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Thema: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

  1. #51
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Oft gehört:
    "Hier ist der Reichssender Königsberg, angeschlossen der
    Landessender Danzig."

  2. #52
    Forum-Teilnehmer Avatar von Antennenschreck
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallöle,
    ich meine ja auch, dass es angesichts so eines Ereignisses damals ein gewaltiges Presseecho gegeben haben sollte. Hier fehlt bis jetzt jeder auch noch so kleine Hinweis. Auch im Reich selbst ist nichts darüber zu finden. Das allein ist schon merkwürdig, wenn man das allgemeine Echo auf technische Ereignisse damals sieht. Zumindest in meinem ca. 1 GByte pdf Files von damals herrscht einhellig Schweigen zum Thema TV in Danzig. In rundfunktechnischer Hinsicht taucht Danzig dagegen hin und wieder mal auf. Da gibt es einen Betreiber des Senders und auch Angaben über das Programm. Ab September 1939 werden solche Artikel noch häufiger, aber immer noch kein Sterbenswörtchen zum Thema TV in Danzig. Ganz im Gegenteil bekommen Lazarette dort auch keinen TV Breitbandanschluss, wie im Reich in größeren Städten üblich. Irgend wie gibt es einfach keine belastbaren Quellen von damals, welche einen TV Regelbetrieb belegen könnten.

    Gruß Arndt

  3. #53
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Einen schönen guten Nachmittag aus dem Danziger Werder,

    hier funkt nicht, hier fernsehsendet nicht, aber hier internettet Jemand den das Thema brennend interessiert

    Ich fasse die neuesten Erkenntnisse noch einmal zusammen:

    - Unstrittig scheint zu sein, dass es Fernsehsendungen Ende August/Anfang September 1937 gab
    - ebenso unstrittig scheint zu sein, dass dies ein ZEITWEISER (also kein dauerhafter) Sendebetrieb war

    Es stellen sich u.a. folgende Fragen:

    - Nach welchem Kriterium wird/wurde beurteilt, welches Land den Fernseh-Sendebetrieb aufnahm?
    - War es wirklich die Mini-Empfangs-Gurke "FE IV" mit 18x24cm (mein Handy ist fast größer) vor der sich die Zuschauermassen drängten? (Hmmm, hmmm, gewisse Zweifel seien bitte erlaubt)

    Mir drängt sich der Eindruck auf, dass dies ein reiner Probebetrieb war. Einfach mal probieren, die Leute staunen lassen, Duftmarken setzen.

    Sobald sich mir die Möglichkeit bietet, werde ich in der Stadtbibliothek die Zeitungen durchforsten.

    Viele Grüße aus dem sonnigen Werder
    Wolfgang
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  4. #54
    Forum-Teilnehmer Avatar von Antennenschreck
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo,

    mit dir, Wolfgang, vor Ort haben wir die besten Chancen das Thema aufzuklären. Und wir hätten dann tatsächlich einen (wenn auch sehr) kleinen Teil der Danziger Geschichte klären können, der sich bis heute im Dunkel der Vergangenheit versteckt.
    Nun aber zu meiner Sicht, ab wann man von einem Regelbetrieb sprechen könnte:

    - bei dem Sender(n) muß es sich um eine dauerhafte Installation handeln mit festgelegten Parametern und Sendezeiten
    - jeder der will, sollte ein geeignetes TV Gerät kaufen können und dann auch betreiben.
    - der / die Sender müssen einen eindeutigen Eigentümer / Betreiber haben, seine dauerhafte Finanzierung muß klar sein.
    - es sollte ein Programmschema geben, welche vorab bekannt gemacht wird.
    - es sollte Ansprechpartner und einen klaren Weg bei Störungen für deren Behebung geben.
    - es sollte ein der Zeit entspechender Standard verwendet werden (State of the Art).

    Mir fallen da zwar noch einige Punkte mehr ein, allerdings scheinen mir diese erst mal sehr wichtig, um von einem regulären Betrieb sprechen zu können.

    Gruß Arndt

  5. #55
    Forum-Teilnehmer Avatar von Ulrich 31
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Kleiner Einschub ohne neuen Themenstart und ohne Danzig-Bezug:

    Wie hoch sind die Rundfunk- und Fernsehgebühren in europäischen Ländern? Hier die Antwort darauf > http://www.tagesspiegel.de/medien/ge...a/7660358.html.

    Hier aber doch noch etwas über die aktuellen Fernsehgebühren in Polen > http://www.digitalfernsehen.de/Zwei-...n.76096.0.html.

  6. #56
    Forum-Teilnehmer Avatar von Antennenschreck
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallöle,

    ob und wieviel das Fernsehen in Danzig damals gekostet hat, war bis jetzt hier noch gar nicht groß diskutiert worden. Ich denke eine Art GEZ hatte man damals noch nicht geschaffen. Allerdings war fernsehen auch noch nicht zur Massenseuche mutiert sondern eher einzelnen vorbehalten. Die Finanzierung der Medien lief damals irgendwie noch anders.

    Gruß Arndt

  7. #57
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Schönen guten Abend,
    hallo Arndt,

    Fernsehen war damals Phaszination. Wie Zirkus, wie Zeppelin. Es scheint, es kam und ging.

    Wie Du, Arndt, grabe ich weiter, und aufgrund Deiner Profession, Deines Wissens, Deiner Unterlagen kannst Du uns so manchen Anknüpfungspunkt mitteilen der es uns ermöglicht, weiterzuforschen.

    Es mag Zeit dauern -wie so Vieles mit Substanz- aber dieses Thema wird nicht aus unserem Fokus verschwinden bevor wir nicht ein paar mehr Antworten auf offene Fragen gefunden haben.

    Viele Grüße aus dem Werder
    Wolfgang
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  8. #58
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo in die Runde, ich bin durch einen E-Mail-Austausch mit Arndt hier gelandet und habe mich entschlossen einen kleinen Beitrag zu leisten:

    In dem oben angegebenen Zeitraum für ein (mir bisher unbekanntes) Fernsehen in Danzig fanden gleichzeitig mehrere weitere Fernsehversuche statt. Da wären:

    1. Danzig, 28. Juli bis 10. August 1937 (s.o.)
    2. Berlin, Sender Witzleben mit regulärem täglichen Programm
    3. Essen, mobiler Fernsehsender "I", Test-Programmausstrahlung von 24. Mai bis Mitte August 1937
    4. Düsseldorf, Ausstellungsfernsehen "Schaffendes Volk" von Mai bis Oktober 1937
    5. Frankfurt/Oder, Ausstellungsfernsehen "Arbeiter, Bauern und Soldaten" bis Ende 1937
    6. München, ab Mai 1937 Dauerausstellung "Fernsehen" im Deutschen Museum mit Sendungen über Lorenz-Sender
    7. Paris, deutscher Pavillon der Weltausstellung von 25. Mai bis 25. November 1937

    Die Standorte der mobilen Fernsehsendezüge "II" und "III" sind mir für den genannten Zeitraum nicht bekannt und könnten auch für Danzig in Frage kommen.

    Danzig spielte auch in den Planungen für ein Fernsehsendernetz eine gewisse Rolle. 1935 führte W. Scholz Überlegungen zu einer flächendeckenden Fernsehversorgung unter Berücksichtigung der topographischen Verhältnisse aus. Als Sendestandort wurde der Turmberg südwestlich von Danzig für eine Versorgung des Weichseldeltas in die engere Auswahl genommen.

    Quelle: G. Goebel, Das Fernsehen in Deutschland bis zum Jahre 1945

    Gruß GP

  9. #59
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo nochmal, zum Thema Fernsehgebühren habe ich auch was gefunden.

    1943 hörte sich das so an: "Rundfunkteilnehmer können ohne Zahlung einer zusätzlichen Gebühr auch Fernsehteilnehmer werden. Es ist dazu lediglich der Erwerb des Fernsehempfangsgerätes erforderlich. Hierzu ist von der Deutschen Reichspost die "Genehmigung zum Ankauf eines Fernsehempfängers" einzuholen. Ein Nicht-Rundfunkteilnehmer, der am Fernsehrundfunk teilnehmen will, muß zuvor die Rundfunkgenehmigung beschaffen".

    (Anmerkung: Die Produktion von Fernsehapparaten ist nie über Versuchs- und Kleinserien hinausgekommen.)

    Gruß GP

  10. #60
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo in die Runde,

    hallo an den Sachsen (dersachse), na das war ja mehr als nur ein Beitrag. Hier waren einige Infos dabei, welche bisher noch nicht so kamen. Aus meiner Sicht wird es im Falle Danzigs wahrscheinlich so eine Art Testbetrieb. Und durch den Krieg haben sich dann die Prioritäten etwas verschoben und TV in Danzig kam nicht mehr bis zum Regelbetrieb.

    Gruß Arndt

  11. #61
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo
    Und wieder neue Infomationen..............
    Aber für mich entscheidend und wichtig :
    Warte auf eine 1. Meldung in Zeitungen usw.
    Eine " kleine" Meldung muss es doch in Danzig gegeben haben.....?!


    Viele Grüße
    Hans-Jörg

  12. #62
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallöle,

    Hans-Jörg, wir tasten uns doch langsam vor und ich bin mir fast sicher, das Danzig TV Rätsel wird gelöst von uns. Ich habe zum Beispiel einen Artikel zum Thema Sendenormumstellung von damals und einen von heute welche sich um ein ganzes Jahr unterscheiden. Das Original nennt Anfang 1938 als Datum für die Änderung von 180 Zeilen auf 441 Zeilen. Die jetzige Veröffentlichung behauptet Anfang 1937 sei das der Fall gewesen. Hieran sieht man wie sich solche Ereignisse mit der Zeit verschieben / verändern können und deshalb müssen wir noch weiter suchen und fragen, bis dann der absolute Beweis auftaucht. Und wenn es so ein Ereigniss gegeben hat in Danzig, dann gibt es sehr wahrscheinlich auch irgend wo den Beweis dafür und wir müssen ihn nur finden.

