Aus "Unser Danzig", Nr. 18 vom 20. September 1962, Seite 9
Das sportliche Danzig bis 1933
von Robert Sander
Die Ruderei
Da in den Danziger Gewässern unerschöpfliche Möglichkeiten vorhanden waren, konnte die Ruderei den ältesten Danziger Sportklub aufweisen. Schon in den 80er Jahren wurde die "Viktoria" gegründet, die ihre Anregung in der engen Geschäfts-Verbindung zu Hamburg hatte. Ihr erstes Bootshaus an der Kuhbrücke, das später das Heim der Schüler-Ruderei wurde, ersetzte sie durch einen repräsentablen Neubau auf der Kämpe gegenüber dem Fischmarkt. Aus der "Victoria" ging 1891 der Danziger Ruderverein hervor, der sein schönes Bootshaus mit einem schlanken Leuchttürmchen am Hafeneingang auf der Kämpe am Kielgraben erbaute. Die Silberschränke dieser beiden Klubs in den Festsälen dokumentierten manchen sportlichen Sieg, Danziger Ruderer starteten auf vielen Regatten und schlugen sich gut. Von ihnen seien die Victorianer Paul Schönemann (vermachte in seinem Testament 100.000 Mark für ein Hallenbad), Jacob Merdes (Turnführer und Begründer des Frauenruderns) Gustav Corinth, Erich Karkutsch und die Vereinsmänner Max Sommerfeld (deutscher Einer-Meister), Otto Gericke, John Axt, Otto Fast, Carl Domanski genannt.
Auf solcher Tradition entwickelte sich im Freistaat frohe Nachfolge, die hier nur kurz gewürdigt sein kann. Ruderklub "Hansa" mit Bootshaus auf dem Gelände der früheren Johannsen-Werft Strohdeich, der "Akademische Ruderclub" mit Bootshaus an der Aschbrücke und der polnische "Club Wioslarski", der sich ein kleines aber hübsches Bootshaus am Steindamm baute.
Der Verband Danziger Rudervereine hatte seine klassische Rennstrecke vor Weichselmünde. Auf den hohen Wällen der alten Festung wurde eine Tribüne gebaut, von der man die ganze Rennstrecke, 2000 Meter, übersehen konnte. Keine andere deutsche Regatta-Strecke besaß eine solche Übersicht. Für die Feststellung genauer Zeiten wurde ein Telefon-Relais verlegt.
Eines Tages um 1910 herum kam ein Danziger Ruderer, der in Hamburg in Stellung war, in seinen Ferien in die Heimat. Der verlud auf dem Deck des Dampfers, mit dem er heimfuhr, einen eichen geklinkerten Kanadier und stellte ihn beim Ruderverein ein. Solch Fahrzeug war damals ganz neu, zum ersten Mal streichelten Paddelschläge den Wasserspiegel der Mottlau. Als er wieder nach Hamburg fuhr, blieb sein Boot in Danzig und sollte Stammvater einer Kinderschar werden, die nach dem Weltkrieg riesenhaft wuchs. Zuerst zögernd, da Holzboote noch teuer waren, dann aber unaufhaltsam, als die Industrie Faltboote und Zelte lieferte
und das "Camping" entdeckt wurde. Da gab es bald mehr Paddler als Ruderer. Die Sorge um die Boote zeitigten einen Zusammenschluß nach dem anderen. Dem "Kanuclub Danzig" (der sich dann an den Ruderverein anlehnte und sein Bootshaus auch an der Kämpe errichtete) folgten "Wanderpaddler" (Bootshaus Breitenbuck-Brücke), Post-Sportverein (am Steindamm), Schupo und andere.
Der tote Mottlau-Arm am Steindamm, an dem wir in unserer Jugendzeit noch Holzfelder mit sägenden Männern sahen, wurde Paddler-Eldorado. Neben den Bootshäusern taten sich Bootsverleiher mit Lagerständen für Paddler auf, die abseits von strenger Klub-Disziplin aufs Wasser wollten. (Im Kanuklub durfte z.B. nur im Vereinsdress mit Klubstander im Bug gepaddelt werden, und jeder gab die ehrenwörtliche Erklärung, in seinem Boot nur Schwimmer zuzulassen.) Es waren die von den Sportlern "wilde Paddler" Getauften. Nicht alle waren aber "Wilde". Diese kletterten mit Kind und Kegel ins Boot, ersetzten die Kenntnis der im Hafen nun einmal erforderlichen Wasserstraßenordnung durch Musik und die Bootslichter durch Lampions und ließen abends bei der Heimfahrt hören: der Tag war nicht alkoholfrei gewesen. Ja, es war nicht immer leicht, die Strompolizei musste schließlich eine Nummerierung der Boote vorschreiben. Das Sportamt tat, was es konnte, und hatte die Freude, dem Kanu-Verband in dem Schilfgebiet der Messina-Inseln eine Kanustation auszubauen, die das Ziel vieler Wochenendfahrten und Ferienrasten wurde.
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