Schönen guten Nachmittag,
Johannes Trojan schrieb 1898 in "Weichselfahrt zwischen Ostsee und russischer Grenze":
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Wir bestiegen unser Schifflein wieder, an Dirschau ging es vorbei, und nach einiger Zeit kam die neue breite Weichselmündung und mit ihr die Ostsee in Sicht. Auf der See war lebhafter Wind und auch der Strom war so bewegt, daß unser kleines Fahrzeug ordentlich schwankte. Dann ging es durch die Schleuse in die tote Weichsel hinein, und bald hatten wir Neufähr und die alte Mündung vor uns.
Wir legten dort nicht an, ich bin aber später dort gewesen und habe die Messina-Insel besucht, ein Eiland, das in neuerer Zeit erst durch massenhaften Niederschlag von Sand an der rechten Seite der alten Mündung gebildet ist. Mit dem Festland ist es verbunden durch einen langen Steindamm. Ihren Namen soll die Insel erhalten haben von einem Schiff mit Namen Messina, das mit Südfrüchten beladen nach Danzig wollte und an dieser Sandbank strandete.
1894, als im Weichsellande die Cholera auftrat, ist auf dieser Insel ein kleiner Cholerakirchhof angelegt worden. Er befindet sich auf der höchsten Stelle der Insel, wo der Boden sich schon mit verschiedenartigen Dünengräsern und -kräutern bedeckt hat. Neun Tote liegen an diesem stillen einsamen Ort begraben, und ein paar von den Gräbern fanden wir, mein Begleiter und ich, mit Blumen, und zwar künstlichen, geschmückt. Vor dem Kirchhof nach der See zu breitet sich eine weite noch ganz kahle Sandfläche aus. Auf dieser Fläche fanden wir eine ganz primitive Hütte in Dachform, und daß sie bewohnt war, entnahmen wir daraus, daß dabei ein eisernes Öfchen stand und in der Nähe Kartoffelschalen lagen. Auf der Seite nach der See zu war eine Tür. Als mein Begleiter sie öffnen wollte, kam aus dem Innern heraus eine Hand und zog sie zu. Der dort wohnte, wollte offenbar nicht gestört werden, und wir ließen ihn in Frieden."
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Ich habe schon vor Längerem Trojans Ausführungen gelesen und bereits damals nahm ich mir vor zu versuchen, Näheres über den Cholera-Friedhof zu erfahren. Aber erst kürzlich stieß ich wieder auf den Friedhof als ich in den Standesamtsakten von Einlage (bei metryki.genbaza.pl) recherchierte.
Unter dem 06.09.1905 ist unter Nr.67 der Sterbefall des 18-jährigen russischen Flößers Teodor Aniczack beurkundet, der in der Cholerabaracke in Einlage am 30.08.1905 gestorben war und auf dem "Cholerakirchhof der Messinainsel beerdigt" wurde.
Dazu einige Fragen:
- Warum gab es Cholerafriedhöfe? Warum wurden Cholera-Tote nicht auf normalen Friedhöfen beerdigt? Wegen befürchteter Ansteckungs- / Seuchengefahren?
- Wo war die Cholera-Baracke in Einlage? Dort wo die Lungenheilanstalt bzw. die Krankenbaracken waren?
- Wann wurde der Cholerafriedhof auf Messina angelegt und bis wann fanden dort Beisetzungen statt?
- Existiert dieser Friedhof dort heute noch bzw. finden sich dort noch irgendwelche Spuren?
Schöne Grüße aus dem Werder
Wolfgang