    Gruß Arndt

  13. #63
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallöle,

    die Wahl des Turmberges (ca. 40 km Entfernung) als zukünftigen Senderstandort, zeigt das die ganze Gegend nicht gerade mit potentiellen Standorten gesegnet ist und auch in dieser Hinsicht eine Herausforderung darstellt. Ein Sendebetrieb in Danzig selber war schon deshalb sicher nur ein Provisorium um den Leuten mal was zu zeigen und als dauerhafte Variante nicht sinnvoll.

    Gruß Arndt

  14. #64
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo
    Frage wäre auch auf welcher Frequenz die Sendungen waren.....
    vermutlich wohl im VHF - Bereich ( ?) wie unser 1. Fernseher ...... 12 Kanäle...
    Leider entsorgt !
    Viele Grüße
    Hans-Jörg

  15. #65
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo,

    diese Frage lässt sich mit einiger Sicherheit noch am einfachsten beantworten. In Berlin waren es 47,8 MHz und irgend wo in der Ecke würde es wohl auch in Danzig gewesen sein, denn bis ca. 50 MHz hatte man schon Erfahrung beim Bau vom Amplitudenmodulierten TV Sendern. Man hätte sicher lieber noch etwas höher gesendet, nur war an den dafür nötigen Röhren der kommerzielle Bedarf erst einmal vorrangig. Bis Ende des Krieges hatte man für militärische Zwecke Frequenzen bis an 12 GHz erreicht. In den zwanziger Jahren waren aber 40 MHz schon fast das höchste der Gefühle. Deshalb dürften so um die 50 MHz Mitte der 30 er Jahre das Machbare für TV gewesen sein. Und heute meinen wir mit unserem WLAN auf 2,4 GHz oder 5 GHz es wäre der absolute Fortschritt.

    Gruß Arndt

  16. #66
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Schönen guten Nachmittag,

    ich erhielt gerade ein Email von Carl Narloch das ich Euch nicht vorenthalten möchte, da er auch unsere Forum-Teilnehmer ansprach:

    ".. hallo lb. Wolfgang und lb. Forumgemeinde,
    hier die ANtwort von Herrn Glinkski zum TV-Thema ;-) Er hat in den DNN
    recherchiert und mir sogar auf deutsch geantwortet obgleich ich auf
    Polnisch schrieb...
    Gruß, Carl"

    Herr Glinski war der Autor des Artikels in der Danziger Enzyklopädie. Er schrieb Carl, seine Quelle seien die in der Stadtbibliothek liegenden Danziger Neuesten Nachrichten von Juli und August 1937 gewesen.

    Ich hoffe, dass ich vielleicht nächste Woche nach Danzig komme und die Zeit aufbringen kann, in der Bibliothek vorbeizuschauen.

    Viele Grüße aus dem Werder
    Wolfgang
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  17. #67
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo Wolfgang
    Na wenn das so ist ... in " Danziger Neusten Nachrichten " eine Meldung oder auch mehr..
    dann hätten wir ja einen " Beweis" !
    Schön wäre es wenn wir davon einen " Scan" hier gekommen.
    Danke und Viele Grüße
    Hans-Jörg

  18. #68
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hans-Jörg, bitte wart's ab!!! Ich tu was ich kann, Andere auch, und natürlich auch Du! Aber jetzt sind hier in diesem Thema FAKTEN gefragt und nicht ob und wann und ob vielleicht irgendwann von irgendjemandem ein Quentchen Information zu erwarten ist. Wenn Infos da sind, DANN bitte darüber schreiben, und nicht davor!

    Sorry, in diesem Sinne ist nicht nur dieser Beitrag sondern auch (teils) mein vorangegangener Beitrag so überflüssig wie ein Kropf.

    Viele Grüße aus dem Werder
    Wolfgang
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  19. #69
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo Wolfgang
    Meine Güte - warum so übergenau !
    Habe auch Interesse an der Entwicklung
    Viele Grüße
    Hans-Jörg
    P.S . kannst diesen Beitrag auch löschen...

  20. #70
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo an alle Interessierten
    Habe heute eine Antwort von der Stelle bekommen die mir von der ARD genannt wurde.....
    Das " Deutsche Rundfunkarchiv " in Frankfurt.
    Dort war darüber nicht bekannt ..... hatten aber Interesse an der weiteren Entwicklung bei uns.
    Naja -- warten wir auf die Meldung wenn Wolfgang die " Danziger Neuesten Nachrichten " von diesem Tag im Archiv findet - Hoffe es klappt - dann hätten wir den Beweis !

    Viele Grüße
    Hans-Jörg

  21. #71
    Forum-Teilnehmer Avatar von Antennenschreck
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo,

    das zeigt uns, dass wir das Thema abklären sollten wenn es irgendwie geht. Viele haben nämlich schon irgend etwas gehört nur eben nichts genaues und jeder weiss etwas nur eben auch nicht genau.

    Gruß Arndt

  22. #72
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo Arndt
    Genau so ist es ...
    Versuche alles was ich kann - hätte noch andere Ansprechpartner.
    Aber nun ist erst einmal Wolfgang wieder dran.
    Viele Grüße
    Hans-Jörg

  23. #73
    Forum-Teilnehmer Avatar von Bartels
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo,

    zwei Anmerkungen zur Übersetzung #38:

    1. Es muss heissen: Goldenes Tor - wir kennen alle nur das Grüne,
    die Polen kennen Grünes und Goldenes Tor = Langgasser Tor.

    2. "niem. trałowce" sind m.E. deutsche Minensucher und keinenfalls Trawler,
    der eine fischt Minen, der andere Fische, beide mit Schleppgeschirr / Trawl.
    Für die sprachlichen Feinheiten muss da ein Muttersprachler ran.
    (in einem der frühen Posts war auch von einem Flottenbesuch die Rede)

    Im allgemeinen brauchen wir keinen "Beweis" mehr abzuwarten, ich denke die polnischen Forscher haben ihre Enzyklopädie gewissenhaft erarbeitet
    (und nicht bei Herrn Guttenberg abgekupfert).

    Interessant ist aber für uns:
    1. Wie wurde das Ereignis in der Tagespresse angekündigt?
    2. Wie wurde es anschliessend für die Propaganda ausgeschlachtet?
    Beste Grüsse
    Rudolf H. Böttcher

    Max Böttcher, Ing. bei Schichau (aus Beesenlaublingen & Mukrena);
    Franz Bartels & Co., Danzig Breitgasse 64 (aus Wolgast);
    Familie Zoll, Bohnsack;
    Behrendt, Detlaff / Detloff, Katt, Lissau, Schönhoff & Wölke aus dem Werder.
    Verwandt mit den Familien: Elsner, Adrian, Falk.

    http://bartels-zoll.blogspot.de/2012/07/ahnentafeln-zoll.html

  24. #74
    Forum-Teilnehmer Avatar von Ulrich 31
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo Rudolf,

    ich verstehe Zeile 1 Deiner Anmerkung 1 (#73) zur Übersetzung #38 nicht. In #38, Abs.4 werden bestimmte damalige Vorführungsorte genannt, u.a. ". . . in einem Saal im ersten Stock des Grünen Tores." "Goldenes Tor" wird in dieser Übersetzung nirgends angegeben, ginge ja auch gar nicht, weil letzteres, das Langgasser Tor, m.W. keinen zum Vorführen geeigneten Raum besitzt, einen solchen aber reichlich das Grüne Tor.

    Gruß Ulrich

  25. #75
    Forum-Teilnehmer Avatar von Bartels
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    zu 2: Michael hat inzwischen bestätigt, dass "deutsche Minensucher" die korrekte Übersetzung ist, also tatsächlich ein "Flottenbesuch"

    zu 1: Polnisch: "oraz w sali na piętrze q Złotej Bramy"


    Hallo Ulrich,

    deswegen habe ich bin ja auch sofort auf das Grüne übergeschwenkt, obwohl ich Goldenes in der Übersetzung hatte. - Der Fernseher hatte einen winzigen Bildschirm, da hat man in der dritten Reihe nichts mehr gesehen.

    Das war ein kleines Ereignis, Olympia 1936 sowieso Konserve, aber keine Konkurrenz zur grossen, tönenden Wochenschau auf der Kino-Leinwand. Mehr als 7 Pfennig konnte man dafür nicht nehmen. (Milch, Zigaretten und Kino waren einiges teurer)
    Beste Grüsse
    Rudolf H. Böttcher

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  26. #76
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallöle,

    Es scheint halt nur eine Art Vorführung oder Versuch gewesen zu sein. Zumindest sind Minensuchboote im Hafenbecken nicht gerade geeignet für einen Regelbetrieb zur TV Abstrahlung. Das erklärt eben auch das geringe Echo in der damaligen Tagespresse. Mal sehen was Wolfgang da noch so findet in den Archiven vor Ort.

    Gruß Arndt

  27. #77
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo
    Wollen wir den wirklich dies schöne Thema ohne endgültiges Ergebnis beenden....
    Wolfgang hat vermutlich noch keine Zeit gehabt im Archiv nach Zeitungen zu suchen.
    Also ich möchte gerne eine Abschlussklärung !
    Viele Grüße
    Hans-Jörg

  28. #78
    Forum-Teilnehmer Avatar von Bartels
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    Beitrag AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo Hans-Jörg,

    ausser der NS-Propaganda (vorher - während - nachher) sind eigentlich alle Fragen bereits geklärt:

    Ein zweiwöchiger Event:
    FERNSEHEN IN DANZIG 1937.

    Einen großen Beitrag zu Theorie und Praxis der Fernübermittlung von Bild und Ton hatten die Erfinder Paul Nipkow aus Lauenburg in Pommern (22. Aug. 1860 – 24 Aug. 1940 Berlin), als Schöpfer der Nipkow-Scheibe, sowie der Konstrukteur von Fernsehsende- und -empfangsanlagen, der Danziger Otto von Bronk (["von" ergänzt], 29 Feb. 1872 – 5 Aug. 1951 Berlin), der viele Jahre für die deutsche Firma Telefunken arbeitete.

