Übernommen aus Danzig-L
Beitrag von Wolfgang am 23. November 2005

Wenn vom Turm geblasen wird...

Danziger Adventsstimmung

Von Fritz Jaenicke (Poguttke)

Miteins aus dustres Wolkendunkel,
aus Sorjen- und Novembernacht
is oben wieder mit Jefunkel
jen' altvetrautes Licht erwacht.
Scheint's wieder heit von Sankatrinen
und Sankt Marien, is eins jewiss:
Ganz deitlich sieht an de Mienen,
wer Danzjer und wer keiner is!

Wer nich am Mottlaustrand jeboren
und Danzich nich als Heimat kennt.,
dem jeht im Großstadtkrach verloren
leicht dieser Festklang zum Advent.
Er heert das nich mang das Krakehlen
wo rum er scheddern tut und jeht,
dem ollen Danzjer mecht was fehlen
wenn er das heit veseimen teet.

Denn bei die alten frommen Lieder,
da wird das Herz ihm wieder jung,
und mang de Altstadt jeht er wieder
versunken in Erinnerung.
Er lauscht, dick wird's ihm in de Kehle,
er reispert sich und schluckt tjaja,
denn pletzlich steht ihm vor de Seele
sein altes Kindheits-Danzich da.

Als noch auf Straßen nich und Plätzen
kein Auto mochumsch brillt und schnarcht
und Weihnachtsbuden, bunt von Schätzen,
sich zogen längs dem Kohlenmarcht
und Jungens (tja, der Heimatkenner
denkt jern auch daran noch zurick)
de Flaumen und de Hampelmänner
verkauft: En Dittchen Stick fier Stick!

Ma tat sich mang de Buden dricken,
staunt sehnsuchtsvoll de Wunder an,
Kick: selbst dem blauen Schien, dem Dicken
verkauft jen Jung en Flaumenmann!
So zeicht beim alten Klang der Lieder
sich heit manch Bild - es war einmal -,
heert ahmds der olle Danzjer wieder
vom turm hoch dem Adventschoral.

Er simmeliert und kann's nich fassen,
wo bloß de Zeit, de Zeit blo=DF blieb,
seitdem er mang deselben Gassen
als kleiner Bowke rum sich trieb.
So steht er da, de Lockenfille
verschwand, wie manches mehr verschwand,
und sinnend drickt er heimlich stille
in seiner Hand die Kinderhand.

Und ob er noch son feiner Pinkel,
er steht, wo de Radaune rauscht,
and=E4chtig innen Heiserwinkel,
kickt nach jen Turmlicht hoch und lauscht.
Fiehlt allerlei Jedanken jehen,
ihm durch de Danzjer Seele hier:
Wie ich hier mit mein Kind tu stehen,
so stand mein Vater einst mit mir!

Mah noch so wild ihm rings umtoben
der Gassenstreit im Spuk der Zeit,
ihm scheint jen helles Turmlicht oben
wie Leichtturmsglanz aus Ewigkeit!
Eer fiehlt im Herz, im sorjenmieden,
nei Glaubensmut und Hoffnungstrost:
Der Sturmfahrt folcht der Hafenfrieden!
Kopf hoch! Es wird all werden! Prost!