Schönen guten Abend,
ist das Omas Rezept? Ich weiß es nicht, kann sein. Aber ist Mehl noch das Mehl das man früher bekam? Ist Schrot wirklich noch Schrot? Ist der Roggen noch vergleichbar mit dem früheren Roggen, der Weizen mit dem Weizen? Oder ist es beim hochgezüchteten Getreide auch schon so weit gekommen wie bei blut- und geschmacklosen Tomaten und bei Äpfeln?
Mehl ist weiß, auch Vollkornmehle sind hell, und wenn ich mir einen Löffel davon in den Mund schiebe, muss ich aufpassen dass ich das nicht falsch in die Luftröhre bekomme. Also kann man das geschmacklich selber feststellen ob das noch das gleiche ist wie früher?
Meine Mutter beklagt sich immer wieder, dass sie hier keine guten ausgemahlenen Weizenmehle erhält (405er) und dass sie hier nicht so backen kann wie in ihrem letzten deutschen Wohnsitz. Ist sicher so, aber entsprechen die Weizenmehle noch den früheren Mehlen?
Fakt ist: Mir schmeckt das Brot hier nicht. Wie auch bei der Wurst ist es in den letzten Jahren zu einer Industrialisierung gekommen, die Massenprodukte erzeugt. Die Qualität, die Konsistenz, das Aussehen, der Geruch, der Geschmack blieben auf der Strecke. Und selbst wenn es halbwegs schmeckt: Welche künstlichen Triebmittel und welchen chemischen Zusatzstoffe habe ich dann im Brot?
Logische Konsequenz: Wir backen unser Brot nun selber. Besser gesagt: Ich backe. Vollkornbrote - an die Wurscht mache ich mich nächstes Jahr ran .
Immer für etwa 10 Tage. Also rund fast zwei Kilo.
Mein Rezept?:
- 700g Roggenvollkornmehl (Typ 2000)
- 200g Weizenmehl (Typ 650)
- 300g Roggenvollkornsauerteig (selbst angesetzt)
- 500 ml warmes Wasser
- 100g Sonnenblumenkerne
- 100g Kürbiskerne
- einen guten Esslöffel (Meer-) Salz
Mehle, Salz, Wasser und Sauerteig mische und knete ich (von Hand). Den Teig lasse ich einen halben Tag ruhen und gehen. Dann knete ich Sonnenblumen- und Kürbiskerne ein und forme Laibe, die ich bei Zimmertemperatur noch einmal ein paar Stunden gehen lasse. Jetzt, in der kühleren Jahreszeit 2-3 Stunden bei 40 Grad im Backofen).
Dann bei gut 180 Grad 90 Minuten im Backofen. Tasse Wasser im Backofen nicht vergessen.
Natürlich kann man den Teig auch in Kastenformen geben (in Backpapier, da in ausgefetteten Formen der schwere Teig trotzdem anklebt), aber ich ziehe die natürlichen Brotlaibe vor.
Selbstgebackenes Brot ist nach ein klein wenig Übung EINMALIG! Mein Vollkornbrot hat eine 3-5mm starke knusprige Kruste (leider nur am ersten Tag ) - aber selbst nach dem Auftauen eingefrorenen Brotes ist das noch immer ein Gedicht!
Und man kann ein Brot nach jedem beliebigen Geschmack mit jeden beliebigen Zutaten anfertigen. Zu berücksichtigen ist nur, dass Vollkornmehle etwas mehr Wasser brauchen und etwas länger gehen müssen. Herzhafter und bekömmlicher werden sie durch selbstgemachten Sauerteig.
Meine Altvorderen (zumindest mütterlicherseits) haben ihr Brot selber gebacken. Und das waren keine hellen Weizenbrote. Da war Dampf drin, das hatte Geschmack, da hat man sich nach einer Butterstulle die Finger drei Mal geleckt!
Ich habe mal den Spruch gehört "In der allergrößten Not frisst ma d'Wurscht auch ohne Brot" . Aber so ein Quatsch ist das doch! Wenn Du ein gutes Brot hast, dann genießt Du das Brot auch trocken zum Kaffee oder mit einem Butteraufstrich. Und dann verzichtet man auf die Industriewurscht.
An alte Traditionen anknüpfend und das Gute im Auge behaltend wünsche ich gutes Backen und guten Appetit!
Wolfgang
P.S.: Schaut Euch mal die Brote an: Ich mag sie nichtglänzend, leicht mehlbestäubt, und die locker leichte Krume - für dieses schwere Brot einfach ein Gedicht! Das Brett hat übrigens die Maße 60x40 cm.