    Bis 1939 zählten neben den Amerikanern (5.000 Zuschauer; der Amerikaner John Logie Baird, 1888–1946, wird allgemein als Vater des modernen Fernsehens angesehen), die Engländer (2.000 Zuschauer) und die Deutschen (einige Tausend alleine in der Region Berlin) als Pioniere des öffentlichen Fernsehempfangs.

    Die Bedeutung des Fernsehens für Propagandazwecke, sowie für die Verbreitung der Errungenschaften Deutschlands auf dem Gebiet der neuen Technologien nutzten die Nazis, darunter auch das Propagandaministerium des dritten Reiches unter der Führung Joseph Goebbels'. Auf seine Anregung hin, stellte die deutsche Post, die die Schirmherrschaft über das im Entstehen begriffene Fernsehen übernommen hatte, das neue Medium, aus Anlass der Olympischen Spiele 1936 in Berlin, und dann 1937 in vielen deutschen Städten, breiten Gesellschaftsschichten vor.

    In Danzig war die örtliche Arbeitsfront der NSDAP Organisator der Ausstrahlungen. Jedoch wurden diese von einem Team des deutschen Fernsehens vom 28 Juli bis 10 August 1937 vorbereitet - mit Hilfe von Telefon- und Funkverbindungen zum Berliner Rundfunkzentrum.

    In Danzig wurden vier grosse Übertragungswagen eingesetzt: Drei wurden auf der Speicherinsel aufgestellt, einer in der Postgasse, nahe des Telegrafenamtes in der Hundegasse 114/116, von wo eine direkte Verbindung nach Berlin bestand. Diese wurden mit Empfangsgeräten (Standorte siehe unten) verbunden, an denen aus Berlin gelieferte Fernsehgeräte der Firma Telefunken des Typs FE 4, mit einer Bildschirmgröße von 18 x 24 cm und einem Bild in schwarz-grünem Farbton, aufgestellt wurden. [zur Technik wertvolle Anmerkungen von Antennenschreck]

    Die Fernsehgeräte befanden sich im Kino UT Lichtspiele GmbH an der Elisabeth-Kirchengasse 9, wo auch die feierliche Eröffnung der Danziger Vorführungen stattfand; im Hotel Monopol in der Hundegasse 16/17; sowie kleinerem Veranstaltungslokalen in der Tischlergasse 41/42, in der Weidengasse 1a, am Vorstädtischen Graben 61 und schließlich in einem Saal im ersten Stock des Langgasser Tores.

    Die einstündigen Vorführungen fanden von 11–12, 16.30–17.30, 20–21 Uhr statt. Der Eintritt zu den Vorführungen kostete 7 Pfennige [und war damit um vieles günstiger als eine Kinokarte]. Die Zuschauer konnten folgende Filme sehen: in den Danziger Hafen einlaufende deutsche Minensucher, eine Zusammenfassung der Olympischen Spiele von Berlin 1936, sowie eine banale Komödie. - Eine Abwechslung stellten auf Zelluloid gedrehte Kurzfilme dar, die auf den Strassen Danzigs aufgenommen wurden und nach ihrer Entwicklung und elektronischer Bearbeitung per Leitung aus den Ü-Wagen an die Vorführräume übertragen wurden.

    Es fehlen weitere Informationen, ob vor 1945 in Danzig eine solche Vorführung wiederholt wurde, oder ob das Fernsehen in Danzig weitere Abonnenten hatte [technisch zu bezweifeln]. Die Entwicklung des Fernsehens wurde durch den Verlauf des 2. Weltkrieges gehemmt.

    -- Soweit die Ergebnisse jüngster polnischer Geschichtsforschung, die sich auch vollkommen mit weniger umfangreicher deutscher Überlieferung deckt.

    -- Als Desiderat bleibt: Wurde die Veranstaltung in der, damals bereits gleichgeschalteten, NS-Presse propagandistisch angekündigt und auch im Abschluss als Ereignis gewertet? - Wie hat die polnische Presse das Ereignis wahrgenommen?

    Meine Wertung ist folgende: Die Fernsehausstrahlung in der Danziger Innenstadt war ein einmaliges Ereignis (Event) zu Zwecken der NS-Propaganda. Einziges Live-Thema waren Minutenszenen von einem kleinen deutschen Flottenbesuch und von Strassenszenen, die wenige Stunden alt waren.

    Von einer Einführung eines regelmässigen Fernsehempfangs kann nicht gesprochen werden. - Als Propagandamittel war die Wochenschau in den Kinos weit wirkungsvoller.

    Danzig war zudem seit 1933 auch keine "Freie Stadt" mehr, sondern wurde in den Jahren 1933 bis 1937 vollständig gleichgeschaltet, beispielsweise durch Verbot der sozialdemokratischen Presse.
    (vgl. dazu die Bücher von Loew)
    Beste Grüsse
    Rudolf H. Böttcher

    Max Böttcher, Ing. bei Schichau (aus Beesenlaublingen & Mukrena);
    Franz Bartels & Co., Danzig Breitgasse 64 (aus Wolgast);
    Familie Zoll, Bohnsack;
    Behrendt, Detlaff / Detloff, Katt, Lissau, Schönhoff & Wölke aus dem Werder.
    Verwandt mit den Familien: Elsner, Adrian, Falk.

    http://bartels-zoll.blogspot.de/2012/07/ahnentafeln-zoll.html

  29. #79
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo Rudolf
    Stimmt - soweit war ja wohl alles klar.
    Mich interessiert nur noch die " Presse" dazu !!!!
    Da muss es doch Artikel geben ?!!!

    Viele Grüße
    Hans-Jörg

  30. #80
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallöle,

    ich habe da noch etwas gefunden. Solche Sendeanlagen könnten das damals in Danzig gewesen sein. Ich schreibe extra könnten, da hier nichts direkt von Danzig steht. Aber anbei einmal das Stück Text dazu:

    Es gelang, ortsbewegliche kleine Fernsehanlagen, sogenannte Reportageanlagen, zu bauen, die vollautomatisch, ohne Senderbedienung arbeiten. Bei nur 10 Watt Senderleistung konnten Fernsehübertragungen zwischen Kraftfahrzeugen in hügeligem Gelände bis zu 7 km, zwischen Flugzeugen sogar bis zu 300 km durchgeführt werden. Die luftdicht gekapselten, höhen- und tropenfesten Empfänger liefern helle, für Betrachtung bei Tageslicht geeignete Bilder. Die vollständige Anlage zur Fernsehübertragung, also Kamera, Sender mit allen Hilfseinrichtungen und Empfänger ist in 3 Kästchen untergebracht, die praktisch keinerlei Bedienung erfordern, wodurch sich zahlreiche neue Anwendungsmöglichkeiten ergeben.

    Reportageanlagen in Serienfertigung

    Diese serienweise hergestellten Reportageanlagen haben sich im Betrieb bewährt. Die technische Vervollkommnung der Fernsehgeräte erlaubte es, auch Probleme der Fernmeldetechnik mit den Mitteln der Fernsehtechnik zu lösen. Bei der „Schnellbildübertragung" wurde es ermöglicht, Schriftstücke und Bilder in nur V25 Sekunde durch Druck auf eine Auslösetaste fernzuübertragen, am Empfangsort photographisch zu registrieren und das Empfangsbild sodann in einer Sekunde zu entwickeln.

    Interessant ist ferner, daß es bereits im Sommer 1940 erstmalig gelungen ist, Fernsehsendungen mit mehr als 1000 Zeilen zu übertragen und dabei scharfe, brillante Empfangsbilder zu erzielen.

    Allerdings beschreibt der Artikel mehr den Zeitraum ab 1939 und weniger davor.

    Gruß Arndt

  31. #81
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallöle,

    nun mal die Frage: gibt es noch irgend welche neuen Erkenntnisse zu diesem Thema? Ich habe nun auch nicht direkt was Neues zum Thema selbst. Nur hatte ich mir mal den Spass gemacht und die Viedeo-Strecke (Koaxkabel) Berlin-München mit heutigen, vergleichbaren Erdkabeln kalkuliert. Und da wird man schon blass, wenn man die technischen Leistungen von damals erkennt.

    Streckenlänge zwischen den Verstärkern 17,5 km. Dämpfung bei 5 MHz und qkx oder 16 D Erdkabel (in den Abmessungen ähnlich wie damals) ca. 70 dB. Also 4 stufige Röhrenverstärker a 20 dB / Stufe mit Reserve und Schräglage. Ausgangspegel ca. 115 dB/uV S/N > 40 dB, für Schwarz / Weiß Video ausreichend. Aus heutiger Sicht immer noch absolut irre so was zu bauen und im Regelbetrieb zu fahren.

    Gruß Arndt

  32. #82
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallöle nochmal,

    im Vergleich dazu heute:

    Frequenzen bis 1000 MHz und aller 400m ein Verstärker max. ca. 25, dann ist das Signal Schrott.

    oder

    das Telefonkabel Frequenz bei DSL max. 2,2 MHz und länge höchstens 2,5 km, dann geht das mit der Frequenzbreite schnell in den Keller.

    Typische Installationskabel haben noch weit höhere Dämpfungen und da geht es eben nur mal bi 50m.

    Gruß Arndt

  33. #83
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    Standard Der Landes- / Reichssender Danzig

    Schönen guten Nachmittag,

    einen recht interessanten Artikel zu diesem Thema habe ich in einigen Ausgaben von "Unser Danzig" gefunden. Er wirft jedoch jede Menge neue Fragen auf. So heißt es z.B. u.a. der Landessenders Danzig sei bereit am 14.09.1926 im Telegraphenamt Hundegasse/Ecke Postgasse in Betrieb gegangen...

