelleidenschaft haben die Jungens später auch gehabt.
    Sonntägliche Spaziergänge waren normal.Quer durch den Wald nach St. Albrecht, nach Oliva, oder es kam Besuch von der Höhe. Nicht etwa der Heilige Geist, nein, die Tante Pauline aus Stangenwalde. Oder auch andere Freunde und Verwandte.

    Ja, und wenn es kalt war, so richtig ungemütlich in Danzig? Dann bastelte mein Vater Spielzeug für seine Kinderschar.Höhepunkte waren Kinobesuche.
    Und die Mutter Lene? Sie war die fromme Helene.Morgens, bevor die Kinder wach wurden, war sie schon in die Kirche geeilt.Wenn ein Kind wach wurde vorher, waren schon Marmeladenschnitten auf dem Tisch für sie.Und ihr Einkauf in der Markthalle war gleich auf dem Weg erledigt.
    Ob meine Eltern das Leben langweilig fanden?
    Eher wohl nicht. Es war bescheiden, anspruchslos,und viel Not war auch dabei.
    Aber die Eltern haben uns immer das Gefühl der Verlässlichkeit gegeben. Verlässlichkeit auch, was die Erziehung betrifft. Auf dem Kopf rumtanzen ließen sie sich nicht.
    Schöne Grüße, Christa
    Auge um Auge- und die ganze Welt wird blind sein.
    (M. Gandhi)

  10. #10
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Schönen guten Nachmittag,

    übrigens, einige der in den letzten Beiträgen angesprochenen Punkte fließen auch in ein Referat ein, das ich nächste Woche in dem Seminar "Integration nach 1945" in der Ostseeakademie Lübeck-Travemünde halten werde.

    Ein interessantes Thema!

    Viele Grüße aus dem Werder
    Wolfgang
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  11. #11
    Forum-Teilnehmer Avatar von RRose
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    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Hallo,
    ich kenne das Danzig von früher nicht und habe nur das Danzig von Heute kennengelernt.
    Unsere Danziger Stadtführerin erzählte uns, dass der Familienzusammenhalt ein viel engerer wäre als bei den Deutschen.
    Die Polen heiraten hauptsächlich "unter sich" und die Scheidungsrate ist geringer als bei uns in Deutschland. Mit dem Kinderkriegen haben es die Danziger wohl auch nicht so. Da soll der Durchschnitt bei 1,4 liegen.
    Sie hatte uns noch über den Handkuss berichtet, der aus Resekt und Ehrfurcht gegeben wird. Diesen gibt sie auch ihrer Großmutter.
    Herzliche Grüsse

    Christina

  12. #12
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Schönen guten Abend,

    JA, den Handkuss, mit dem wächst hier jeder Jugendlicher auf, und das ist etwas was Polen und Deutschland unterscheidet. Ich habe lange Zeit gebraucht um ihn zu richtigen Zeitpunkten, den richtigen Personen gegenüber und unvoreingenommen und als charmantes Begrüßungsritual zu geben.

    Der Handkuss, so befremdlich das in Deutschland klingen mag, drückt hier gesellschaftlich Respekt und Wertschätzung aus. Unter Fremden ist er ein Brückenbilder, unter Freunden, Bekannten, selbst mitunter bei Verwandten kann er manchmal angebracht sein. Obwohl beim letztgenannten Personenkreis eher Umarmung, (angedeutetes) Küsschen links, Küsschen rechts, Küsschen links angesagt sind. Auch unter Bekannten! Für uns Deutsche mag das befremdlich sein und ungewollte Distanz schaffen. Aber hier in Polen gibt es eine Etikette. Versehentliche Verstöße durch Nichtwissende werden übersehen, ein Beachten wird immer mit strahlenden Augen belohnt. Ich empfinde das mittlerweile als schön!

    Viele Grüße aus dem Werder
    Wolfgang
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  13. #13
    Forum-Teilnehmer
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    752

    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Guten Abend Wolfgang,
    Dein Link läßst sich nicht öffnen. Kannst Du bitte mal schauen? Danke.
    Grüße von Inselchen2008
    Meine Namens-u.Ortsuche:
    http://forum.danzig.de/showthread.php?5465-Steinchen-für-Steinchen-zum-Mosaik

  14. #14
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Jetzt müsste sich der Link "Integration nach 1945" öffnen lassen...

    Gruß,
    Wolfgang
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  15. #15
    Forum-Teilnehmer Avatar von Inge-Gisela
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    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Hallo Christina,

    wie es mit Danzigern ist, ob sie hauptsächlich "unter sich" heiraten, kann ich nicht sagen. Bei den Polen im allgemeinen hat sich einiges in dieser Beziehung getan. Ich war auf einer polnischen Hochzeit, da waren einige "Mischehen". In der Volkshochschule wundere ich mich über die hohe Beteilung der Männer am Polnischkurs. Ich erfuhr dann, dass sie entweder eine polnische Ehefrau oder Freundin haben. Vor dem Krieg war es ja normal, dass Deutsche und Polen untereinander geheiratet haben. In der Familie meines Mannes war es auch so.
    LG Inge-Gisela

  16. #16
    Forum-Teilnehmer Avatar von RRose
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    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Liebe Inge-Gisela,

    ich kenne ja nur die Aussage unserer Stadtführein, die in dem Storchenkrankenhaus in Langfuhr geboren wurde. Sie ist ca Mitte vierzig.

    In Berlin haben wir auch sehr viele "Mischehen". Das hatte aber auch andere Gründe.
    Herzliche Grüsse

    Christina

  17. #17
    Forum-Teilnehmer
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    Standard AW: Eindrücke meines Danzigaufenthaltes

    Danke Wolfgang, jetzt geht der Link.
    Grüße von Inselchen2008
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