    Hier der Artikel aus „Unser Danzig“, Ausgaben 02-04 (Februar-März) 2006


    Der Landes- / Reichssender Danzig
    Sensationeller Fund alter Tondokumente
    Zwei Vorträge

    Dem Landesvorsitzenden des Landesverbandes Hamburg im Bund der Danziger e.V., Karl-Heinz Kluck, ist ein sensationeller Fund gelungen. Im Berliner Rundfunkarchiv konnte er alte Tonbänder und Schriftdokumente aufspüren, die nicht nur an das alte Kulturinstitut erinnern, sondern die den Landes- bzw. Reichssender Danzig noch einmal erstehen lassen.

    Der Danziger Kulturpreisträger Archimandrit Irenäus Totzke hat diese Funde und andere Materialien für einen Vortrag ausgewertet, den er am 3. Dezember 2005 in Hamburg gehalten hat. Zusammen mit dem Vortragstext einer ehemaligen Mitwirkenden bei der „Rundfunkspielschar“ des Landes- bzw. Reichssenders Danzig, Gisela Techand-Haak, erhält man damit einen außerordentlich detaillierten Einblick in die einstige Tätigkeit unseres Heimatsenders.

    Wir halten es für unsere Aufgabe, die Texte der beiden Vorträge in vollem Wortlaut zu veröffentlichen, weil sie eine hochinteressante Gelegenheit darstellen, in die Details einstiger künstlerischer Tätigkeit in der Freien Stadt Danzig - unter parteipolitischem Einfluß - Einblick zu nehmen.
    Die Redaktion "Unser Danzig"


    Vortrag von Archimandrit Irenäus Totzke
    „Geschichte des Landes- bzw. Reichssenders Danzig“

    Neben dem Fund alter Tondokumente wurden folgende Materialien verwendet:

    • Berliner Funkzeitung „Volksfunk“, Nummer vom April 1939 mit Bericht über Aufbau und Tätigkeit des Landessenders Danzig (im folgenden „LD“ genannt)-
    • Erinnerungen des Literatur-Redakteurs Pogatzki: „An der Weichsel gegen Osten - Bewegte Tage im Landessender Danzig“ (ca. 1960)
    • Erinnerungsbericht desselben Autors: „Mit dem Übertragungswagen in die Danziger Niederung“ (1967)
    • Als „Sonderbericht“ bezeichnete Erinnerungen der Redakteurin Dr. Inge Möller über die letzten Tage 1945 im Funkhaus, die sie als Typoskript in Umlauf brachte
    • Rundfunkerinnerungen des Malers Paul Kreisel, der im Nebenberuf auch Schauspieler, Schriftsteller und Rundfunksprecher war (veröffentlicht 1961 im Danzig-Kalender)
    • Notizen des technischen Rundfunk-Mitarbeiters Dipl.-Ing. Günther Hoffmann über die letzten Tage im Funkhaus sowie Antworten, die er auf gezielte Fragen eines gewissen Herrn Günther Heysing aus der Schweiz gibt
    • Antworten, die er auf dieselben Fragen des ehemaligen Rundfunk-Mitarbeiters Adolf Westing gibt (gefunden im Nachlaß von Herrn Hoffmann)


    Eine der Berliner Funkzeitungen hieß VOLKSFUNK, und eine ihrer Nummern, die vom 23. April 1939, berichtet von Aufbau und Tätigkeit des Landessenders Danzig (LD). Titel der Reportage „Und nun klingt Danzig auf“(S. 16/17). Dieser Titel ist dem Rundfunk-Programm des Danziger Senders entnommen; denn damit wurde eine musikalische Sendefolge des Danziger Landesorchesters unter seinem Dirigenten Curt Koschnick bezeichnet, die an jedem Freitagnachmittag zu hören war. Außerdem ist zu lesen, dass dieses Landesorchester jeden Morgen eine Frühstückssendung unter dem Titel „Wohl bekomm's“ bringe. Ferner wird der leuchtend rot angestrichene Danziger Übertragungswagen, auch Echowagen genannt, beschrieben. Als Zeitfunkleiter wird Fritz Koeltze genannt.

    Weiter lesen wir: Eröffnung der Rundfunk-Tätigkeit in Deutschland war 1923 in Berlin. 1927 gab es bereits 8 Hauptsender (darunter Berlin, Hamburg, Frankfurt und München) und 11 Nebensender (Münster, Dortmund, Kiel, Bremen, Nürnberg u. a.), dazu 4 „Sender im Bau“ (Köln, Aachen, Kaiserslautern und Augsburg) und 14 Studios (Schwerin, Mannheim, Karlsruhe, Weimar u. a.). Danzig gehörte zu den „Sendern im Bau“, wurde aber in der Statistik aus begreiflichen Gründen (Ausland!) nicht aufgezählt, wohl aber in der graphischen Karte gezeigt. Königsberg hatte seine Sendungen am 14. Juni 1924 aufgenommen, eine Modernisierung mit gleichzeitiger Standortänderung (Umzug in eine andere Straße, später dasselbe auch in Danzig) erfolgte am 14. März 1927.

    Der LD hatte, so liest man weiter, eine Tanzkapelle (fünf Personen), die unter Leitung von Richard Witzorky stand. Redakteur für Literatur war Günter Pogatzki. Chefredakteur für alle Wortsendungen Lothar Manhold. Verantwortlich für die Sendefolge und zugleich Pressesprecherin war Margret Baumann. Ansager war Gotthart Schultz, ständiger Rundfunk-Sprecher (d. h. angestellter und besoldeter, die anderen Sprecher, fast alle Schauspieler vom Theater, wurden von Fall zu Fall engagiert) war Erich Panzer. (Wir haben die Freude, heute seinen Sohn unter den Zuhörern begrüßen zu dürfen!)

    Als Zeitsendung gab es an jedem Montag das „Rundfunk-Echo des Wochenendes“, das unter Leitung des schon genannten Redakteurs Fritz Koeltze stand.

    Eine gewisse NS-Beeinflussung gab es, wenn auch nicht im Wortbereich, ab 1933, denn in einem Zitat von 1937, das der „Volksfunk“ bringt, heißt es: „Im Rundfunk spielen das Danziger Landesorchester unter Curt Koschnick“ (das Bild zeigt ca. 25 Mann), „daneben Musikzüge der SA und SS“.

    Erzählt wird in der Funkzeitung auch von - uns allen noch bekannten - Grenzschwierigkeiten und Schikanen, die etwa beim Beschaffen von Schallplatten und technischem Zubehör „aus dem Reich“ ständig die Arbeit behinderten.

    Als wichtigste Mitarbeiter wurden genannt:

    • Intendant des Senders: Reginald Buse.
    • Spielleiter Heinz Brede (vom Staatstheater).
    • Schulfunkleiter:Franz Hinz (mit Parteiabzeichen abgebildet).
    • Frauenrundfunk:Else Empacher.
    • Kinder- und Märchenfunk: Sigridh v. Hartmann (ebenfalls mit Parteiabzeichen).
    • Jugendfunk: Hans-Joachim Koß.


    Weiter heißt es: „Sehr oft hören wir: 'Hier ist der Reichssender Königsberg, angeschlossen der Landessender Danzig'. Dies ist eine traurige Lage: An sich müsste der Landessender den ganzen Tag über senden.“ Und es wird hinzugefügt, man bemühe sich um Besserung. In politischer Hinsicht ist der Ton des ganzen Berichtes recht polemisch. Freistaat und Freie Stadt werden z.B. immer in Anführungszeichen gesetzt, und es wird betont, dass es sich in Wirklichkeit um ein „Zwangsgebilde“ handele. Die Notwendigkeit „baldiger Veränderung“ wird derart betont, dass man meint, zwischen den Zeilen schon den Krieg herauszuhören.


    Auf S. 16/17 wird von einer Übertragung aus der KdF-Halle Weichselmünde berichtet (die es also schon vor dem 1. September 1939 gab!) und von einer Probe des Musikkorps der Schutzpolizei unter Ernst Stieberitz „in der Reitbahn der Husarenkaserne in Langfuhr“. (Die Kaserne befand sich in Wirklichkeit aber nicht auf der Reitbahn, sondern in Hochstrieß!) Gesagt wird auch, dass Stieberitz sich „im Reich“ bereits einen Namen gemacht habe. Erzählt wird auch, dass der LD in Deutschland keinen guten Ruf habe. Er gelte als „oberflächlich“ und sei nur auf „Massenarbeit“, d. h. auf allzu einfache Sendungen ausgerichtet. Bald solle er aber mehr Feinarbeit leisten. Gut beurteilt werden allerdings die Sendereihen „Tore, Türme, Giebel“, „Im Schritt der Zeit“ und „Kennst du deine Danziger Heimat?“ Unter „Feinarbeit“ ist wahrscheinlich „mehr NS-Ton“ gemeint. Berichtet wird deshalb vom Einsatz des dem RAD (Reichsarbeitsdienst) nachgebildeten „Danziger Arbeitsdienstes“ im Hafengebiet.

    Weiter heißt es, dass technische Geräte wegen der genannten Grenzschwierigkeiten nicht nur schwer zu beschaffen seien, sondern durch den Zoll auch sehr verteuert würden. Ein Volksempfänger z. B. (von anderen Radiotypen wird interessanterweise gar nicht geredet) koste in Danzig 180 Gulden (damals 90 RM), „im Reich“ dagegen nur 65 RM. - Die Zahl der Hörer steige aber: Im Augenblick seien 51 000 Rundfunkteilnehmer gemeldet.


    Der nächste Autor, der uns beschäftigen soll, ist der schon genannte Günter Pogatzki. Bis zum 1. September habe ein hervorragendes Arbeitsklima geherrscht. Besonders gelobt wird Intendant Reginald Buse als ein dem Schöngeistigen zugewandter „Nicht- Pg.“ (Nicht-Parteigenosse), der deswegen von Berlin immer wieder als „reaktionär“ betrachtet worden sei. Pogatzki selbst war Redakteur der sonnabendlichen Sendung „Leg in den Schoß die Hände“. Von allen deutschsprachigen Sendern sei Danzig - speziell nach dem Anschluß Österreichs 1938 - der einzige nichtparteikontrollierte gewesen. Diese Haltung brachte Buse aber noch vor dem 1. September zu Fall. Schon ab August 1939 begann eine, so der Autor, vom Gauleiter gesteuerte Gleichschaltung des Rundfunks: Alle Eigensendungen aus Musik und Literatur mussten durch Übernahmen vom Reichssender Berlin, möglichst politischen Inhalts, ersetzt werden. Außerdem wurden Pg's eingeschleust. Buse wurde durch den militanten Antisemiten Wolfgang Diewerge ersetzt. Die wichtigste Redaktion wurde nun der Zeitfunk. Alle Redakteure, speziell die von Musik und Literatur, wurden verpflichtet, Zeitfunksendungen (und das hieß nach dem 1. September: „Krieg und seine Folgen“) zu machen. Wer das ablehnte - und das waren fast alle - wurde fortan mit niederen Aufgaben (Ansage- und Sprecherdienst) beschäftigt. Die eigentlichen Redaktionsarbeiten wurden von - so Pogatzki - „NS-Rabauken“ übernommen, an ihrer Spitze Karl-Heinz Boese, der binnen kurzem Diewerge ablöste und noch schlimmer als jener gewesen sei. Er betrat das Funkhaus nur bewaffnet und hatte stets eine SS-Leibwache um sich. Noch am 1. September wurde von Gauleiter Forster persönlich der Landessender in Reichssender umbenannt und damit allen anderen Reichssendern gleichgeschaltet. Kulturell sank er - so der Autor - zur Bedeutungslosigkeit herab, da fast alle Sendungen von Berlin diktiert wurden. Fritz Jaenicke sagte deshalb zu Pogatzki noch im Jahre 1939: „Im Sender weht Totenluft.“ Und Stieberitz 1943 an einem Nachmittag im Cafe Brunies: „Danzig ist tot. Seine Totengräber sind die Nazis.“

    Unser nächster Autor ist Dr. Inge Möller, eine von uns nicht näher bestimmbare Mitarbeiterin des Danziger Rundfunks. Sie berichtet in einem „Sonderbericht“ - es ist unbekannt, wo sie ihn veröffentlicht hat - über die letzten Tage im Funkhaus, besonders über die pathologische Haltung des letzten Intendanten (ab Winter 1944) Harry Moss, der jede Flucht und jede Räumung ablehnte, weil er immer noch (März 1945!) an den „Endsieg“ glaubte. Sie berichtet von der langsam sich der Stadt nähernden Roten Armee, von zunehmenden Bombardierungen und Granatenbeschuss und schließlich von der dann doch erfolgenden Flucht aus den - anfangs noch sicheren - Kellern des Funkhauses, das als Post- und Telegraphengebäude gut unterkellert war. Über Bohnsack und Hela ging es gen Westen.

    Unser dritter Autor, Paul Kreisel, erzählt im Danzig-Kalender 1961 von den Anfängen des Landessenders (LS) i. J. 1926: Die ersten Senderäume waren im Haus Hundegasse/Ecke Postgasse. Der erste Direktor (den Intendantentitel führte er noch nicht) war Otto Normann, ein Schauspieler vom Staatstheater; der erste Kapellmeister war Otto Seiberg. Aus einem „mittelgroßen Raum“, so Kreisel, kamen sämtliche Sendungen, Wort und Musik, und natürlich war alles „live“. „Im Laufe der Zeit“ - Kreisel schreibt nicht genau wann - „wurde der Sender nach dem Winterplatz verlegt, wo er bis zum Schluß war.“ Hier gab es einen größeren Senderaum, und es konnte demzufolge auch ein größeres Orchester spielen. Als Vorläufer des heute üblichen Tonbandarchivs wurde ein Plattenarchiv angelegt. Als Sprecher literarischer Sendungen wurden folgende - uns noch gut bekannte - Persönlichkeiten eingeladen: Gustav Nord, Karl Kliewer, Carl Brückel, Hans Söhnker, dazu der junge Dichter Martin Damß und der kommende Erste Dirigent Curt Koschnick. Kreisel selbst wirkte in mehr als 60 Sendungen als Sprecher mit. Auch stammte das erste Hörspiel von ihm. Es war ein Kriegsdrama und hieß „Alarm“, Autor waren Paul Kreisel und zwei Kriegskameraden. Die Ansage beschränkte sich auf den Titel des Stücks. Autor und Mitwirkende, geschweige denn Techniker, wurden nicht genannt. Das Honorar hieß „Aufwandsentschädigung“ und betrug pro Person 20 Fl. Abschließend meinte Kreisel: „Manche Sendungen damals, obgleich unter unglaublich primitiven Umständen zustande gekommen, hatten mehr Tiefgang als manche heutigen, bei denen Dutzende von Technikern beschäftigt sind.“

    1967 veröffentlichte Günter Pogatzki noch einmal Erinnerungen (es ist nicht bekannt, in welcher Zeitschrift, nur die Kopie ist erhalten), diesmal unter dem Titel „Mit dem Übertragungswagen in die Danziger Niederung“. Während Kreisel vornehmlich aus den Anfängen des LS erzählt, berichtet Pogatzki über eine Niederungsfahrt im Juli 1939. Es sollten Aufnahmen für eine Sendung unter dem Titel „Landschaft jenseits der Stromweichsel“ gemacht werden. (Es gibt in Danzig zwei Weichselarme: die „Tote Weichsel“ und die „Stromweichsel“.) Wie er erzählt, gab es damals zwei Aufnahmeverfahren: Schallfolienschnitt für nicht aufbewahrenswerte Sendungen (z. B. Zeitfunk) und Wachsplatten für Archivaufnahmen. (Im Archiv waren außerdem, wie schon erwähnt, eingekaufte Schellackplatten für Konzertsendungen). Das Tonband wurde erst, so Pogatzki, „einige Jahre später“ erfunden (genau genommen war es 1940 in Berlin).
    Das Team umfaßte fünf Personen: den Zeitfunk-Redakteur Fritz Koeltze, dessen freien Mitarbeiter Dobberkau, den Autor Günter Pogatzki und zwei Techniker. Mit von der Partie war Gymnasialprofessor Konrad Lakowitz, damals 81 Jahre alt, der über Fauna und Flora des Weichsellandes berichten sollte. Ähnlich wie Kreisel erzählt auch Pogatzki von akustischen Tricks, mit denen man den Zuhörern etwas vorzauberte: Z. B. musste eine in eine Blechwanne ausgegossene Gießkanne einen Regenguss vortäuschen, musste ein geschwungenes nasses Bettlaken eine Fahrt auf hoher See vorgaukeln oder mimten, wie er erzählt, die drei Teilnehmer der Fahrt in die Niederung in einer Kneipe mit Hilfe von viel Messer-, Löffel- und Tellerklappern, dazu vielen Hallorufen und Lachen in allen Tonarten, wozu obendrein ein altes Orchestrion seine schaurigen Weisen erklingen ließ, ein zünftiges Volksfest. Der alte Professor Lakowitz musste außerdem ab und zu mit dem Teelöffel an seine Kaffeetasse schlagen, um „zahlreiches Publikum“ zu simulieren.

    Weiter ging die Fahrt durch den Steegener Wald zu dem Gut Froese, wo es einen großen Gartenpark zu bewundern gab, zum Bauernhof Schönbaum und zu der im gleichnamigen Dorf stehenden Kirche mit schöner Orgel, vorbei an Letzkau und Stüblau nach Güttland, wo die Herren das Geburtshaus von Max Halbe suchten, es aber verschlossen fanden. Wieder zu Hause angekommen, faßten sie den Plan, für ihre Sendung noch die Hochschul-Professoren Otto Kloeppel und Erich Keyser einzuspannen.

    Hierzu ist es wichtig zu wissen, dass es damals in Danzig - aus verschiedenen Gründen - jedes Jahr eine sog. „Deutschkundliche Woche“ gab, die unter der Leitung von Kultussenator Strunk stand und in der Koryphäen der Wissenschaft in der Aula und im Audimax der TH Vorträge zu allen möglichen Themen aus deutscher Wissenschaft und Kunst hielten. Von daher kannte Pogatzki die beiden Professoren und bat sie nun, für die Sendung je zehn Minuten wissenschaftliche Kommentierung zu Fragen der Vorlaubenarchitektur und der Deutsch-Ordens-Geschichte zu liefern. - Ausgestrahlt wurde die schöne Sendung aber erst acht Monate später, im März 1940, als die meisten Menschen sich mehr für Wehrmachtsberichte als für Heimatkunde interessierten.

    Eine weitere Informationsquelle, die uns vorliegt, sind handschriftliche Notizen von Günter Hoffmann, einem technischen Mitarbeiter des LS, sowie kurze Auszüge aus einem Briefwechsel zwischen ihm und zwei uns heute unbekannten Personen. Ähnlich wie Dr. Inge Möller - die auch er erwähnt - erzählt Günter Hoffmann über die letzten Tage im Danziger Funkhaus. Er notiert:

    25. März 1945 (Palmsonntag)
    08.30: Ü-Wagen nach Neufähr mit Frau Moss und Frau Dr. Möller
    09.30: Antenne beschädigt. Moderation (also noch am 25. März!) nur noch per Drahtfunk und Schallplatten möglich.
    13.30: Abfahrt nach (?) Neufähr. Dauernder (Granaten-)Beschuß und Tiefflieger.
    17.30: Erste Flächenbrände (in der Stadt). Besprechung über (mögliche) Absetzung der Gefolgschaft.
    20.30: Abrücken mit drei Mitarbeitern (in die Stadt).

    26. März 1945
    Gegen Morgen schwerster Beschuß. Ausfall von Gas, Licht und Wasser. Die Stadt brennt.
    10.30: Besprechung Intendant und SS-Wache. Aufgabe des Hauses und Abmarsch nach Bürgerwiesen.

    27. März 1945
    01.00: Abmarsch nach Bohnsack, Ankunft 4.30.
    05.30: Weiter nach Wordel und Kronenhof, Ankunft 8.00.

    28. März 1945
    Warten in Kronenhof. Gegen Abend Bescheid vom Stab: Warten.

    29. März 1945
    8.00: Abmarsch von Kronenhof (zurück) nach Wordel. Ankunft 9.00.
    9.30: Bescheid: Lindberg zum Stab; Moss, Westing, Post und Hoffmann zur 23. Inf.Div. nach Gottswalde. (NB: Einzige Erwähnung Erich Posts in allen Erinnerungen!)
    10.00: Abmarsch nach Bohnsack. Ankunft 12.00.
    Rast im Kurhaus. Unterkunft in Fischerhäusern.

    30. März 1945
    Vormittags: Westing zur Kommandantur. (Frage: was tun?)
    17.00: Genehmigung zur Reise nach Hela. Von dort über Kopenhagen nach Hamburg. Ankunft 9. April. Meldung im dortigen Funkhaus.
    (Anmerkung: Alle ergänzenden Klammerzusätze stammen vom Referenten. Bzgl. des 26. März ist nicht klar, wo die Besprechung stattfand. Sicher aber nicht mehr im Funkhaus. - Auch könnte es unter dem 25. März heißen: „13.30: Abfahrt von Neufähr. Die innere Logik wäre überzeugender; denn dann wäre die Hinfahrt am Vormittag und die Rückfahrt am Nachmittag erfolgt.)

    Nun hören wir Auszüge aus dem Briefwechsel Günter Hoffmanns mit dem in der Schweiz lebenden Günther Heysing aus dem Jahre 1970. Es ist unbekannt, welche Verbindung dieser zum Danziger Rundfunk hatte. Der Briefwechsel ergibt u. a., dass Zeitfunkredakteur Koeltze noch nach dem Kriege am Leben war, ja nach unbestätigten Meldungen noch heute am Leben ist.

    Aus Antworten, die Hoffmann auf gezielte Fragen Heysings gibt, erfährt man noch folgendes: Günter Hoffmann kam erst 1936 zum LS und war dann August 1939 bis Mai 1940 bei der Marine, so dass er die sehr wichtigen Tage ab 1. September 1939 nicht im Funkhaus erleben konnte.

    Aus der Geschichte des Senders aber erfährt man: Der LD existiert seit 1926.

    • Er unterstand dem Senat (Kultusressort).
    • Leistung des Senders betrug nur 1 kW. Hörbereich war allein der Freistaat.
    • Es gab eine eigene Funkzeitschrift namens „Danziger Rundfunk“.
    • Zusammenarbeit mit Königsberg war anfänglich sehr eng: 25 Prozent der Sendungen stammten aus Königsberg, aber auch umgekehrt 25 Prozent aus Danzig. Ebenso belieferte Danzig die anderen Reichssender laufend mit eigenen Sendungen.
    • Bis 1945 hatten alle Sender ab und zu Sendepausen. In Danzig waren das:1936:vormittags von 10 bis 12, nachmittags von 14 bis 16 Uhr.Programmende war 22 Uhr
    • Ab 1939 gab es keine Nachmittagspause mehr, und das Programm endete um 24 Uhr.
    • Personalzahl 1936:ca. 90 Personen.
    • Stolp war ab 1940 Nebensender von Danzig.
    • Bei der Propagandakompanie waren Koeltze und Paris tätig.
    • Sendeleiter war ab 1940 Wilhelm Hartseil.
    • Der von Günter Pogatzki äußerst negativ beschriebene Nazi-Intendant Boese fiel 1941 einem Autounfall zum Opfer.


    Dieselben Fragen beantwortet der ehemalige Rundfunk-Mitarbeiter Adolf Westing folgendermaßen (wobei wir Fakten, die schon Hoffmann nennt, auslassen). Westing gibt an, schon vor 1926 an der Planung eines Senders in Danzig beteiligt gewesen zu sein. Die Fragen selbst beantwortet er wie folgt:


    • Eröffnung des LD am 14. September 1926 im Telegrafenamt Hundegasse/Ecke Postgasse.
    • Erster Direktor war Otto Normann, Oberspielleiter am Theater. Später wurde er Intendant am Zoppoter Theater.
    • Das technische Material für den Bau des Senders kam aus Berlin.
    • Die Programmgestaltung erfolgte - offensichtlich aus kulturpolitischen Gründen - von Anfang an, also schon vor der „Machtergreifung“, in Absprache mit der Reichsregierung, repräsentiert durch den Reichssender (RS) Königsberg. Von allen Reichssendern mussten ca. 20 Prozent (Hoffmann: 25 Prozent) Sendungen übernommen werden. Umgekehrt ebenfalls. Die ersten Sendezeiten waren 1926: 10-14, 17-22 Uhr (vgl. Hoffmanns Angaben über Sendepausen). Im Jahre 1939 lief das Programm von 6-24 Uhr.
    • 1926 hatte der LS nur zwölf Mitarbeiter.
    • Diewerge war der erste Direktor mit dem Titel „Intendant“. Vorher hießen die Rundfunk-Direktoren „Künstlerischer Leiter“. (Der „Volksfunk“ schreibt „Direktor“, was auch sinnvoller erscheint, da ein Direktor sich nicht nur mit künstlerischen Sachen befaßt.) Diewerge war nur zwei bis drei Monate im Amt. Nach ihm kam Karl - Heinz Boese (s. o.).
    • 1935 war der Umzug an den Winterplatz. Hauptsenderaum aber verblieb in der Hundegasse (vgl. Kreisel). In der gleichen Zeit versuchte Berlin die erste Unterwanderung des Senders durch einen Nationalsozialisten aus Berlin namens Erdmann. Doch der Senat verwies ihn „wegen ungebührlichen Betragens“ des Landes.
    • Der Sender Stolp verfügte über 5 kW.
    • Im August 1939 (!) wurde ein fahrbarer Sender auf dem Bischofsberg aufgestellt, der mit Hilfe von Volksdeutschen in polnischer Sprache systematische Desinformation betrieb.
    • Jeder Technikeinsatz erfolgte ab 1939 (also bereits zur reichsdeutschen Zeit) nach Disposition der Technik Hamburg (die wohl entwickelter, d.h. moderner war).
    • Private Einzelingenieure - sieben werden namentlich genannt - konnten vom RS außer Dienst gestellte Technik käuflich erwerben.
    • Das neue Personal nach 1939 wurde größtenteils durch Boese von Berlin angefordert. Sie kamen und fielen durch ihr überhebliches Benehmen und durch ihre Ignoranz - sie dachten, sie seien „nach Polen“ gekommen! - dermaßen unangenehm auf, dass das gesamte bisherige Personal - nicht nur aus politischen, sondern vornehmlich aus menschlichen Gründen - zu ihnen auf Distanz ging.
    • Thorn wurde zeitweise als Nebensender von Danzig geführt.
    • Ohne inneren Zusammenhalt zählt Westing weiter auf:1940 gab es einen Sendeleiter (Intendant?) Thürmer. Ein gewisser Hübner war bis 1943 unter ihm Abteilungsleiter (es wird nicht gesagt, wofür). Nachfolger Thürmers war bis 1943 ein gewisser Hartseil aus Hamburg, danach Heinz v. Fehrenteil. Letzter Intendant - ab Winter 1944 - war Harry Moss, nachdem Fehrenteil eingezogen worden war.
    • Am 1. und 2. Februar 1945 trafen die Mitarbeiter des RS Königsberg mit ihrem Intendanten Lau ein. Sie wurden nach Deutschland weitergeleitet. Nach Ausfall Königsbergs arbeitete noch eine Zeitlang der Nebensender Heilsberg. Er wurde von Danzig aus mit Programm versorgt.
    • Der Sender Danzig selbst gab am 26. März 1945 seinen Dienst und damit seinen Geist auf. - Für immer?


    Eine merkwürdige Geschichte wird von einigen wenigen Danzigern erzählt. Am 26. oder 27. März 1945 habe es plötzlich im Rundfunk geheißen: „Achtung - Achtung. Hier ist der Landessender Danzig.“ Und es sei ein Kurzbericht über die katastrophale Lage der Stadt erfolgt. Stimmt das? Waren das vielleicht die als Nicht-Nazis bekannten Pogatzki und/oder Hoffmann? Oder ein unerkannt Zurückgebliebener? Gleichzeitig erzählten die Menschen, die dies gehört haben, dass sich in der Stadt eine aus der Verzweiflung geborene utopische Stimmung ausgebreitet habe, die Russen würden die Stadt verschonen, da sie ja nicht zu Deutschland gehöre, sondern Freie Stadt sei. Der Rundfunk habe dies soeben angedeutet.

    Ist es Zufall oder Schicksal? Der Danziger Rundfunk entsteht knapp nach der Geburt der Freien Stadt und endet mit ihrem Untergang. Doch sterben beide nicht gleich und ganz, denn de jure beendete die Stadt als Staat ihre Existenz niemals, sondern besteht bis heute, und auch der Landessender Danzig lebt in seinen noch lebenden Zeitzeugen de jure weiter. Wie lange noch? Ohne in juristische Gedankenspielereien zu verfallen, scheint eins heute abend deutlich geworden zu sein: In Hamburg wurde der Landessender für ein paar Stunden de facto wieder lebendig!



    Vortrag von
    Gisela Techand-Haak
    „Erinnerungen an meine Tätigkeit beim Danziger Rundfunk“

    Ich heiße Gisela Techand, geb. Haak, und verlebte meine Kindheit in Gottswalde, Danziger Niederung, bis 1935. Wir waren zu Hause fünf Kinder, mein Vater war Lehrer und ließ sich nach Danzig versetzen, damit wir Kinder „die höhere Schule“, wie es damals hieß, besuchen konnten.

    Ich kam in die Viktoriaschule. Bei der Aufnahmeprüfung fiel ich im Deutschen durch meine guten Grammatikkenntnisse und im Fach Musik durch meine, so hieß es, „wunderschöne, hohe und helle Stimme“ auf.

    Meine neue Schulfreundin sagte: „Du, wir könnten Deine Stimme im Mädchenchor der Rundfunkspielschar unseres Landessenders brauchen, komm doch mal mit.“ Ich tat es, löste nach dem Vorsingen Begeisterung aus und wurde sofort mit zwölf Jahren BDM-Jungmädel in der Rundfunkspielschar. Ich war stolz auf das schwarz-weiße Dreieck mit dieser Aufschrift, das den Oberarm links auf der braunen Kletterweste zierte, die ebenso wie die kurzärmligen weißen Blusen zur BDM-Uniform gehörte.

    Zunächst war der wohl kurz zuvor gegründete Jungmädelchor unter Leitung von Sigridh v. Hartmann noch nicht genügend „rundfunkperfekt“, und so machte die Chorleiterin „Kindersendungen“ ohne Gesang. Ich durfte nun jede Woche im Kinderfunk den Kindern Geschichten vorlesen! Ich wurde schnell selbstsicher und wurde stets von den „Sendekollegen“ herzlich begrüßt, etwa „Da ist ja unsere Kleine“. (Das „Kleine“ passte mir Kleinen aber nicht so recht.) Ich wurde dann im Sendestudio eingeschlossen und nahm am Sitzpult Platz, auf dem das silberne Mikrophon stand. Draußen ging über der Tür das rote Licht an: „Achtung. Sendung.“ Ich sah hin zum Techniker in seinem Glaskasten, und er nickte mir zu: Beginnen!

    Ich begann: „Hier ist der Landessender Danzig mit dem Kinderfunk.“ Später kam dann noch der Jugendfunk hinzu, und ich sagte auch den an. Inhalt der Sendungen waren Geschichten, Märchen (mit oft spaßigen Einlagen), nie aber Politisches! Beim Märchen „Schneewittchen“ musste ich mit dem Lied „Schneewittchen hinter den Bergen bei den sieben Zwergen“ leise singend beginnen.

    Wir probten fast täglich mit dem Chor. Ich aber wurde bald auch in Hörspielen eingesetzt, die durch die mitengagierten Schauspieler vom Staatstheater anspruchsvoller als die Kindersendungen waren. Und mit uns Kindern probten die Schauspieler gern!

    Im Sendesaal, der im übrigen, verglichen mit heutigen Rundfunksälen, recht primitiv aussah, sah das dann so aus: Zwei Darsteller mussten sich immer ein Mikrophon teilen. Wir standen davor mit den Blättern in der Hand, absolute Stille war angesagt, kein Umblättern, keine Bewegung! Meine Freundin Dora Schütz musste die musikalische Hintergrundmusik am Klavier machen. Erst 14 Jahre alt, spielte sie schon fabelhaft! Aber sie musste nicht nur Klavier spielen, sondern auch Geräusche nachmachen. Z.B. wenn der Märchenprinz über den See galoppierte, musste sie mit der Zunge schnalzen; das Knarren alter Schlosstüren machte sie mit dem Schließen eines alten Handarbeitskorbes nach und die Wellen im See mit Plätschern in einer Waschschüssel. So etwas war auch immer Grund zur Albernheit: Die Schauspieler standen gebeugt mit der Hand vor dem Mund, vor oder unter dem Mikrophon, um das Lachen zu verbeißen. Nur das Drohen des Technikers ließ es erstarren! Dies Verbeißen war aber für uns „Kleine“ schwer - denn Gustav Nord war dabei!

    Ich erinnere mich auch an Sendungen mit Dichtern dieser Zeit: Erich Post, Martin Damß, Rudolf Kienau, Josepha Dereus-Totnol und Agnes Miegel. Erich Post war ein sehr lustiger, stets zum Scherzen mit uns aufgelegter Mann. Wenn er seine Gedichte vortrug, bewunderten wir ihn! Martin Damß dagegen war zurückhaltend und uns jungen, selbstbewussten Mädchen gegenüber schweigsam lächelnd.

    Es gab auch mal ein Wettsingen: Wer ist die beste Sängerin in Danzig und Umgebung? - Die Wahl fiel auf mich, und von dem Konzert, das man veranstaltete, wurde sogar eine Schallplatte gemacht. Sie war, so erinnere ich mich, aus lila Wachs und konnte leider nur einmal pro Exemplar gespielt werden. Natürlich gab es für Solosängerin und Solosprecherin auch eine Gage, die musste ich aber gleich nach Empfang bei der BDM-Leiterin v. Hartmann abgeben! Sie sagte: „Du bist hier nicht etwas Besonderes, Du bist ein Glied der Gemeinschaft - das gehört uns allen!“ Ich akzeptierte das zunächst.

    Aber ca. 1937 wurde ein gemischter Chor aus Hitlerjungs und BDM-Mädchen gegründet. Und da wagten wir von dem inzwischen konzertreif ausgebildeten Mädchenchor, uns dagegen aufzulehnen! Wir sonderten uns nach und nach von diesem Chor ab, weil eine neue Chorleiterin, Ilse Steffens, von Stuttgart kommend, den Mädchenchor übernahm. Nun entspann sich ein fast feindlicher Wettbewerb zwischen Mädchen- und gemischtem Chor, zumal die Chöre vom Landessender in größere oder kleinere Konzerte, die z. T. sogar öffentlich waren, eingebaut wurden. Das bedeutete aber ständige Proben, schon gleich nach Schulschluß bis in die Nacht hinein! Meine Mutter sagte: „Schlag Dir ab sofort Dein Bett im Landessender auf!“

    Deswegen möchte ich von einem Konzert mit dem großen Rundfunkorchester erzählen, an das ich mich erinnere und das, aus heutiger Sicht betrachtet, etwas kurios wirkt. Ich war ja nur 1,60 m groß und sang zunächst, vom Orchester begleitet, aus der Oper „Hänsel und Gretel“ die Solostelle „Der kleine Sandmann bin ich“ und dann mit meiner Schwester, die viel größer als ich war, das Abendgebet „Abends wenn ich schlafen geh“. Ich musste dabei auf einen Stuhl steigen, um an das Mikrophon, das für das Orchester und für meine Schwester höher gestellt worden war, heranzureichen!

    Ein zu berichtender Höhepunkt war die Reise nach Berlin zur Rundfunkausstellung im Jahre 1937 (oder 1938). Beide Chöre waren zusammen mit allen gemeldeten Chören der Sender des Deutschen Reiches zu einem großen Chorwettsingen in den großen Sendesaal des Berliner Rundfunks eingeladen worden. Wir aus Danzig wurden als „Auslandsdeutsche“ besonders hofiert, herausgestellt und empfangen. Da schwang bewusst schon Nazipolitik mit, was mir aber erst später klar wurde. Jedenfalls aber half es uns - dem Mädchenchor - bei dem großen Ringen um eine Genehmigung, beim Wettsingen mitsingen zu dürfen, berücksichtigt zu werden. Die vom Landessender gestellten Sendebegleiter setzten sich für uns kämpferisch ein und erzwangen, dass die Programmleiter uns wenigstens anhörten! Wir sangen ein (mir heute nicht mehr geläufiges) Nachtigallenlied, ich sang die kolorierende Oberstimme darüber, und so ersangen wir uns eine Sondereinlage im Wettbewerb der gemischten Chöre, d.h., wir durften als Mädchenchor das Konzert konkurrenzlos eröffnen! Nach diesem Erfolg wurden wir vom Landessender auf Reisen nach Köln, Königsberg und Hamburg zu Rundfunksendungen verschickt, und überall hatten wir tolle Erfolge und Erlebnisse.

    1939 begann der Krieg, der Landessender wurde in Reichssender umbenannt - und Politiker begannen nun, die Sendungen zu bestimmen. Ich erinnere mich an die Sendung „Die Danziger Jugend gratuliert dem Führer zu seinem 50. Geburtstag mit deutschem Volksliedgut“. Nun wurden wir von der Reichsjugendführung Berlin bevormundet und wurden als Truppenbetreuer mit Chorabenden und Sendungen eingesetzt, nicht nur im Sendesaal, sondern z.T. auch in der Öffentlichkeit vor Soldaten. Und das nicht nur in Danziger Lazaretten, sondern auch im Hafen auf Kriegsschiffen, ehemaligen Luxus-Passagierschiffen, z. B. der Cap Arcona, ferner in Holland, der Tschechoslowakei, Frankreich und Polen - immer als Truppenbetreuer und -unterhalter.

    Ein Erlebnis davon: Holland, Oktober 1940, kurz nach der Bombardierung Rotterdams durch die deutsche Luftwaffe. Ich hatte meinen Eltern die Erlaubnis zur, wie es hieß, „Reise auf eigene Gefahr“ abgerungen. Wir sangen in den Schützengräben - ich mit Kehlkopfmikrophon solo - für die jungen Soldaten. Bei Fliegeralarm und -angriffen begriffen wir Mädels, was Krieg eigentlich heißt! In Den Haag fand (im Opernhaus oder in einer Konzerthalle) ein Konzert für ungefähr, so sagte man uns, 2.000 Soldaten statt. Ich war nun 16 Jahre alt und sang u.a. „Wenn ich ein Vöglein wär und auch zwei Flügel hätt, flog ich zu dir“. Ergriffen von der erst hier in Holland richtig gewonnenen Erkenntnis, was Krieg bedeutet, sang ich die dritte Strophe traurig: „Wenn ich erwachen tu (flüsternd), bin ich allein.“ Dies war für die Soldaten so eindrucksvoll, es galt ja ihnen! Der Beifall begann erst nach einer Stille, zögerlich, dann befreiend, tosend, und sie warfen Blumen und Zettel mit ihren Feldpostadressen auf die Bühne.

    In Danzig wurden wir vom Sender weiterhin eingesetzt, jetzt z.B. bei Hochzeiten von führenden Persönlichkeiten im Artushof, in Marienwerder und in Pillau in Lazaretten - wo immer Soldaten vor Fronteinsätzen erfreut werden sollten. Ich hatte inzwischen mit 17 mein Abitur gemacht, studierte Musik an der Gau-Musikschule und sang nun schon Lieder von Mozart, Schubert und Brahms für die Soldaten.

    Zum Schluss möchte ich Ihnen meinen letzten Einsatz vom Reichssender Danzig mit der Rundfunkspielschar unter Leitung von Ilse Steffens im Kurhaus Zoppot am 15. Dezember 1944 - meinem Geburtstag - schildern. Dort lagen einzeln in den einstigen Hotelzimmern die schwerverletzten Soldaten von der Ostfront. Ich sehe es immer noch ganz deutlich vor mir: Dunkle Flure, wir durften nur auf Zehenspitzen lautlos gehen, statt sprechen nur flüstern, und sangen dann vor den Zimmern die passenden Lieder. Mir wurde zugeflüstert, ich sollte vor einem Einzelzimmer allein für einen sterbenden Soldaten singen. Er habe beide Beine verloren, sei blind und eben - ein Schwerverletzter. Ich sang für ihn „Schlafe, mein Prinzchen, schlaf ein“ von Mozart. Einfach so, ohne Begleitung. Heute frage ich mich allerdings, ob das richtig war und was mich wohl bewegt hat, dies Schlaflied einem Tapferen zu singen.

    Der Krieg endete, und ich floh vor der Einnahme Danzigs nach Neustadt in Holstein, sang bei der Schleswig-Holsteinischen Landesbühne vor, wurde engagiert und sang nun vor englischen Soldaten und ehemaligen KZ-Häftlingen Operettenarien, bis ich 1947, in der englischen Zone wohnend, einen Fragebogen ausfüllen und u. a. die Frage beantworten musste (ich war nun 21 Jahre alt): Wohin sind Sie während des Krieges gereist? In welche Länder? Naiv und ehrlich, wie ich war, antwortete ich wahrheitsgemäß! Es waren die Länder, die Deutschland besetzt hatte und die ich ja auch Ihnen anfangs genannt habe. Ich bekam sofort Auftrittsverbot mit der Begründung: „Zu nazistisch erzogen.“ So endete meine Karriere, die 1935 beim Landessender Danzig begonnen hatte - und die sehr erlebnisreich und wunderschön war.

    -----------------------------------------------

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  34. #84
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    ......Unser nächster Autor ist Dr. Inge Möller, eine von uns nicht näher bestimmbare Mitarbeiterin des Danziger Rundfunks. Sie berichtet in einem „Sonderbericht“ - es ist unbekannt, wo sie ihn veröffentlicht hat - über die letzten Tage im Funkhaus....

    Der Bericht von Dr. Möller ist nachzulesen in: von Wilckens (Hrsg.), Die große Not - Danzig Westpreußen 1945, Sarstedt 1957.

  35. #85
    Forumbetreiber Avatar von Wolfgang
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Schönen guten Nachmittag,

    von Peter Oestmann (Minigolfclub Zoppot) erhielt ich folgenden Hinweis auf einen recht interessanten Artikel der einige weitere Detailinformationen beinhaltet: Die Sendestelle Danzig wird eröffnet.

    Viele Grüße aus dem Werder
    Wolfgang
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  36. #86
    Forum-Teilnehmer Avatar von Ulrich 31
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Danke, Wolfgang, für diesen interessanten Artikel (#85). Weißt Du evtl. mehr über das dort angekündigte Buch "Rundfunk in Ostdeutschland 1924 bis 1945"? Dieses Buch sollte, wie in jenem Artikel abschließend angegeben, 2007 erscheinen.

    Viele Grüße
    Ulrich

  37. #87
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    Standard AW: Der Landes- / Reichssender Danzig

    Der hier erwähnte Zeitfunkleiter Fritz Koeltze ist am 22.4.2013 im Alter von fast 96 Jahren in Baden-Baden verstorben. Die Urnenbeisetzung erfolgte am 14.6.2013 auf dem Friedhof In den Kisseln Berlin-Spandau in unmittelbarer Nähe der Ehrengräber. Aus seiner Feder stammt auch eine Abhandlung über den Danziger Rundfunk, die mir vorliegt.

  38. #88
    Forum-Teilnehmer Avatar von Apfelbaum
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Sehr Informativ.
    Wirklich außerordentlich. Wer hätte gedacht, dass dieses Medium in
    unseren Gefilden seine ersten Ursprünge hat.
    Danke für die ganzen Links und Informationen!
    Gerald
    Die größten Schwierigkeiten liegen da, wo wir sie suchen.

  39. #89
    Forum-Teilnehmer Avatar von Antennenschreck
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallo Gerald,

    wie du bestimmt bemerkt hast, konnten wir nicht endgültig klären ob die These dieses Threads nun stimmt oder nicht. Mein Bauchgefühl und die vielen GByte technischer Infos von damals sagen eher nein. Ich hoffe noch immer, dass sich eine Zeitung von damals findet, welche auf dieses Ereigniss eingeht. Alle technischen Zeitschriften von damals die ich habe (und das sind viele), schweigen zu diesem Fakt. Sonst wird eigentlich über jede noch so kleine Neuerung, gerade in diesem Sektor, berichtet.

    Gruß Arndt

  40. #90
    Forum-Teilnehmer Avatar von Antennenschreck
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallöle,

    mal was technisches von damals, weshalb ich nicht unbedingt einen neuen Thread eröffnen wollte, zumal es halbwegs hierher passt. Ich habe da mal ein paar Infos zum Telephonieren und Telegraphieren damals und zu den Preisen.

    1. für eine Leitung mit einer Sprechstelle bis zu 2 km 200 M. Entfernung vom Vermittelungsamt .
    2. für jeden Kilometer mehr oder einen Theil 50 M desselben .
    3. für eine zweite Stelle in derselben Leitung 100 M Hierbei wird jedoch die Länge der Leitung so be-
    messen, dass die Entfernungen der ersten und zweiten Stelle vom Vermittelungs-Amt jede für sich berechnet,
    zusammengezählt und auf volle Kilometer abgerundet werden.
    4. für die Aufstellung jedes weiteren Apparates in den selben Räumen oder auf demselben Grundstuck jähr-
    lich 20 M
    5. für eine Weckvorrichtung gewöhnlicher Art, sofern die Aufstellung ebenfalls in denselben Räumen oder auf
    demselben Grundstücke erfolgt, jährlich 10 M Sollen besondere oder grössere Weckvorrichtungen
    aufgestellt werden, so sind ausserdem die Selbstkosten derselben sowie die Unterhaltungskosten zu erstatten.
    6. für eine directe Leitung bis zu 2 km Länge jährlich 120 M., für jeden weiteren Kilometer 50 M. mehr.

    Man sieht also, telefonieren war damals eher was für die Reicheren Leute, denn 200 Mark im Jahr war schon ne Menge Holz.

    Und wenn dann der Anschluß mal defekt war, dann mußte man sich ein wenig gedulten, ehe man die Zahlungen einstellen konnte:

    Eine eintretende Unterbrechung der Fernsprechverbindung begriindet nur dann einen Anspruch auf Rlickerstattung der fortlaufenden Gebühren, wenn die Unterbrechung der Leitung mindestens 4 Wochen ununterbrochen gedauert hat.

    Ein 24 Stunden rund um Service war eh nicht vorhanden:

    Die allgemeine Fernsprecheinrichtung soll jedem Theilnehmer ermöglichen, seine Leitung während gewisser, vom
    Reichs - Postamt festzustellender Dienststunden (gewöhnlich von Morgens 7 Uhr im Sommer, 8 Uhr im Winter bis Abends 11 Uhr) mit der Leitung jedes andern Theilnehmers durch die Centralstelle ( Vermittelungsanstalt) verbinden zu lassen und mittels des Fernsprechers sich zu unterhalten, auch der Vermittelungsanstalt Nachrichten (Briefe, Postkarten, Telegramme) zu dictiren.

    Wobei es sinnvoll war sich bei der Nachrichtenlänge nicht zu verzetteln:

    Eine Nachricht, welche vom Vermittelungs- Amt aufgenommen wird, ist als ein Telegramm zu betrachten.
    Die Gebühren dafür betragen: Die Grundtaxe 10 Pf., ohne Rücksicht auf die Wortzahl, die Worttaxe 1 Pf. für
    jedes Wort. Für die Ablieferung an die zugehörige Post oder Telegraphen-Anstalt wird Nichts berechnet.
    Dagegen kommen für die Weiterbeförderung mittels der Post, durch Eilboten oder durch den Telegraphen die tarif
    mässigen Gebühren, welche am Schlusse eines jeden Monats zu zahlen sind, zur Berechnung.

    Da kann nur von Flatrates und WhatsApp träumen.

    Tschü...

  41. #91
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    Standard AW: War der Freistaat Danzig das dritte Land der Erde das Fernsehen einführte?

    Hallöle,

    übrigens konnte man sich die Unkosten des Anschlußes auch nicht aus der Nachbarschaft refinanzieren lassen. Man durfte zwar alle Nachbarn ohne Anschluß bei sich telefonieren lassen, aber man durfte keinen Pfennig dafür von ihnen nehmen, das war ein sofortiger Kündigungsgrund! Das waren eben noch härtere telefonische Zeiten als heute. Die REichspost hatte sich schon mal gleich abgesichert gegen den befürchteten Rückgang beim Briefporto und hat sich durch ihre Vorschriften mehr als einen Ausgleich geschaffen.

    Tschü.....

    Tschü.....

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